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Die Art(en) der Frauen: Ein humoristischer Roman über die Beziehungen zwischen Frauen und Männer
Die Art(en) der Frauen: Ein humoristischer Roman über die Beziehungen zwischen Frauen und Männer
Die Art(en) der Frauen: Ein humoristischer Roman über die Beziehungen zwischen Frauen und Männer
eBook273 Seiten3 Stunden

Die Art(en) der Frauen: Ein humoristischer Roman über die Beziehungen zwischen Frauen und Männer

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Über dieses E-Book

Hendriks untreue Frau stirbt vor der Scheidung. Als "Wiedergutmachung" hinterläßt sie ihm ein großes Vermögen, das ihn in die Lage versetzt, über seine berufliche Tätigkeit völlig neu nachzudenken.
Er kündigt seinen Job und beschließt, ein Buch über die Arten der Frauen zu schreiben. Mit seinen bisherigen Kenntnissen teilt er die Frauen zunächst in fünf Gruppen ein: Fraulinge, Weiber, Frauen, Frauchen und Heimchen. Um seine Erfahrungen zu erweitern, schaltet er Anzeigen und gibt sich als Verheirateter aus, um in kurzer Zeit möglichst viele Frauen unverbindlich kennen zu lernen.
Seine "Zuschriften" bewertet er während seiner humorvollen Recherchen im selbst entworfenen Schema nach "Weiblichkeit": 1. sehr beeindruckend bis 3. kaum entwickelt; sowie "Sexualität": A-Klasse, leidenschaftlich, ideenreich, hemmungslos, bis D-Klasse, lahm, trieblos. Mit Humor widmet sich der Autor diesen wichtigen Seiten der Partnerschaften.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum13. Dez. 2013
ISBN9783847666752
Die Art(en) der Frauen: Ein humoristischer Roman über die Beziehungen zwischen Frauen und Männer

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    Buchvorschau

    Die Art(en) der Frauen - Horst G. T. Müller

    Kapitel 1

    Die Sonne lugte mitleidig zwischen zwei hoch gewachsenen Tannen auf die schwarz gekleidete Gruppe von Menschen, die sich an einer rechteckigen Grube versammelt hatte. Rechts daneben türmte sich die Erde zu einem ansehnlichen Haufen, und links wartete ein reich verzierter Sarg darauf, in die Grube versenkt zu werden.

    In dieser mit feinem Damast ausgeschlagenen Kiste aus dunklem Edelholz lag meine achtunddreißig Jahre junge Frau auf weichen Polstern in ihrem seidenen Kimono. So wollte sie einmal beerdigt werden, hatte sie bei einer ihrer vielen Partys kundgetan. Allerdings ahnte sie da wohl nicht, dass sie diesen Kimono so schnell anhaben werde. Oder doch?

    Sie war zu Modeaufnahmen in der Türkei gewesen. Auf dem Rückweg von einer Party war sie nachts von der Fahrbahn abgekommen und an der Mittelmeerküste zwischen Antalya und Kemer mit ihrem Mercedes in das Meer gestürzt.

    So die offizielle Variante!

    Inoffiziell kam sie von ihrem derzeitigen Geliebten, einem reichen türkischen Hotelier, schwarzhaarig, mit glühenden Kohlenaugen und der Gabe, hübschen Westeuropäerinnen unter der Glut der Mittelmeersonne und angesichts des azurblauen Meeres den Kopf und die Sinne zu verdrehen. Und Tasminia war eine sehr hübsche Frau, eins fünfundsiebzig groß mit den Modelmaßen neunzig-neunundfünfzig-neunzig.

    Leider konnte ich nicht mit einem blauen Meer dienen. Hinter meinem Haus in einer idyllischen Kleinstadt, eine halbe Autostunde von der Finanzmetropole Frankfurt entfernt, floss nur ein müder kleiner Bach. Dafür hatte ich aber blaue Augen. Doch was waren die schon gegen das Feuer schwarzer Augen eines reichen Türken. Es hatte mich eine Stange Geld gekostet, die Umstände des Unfalltodes meiner Frau von einem Detektiv untersuchen zu lassen. Offenbar hatte sie sich von ihrem Geliebten schwer trennen können und war erst in letzter Minute in ihren Mietwagen gestiegen, um den Rückflug nicht zu verpassen. Bei der angeordneten Obduktion waren 1,2 Promille Alkohol festgestellt worden. Merkwürdig! In meinem Beisein trank sie immer nur ein oder zwei Gläser Champagner beziehungsweise Wein.

