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The last Gossip
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eBook332 Seiten4 Stunden

The last Gossip

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Über dieses E-Book

Als Enthüllungsjournalistin Alexandra Daring über Rockstar Austin Cardell schreiben soll, ist es wie ein gefundenes Fressen für sie. Doch schnell stellt sich heraus, dass sein Ruf alles andere als gerechtfertigt ist. Denn der Frauenheld ist nicht nur ein unfassbar aufmerksamer Vater, sondern auch noch unverschämt sexy. Trotz ihres eisernen Schwurs, Gefühle bei der Arbeit aus dem Spiel zu lassen, knistert es heftig zwischen den beiden, sodass bald nicht nur ihre Prinzipien, sondern womöglich ihr gesamter Artikel auf dem Spiel steht.
SpracheDeutsch
Herausgebernet-Verlag
Erscheinungsdatum1. Apr. 2023
ISBN9783957203724
The last Gossip
Autor

A. Eßer

A. Eßer, geboren 1999, lebt seit ihrem Studienabschluss in Bonn. Seit sie einen Computer bedienen konnte, war es ihr Traum, Schriftstellerin zu werden. Bislang widmet sie sich dem Schreiben jedoch nur nebenberuflich. Neben Regentagen und heißer Schokolade ist sie eine leidenschaftliche Liebhaberin der Gossip-Girl-Reihe, sodass ein Setting für einen Roman rund um die New-Yorker-Society gesetzt war. »The last Gossip« ist ihr Debütroman.

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    Buchvorschau

    The last Gossip - A. Eßer

    Kapitel 1

    Das Rezept für den perfekten Klatsch besteht nur aus zwei Zutaten: einer großen Portion Wahrheit und einer kleinen Prise von dem, was die Leute hören wollen.

    Ich hatte es über die Jahre perfektioniert.

    Dein Mann betrügt dich. Ich weiß es, bevor du es weißt – aber, wenn ich davon berichtete, gab es mindestens zwei Geliebte, und sein gepackter Koffer stand bereits im Schrank.

    Die gesamte lokale Prominenz ist mir schon zum Opfer gefallen. In New York führt ja auch mindestens jeder Zweite ein Doppelleben, während die andere Hälfte meine Kolumne liest.

    Ich saß seit Stunden draußen auf der Feuertreppe und schrieb an meinem neuen Artikel. Immer wenn mich eine Geschichte gepackt hatte, hörte ich nicht auf, bis ich den letzten Tropfen herausgepresst hatte. Ich war in dieser Zeit wie besessen. Alles um mich herum war wie vernebelt, und ich sah nur die Buchstaben, die schwarz auf weiß auf dem Bildschirm flimmerten. Manchmal kam es mir vor, als ob meine Finger ihren eigenen Kopf hätten, und dieser war meinem Verstand immer um drei Gedanken voraus. Aber mir gefiel, was ich las – und meinen Lesern offensichtlich auch.

    Harry hätte für den Trip nach Europa besser sein Sparschwein schlachten sollen, dann hätten die Behörden wohl kein Näschen an seine Machenschaften bekommen. Wer jetzt Mitleid hat, kann es sich getrost sparen. Jeder trifft Entscheidungen, und manche, so wie in Harrys Fall, führen wohl auf direktem Weg hinter schwedische Gardinen. Ich hoffe bloß, er hat seine Du-kommst-aus-dem-Gefängnis-frei-Karte nicht unnötig verspielt.

    Ich nickte zufrieden. Die Geschichte war so viel wert wie ein frisch geschliffener Diamant.

    Meine Finger glitten weiterhin unruhig über die Tasten, obwohl ich schon vor Minuten das letzte Wort geschrieben hatte. Ich ballte ein paar Mal die Faust, um das Zittern zu stoppen. Nach einer solchen Nacht bestand ich zu neunzig Prozent aus Kaffee. Neben mir stand mein sechster Becher …, oder war es bereits mein siebter? Im Schreibfluss konnte ich darüber schnell den Überblick verlieren.

    Meine Gedanken schweiften erneut zu meinem liebsten Suchtmittel, als mich eine bekannte Stimme aus meinen Gedanken riss: »Alex, geh rein, du erfrierst!«, rief meine Mitbewohnerin Sam von der anderen Straßenseite. Sie war eine Frostbeule. Es war Anfang Oktober, und schon versteckte sie ihr hübsches Gesicht hinter einem monströsen Kaschmirschal. Eine Schande!

