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Liebe und Tod am Meer: Die Legendenfrau
Liebe und Tod am Meer: Die Legendenfrau
Liebe und Tod am Meer: Die Legendenfrau
eBook369 Seiten4 Stunden

Liebe und Tod am Meer: Die Legendenfrau

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Über dieses E-Book

Isabelle ist eine junge, hübsche Frau, die ihr Leben gut im Griff hat. Im Freundeskreis ist sie zurückhaltend, tiefergehende Bindungen scheut sie. Sie ist zutiefst getroffen, als ihre Schwester Yvonne Selbstmord begeht. Verstört fährt sie ans Meer, um ihre Schwester zu identifizieren. Sie findet Briefe und Gedichte, die das ganze Aussmass von Yvonnes Lebensmüdigkeit aufzeigen.
Jahrelang hatte Isabelle verdrängt, was in ihrer Kindheit geschah, warum die Schwestern kaum mit einander sprachen, weshalb Isabelle keine Bindung eingeht.
Am Meer trifft Isabelle einen Mann, der ebenfalls durch einen schweren Verlust die Balance verloren hat.
Fast unwillig verlieben sie sich ineinander.
Isabelle begehrt David leidenschaftlich, doch auch diesmal fürchtet sie eine Bindung.
Beide verbergen Geheimnise, deren Aufdeckung ihre Liebe gefährden könnte.
Isabelle schämt sich ihrer Vergangenheit.
David flieht vor den Konsequenzen seines Handeln.
Und welche Rolle spielte David in Yvonnes Leben?
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum21. Jan. 2017
ISBN9783742799708
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    Buchvorschau

    Liebe und Tod am Meer - Charlotte Meyer

    Kapitel 1 LIEBE UND TOD AM MEER

    Lauf, Mädchen,

    vom hohen Berg bis zum Meer,

    unterwegs,

    manchmal der Tod, manchmal das Leben.

    von Charlotte Meyer

    Text : Copyright by Charlotte Meyer

    Cthinnesmeyer@gmail.com

    Alle Rechte vorbehalten

    Eins, zwei,

    der Drache ist erwacht.

    Drei, vier,

    er ist auf Jagd nach dir.

    Fünf, sechs,

    du musst schneller sein als er.

    Sieben, acht,

    hat er dich, wehr dich.

    Neun, zehn,

    sieh hin .... und zerspring.

    Kapitel 2 Leben und Leben lassen

    Das Lied hatte ich geträumt, ich erinnerte mich beim Aufwachen deutlich daran.

    An das helle Kinderlachen.

    Das fröhliche, unbeschwerte Lachen dreier Mädchen.

    Drei Schwestern, die heiter beim Seilspringen Abzählverse sangen.

    Blitzlicht zuckte auf.

    Es war, als sähe ich die spielenden Kinder durch das Objektiv einer Fotokamera. Im flirtendem Blitzlicht wurden die Bewegungen, die Gesichter, das Lachen für die Ewigkeit eines Augenblickes eingefroren.

    Klick, Klick, die Mädchen sprangen, die blonden Zöpfe flogen.

    Klick, Klick, am Rande des runden Kamerablickes formte sich ein dunkler Schatten.

    Schwarze, diffuse Dunkelheit, die sich träge, aber unaufhaltsam in den Blick des Beobachters hinter der Kamera schob.

    Daran erinnerte ich mich.

    Ich war im Traum in meine Kindheit zurückgekehrt, spielte Seilspringen mit meinen Schwestern und sang den Drachenvers.

    Es war wie eine herausgeschnittene Szene. Gab es ein Davor oder ein Danach, so erinnerte ich mich nicht daran.

    Das wunderte mich nicht.

    Ich erinnerte mich nur an wenige meiner Träume, vielleicht, weil ich mich nur selten an meine Kindheit erinnern mochte.

    Meinen Lebensunterhalt verdiente ich durch den Betrieb einer Kneipe in Frankfurt.

    Um sechzehn Uhr eröffnete ich.

    Um siebzehn Uhr wurde es schon dämmerig.

