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Aphrodite Schatzsucherin: Magisch realistischer Roman
Aphrodite Schatzsucherin: Magisch realistischer Roman
Aphrodite Schatzsucherin: Magisch realistischer Roman
eBook353 Seiten4 Stunden

Aphrodite Schatzsucherin: Magisch realistischer Roman

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Über dieses E-Book

Wer vor sich selbst davon läuft, wird lange laufen. Geschichte um ein Geheimniss aus der Kindheit, schicksalhafte Zufallsbegegegnungen und eine Liebes-Odyssee. Endlich Hoffnung, als spirituelle Urmutter Aphrodite der Suchenden zur Hilfe kommt. Reise von einer delphischen Insel in die Rockszene Londons - und endlich zu dem Schatz .............................................................................. "Es war einmal. Vor nicht so langer Zeit. In einer Bar, auf einer vergessenen Insel im Meer traf sie ihn. Was sie für ein Wunder hielt und er - doch das mag er selber wissen lassen. Denn hier ereignete sich das, was die Suchende später meine Wiederkehr nennen sollte; die Wiederkehr der Aphrodite."
So beschreibt Göttin Aphrodite ihren Einfluss auf Ereignisse, die Protagonistin Zsófia in außerordentliche Erlebnisse katapultieren .................. Geschichte eines uralten Gaia Wissens oder Erden Wissens - welches vor langer Zeit als weiblich verstanden wurde. Auch eine Geschichte der Hoffnung das Menschen heilen können. Diese Gabe mag neben der Liebesfähigkeit einer der grössten Schätze sein, die wir besitzen.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum4. Juni 2016
ISBN9783738070460
Aphrodite Schatzsucherin: Magisch realistischer Roman
Autor

Jose DeChamp

Eine Babylonische Trauerweide in der alten Heimat, ein Kastanienbaum in der neuen Heimat und ein Olivenbaum in der anderen Welt. Lebe in Camden Town und arbeite im Zentrum von London, auf dem Oxford Circus. Meine Erfahrungen im Gebiet der Trauma Psychologie trugen zu dieser Erzählung bei. Begegnungen in der Londoner Musikszene waren hilfreich in der Beschreibung der Charaktere.

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    Buchvorschau

    Aphrodite Schatzsucherin - Jose DeChamp

    Blaue Edition

    Gewidmet denen, die um die Schattenwelten wissen - die manche auch die 'Höhlen der verlorenen Kinder' nennen. - Gewidmet denen, die ein Kind der Höhlen in sich tragen und  deren Stärke außergewöhnliche ist. Ihr Mut ist ohnegleichen.

    Prolog

    Werde ich dich wiedersehen?

    Aphrodite nickt. Ich hoffe ja. 


    Werde ich mich deiner erinnern können? Mir ist, als seist du mir oft begegnet und doch vergesse ich dich immer wieder. Vergesse, was du mir sagst. Nachts wache ich auf, verwirrt, mit rasendem Herzschlag. Kurz vor dem Aufwachen hatte ich etwas ganz wichtiges gewusst. Alles hatte Sinn gemacht. Ich war zuhause gewesen. Aber ich verliere es sofort wieder. Sitze in der Dunkelheit, ausgesperrt. Kriege kaum Luft so bedrückend fühlt es sich an. 


    Aphrodite nickt unmerklich. Du wirst wieder vergessen. Für lange Zeit. Bis du keine Angst mehr hast, dich zu erinnern.

    Angst? Kann ich denn nichts tun, um nicht zu vergessen?

    Wenn es deine Zeit ist, wirst du dich meiner erinnern. Und deiner selbst. Es ist deine Reise. 


    Meine Reise? 


    Aphrodite nickt. Dein Herz will dich nach Hause bringen. Angst hält dich zurück. Mögest du deine Stimme finden, deine Kraft und deinen Platz. Finde den Schatz.