    Warum sie sich so früh vom Markt genommen hat, ist mir bis heute schleierhaft. Jeder Kerl, den ich mit nach Hause brachte, hatte nur Augen für sie. Ich bin ungern jemandes zweite Wahl, aber in gewisser Weise konnte ich die Männer verstehen. Traurig, aber wahr.

    Sam zu beschreiben war nicht schwierig, eher unfair. Die makellose Haut, der dunkle Teint, die kurzen Haare, die immer wirkten, als wäre sie bereit für ein Abenteuer … oder hätte gerade eins hinter sich. Sie war schlichtweg perfekt.

    Sie griff nach der letzten Sprosse der Feuertreppe und zog sich durch die dünne Öffnung.

    »Warst du bei Ian?«, fragte ich, obwohl ich mir die Antwort denken konnte. Ihre Haare waren auf die Art zerzaust, die auf eine wilde Nacht schließen ließen. Ich grinste sie wissend an, aber sie nickte nur geistesabwesend. »Jaja«, antwortete sie und presste die Lippen aufeinander. Dafür, wie ihr Tag allem Anschein nach geendet hatte, war sie deutlich zu schlecht gelaunt. Vielleicht lag es aber auch daran, dass sie nebenbei so viel arbeitete, dass sie kaum zum Schlafen kam.

    Sam kletterte durch das Fenster hinein und warf die schwarze Schürze, die sie bei ihrer Schicht im Rumors trug, in eine Ecke.

    Das Rumors war die mit Abstand beste Bar der Stadt und machte ihrem Namen alle Ehre. Immer ein volles Haus und spätestens nach dem fünften Tequila war selbst die Zunge der letzten Kirchenmaus gelockert.

    Wie heißt es so schön? Kinder und Betrunkene sagen immer die Wahrheit. Und Letztere waren mir die liebsten Menschen.

    »Lange Nacht?«, fragte Sam. Es wirkte wie eine Ablenkung von unserem ursprünglichen Thema, denn meine Augenringe sprachen wohl für sich.

    Trotzdem ging ich auf ihre Frage ein: »Ja, aber das musst du lesen. Der Kerl hat mehr Leichen im Keller als Hannibal Lecter.« Ich folgte ihr durch das Fenster ins warme Wohnzimmer. Sie pflanzte sich auf einen Barhocker an der Anrichte, während ich meinen Laptop vor ihr abstellte.

    Samantha überflog den Artikel, während die Kaffeemaschine im Hintergrund surrte. Ich schwöre, ich habe mich so lange beherrscht, wie ich konnte. Meine Sucht war eben zu stark.

    »Der hat mehr Schwarzgeldkonten, als ich Schuhe besitze«, staunte sie. Ein vager Vergleich, wenn man bedachte, dass ihre Schuhe einen ganzen Schrank einnahmen.

    Mein Blick fiel auf die roten Louboutins. Eine Schande, dass sie die hinter der Bar versteckte, anstatt sie mit der Welt zu teilen. »Wenn wir dieselbe Größe hätten, würde ich in denen schlafen, ich schwöre es«, schwärmte ich, woraufhin Sam nur grinsen konnte. »Bist du fertig mit dem Artikel?«, fragte sie.

    »Nicht ganz, heute ist der Prozessschluss. Ich bin gespannt, wie viele Jahre er im Knast verbringen muss.« Ich lachte hämisch. Manchmal war ich selbst überrascht, wie schadenfroh ich sein konnte, wenn ich wollte. »Ich bin gespannt, was Zeke davon denken wird. Habe ich da« – ich deutete auf den Absatz, in dem ich beschrieb, wie seine kriminellen Machenschaften seine ganze Familie zerstört hatten – »zu dick aufgetragen?«

    »Nein, überhaupt nicht. Zeke wird es lieben. So wie alles an dir.« Sie wackelte verschwörerisch mit den Augenbrauen.

    Ich quittierte ihre Bemerkung mit einem Augenrollen. »Ich habe kein Interesse an Zeke, und das weißt du.« Ich hatte es satt, dass sie mich ständig mit Zeke aufzog. Dabei konnte sie ihn nicht mal leiden.

    »Dafür flirtest du aber ziemlich heftig mit ihm.« Als sie meinen tödlichen Blick auffing, hob sie entwaffnet die Hände. »Ich meine ja nur.«

    »Jede Frau will sich begehrt fühlen, und er gibt mir dieses Gefühl.« Als hätte ich ihn heraufbeschworen, stieß meine Eroberung der letzten Nacht zu uns. Derek … oder war es Damian? Unwichtig.