    Es waren kurze, regnerische Dezembertage. Die Dunkelheit schien sich zuerst in den engen, fensterarmen Seitenstraßen zu bilden. Die Nacht schaffte es noch nicht, auf die heftig befahrene Hauptstraße zu schwappen. Sie wurde zurückgedrängt von aufflammenden Scheinwerfern, von taghell erleuchteten Schaufenstern, von zuckenden Blitzlichtern der Reklamen, der beweglichen Helligkeit der Straßenbahnen.

    Zu früh knipsten sich die Straßenlaternen dazu.

    Bald würde daraus das matschige Halbdunkel der Großstadt werden.

    Dieses nie- richtig- Dunkel und auf- gar- keinen- Fall- ruhig.

    Nachdem ich bereits drei Jahre in Frankfurt lebte, verbrachte ich nach der Hochzeitsfeier meiner jüngeren Schwester die letzten Nachtstunden im Haus meiner Mutter.

    Sie wohnte im alten Teil des Dorfes. Dort war ich geboren worden.

    Inzwischen waren zwei Neubaugebiete hinzu gekommen. Leute, die dort wohnten, aber nie richtig heimisch wurden. Sie waren zu wenige, um in den Gemeinderat gewählt zu werden, oder gar zum Bürgermeister. Weder sprachen, noch verstanden sie den heimischen Dialekt, der sie ausschloss von den Kneipengesprächen am Bauernstich, den Winzerstammtisch und dem Klatsch der älteren Frauen.

    Das Dorf mochte sich verjüngt haben.

    Es gab neuerdings einen Supermarkt, die Kirche wurde vom Pfarrer der Nachbargemeinde versorgt, aus der alten Schule war ein Kinderhort geworden.

    Aber die Klüngelei der Dorfleute war geblieben.

    Ein malerisches Bächlein schlängelte sich zwischen braven weißen Häuschen, grün- bunten Vorgärten, mit richtig netten, properen Durchschnittsbürgern.

    Es ging das Gerücht, das Leute, die ihr Haus lila strichen, vom Vorstandskomitee für genehme Farbgestaltung standrechtlich erschossen würden.

    Wahrscheinlich lachten die Zugezogen über solche Gerüchte.

    Ich nicht.

    Frühmorgens fuhr ich mit einem Schrei hoch, voller Angst, im Schlaf erblindet zu sein. Ich erinnerte mich nicht mehr daran, ob ich einen Alptraum hatte, oder ob es nur dieses einzigartige Gefühl des Sturzes, blind und hilflos, gewesen war.

    Um mich herum war es DUNKEL und STILL.

    Vielleicht war es auch das Abflauen des Cocktails aus Sekt und Valium, den ich mir verpasst hatte. Sonst trank ich keinen Tropfen Alkohol, in meinem Job wär’s ja auch eine Katastrophe, aber an diesem Tag hatte ich es einfach gebraucht.

    Ich schluckte zwei Valium, alleine, um den Schock über den zartgelben Farbton des Hochzeitskleides für schwangere Bräute zu überleben.

    Der Sekt brachte mich am Tisch über die Runden.

    Ich saß zwischen meiner Mutter und meiner älteren Schwester Yvonne, die sich an einem riesigen, hölzernen Kreuz festhielt, das die unter reizlosen braunen Stoff versteckten Rundungen ihrer Brüste begrub, so gut, als habe sie tatsächlich die Gelübde abgelegt und den Schleier genommen, wie sie es einmal vorgehabt hatte.

    Durch den Wodka schaffte ich es, das Geschwätz zweier Tanten zu ertragen. Sie erzählten niedliche Geschichten, was für aufgeweckte, fröhliche und hübsche Kinder wir gewesen waren. Ich konnte mich an keine einzige dieser Fabeln erinnern. Die Tanten waren uralt, deshalb nahm ich an, dass sie uns mit irgendwelchen Cousinen verwechselten. Außerdem hätte ich gar nichts mehr sagen können, ich musste zur Toilette, mich übergeben.

    Ich verstand es einfach nicht!

    Ich war dreizehnjährig von Zuhause abgehauen, vorher hatte ich durchaus versucht, auf meine Probleme aufmerksam zu machen. Aber die plappernden Tanten ignorierten das, oder schienen es tatsächlich vergessen zu haben.