    Aber so ist das wohl mit den Frauen, besonders mit den hübschen: Wenn ihre Partner nicht dabei sind, werden sie von brünstigen Jägern gejagt und oft genug auch erlegt. Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass sich viele gern erlegen lassen. Zu dieser Kategorie gehörte auch Tasminia.

    Pfarrer Niederheim erinnerte mit seiner getragenen Altstimme sehr blumenreich an die hervorstechenden guten Eigenschaften der Verblichenen. Da waren solche dabei, die ich noch nie an ihr festgestellt hatte. Nun ja, katholische Pfarrer kennen die Frauen eben besser als wir Ehemänner. Doch als er von ihrer Treue und großen Liebe zu mir sprach, da schien sogar die Sonne hinter einer leichten Wolke zu erröten.

    Täuschte ich mich, oder sah der Agenturleiter Wendisch spöttisch zu mir herüber? Auch mein rechter Nachbar, Herr Rabattick, ein erfolgreicher Kaufmann mit Stirnglatze, sportlicher Figur, verheiratet und als Jäger der beschriebenen Sorte bekannt, lugte unter halb gesenkten Lidern hämisch in meine Richtung.

    Langsam ließ ich meine Blicke über die etwa achtzig Trauernden gleiten. Einige hatte ich noch nie gesehen oder konnte mich nicht mehr an sie erinnern. Ich wusste, mindestens sechs von ihnen kannten die zwei kleinen Leberflecke meiner Frau oberhalb des Schambeines. Wendisch gehörte auch dazu. Wie viel waren es noch?

    Ich hatte meine Scheidung vorbereitet und aus diesem Grund einen Privatdetektiv mit Recherchen beauftragt. Das Geld hätte ich mir sparen können. Aber ihren Tod hatte ich auf keinen Fall gewollt. Welch eine völlig absurde Lösung meines Problems! Obwohl ... Nun ja, sie hatte mich mit ihren Seitensprüngen, da waren ganz kapitale Sprünge dabei, mächtig blamiert. Wenn ich sie zur Rede stellte, hatte sie nur gelacht und gefragt, ob ich im Bett nicht zufrieden mit ihr wäre.

    Am liebsten hatte sie es mit verheirateten Männern getrieben. Wahrscheinlich, weil die keine Forderungen an sie stellen konnten, und das Angebot ehemüder Männer war unerschöpflich.

    Der Pfarrer leierte irgendeinen Psalm herunter, und als ich meinen Blick wieder auf die Trauernden warf, war mir, als betrachtete mich auch der Bäckermeister Streuseling, mein linker Hausnachbar, unter gesenkten Lidern spöttisch. Dass meine Frau mit ihm etwas hatte, war mir bisher nicht bekannt. Aber wer weiß, wie viele es noch mit Tasminia ...

    Wenn ich durch die Straßen meiner Heimatstadt ging, hatte ich sehr oft das Gefühl, dass spöttische Blicke über meine Gestalt glitten und leises Hohngelächter hinter mir erklang. Oh, das tat sehr weh! Der Tod meiner Frau füllte tagelang die Klatschspalten der Lokalpresse. Für entsprechende Recherchen blieb genügend Zeit, denn die Überführung aus der Türkei dauerte ziemlich lange.

    Jemand stieß mich leicht in die Seite. Mein Freund Thomas Telsen, ein schlanker blonder Typ von siebenundvierzig Jahren, deutete mit leichtem Nicken des Kopfes auf den Pfarrer, der geweihtes Wasser auf den Sarg spritzte, bevor er von vier kräftigen Männern mit gleichmütigen Gesichtern langsam in die Grube gesenkt wurde.

    Ja, so enden wir alle irgendwann einmal. Wohl dem, der dann von da unten aus resümieren kann: Mein Leben war toll! Ich habe immer volle Kanne gelebt, habe genossen, wovon die meisten nicht mal träumen können.

    Tasminia hatte das offenbar schon ab neunzehn gekonnt, denn da begann ihre Modelkarriere.