    »Das klingt, als hättest du von mir gesprochen.« Er schlang die Arme um mich und drückte mir einen Kuss auf die Wange. Sein herbes Aftershave wehte herüber, dessen Duft ich in mich aufnahm. David… er hieß, glaube ich, David.

    »Guten Morgen, Süße. Hast du gut geschlafen?«

    »Fantastisch«, säuselte ich, wohl wissend, dass Männer nach einer solchen Nacht keine andere Antwort akzeptierten. Die Tatsache jedoch, dass ich danach noch genug Kraft hatte, einen 3000-Wörter-Artikel in die Tasten zu hämmern, sprach wohl für sich.

    »Wenn du Zeke nachhaltig beeindrucken möchtest, solltest du ausnahmsweise mal pünktlich kommen«, sinnierte Sam hinter ihrem Becher vor sich hin. Sie nickte mit dem Kinn zur Uhr.

    Ich war tatsächlich spät dran. »Also … ich muss jetzt zur Arbeit, aber meine wundervolle Mitbewohnerin macht dir sicherlich gerne noch einen Kaffee.« Ich grinste ihr frech ins Gesicht, in der Hoffnung, dass es ihr eine Lehre sein würde und sie sich besser nicht noch einmal in mein Liebesleben einmischen sollte. Ich warf meinen Mantel über und verstaute den Laptop in meiner Tasche.

    »Du bist unmöglich«, brummte sie kopfschüttelnd und nahm eine zweite Tasse aus dem Regal. Ihren restlichen Protest verschluckte die Tür, die hinter mir in Schloss fiel.

    Der Manhattan Boulevard war mehr als eine Zeitung. Er war Fashion, Drama, Intrigen. Er war alles, was die breite Masse lesen wollte.

    Ich stieß die Glastür auf und schnupperte den altbekannten Mix aus frischem Kaffee und Haarspray. Heute wurden die Fotos für die nächste Titelseite geschossen, also wuselten in der Redaktion Fotografen, Models und Redakteure wie gutbezahlte Ameisen umher. Alles war laut und hektisch. Genau wie die Stadt selbst. Deshalb liebte ich es so sehr.

    »Sandy, du bereitest Ava für das Covershooting vor. Wir haben nur noch zwanzig Minuten. Zeit ist Geld!«, rief Zekes dauergestresste Assistentin Clara quer durch den Raum und scheuchte die Stylistin zu ihrem Model.

    Clara hatte das Potenzial, ein hübsches Mädchen zu sein, aber ihre Persönlichkeit machte sie hässlich. Wenn mich nicht alles täuschte, durchzogen graue Strähnen allmählich ihr dunkles Haar, obwohl sie dafür mit Mitte dreißig deutlich zu jung war. Auch die Sorgenfalte grub sich mit jedem Mal tiefer in die Haut auf ihrer Stirn.

    »Alex, gut, dass du hier bist«, sagte sie, und ihr Tonfall ließ keinen Zweifel daran, dass es sich nur um eine höfliche Floskel handelte. Sie blieb stehen und blickte über ihr geliebtes Klemmbrett hinweg. »Zeke wartet bereits in seinem Büro auf dich«, fuhr sie fort. »Er meinte, ihr habt etwas zu besprechen?« Am Ende des Satzes hob sich Claras Stimme wie bei einer Frage. Es war seit Jahren ein offenes Geheimnis, dass sie nur zu gerne wüsste, warum er mir so viel mehr Aufmerksamkeit schenkte als dem Rest der Belegschaft. Aber vor allem mehr Aufmerksamkeit als ihr.

    Niemand außer Zeke kannte hier mein Geheimnis. Keiner ahnte auch nur, dass ich hinter Leaky Lips, unserer Erfolgskolumne, steckte.

    Unter diesem Pseudonym veröffentlichte ich nun schon zwei Jahre lang Reportagen und exklusive Einblicke in die Welt der Stars und Sternchen. Ich wollte anonym bleiben, denn so war es leichter, an sie heranzukommen. Man gibt mehr preis, wenn man denkt, man müsse sich nicht verstecken.

    Außerdem: Je weniger Mitwisser, desto weniger Sicherheitslücken.