    Selektives Gedächtnis nannte man das.

    Sollte massenweise nach dem zweiten Weltkrieg aufgetreten sein, sobald das Wort JUDE erwähnt wurde.

    Ha.

    Vielleicht war es auch eine jener Nächte, in denen man nicht schlafen konnte, selbst wenn man eine ganze Packung Valium eingeworfen hatte.

    So eine Nacht, in der man hochfuhr und mit entsetzten Augen ins Dunkle starrte, unsicher, ob der Traum zu Ende war, oder weiterging.

    Eine Nacht, die einem schwer auf dem Magen lag, selbst wenn man seine Seele im Weihwasserbecken hinter den Beichtstühlen ausgewaschen hatte, um sie zur Ruhe zu bringen.

    Eine Nacht, um Drachen aufzuwecken.

    Schließlich stand ich auf, griff meinen Koffer und machte mich davon, noch bevor Mama aus ihrem Glücks- Koma erwachen konnte.

    Die Häuser waren dunkel, nur in einem ging ein schwaches Küchenlicht an. Ich begegnete lediglich den Fegern, die den Bürgersteig blitzblank machten und rechtzeitig vor dem ersten Licht des Tages unsichtbar wurden.

    Meine Schritte hatten einen ungehörig lauten Hall in der morgendlichen Stille, die nur das erste Zwitschern der frühen Vögel durchdrang.

    Am Bahnhof warteten nur wenige Menschen, ich nahm einen der ersten Züge.

    Ich war entsetzlich müde, aber ich konnte während der Fahrt nicht mal dösen. Ich war hellwach.

    Erst in meiner Wohnung in Frankfurt, über der Kneipe, in meinem Schlafzimmer, das unaufgeräumt im fahlem Licht des Morgens lag, konnte ich die Augen schließen.

    Ein Flugzeug brummte über der Stadt, ungeduldiges Hupen kam von der Straße und das sanfte Ansurren der Bahnen. Das löste den engen Strick um meinen Hals. Alle diese Menschen, die in ihrer frühmorgendlichen Mürrischkeit aneinander vorbei hasteten, sich nicht kannten und nie kennenlernen würden, ja, da konnte ich schlafen.

    In die Kneipe kamen die üblichen Feierabend- Typen.

    Die Schnell- noch- ein- Bierchen- Papas und die ersten Schlampen, die Leere ihrer ungeputzten Wohnung nicht ertragen konnten, überbrückten die Zeit bis zu den Schluckspecht- Kunden.

    Ivoco, meine Bedienung, verspätete sich.

    Statt dessen schneite Benny herein.

    Das erste, was er mir zurief, war:

    Kriege ich Nächsten Sommer meinen Job wieder?

    Ich zapfte ihm ein Bier an.

    Vergiss es, du bist zu fett für meine Schürzen geworden.

    Jeden Sommer stellte ich eine Studentin für den Biergarten im Hof ein. Letzten Mai warf ich nacheinander drei faule, ungeschickte Schlampen hinaus.

    Dann tauchte Benny auf. Er studierte irgendeine Wirtschaft, konnte gut Kopfrechnen und zerbrach nicht mehr Gläser als ich erwartete. Zu spät kapierte ich, dass er schwul bis hinter beide Ohrläppchen war.

    Ob er seine Bettlaken mit Weiblein, Männlein oder jungen Hunden füllte, war mir egal, aber ich wollte nicht, das meine Kneipe zum Schwulentreff geriet.

    So etwas konnte ein Lokal verdammt schnell Abstürzen lassen.

    Ich hatte zu hart für meine Kneipe gearbeitet, um dies zulassen zu können.

    Ich will nur noch von echten Stuten bedient werden, sagte Karl, ein Stammkunde. Ich warf ihm einen kurzen Blick zu.

    Ja, aber die nicht von dir.

    Die anderen lachten grölend, während ich das Bier verteilte.

    Benny sah mich mit großen Glubschaugen an.

    Verdammt, warum konnte ich den Kerl nur so gut leiden? Er hatte ein breites, gutmütiges Gesicht und Augen, die wenig übel nahmen.