    Der Sarg hatte nun sein Ziel erreicht. Ein vorsichtiger Blick auf die versammelte Trauergesellschaft zeigte mir, dass alle andächtig auf die letzte Ruhestätte starrten. Wer weiß, was jetzt in den einzelnen Köpfen vor sich ging? Mancher Mann nahm sich vielleicht angesichts des Todes vor, seine Frau nicht mehr zu belügen. Ob wohl auch Frauen dabei waren, die künftig Seitensprünge aus ihrem Freizeitprogramm streichen wollten? Aber auch gegenteilige Überlegungen waren durchaus möglich. Ich war mir ziemlich sicher, dass so mancher Mann oder so manche Frau sich angesichts des vergänglichen Lebens sagte: jetzt gerade! Das Leben ist viel zu kurz, um schon zu Lebzeiten jeder Sünde zu entsagen. Außerdem wusste keiner genau, ob das, was die Politiker mit ihren Gesetzen verboten, oder was den gegenwärtigen moralischen Normen nicht entsprach, nach dem Tod wirklich als Sünde angerechnet wird. Vielleicht machten wir uns in dieser Hinsicht völlig unnötige Sorgen. Ich versuchte mich zu konzentrieren. Sicher erwartete man von mir ein trauriges Gesicht, vom Schmerz über den großen Verlust verzerrt. Ich versuchte es. Viel Talent brauchte ich dazu nicht, denn Tasminias Tod berührte mich trotz allem sehr. Es ist hauptsächlich der Moment, wenn der Sarg das Ende der Grube erreicht hat, der die Seele in uns Menschen besonders traurig berührt.

    Mein Freund stieß mich wieder leicht an. „Beugen!" zischte er kaum hörbar zwischen den Zähnen hervor. Ich bemühte mich, meiner Gestalt ein gramgebeugtes Aussehen zu geben. Wir stimmten vor der Beerdigung darin überein, dass mir niemand eine gewisse Erleichterung über den Tod meiner Frau anmerken sollte. Über die Erleichterung schämte ich mich zwar, aber sie war nun mal da.

    Ja, heutzutage war jeder, der sich der Mittelklasse zugehörig glaubte, ein Schauspieler. Manche brachten es dabei zu oscar- und bambireifen Leistungen.

    Thomas drückte mir eine kleine Schaufel in die Hand. Ich tat, was man von mir erwartete. Danach trat ich drei Schritte zur Seite, um andere meinem Beispiel folgen zu lassen.

    Zuerst drückte mir mein Vater die Hand, dann meine Schwiegermutter Grete und mein Schwiegervater Manfred. Es folgten die besten Freundinnen meiner Frau, Eva-Maria, Birgit und Susanne. Danach ... Während ich ehrliche Anteilnahme dankbar entgegennahm, reifte bei der, wie ich meinte, spöttischen Anteilnahme einiger Trauergäste ein Entschluss in mir, der mein weiteres Leben ziemlich durcheinander bringen sollte.

    Drei Wochen später saß ich zu Hause auf meinem Lieblingsplatz am Schreibtisch, sah vergnügt, aber etwas beschämt – schließlich hatte ich Trauer zu haben – auf die kleine Wiese hinter meinem Haus und versuchte, eine Bilanz meines bisherigen Lebens zu ziehen. Ich war jetzt achtundvierzig Jahre alt. Das ist ein Alter, in dem normalerweise ein Mann sein Leben und seine Finanzen fest im Griff haben sollte. Schließlich kann man von jedem Fleißigen erwarten, dass er bis dahin die vielen Möglichkeiten, gutes Geld zu verdienen, erfolgreich genutzt hat. Ich hatte mir zwar große Mühe gegeben, war aber mit dem Ergebnis noch nicht ganz zufrieden. Als Abteilungsleiter einer Bankfiliale hatte ich nicht so viel bekommen, wie ich eigentlich verdient hätte. Vorsichtige Aktienspekulationen hatten mir hin und wieder ein paar Tausender eingebracht. Trotzdem, was war das schon gegen die horrenden Summen, die andere bekamen.

    Tasminia hat, was ich nicht gewusst hatte, ein Testament hinterlassen. Bei der Eröffnung vor acht Tagen hatte der Notar unter anderem Folgendes vorgelesen: „Mein lieber Hendrik, Du hast mich gehalten als ich fallen wollte, hast mir neue Kraft und Zuversicht gegeben. Deine Liebe hat mich wieder aufgebaut. Dafür danke ich Dir von ganzem Herzen. Leider habe ich Dir viel Kummer bereitet. Meine unersättliche Gier trieb mich zu immer neuen Abenteuern. Es soll keine Entschuldigung sein, aber ein Model unterliegt diesbezüglich vielen Anfechtungen und hat auch immer immense Möglichkeiten. Bitte verzeih mir jetzt, wenn Du kannst!"