    Für alle anderen war ich schlicht eine Esoteriktante, die ihren Lebensunterhalt damit bestritt, das Schicksal der Menschen anhand der Sterne vorherzusagen. Es sollte zwar nur eine Tarnung sein, aber ich konnte dem Ganzen durchaus etwas abgewinnen. Viele Menschen wollten glauben, dass die Konstellation der Sterne einen Einfluss auf ihr Leben hat. Ich fragte mich des Öfteren, wie viele Streits ich heraufbeschworen hatte durch meine Vorhersage, der Merkur würde für Spannungen zwischen den Liebenden sorgen.

    »Jedenfalls«, sagte sie, nachdem ihr bewusst wurde, dass sie keine Antwort bekommen würde, »er erwartet dich. Also keine Umwege.« Sie warf einen missbilligenden Blick auf die Pappe mit den drei Kaffeebechern in meiner Hand, einen für jede meiner gewöhnlichen Anlaufstellen. Claras Missfallen brachte mich zum Grinsen.

    Sie wusste, dass ich mich wie immer ihren Anweisungen widersetzen würde, deshalb hatte sie bewusst langsam und deutlich gesprochen. Ihr Glaube daran, mich ändern zu können, war niedlich.

    Clara sah mich noch einmal prüfend an, nur um sich direkt im nächsten Moment ein neues Opfer zu suchen, welches sie delegieren konnte. Als sie mir den Rücken zukehrte, rollte ich genüsslich mit den Augen.

    Überarbeite dich nicht, Clara.

    Ich drehte mich um und scannte die Redaktion nach meinem Lieblingskollegen ab. Marcus saß in seiner Arbeitsnische und hämmerte auf seinen Computer ein.

    Letzte Woche war die New York Fashion Week, was bedeutete, dass er in dieser Zeit praktisch in der Redaktion lebte.

    Wer Marcus ansah, würde nie denken, er sei eine Art Messias in der Modewelt. Aber so schwierig es zu glauben war, genauso wahr war es, dass er derjenige war, der in der Welt der Haute Couture den Ton angab. Er selbst war ein unscheinbarer Typ, der meist schlichte Hemden trug. Maximal einen Pullunder, wenn es kalt wurde. Trotzdem zelebrierte er die verrücktesten Formen und Muster, die Desigual farblos aussehen ließen.

    »Morgen, Al.«

    Als er mich erkannte, winkte er mich aus der Mitte des Großraumbüros zu sich.

    Ich konnte es kaum erwarten, den neusten Klatsch aus dem Büro zu hören. Wenn man nur einmal die Woche kam, verpasste man so einiges.

    Ich setzte mich auf Marcus’ Schreibtisch und reichte ihm seinen Moccachino. »Marcus, ich habe auf der Fahrt hierher deinen Artikel gelesen. Göttlich«, sagte ich und verfiel in hämisches Gelächter.

    Manchmal erlaubte er sich einen Spaß und gab in seiner Kolumne einige – wie könnte man es nennen – fragwürdige Tipps, um zu schauen, wie viele Mitläufer dem Trend folgen würden.

    Heute hatte er dem Vokuhila ein Comeback gewährt. Ihr wisst schon: vorne Business, hinten Party? Oder besser gesagt ein Albtraum auf beiden Seiten.

    Ich hatte Tränen gelacht. Der Vokuhila war wie eines dieser Gerichte, das man einmal zu oft aufgewärmt hatte und das am besten direkt im Kühlschrank vergammelt wäre.

    »Hast du Beccy schon gesehen?«, fragte Marcus mit einem verschwörerischen Grinsen auf den Lippen. Er setzte seine Brille auf. Sie war das einzig Exzentrische an seiner Aufmachung. Ein Unikat nach eigener Kreation. Das geschwungene, mintgrüne Gestell erinnerte an einen schimmernden Ozean. Die drei Wochen Karibikurlaub, die er sich jedes Jahr mit seinem Gehalt gönnt, würden mich vielleicht auch zu einem solchen Design inspirieren.

    Er stand von seinem Drehstuhl auf und ließ seinen Blick über die Schreibtische schweifen. »Da hinten«, er nickte zu dem Fotografen herüber.

    »Nein, sie hat doch nicht etwa …?«

    Beccy aus der Buchhaltung war eines dieser Mädchen, das lieber Marcus’ Modetipps folgte, als einen eigenen Stil zu entwickeln. Sie passte nicht hierher in diese Welt, zum Manhattan Boulevard.