    Er war gerade mal so groß wie ich und kaum schwerer, sein Haar hatte eine weiche Nußschalenfarbe. Doch wenn er seine weibische Nummer als Fernseh- Schwuler hinlegte, nervte er mich echt.

    Isa, Liebste, sei kein Macho, ich brauche den Job. Ich lasse mir ja auf den Hintern klopfen und Geldscheine ins T- Shirt stecken.

    Ich blickte gepeinigt zur Decke.

    Du solltest MIR was zahlen für den Job

    Die Kerle am Tresen lachten schon wieder.

    Ich muss jetzt Taxi fahren. Ich hasse den Job. Mir ist morgens schon schlecht, wenn ich nur daran denke.

    "Soll mich das wundern?

    Jeder Kerl, der hier ein Taxi fährt, weiß, das er irgendwann mal zusammengeschlagen und beklaut wird. Jede Frau, die diesen Scheiß- Job nimmt, muss sich darüber im klaren sein, mal einfach so flachgelegt zu werden. Aber DU ... trägst doppeltes Risiko."

    Jetzt grölten die Typen an der Theke richtig los.

    Ich hatte keine Ahnung, warum die so lachten.

    Das war wie mit diesen amerikanischen Sendungen, die ich morgens beim Staubwischen ansah. Jemand sagte etwas ganz normales und schon wieherten hundert unsichtbare Leute los.

    Ich konnte es mir nicht erklären.

    Ich war mir sicher, ich hatte in meinem Leben noch nie was Komisches gesagt.

    Endlich kam Ivoco. Ich brauchte nur einen Blick in ihr Gesicht zu werfen, um zu wissen, was los war.

    Sie sprach nur Englisch, immer noch, obwohl ich sie in diesen kostenlosen Kurs schickte.

    Sie murmelte, das sie sofort mit dem Salat und den Schnitzeln anfangen würde und verschwand in der Küche.

    Benny besah mich mit einem dieser Blicke, den er besser Zuhause gelassen hätte.

    Läuft ihre Zeit ab?

    Ich zuckte die Schultern und sah in den Spiegel, überprüfte mein Make- Up.

    Ich hatte ein sehr ebenmäßiges Gesicht. Es war leicht zu schminken. Hatte ich ihm einmal einen Ausdruck aufgemalt, behielt es diese Maske bis zum Schließen der Kneipentür.

    Es war ein braves Gesicht.

    Ivoco hatte kein braves Gesicht.

    Man konnte in ihm lesen wie in einem aufgeschlagenem Buch.

    Als sie vor fast drei Monaten kurz nach Öffnung meiner Kneipe hereingekommen war, hatte ich sofort Bescheid gewusst.

    Einen Moment lang war ich total sauer gewesen.

    Ich hatte mir geschworen, nach Binary keine dieser Frauen mehr einzustellen. Ich hatte Ahnung, ich konnte mir nichts mehr vormachen.

    Für Pi- Joy war ich verantwortlich.

    Mit der hatte mein Ärger angefangen.

    Die hatte ich selbst aufgelesen. Sie hatte lag zitternd zwischen den Mülltonnen im Hof. Ich hatte sie aufgerafft, gefüttert und zur Polizei gebracht.

    Ich dachte, damit wäre die Geschichte für mich erledigt, aber nee, so lief das bei mir nie.

    Pi- Joy war ein fünfzehnjähriges Mädchen, das illegal nach Deutschland geschmuggelt wurde, um hier als Sex- Sklavin verbraucht zu werden. Die übelste Variante, mit Prügel und in ein Kellerloch gesperrt.

    Als die Bullen kamen, um das Loch aus dem sie geflohen war, auszuheben, waren die fiesen Typen schon alle weg.

    Dafür stand in der nächsten Nacht mein Laden in Flammen.

    Nicht lustig, gar nicht lustig.

    Witzig war allerdings, das ich eine Super- Versicherung besaß. Die hatte mir damals dieser schwitzende Typ aufgeschwatzt, der so pomadig daher quatschte, das ich Angst hatte, er wurde ewig und drei Tage an der Theke kleben bleiben, wenn ich nicht unterschrieb.