    Der Notar räusperte sich an dieser Stelle und warf einen mitleidigen Blick auf mich.

    „Ich habe mein Leben in vollen Zügen genossen und wünsche mir, dass Du das nun ebenfalls tust. Diesmal traf mich ein erstaunter Blick des Vorlesenden. „Meinen Eltern soll eine halbe Million Euro ausgezahlt werden. Ich weiß heute noch nicht, wie hoch mein Bankkonto zum Zeitpunkt meines Todes sein wird, aber ich hoffe, Dich mit dem Rest angenehm zu überraschen. Nimm es bitte als Entschädigung für all das Leid, das ich Dir bereitet habe.

    Oh, die Entschädigung war sensationell. Der Kontostand betrug genau

    2 935 062 Euro. Der „Rest" von fast zweieinhalb Millionen war also sehr beachtlich. Bei der Heirat vor acht Jahren hatten wir getrennte Finanzen vereinbart. Ich wusste zwar, dass sie vermögend war, aber mit dieser Summe hatte ich nicht gerechnet.

    Danke Tasminia!

    Aber das war nicht alles. Im Testament stand noch Folgendes: „Vor zwei Jahren habe ich mir ein kleines Liebesnest in Frankfurt gekauft. Ach, jetzt bist Du mir bestimmt richtig böse. Aber nun stört es mich eigentlich auch nicht mehr."

    Schwiegervater Manfred schaute verlegen auf die Tischplatte.

    „Jetzt musst Du es ja wissen, denn auch das sollst Du von mir bekommen."

    Schwiegermutter Grete schnaubte entrüstet.

    „Wie wäre es, wenn Du die Wohnung ebenfalls für diskrete Liebesstunden nutzen würdest?" Es folgten kurze Hinweise über die Unterlagen und die Schlüssel der Wohnung.

    Ich hatte schnell nachgerechnet: Das Testament war vor elf Monaten aufgesetzt worden. Also hatte mich Tasminia auch dort in ihrem Liebesnest seit fast drei Jahren betrogen. Eine Erkenntnis, die mein Selbstwertgefühl mächtig nach unten drückte. Ich hatte den Privatdetektiv erst sechs Wochen vor Tasminias Tod mit Recherchen über ihre Seitensprünge beauftragt. Über eine geheime Wohnung hatte er mir allerdings nichts berichtet. Ich konnte mir kaum vorstellen, dass Tasminia in dieser Zeit ihr Liebesnest nicht für amouröse Abenteuer genutzt hat. Wie oft hatte ich vergebens versucht, Tasminia am Abend über ihr Handy zu erreichen. Einmal war sie angeblich am Ort ihrer Modeaufnahmen in der Oper, ein anderes Mal im Konzert. Ihre Ausreden, warum sie ihr Handy nicht auf Empfang ließ, waren unerschöpflich. Doch sie war zumindest so clever, mir immer Orte zu nennen, an denen ein Handyempfang nicht erwünscht war. Kurz vor ihrem Tod hatte mein Privatdetektiv herausgefunden, dass sie von einem Techniker eine Liste über solche Orte erhalten hatte.

    „Genieße Dein Leben und lass mich dabei, wo immer ich dann auch sein werde, wohlwollend zusehen. Nur, bitte sei mir nicht mehr böse!"

    Diesmal hatten mich erstaunte Blicke von den Schwiegereltern und vom Notar getroffen.

    Nein, böse konnte ich ihr jetzt, weiß Gott, nicht mehr sein. Eher tat sie mir Leid, meine liebestolle Tasminia. Sie war bereits im ... Wohin kam überhaupt eine Ehebrecherin? Ich jedoch war noch am Leben. Aber wobei wollte sie mir schon zusehen? Ich hatte keinen Grund, mich heimlich mit sexhungrigen Frauen in der geerbten Wohnung zu treffen. So dachte ich damals, aber das sollte sich bald ändern. Mit Tasminias Erbe war ich nun in der glücklichen Lage, über mein weiteres Berufsleben völlig neu nachdenken zu können.

    Was gehört noch zu einer Bilanz?