    Als sie bei uns anfing, war ihr Lieblingsoutfit eine Kombination aus einem pinken Blazer und einer orangefarbenen Siebenachtelhose. Also bitte.

    Zumindest hatte sie einen Hauch von Stilempfinden entwickelt, seit sie Marcus’ Kolumne las. Trotzdem wäre es kein Verbrechen, ihren Kleiderschrank mit allen Sachen darin abzufackeln.

    Für einen sauberen Neuanfang.

    »Komm mit«, sagte ich und wies ihn an, mir zu folgen. Ich konnte nicht anders. Ich musste das Elend genauer betrachten.

    Als wir uns Beccy näherten, strahlte sie ihn bis über beide Ohren an. Es war so offensichtlich, dass sie auf Marcus flog wie ich auf die neue Prada-Kollektion.

    »Was denkst du?«, fragte sie erwartungsvoll. Ihre Haare sahen aus, als hätte es sich ein Eichhörnchen darauf bequem gemacht.

    »Also … ich habe so einige Gedanken dazu«, murmelte ich gerade laut genug, dass Marcus mich verstand. Ich fühlte, wie sich eine tiefe innere Freude in mir ausbreitete.

    Er knuffte mich in die Seite. »Wie ich sehe, hast du meinen Artikel gelesen«, sagte Marcus, um Zeit zu schinden.

    »Ohne Worte.«

    Besser hätte man es nicht ausdrücken können.

    Beccy schien zufrieden mit dieser Reaktion zu sein. Ich konnte erkennen, wie sie unter dem Baumwollmischgewebe, das sie Jacke nannte, in Sekunden mehrere Zentimeter wuchs. Sie hatte Marcus schließlich in einen Zustand der Sprachlosigkeit versetzt, was – glücklicherweise – so gut wie nie vorkam.

    Beflügelt von Marcus’ Reaktion wandte sie sich an mich: »Hast du schon Zeit gefunden, dir meinen Artikel anzusehen?«

    Beccy träumte von einer Karriere als Journalistin. Aber die harte Wahrheit war, ihre Texte waren nicht mehr als durchschnittlich. Ihr Schreibstil war ganz passabel, und mit dem richtigen Feinschliff hatte er sogar echtes Potenzial. Das eigentliche Problem war, dass sie keine Ahnung hatte, wovon sie sprach. Ich wusste nicht, wer ihr den Floh ins Ohr gesetzt hat, dass sie auch nur die Spur einer Ahnung von Mode hätte, aber eins wusste ich mit Bestimmtheit: In einer Welt, in der Beccy jemandem vorschreibt, was er anzuziehen hat, wollte ich nicht leben.

    »Noch nicht«, log ich. In Wahrheit hatte ich ihren Text am ersten Tag gelesen, als Beccy ihn mir gegeben hatte. Aber wenn ich ihr den Eindruck vermittelte, dass mich interessierte, was sie zu sagen hatte, würde ich in Zukunft jedes ihrer Schriftstücke gegenlesen müssen. Ganz ehrlich, dafür war meine Zeit zu kostbar.

    Beccy wollte gerade antworten, als Clara sich auf sie stürzte. »Beccy, steh nicht so tatenlos in der Gegend herum! Ich kann die ungebuchten Rechnungen auf deinem Schreibtisch von hier aus erkennen«, mahnte sie. Eine schwarze Locke fiel ihr ins Gesicht. Ein ganz essenzielles Detail ihres Looks: Sie sah immer aus, als hätte sie gerade in eine Steckdose gefasst. Das würde zumindest erklären, wo sie um diese Uhrzeit ihre Energie hernahm. Ganz ehrlich, die Kleine brauchte mehr als eine Doppelsitzung beim Yoga, um ihre innere Mitte wiederzufinden. Dann wandte sie sich an mich: »Und Alexandra. Ich weiß nicht, ob du es bereits vergessen hast – aber dein Chef wartet auf dich.« Sie garnierte ihren Abgang mit ihrem tödlichen Blick.

    Diese Frau konnte einem echt Angst einjagen.

    Beccy warf Marcus noch einen letzten sehnsuchtsvollen Blick zu, bevor Clara sie endgültig verschleppte.