    Ich hatte große Zweifel gehabt, das der Vertrag tatsächlich etwas taugte, aber sie erstatteten mir mehr, als das verbrannte Zeug wert war.

    Und Pi- Joy bekam anständige Pflegeeltern. Davon überzeugte ich mich persönlich, denn das mit der Versicherung lief praktisch von selbst.

    Im Nu stand meine Kneipe wieder. Schicker als vorher.

    Damit dachte ich, wäre die Sache erledigt.

    Ich könnte in Ruhe weiterleben.

    Hoffen konnte man ja, oder?

    Leider tauchten dreimal hintereinander echt fiese Kerle auf und demolierten mir den Laden.

    Beim letzten Mal kündigte mir meine nette Versicherung den Vertrag.

    Machte aber nichts.

    Denn am diesem Tag saß der Neffe des hiesigen Paten in meiner Kneipe.

    Nein, ich hatte den nicht angerufen und um Beistand gebeten. Ich wusste ja nicht mal, das es diese Typen gab.

    War eigentlich eine lustige Sache.

    Django war zwei Meter hoch, einen guten Meter breit und bestand nur aus Muskeln und Blödheit.

    Echt, sein Onkel, der Pate, hatte ihm gleich zwei Leibwächter zugeteilt, damit Django über die Straße kam, ohne dabei überfahren zu werden.

    Django sollte ihn hier in Deutschland unterstützen, aber nicht nur mir kam der Gedanke, die heimatliche Mafia hatte ihn einfach abgeschoben, weil Django, nee, Django, der so gerne mit seiner Knarre rumfuchtelte, war ein echter Chaot.

    Um ihn herum gingen jede Menge Sachen kaputt, ohne das er irgendwie dafür konnte.

    Jedenfalls suchte er sich haargenau meine nette Kneipe aus, als diese drei hirnlosen Schlägertypen von den Thais wieder auftauchten und ihre Ninja- Nummer bei meinen (inzwischen rar gewordenen Kunden ) abzogen.

    Django fand Thais Scheiße und sagte das auch, die Sache endete dann mit einem halbtoten Thai (brach sich etliche Knochen, als er durch das große Fenster nach draußen flog ) und einem verletzten Django. ( Hatte sich selbst in den Fuss geschossen, der Schwachkopf.- Verblutete nur nicht, weil ich ihm einen Druckverband anlegte.)

    Humpelte mit Hilfe seiner Leibwächter nach draußen und verschwand in seinem magnetafarbenen Porsche. Vergaß sein Handy bei mir, das ich dann in einer Schublade verkramte, weil ich mit so Typen nichts zu tun haben wollte.

    Den Typen anrufen? Nee.

    Die Polizei kam, doch keiner der Anwohner konnte auch nur eine ungefähre Beschreibung der Typen abgeben. Selbst wenn Django auf einem Dinosaurier angeritten ware, hätte niemand was gesehen.

    Heinze, mein liebster Streifenpolizist legte seine Mütze auf die Theke, während ich ihm einen Cognak in den Kaffee kippte. Er kratzte sich unter den verschwitzten Achseln und meinte nur: Pest oder Cholera. Mädel, Mädel.

    Da hatte er recht.

    Ja, klar, das war irgendwie filmreif, total irre. Aber echt.

    Ich packte am nächsten Tag meine Koffer und ließ die Kneipe stehen.

    Frankfurt war für mich abgebrannt. Machte nichts. Die Welt war groß und ich wollte schon immer mal Richtung Süden.

    Ich saß gerade im Zug, als ich einen Anruf auf meinem Handy bekam.

    Ich kannte die Nummer nicht und fragte mich ewig, woher der Anrufer meine Nummer hatte. Ich hielt den Typen am anderen Ende der Leitung erst für einen Versicherungsvertreter. War lustig.

    Dabei hatte ich den obersten Boss der örtlichen Mafia am Handy.

    Djangos Onkel. Ja, der Pate.

    Er war höflich und nett, dankte mir herzlich für die Rettung seines lieben Neffen.

    Don Sandro. Der hiesige Pate.