    Mit eins neunundsiebzig Zentimeter Größe bewegte ich mich im Mittelfeld der Männerriege. Ich war schlank, und das war gut so. Durch regelmäßiges Jogging und gelegentliche Besuche im Fitnessstudio sollte das auch so bleiben. Ich verfügte über ein markantes männliches Gesicht, wie Tasminia es bezeichnet hatte. Unter einer hohen Stirn ragte eine schmale Nase hervor und darunter befand sich ein ausgeprägter Mund mit vollen Lippen. Der hellbraune Haaransatz wies leichte Geheimratsecken aus und war hier und da mit ersten grauen Haaren durchsetzt. Alles in allem war ich mit meinem Aussehen recht zufrieden. Reklamationen bei den Eltern wären ohnehin nicht mehr von Erfolg gekrönt. Nachdem man erwachsen war und ohne Hilfe denken konnte, hatte man es selber in der Hand, den Rohling weiter zu formen. Und genau das taten, wie täglich zu bemerken war, die Menschen mit sehr unterschiedlichem Erfolg. Ich rauchte nicht und trank ... na ja, wie jeder normale Mitteleuropäer ... gelegentlich ein paar Gläser.

    Da ich erst mit vierzig Jahren geheiratet hatte, war mir bei aller Bescheidenheit eine gewisse Kenntnis der Frauen und ihrer Psyche nicht verborgen geblieben.

    Meine Blicke folgten einem bunten Schmetterling, der beschwingt über die Wiese flog, um sich dann gemeinsam mit den bereits angekommenen Artgenossen an dem süßen Nektar des zwei Meter hohen Schmetterlingsflieders zu berauschen. Man müsste es den Schmetterlingen nachtun und sich am süßen Leben laben, so wie es Tasminia getan hatte. Aber wie? Als einigermaßen aussehender Mann, nun auch noch vermögend, allem Neuen gegenüber aufgeschlossen, war ich für die Freuden des Lebens noch lange nicht zu alt. Ich wusste von manchen Gesprächen in diskreten Herrenrunden, dass Männer im Allgemeinen kaum eine Gelegenheit auslassen, ihre Frauen zu betrügen. Andererseits war eine gewisse Art Frauen unter bestimmten Umständen bereit, es den seitenspringenden Männern gleich zu tun. Eingeweihte behaupteten, jede verheiratete oder gebundene Frau sei verführbar. Eine interessante These, die zu beweisen wäre.

    Doch zurück zu meiner Bilanz.

    Meine Ehe mit Tasminia war kinderlos geblieben. Nein, es lag wahrscheinlich nicht an mir. Sie wollte nicht. Sie war der Meinung, ein Model müsse sich entscheiden: entweder beruflichen Erfolg oder Heimchen mit Kindern von einem vermögenden und erfolgreichen Mann. Ich wusste, viele schöne Frauen dachten so und verkauften sich an den meistbietenden Mann. Nun, Tasminia war da offenbar die berühmte Ausnahme und hatte bei mir mehr die inneren Werte gesucht. ( Hoffentlich! )

    Und die erfolgreichen alternden Männer? Sie nutzten das ständig nachwachsende Frischfleisch zu ihrer Sättigung. Aber welcher arme Mann würde sich nicht auch gern an dem reich gedeckten Gabentisch bedienen?

    Tasminia hatte ja auch einiges zu bieten. Sie war mit Leib und Seele Model, pflegte ihren wohlgestalteten Körper und achtete streng darauf, dass er so blieb. Die Tatsache, dass sie in ihrem Alter immer noch im Geschäft war, verdankte sie sicher dieser Einstellung.

    Allerdings wusste ich nun mit achtundvierzig immer noch nicht, ob ich überhaupt fähig war, Nachwuchs zu produzieren. Sollte ich es testen und mich als älterer Herr hinter einem Kinderwagen lächerlich machen?

    Die Hausglocke schlug an. Ein Blick auf den Monitor zeigte mir das zähnefletschende Gesicht meines Freundes Thomas Telsen an der kleinen Pforte. Mit diesem Gesicht ließ er mich immer wissen, dass er gute Laune hatte. Also musste ich meine Bilanz erst einmal unterbrechen.

    Fünf Wochen später saß ich wieder an meinem heimatlichen Schreibtisch. Der Herbst hatte die ersten Blätter der Bäume und Sträucher mit verschwenderischen Farben geschmückt, so als wollte er ihnen damit noch eine Freude bereiten, bevor sie sich aus ihrem Dasein verabschieden mussten. Auf der Wiese hinter meinem Haus sahen ein paar Gänseblümchen traurig ihrem nahen Ende entgegen. Melancholisch saßen die wenigen verbliebenen Singvögel auf ihren Lieblingsplätzen. Die erregend schöne Zeit, als sie den Liebesakt mit ihren Weibchen vollzogen und ihnen als kleine Minnesänger Ständchen brachten, war längst vorbei.