    »Du solltest wohl besser zu Zeke gehen«, riet mir Marcus und nippte noch mal ausgiebig an seinem Moccachino, »und ich sollte auch zurück an die Arbeit. Die Fashion Week kommentiert sich schließlich nicht von selbst.«

    »Ja, das sollte ich wohl«, stimmte ich zu, »aber Mittag um zwei bei Marios steht, oder? Ich muss dir unbedingt von dem Typen aus dem Rumors erzählen. Der war ein echter Leckerbissen.«

    »Ich habe gehört, es gibt neues Futter für die Haifische«, fragte ich schließlich, als ich den Kopf durch die Tür zu Zekes Büro steckte.

    »Richtig gehört, komm rein.« Zeke deutete auf den grauen Sessel vor seinem gläsernen Schreibtisch. Ich nahm Platz und warf einen verträumten Blick durch die Fensterfront. Immer, wenn ich Zekes Büro betrat, überkam mich ein Anflug von Neid. Von hier oben hatte man einen unglaublichen Blick über Midtown Manhattan. Irgendwann würde ich hoffentlich hier sitzen.

    »Die Story, die ich gefunden habe, ist perfekt für meinen kleinen Superstar.«

    Ich liebte es, wenn er mich so nannte.

    »Frauengeschichten, massig Drogen- und Alkoholskandale. Genau dein Typ. Und jetzt kommt das Beste.«

    Er hätte nicht weitersprechen müssen, meine Augen funkelten bereits vor Aufregung. »Er versucht, das alleinige Sorgerecht für seine Tochter zu bekommen.«

    »Schreibt sich praktisch von selbst.« Ich grinste schelmisch. »Um wen geht es denn eigentlich?«, fragte ich neugierig.

    Er drehte seinen Monitor zu mir. Darauf flimmerte ein Bild von einem blonden Schönling.

    »Austin Cardell, richtig? Steckt der nicht seit Monaten in einer Kreativpause oder so ähnlich? Wie soll ich bitte an den herankommen?«

    »Mir egal. Tu alles, was nötig ist. Ich will diese Story.«

    »Verstanden.« Wenn die Geschichte groß genug war, dann rechtfertigte der Zweck für Zeke alle Mittel. Vielleicht war er mir deshalb so sympathisch.

    Ich erhob mich schwungvoll aus dem Sessel. »Ich bin dran.«

    »So lobe ich mir mein Mädchen«, sagte Zeke, als ich durch die Tür ging. Immer wenn ich ihm den Rücken zuwandte, konnte ich seine Blicke auf meiner Haut förmlich spüren. Ich wusste genau, dass er seine Augen nicht von mir lassen konnte. Nicht, dass es mich gestört hätte. Im Gegenteil. Mir gefiel es, ihn ein wenig zu reizen.

    In meiner Arbeitsnische googelte ich Austin Cardell. Die Kurzfassung: Er war Musiker, ist der Ex-Mann von Everybody’s Darling Chloé Cardell und lebte seit der Scheidung völlig zurückgezogen.

    Der Name war mir natürlich ein Begriff. Auch wenn ich vorher noch nicht über ihn geschrieben hatte, waren seine Eskapaden nicht spurlos an mir vorbeigegangen. Alle Neuigkeiten wurden von den Klatschblättern mit ihrer täglichen Ausgabe abgefischt, da brauchte keiner mehr ein Statement von mir. Nicht, dass ich missverstanden werde, ich hatte nicht per se etwas gegen Tageszeitungen, aber ich legte meinen Fokus lieber auf Qualität als auf Quantität.

    Ich war schockiert, als ich den Newsfeed öffnete, der eine bemerkenswert lückenlose Zusammenfassung seiner letzten Jahre enthielt.

    Ich scrollte durch die Unmengen an Bildern, die im Laufe der Zeit von ihm geschossen worden waren. Am Anfang seiner Karriere hatte er diesen bubenhaften Charme mit Funkeln in seinen Augen. Er erinnerte mich an einen Justin Bieber aus seiner Baby-Zeit.

    Ich für meinen Teil stand nicht besonders auf diesen Typ Mann, aber in Justins Fall konnte man durchaus sagen, dass er sein Potenzial über die Zeit ausgeschöpft hatte. Tattoos, ein paar Ecken und Kanten, um sich daran zu stoßen.

    Mhhhm

    Die letzten Fotos wurden von Austin selbst auf seinem Instagram-Profil veröffentlicht. Mit dicker Sonnenbrille und Augenringen, so tiefblau, dass sie trotz der fetten Brille durchschienen.