    Er war ganz Happy, als er mir erzählte, das Django wieder nach Sizilien geflogen war, weil es ihm hier zu kalt und zu brutal zuging. Jedenfalls teilte mir Djangos Onkel, der Pate, mit, das er den Thais diese Frechheit nicht durchgehen lassen konnte und er sich kümmern würde.- Blöd wäre es natürlich, wenn die Kneipe morgen geschlossen bliebe.

    Sähe ja aus, als hätten diese Typen, die Frauen einfach nicht anständig behandeln konnten, gewonnen. Als könne Don Sandro die Mädels in seinem Bezirk nicht beschützen.

    Das würde mir doch nicht gefallen, oder?

    Ich hatte mir einen Haufen Prospekte von Ibiza und Marbella besorgt und ehrlich, so richtig Lust zurück zu kommen besaß ich nicht. Nur um einen Paten glücklich zu machen?

    Andererseits, er verlangte für seinen Schutz nicht mehr, als ich für diese fast ruinierte Versicherung zahlte und auf so Inseln lief das Geschäft doch nur während der Saison, oder?

    Im Süden war ich doch eine Fremde. Das würde auch nicht einfach sein.

    Würde ich das nächste Mal so ein Mädel zwischen den Mülltonnen liegen lassen?

    Wahrscheinlich trat ich locker den nächsten kriminellem Typen mit meinen übergroßen Füßen auf die Zehen.

    Musste ich nicht zusehen, das Beste daraus zu machen?

    In einer Gegend, in de rich mich wenigstens auskannte?

    Also stand ich am nächsten Tag wieder in meiner Kneipe und Don Sandro, wie er sich gerne nennen ließ, rollte manchmal in seinem megacoolen hightech- Rollstuhl hinein, über die Rampe, die ich etwa für ihn angeschafft hatte. Quatschte über das Wetter und das weder die Russen, noch die Albaner oder Thais Manieren zeigten, wenn es um das Geschäft der Frauen ging.

    Was sollte ich dazu schon groß sagen?

    Don Sandro machte halt gerne auf netten Onkel und mit fieser Familie kannte ich mich Bestens aus.

    Hatte ich selbst eine, kam damit klar.

    Der alte Sack schaffte es hin- und wieder, mir auf den Hintern zu klapsen, dann kicherte er und drohte seinen Leibwächtern, er würde ihnen die Hände abhacken, falls sie auf ähnliche Ideen kämen.

    Das tat er nicht, weil er geil war, oder besitzergreifend.

    Das machte er, um mich zu warnen.

    Ich war nicht so doof, um es nicht zu kapieren.

    Akzeptierte ich seine Pfoten auf meinem Hintern, würde er dafür sorgen, das niemand sonst mich belästigte.

    So sagte ich, ich wäre echt froh, über seine gelegendlichen Besuche.

    Er nannte mich ein schlaues Mädel.

    Und lobte meinen Kaffee.

    Danach schickte er mir Binary.

    Ich stellte sie als Bedienung an und sie machte ihr Ding.

    Binary hatte genau gewusst, was sie zu tun hatte.

    Sie war der Typ des stählernen Schmetterlings, ihr Lächeln war so unzerstörbar wie ihre Entschlossenheit.

    Innerhalb von drei Monaten war sie mit einem Deutschen verheiratet, besaß eine Aufenthaltsgenehmigung, schaffte in Don Sandros besten Puff an und bildete die kleinen Mädchen aus, die weniger Verstand als sie besaßen.

    Über Binary machte ich mir weiter keine Gedanken.

    Das Leben war hart, jeder sah zu, wie er zurechtkam.

    Binary verkaufte sich freiwillig und mir wars egal.

    Zumindest redete ich mir das ein.

    Manchmal konnte ich nicht schlafen, deswegen.

    Dann schickten sie mir Ivoco, dieses große, schöne Mädchen mit Augen wie ein verlassener Welpe.

    Ihre Haut war wirklich schwarz, nicht farbig, ( so ein Quatschwort ) sondern schwarz. Ihr Gesicht trug einen Ausdruck, den hätte ich nicht beschreiben können, aber ich wußte, ich wollte nicht schuld daran sein.

    Ich stellte sie an und sah zu, wie sie sich abmühte.

    Ihre Geschichte war kurz und simpel.