    INSEL. Kapitel 1

    Lange schon trage ich eine Geschichte in mir. Habe versucht sie niederzuschreiben. Habe versucht etwas festzuhalten, was flüchtig ist und sich ständig verändert. Aber was dann vor mir stand, war nie die Essenz der Geschichte. Konnte es nicht sein, weil ich sie noch nicht verstand. Ich glaube, ich hatte Angst ehrlich zu sein, denn ich hatte verlernt mit dem Auge des Herzens zu schauen. Ich hatte Hinweise von anderen Menschen der Geschichte. Erahnte verborgene Kammern der Magie, die nicht mit gewöhnlichen Türen geöffnet werden können. Was ich ahnte, wagte ich nicht niederzuschreiben, weil es ja nur Gefühle waren, eine Art von Geistlicher Ebene.

    Ich denke oft das Spiritualität keinen Platz mehr hat in weiten Teilen der Welt. Ich glaube ich hatte meine Spiritualität abgelegt als ich eingeschult wurde. In meinem Teil der Welt erinnern sich Menschen oft erst dann an sie zurück, wenn Schmerz und Verlust alles andere unter sich begraben. Gerade habe ich diesen Schmerz. Bruchstücke einer anderen Wahrnehmung wie Knochen um mich herum verstreut. Wie in der Legende der Wilden Frau La Loba.

    La Loba lebte in der Wüste und auf ihren Wanderschaften sammelte sie die Knochen verendeter Tiere. Besonders Wolfsknochen. Dann, wenn sie alle Knochen eines Tieres beisammen hatte, sang die Wilde Frau über den Knochen, Stunde um Stunde, bis tief in die Nacht. Solange bis das Wunder geschah. Die toten, bleichen Knochen wurden belebt, überzogen sich magisch mit Fleisch, Haut und Fell, bis sie zu einem Lebewesen wurden. Einer wilden Wölfin oder einem anderes wilden Tier der Wüste. Mit der letzten Note der La Loba richtete sich das wilde Tier auf und lief dann in die Wüstennacht davon.

    Meine Wölfin war eine Schatzsucherin und ich hatte noch nicht alle ihre Knochen beisammen. War keine Wilde Frau und konnte noch nichts zum Leben singen. Ich glaubte an nichts und mein Herz war verschlossen. Aber meine Leben war einmal mehr mit dieser anderen Frau, die ich die Schatzsucherin nennen möchte, verbunden.

    Was macht eine Schatzsucherin aus? Was unterscheidet sie? Warum sucht sie? Der Schatzsucherin zu folgen war nicht einfach. Verwehte, unterbrochene Pfade. Ich habe ihre Irrfahrten nicht nachvollziehen können. - Wer Schwermut nicht kennt, kann sie nicht verstehen. – Die Einsamkeit der Schatzsucherin, ihre Getriebenheit, die scheinbare Vergeblichkeit ihrer Suche. Erst jetzt beginne ich allmählich zu verstehen, was sie tat und warum sie es tat. Jetzt, wo das, was für mich selbstverständlich gewesen ist, jäh zu einem Ende gekommen ist.

    So fügen sich die Reisestationen der Schatzsucherin zusammen. Ich bin an einem Ort an dem sie vor vielen Jahren gewesen ist. Vielleicht sitze ich sogar auf dem gleichen Stuhl wie sie damals. Denn die schäbige Bar im Herzen von Camden Town sieht wohl immer noch so aus wie damals, als sie hierher kam. Eine spanische Bar, die sie an eine Taverna in ihrer Heimatstadt erinnert hatte. - An die Musikerfreunde die sie dort gehabt hatte. Ein bisschen Ähnlichkeit mit einem Ort aus der Vergangenheit, um sich nicht so fremd zu fühlen.