    Ich wollte meinem Leben einen neuen Kick, eine neue Herausforderung geben. Warum sollte ich noch meinen Sessel in der Bank absitzen? Sechsundzwanzig Jahre Dienst am Bankkunden reichten erst mal. Denn so interessant war eine solche Tätigkeit nun auch wieder nicht. Vor vier Wochen ging der Leiter meiner Filiale in Pension. Alle dachten nun, dass ich den Posten bekommen würde, aber weit gefehlt. Der Vorstand setzte uns den neunundzwanzigjährigen Sohn eines Bankiers vor die Nase. Wenn ich vorher noch überlegt hatte, so war nun mein Entschluss gefasst. Mit einem Aufhebungsvertrag und einer Abfindung beendete ich vorläufig meine Bankkarriere. Nun war ich frei und konnte machen, was ich wollte. Welch eine tolle Perspektive! Noch einmal: Danke, Tasminia!

    Ich hatte den ersten Tag meines neuen Lebens am Wandkalender mit einem roten Viereck versehen. Es war der 17. Oktober 2004.

    Ich wollte mir einen lang gehegten Wunsch erfüllen und einen Roman schreiben. Wohl wissend, dass unzählige dies versuchten. Egal! Das Thema war vor Wochen aus meiner betrogenen und geschändeten Seele heraus gewachsen und hatte sich im Verlauf meiner Überlegungen vom zarten Pflänzchen über die üppige Pflanze bis zum alles andere überwuchernden Dickicht entwickelt. Im Mittelpunkt sollte eine verheiratete Frau stehen, die ihren Mann ständig betrog und die dieser eines Tages in Form eines perfekten Verbrechens ermordete. Und diesmal würde weder Columbo noch irgendein Tatort-Kommissar den rächenden Mörder überführen. Gewiss, das war keine neue Geschichte, aber eine abschreckende Bestrafung war angesichts der seitenspringenden Frauen notwendiger als jemals zuvor.

    Am Abend des Tages, an dem mir diese blutrünstige Idee gekommen war, hörte ich in den Nachrichten, dass ein betrogener achtunddreißigjähriger Ehemann seine Frau und seine beiden Kinder brutal mit der Axt erschlagen hatte. In der folgenden Nacht war ich entsetzt aus dem Schlaf hochgefahren. Angewidert schleuderte ich das vermeintliche bluttriefende Hackmesser aus der Hand, mit dem ich soeben Tasminia zerstückelt hatte. Unendlich erleichtert stellte ich fest, dass sie nicht blutüberströmt, in Einzelteile zerlegt, neben mir im Bett lag.

    Was für ein entsetzlicher Traum! Welch eine Ausgeburt der Fantasie!

    Sollte ich vielleicht den Fernsehsender verklagen, der mir am Abend die blutige Meldung frei Haus geliefert hat und damit eindeutig schuld an meinem Albtraum war? Lange Zeit danach wälzte ich mich ruhelos im Bett herum und war sehr froh, als sich endlich um sieben Uhr der Radiowecker mit den Nachrichten einschaltete.

    Erleichtert hatte ich nach dem Aufstehen festgestellt, dass mein Zorn über Tasminias Seitensprünge vorläufig verraucht war. Das wuchernde Dickicht war verschwunden. Ich konnte wieder nüchtern denken. Sicher trug dazu bei, dass ich Tasminia im Schlaf zerhackt hatte. Damit war die Ehre wieder hergestellt. Schon nach dem dritten Bissen am Frühstückstisch war mir damals klar, ich wollte nun keinen blutrünstigen Krimi mehr schreiben. Nein! Es gab auf der Welt, weiß Gott, schon genügend Mord und Totschlag. Auch im Fernsehen wurden jeden Tag Dutzende Menschen erschlagen, erstochen oder auf andere bestialische Weise umgebracht. Kaum einem Regisseur reichte heutzutage ein Toter. Es mussten immer mehr Serienmörder sein, die ihre Mitmenschen reihenweise abschlachteten. Welche Steigerung war da noch möglich?

    Lieber wollte ich etwas Lustiges, Humorvolles schreiben. Aber was und worüber? Frauen sind doch eigentlich das Schönste, was uns Männern auf der Erde begegnet, überlegte ich weiter. Na ja, es gibt sicher auch viele ehrliche, treue Frauen, Labsal und

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