    Zumindest die, die ich kannte.

    Sie war über Frankreich angereist, hatte in Deutschland Asyl beantragt, war abgewiesen und abgeschoben worden.

    Noch am Flughafen wurde sie von einem sehr netten Italiener angesprochen, der ihr genau erklärte, wie sie doch noch zurück nach Deutschland kam ..... und wie sie dort bleiben konnte.

    Er bezahlte ihr den Rückflug und verschaffte ihr innerhalb einer Woche ein Touristenvisa für drei Monate.

    Dafür schrieb sie den ersten Schuldschein aus. Zwanzigtausend Euro.

    Den musste sie bezahlen oder abarbeiten. Und selbst zusehen, das sie eine gültige Aufenthaltsgenehmigung bekam.

    Am besten, indem sie einen deutschen Deppen fand, der sie heiratete.

    So arbeitete Don Sandro.

    Nein, der gute, alte Pate sperrte keine Mädchen in Kellerlöcher.

    Er half ihnen und sie waren bemüht, ihre Schulden abzuzahlen.

    Manche kauften ihre Drogen bei ihm, das mochte er aber gar nicht.

    Drogenabhängige Nutten brachten weniger Geld ein als hübsche, vernünftige Girls, die ihr Geschäft verstanden.

    Das erklärte er mir genau.

    Don Sandro war ein netter, freundlicher Onkel, meistens musste er nicht einmal unhöflich werden, um die Mädchen springen zu lassen.

    Nicht wahr? Schließlich tat ich ebenfalls, was er verlangte.

    Sicher, es war nicht so viel und ich konnte mir leicht einreden, das ich nur vernünftig war und mich die Mädchen eigentlich gar nichts angingen.

    Was aber würde passieren, wenn er eines Tages mehr von mir verlangte?

    Aber blieben wir bei Ivoco.

    Die Zeit war knapp.

    Vordringlich brauchte sie eine Aufenthaltserlaubnis.

    Ich kannte Binarys Vorgehensweise.

    Kamen hier zehn Männer herein, ich hätte sofort gewusst, welchen Binary sich ausgesucht hätte.

    Er musste klein und schmächtig sein, mit schütterem Haar und Brille (die Brille war wichtig), im Anzug von der Stange.

    Er war der Typ Mann, der nicht mal im Vollrausch eine Frau angequatscht hätte. Die Sorte, die Verkäuferin im Buchladen gegenüber anbeteten, ihr jahrelang Briefe mit Gedichten ( oh, du meine Blume, mein ) schrieben und ihr Rosen vor die Türe legten, ohne sich jemals zu offenbaren.

    Jene, die entweder als Jungfrau bei der Mama wohnten, bis diese auf den Friedhof verzog, oder ein Jahresabonnement bei der Nutte im Nachbarviertel hatten.

    Hauptsache, er war deutsch und unverheiratet.

    Was sonst?

    Der gute, deutsche Mann im mittleren Alter, der einmal im Jahr wagte, sich in die Zeitung zu setzen unter :

    Treu, Kinder- und Tierlieb, Nichtraucher.

    Binary hatte gewusst, wie der Hase lief und zögerte nicht. Sie sprach genug Englisch, um eine gute Lügengeschichte auftischen zu können und zuwenig, um mit mir zu diskutieren.

    Sie hatte Zuhause neun jüngere Geschwister, eine ältere Schwester arbeitete hier in Frankfurt im Puff, aber Binary würde es besser treffen. Sie besaß das Zeug dazu.

    Bei Binarys Methode war ich mir unsicher, wer hier wen ausnutzte.

    Sicher war nur, betrogen wurde allemal.

    Ivoco aber besaß nicht Binarys asiatisch- stählernes Lächeln.

    Ivoco hatte ein Gesicht mit einem Ausdruck darin, an dem ich nicht schuld sein wollte, aber nicht wußte, ob das auch so war.

    Ivoco suchte sich mit dem untrüglichen Instinkt einer Motte immer haargenau die Typen aus, die sich mit dem Austrinken ihres Bieres verpissen würden.