    Ich werde mich für eine Zeit lang aus der Öffentlichkeit zurückziehen und mich neuen Projekten widmen. Ich hoffe, ihr versteht, dass ich diese Entscheidung getroffen habe, um mich wieder zu sammeln und neue Kraft zu tanken.

    Darunter stand das Datum: 21. Juli. Es war schon knapp zwei Monate her, und seitdem herrschte Funkstille.

    Na ja, es kokst sich eben besser zu Hause als auf der Toilette im Club.

    Ich notierte mir den spontanen Gedanken auf einem Zettel und beschloss, ihn für die Geschichte zu verwenden.

    »Ich kenne Typen wie dich zur Genüge«, flüsterte ich vor mich hin. »Reich, sexy, gelangweilt vom perfekten Leben. Und dann an der Bar die Erste mitnehmen, die auf dein Eau de Cologne anspringt.« Ich war selber schon mit einem oder zwei von der Sorte im Bett gelandet. Und doch bereute ich es nicht, dafür war es zu gut gewesen.

    Aber ich wusste auch, dass diese Typen mächtig was zu kompensieren hatten.

    Kapitel 2

    »Und dann kam Adam rein, Marios neuer Pizzabote. Es war schade, dass Marcus so früh gehen wollte. Ich hätte mich gerne noch länger mit ihm unterhalten. Er war ziemlich süß«, merkte ich an und ließ die Erinnerung in meinem Kopf Revue passieren.

    »Sagst du das nicht über jeden?«, rief Samantha aus dem Badezimmer.

    Samantha von meinen Erlebnissen zu berichten, war mein liebster Teil am Tag.

    Ich zuckte grinsend mit den Schultern. »Touché.«

    Ich stand von der Couch auf und ging zu ihr. Sie saß auf der Kante der Badewanne und hielt sich einen kleinen Schminkspiegel vors Gesicht. Es ist mir bis heute schleierhaft, wie sie sich so einen vernünftigen Lidstrich ziehen konnte.

    Samantha hatte sich schon für die Arbeit umgezogen. Sie trug das enganliegende, weiße Kleid, das auf ihrer dunklen Haut fantastisch zur Geltung kam, kombiniert mit den braunen Riemchensandalen, für die ich buchstäblich töten würde. Wenn ich mir ihr Kleid so ansah, wunderte es mich nicht, dass sie so viel Trinkgeld bekam.

    »Sammy, du siehst heiß aus«, sagte ich und fächerte mir Luft zu.

    »Erzähl mir was Neues, Süße«, erwiderte sie und schwang mit einem Puderpinsel über ihr Gesicht, um ihrem Make-up den letzten Schliff zu verpassen.

    Ich grinste. »Bevor du gehst, muss ich dir von meinem neuen Auftrag erzählen«, sagte ich und bemerkte, wie es mir allein bei dem Gedanken in den Fingern juckte.

    Drama war wie eine Droge, von der ich nicht loskam. Die Abgründe der Menschen zu enthüllen, ihre Geheimnisse aufzudecken – das war es, was mich nachts nicht schlafen ließ.

    Samantha klappte schwungvoll ihren Make-up-Spiegel zu und ließ ihn in ihrer Chaneltasche verschwinden. »Ich bin bereit.«

    »Du hast doch sicherlich schon vom Sorgerechtsstreit der Cardells gehört, oder?«

    »Natürlich, Chloé zerreißt Austin gerade in allen möglichen Talkshows. Hast du sie in der Tonight Show gesehen?«, fragte Sam und begann, Chloé zu imitieren. »Er wird mir mein Kind nicht wegnehmen. Dafür werde ich sorgen.« Sie untermalte ihre Darstellungen mit theatralischen Handgesten. »Das ist sowieso alles nur PR für ihre neue Realityshow.«

    Ich nickte zustimmend. »Glaube ich auch. So bissig war sie bisher nur beim Ausverkauf bei Macy’s. Aber es geht nicht um sie. Ich soll noch ein bisschen mehr über ihn herausfinden.« Meine Mundwinkel zuckten nach oben, während ich Sams Reaktion beobachtete.

    Sie verschluckte sich an ihrer Zunge und gestikulierte wild um sich. Sofort klopfte ich ihr auf den Rücken, damit sie nicht erstickte.

    »Du … du … triffst Austin … Cardell?«, stotterte sie atemlos. Sie fasste sich an die Brust und sammelte schnappend Luft für ihren nächsten Satz. »Ich bin so neidisch!« Ihr Blick

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