    Ivoco sprach diese Studenten an, jenen sauberen, adretten, blitzgescheiten Typ, der nach zehn Minuten genau wußte, was Sache war. Die Hälfte der Kerle lächelten ihr Sonny- Boy- Lächeln und verschwanden mit ihren Kumpels in der nächsten Kneipe.

    Die andere Hälfte verschwand erst, nachdem sie es geschafft hatten, den Ausdruck in Ivocos Gesicht tiefer einzuprägen.

    Vielleicht gaben sie ihr Geld, aber sie nahmen ihr jedes Mal ein Stück von ihrem Leben.

    Ich fragte Ivoco nichts, mir reichte, was ich so sah.

    Selbst wenn sie in Deutschland bleiben konnte, musste sie noch ihre Schulden abarbeiten.

    Ich befürchtete, diese Schulden gehörten zu denen, die immer mehr als weniger wurden.

    Wer mal mit Prostitution anfing, kam so schnell nicht mehr raus.

    Was würde passieren, wenn sie keinen Deppen fand, der ihr Leben hier legalisiere?

    Würde sie Don Sandros Angebot annehmen, heimlich, still und leise für ihn zu arbeiten?

    Ganz und gar von ihm abhängig zu sein?

    Oh, nein, Don Sandro brauchte keine Prügel und Drogen und Keller, er schickte die Mädchen auf den Strich und sie waren ihm noch dankbar.

    Er schickte mir Mädchen, damit sie sich in meiner Kneipe einen Ehemann besorgen konnten und ich war dankbar, das ich ansonsten in Ruhe gelassen wurde.

    Alles paletti!

    Also betrachtete ich die gleichmäßige Maske meines Gesichtes im Gläserspiegel und gab Benny keine Antwort.

    Irgendeiner der Gäste sagte gerade:

    Ich wünschte, ich wäre ein Hund. Hunde müssen nicht arbeiten, kriegen ihr Futter und alles. Hunde haben es doch gut, oder?

    Ich brachte ihm ein neues Bier, ein neues Korn.

    Nicht in China, erwiderte ich abwesend.

    Diesmal lachte Benny, aber er hörte sofort damit auf, als er meinen fragenden Blick bemerkte.

    Es war überhaupt auch kein Lachen gewesen, das die Augen groß mitmachen ließ.

    Isabelle, kannst du mir mal sagen, warum das Bier gegenüber zehnmal teurer ist? fragte Karl, ein Stammkunde. Er stemmte seine Ellenbogen auf das glattpolierte Holz, dass ich so oft abwischte, wie Pilatus seine Pfoten wusch.

    Alle Kerle sahen mich gespannt an. Im Lokal gegenüber servierte man Oben- Ohne.

    Klar kann ich dir das sagen, sagte ich.

    "Drei von den zwanzig Mark fürs Glas sind fürs Bier, den Rest

    brauchen die Mädchen für Hustenbonbons."

    Der Witz war so alt wie der traurige Job, der drüben ablief.

    Karl hieb grölend vor Lachen auf den Tresen.

    Ivoco kam gerade mit einer Platte frischer Buletten rein und betrachtete ihn erstaunt. Ich glaube, sie hätte auch nicht verstanden, was Karl so komisch fand, wenn sie Deutsch verstünde.

    Ich zapfte gerade Bier hoch, als ein Pärchen zur Tür reinkam. Die männliche Besetzung kam mir bekannt vor.

    Dies schien wirklich einer dieser Abende zu werden, die man getrost vergessen konnte.

    Der Mann war Joachim, mein kleiner Disco- Ausrutscher.

    Er schmetterte mir einen so arroganten Blick hin, das ich beinahe den Sinn seines Kneipenbesuches erriet.

    Er war der Typ des ewig trotzigen Jungens. Niedlich, nett, aber unfähig, den Mülleimer rauszutragen, ohne zu motzen.

    Die Frau neben ihm war hübsch, schlank, trug eine Brille und sah eigentlich intelligent genug aus, um sich zu gut für eine : Das- ist- meine- Neue- und- sie- hat- viel- größere- Möpse- als- du- Show herzugeben.

    Ich nahm es aber keinen von beiden Übel und servierte das Bier mit gleichgültigem Lächeln.

    Joachim war ein großer, cool

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