    Es ist früh. Sommerregen hängt noch in der Luft die sich von der Morgensonne zu erwärmen beginnt. Die Markthändler bauen ihre Stände auf. Metallstangen schlagen aneinander wie Perkussion. Ein Strassenmusiker lehnt mit geschlossenen Augen an einer Graffiti-besprühten Wand neben der Bar und streichelt Akkorde aus seiner abgeschabten Gitarre. Gegenüber eine Bude mit dem Gesicht von Amy Winehouse bemalt. Die Zeitungen sind voll von der Jazzsängerin, die am gestrigen Tage gestorben ist. Amy Winehouse hatte hier gelebt. Nord-West-London, Camden Town; dem bunten und dreckigen Stadtteil, den sich Touristen und Einheimische teilen, die einen laut und in Feierstimmung, die anderen arm und in Eile. Hohe Mieten, teures London und Mindestlöhne oder so wohlhabend, dass sie mit der Armut niemals in Berührung kommen. Amy war sich und ihrer kleinbürgerlichen Herkunft treu geblieben. An den schnieken Nachtbars von London hatte sie kein Interesse gehabt. Stattdessen war sie dort zu finden gewesen, wo sich alternative Londoner zusammen finden.

    Im Pub ‘The Good Mixer’, am Ende der Inverness Street hatte sie Freunde gehabt, Pool gespielt, getrunken. Ein ‘Boozer' einer alten Generation, wie sie immer weniger zu finden sind. Einfache Kneipen mit Billard Tischen und Stammkunden. Die traurige Nachricht ihres Todes scheint über dem Marktplatz zu liegen, Viele hier haben sie gekannt und gemocht.

    Auch die Schatzsucherin hatte Amy Winehouse manchmal im ‘Good Mixer’, ‘The Hawley Arms' oder ‘The Black Hearts’ gesehen. Hang-Outs der Camden Rockszene. Sie hatte ausser ‘Hi’ kaum Worte mit ihr gewechselt, aber in ihren Aufzeichnungen lese ich von ihrer kindhaften Freude darüber.

    Amy Winehouse habe bis spät in die Nacht in ihrem Schlafzimmer Musik gehört und gesungen, würden Zeitungen später berichten. Am Morgen danach habe ihr Bodyguard sie still auf ihrem Bett liegend gefunden. Wie schlafend. Aber sie hatte nicht mehr geatmet.

    Der Gedanke lässt mich heftig nach Luft schnappen. Ich lebe! Ich bin noch da. Ich bin hier. Im Zentrum einer Weltstadt. Königshaus und Ghetto. Weiss gestrichene, viktorianische Bürgerhäuser mit römischen Säulen neben Council-Hochhäusern mit Graffiti-besprühten Aufzügen.

    Abbey Road, Rolling Stones, Iron Maiden, The Clash, Led Zeppelin, Pink Floyd, Queen. - Auch Jimi Hendrix und Bob Marley waren in London bekannt geworden. Und Amy Winehouse, Nord-Londoner Arbeiterklasse-Tochter. Es war ihr Camden Town gewesen. Treffpunkt für progressive Musiker, Magnet für Reisende, Gaukler, Künstler und Junkies.

    Ich bin nicht mit Träumen hierher gekommen. Ich mache mich bereit für ein Requiem und es ist immer noch ein Schock. So hatte es nicht enden sollen. Ich hatte alles gut geplant. Mein Leben war gut gewesen, überschaubar. Ich hatte gesät und geerntet. Nicht alles war mir gelungen, aber im grossen Ganzen war es so wie ich es gewollt hatte. Und nun sitze ich hier in einer fremden Stadt, lese die Aufzeichnungen der Schatzsucherin und blicke dabei unwillkürlich zurück auf eine Serie von eigenen Geschichten. Als junge Frau im weissen Kleid in der Kirche am Arm eines anziehenden Mannes. Wir vor dem Tor einer alten Fabrik, dass unsere Unternehmen werden würde, ich mit einem kleinen Wesen im Arm, Milch und Honig, ein Engelsgesicht. Der verwilderte Vorgarten zu unserem eigenen Haus, dann ein zweiter Engel, zwei wunderbare Kinder. Penelope am Tage ihrer Ballet Prüfung, Nikolas mit einer Schultüte. Penelope bläst 10 Kerzen der Geburtstagstorte aus, Nikolas im Bayern-München Trikot auf Grossvaters Geburtstagsfeier, Maximilian und ich vor dem Eiffelturm an unserem fünfzehnten Hochzeitstag, Penelopes Abitur. Nikolas in seinem ersten Auto. Urlaubsbilder Südfrankreich, Thailand, Malediven. Unser Trip nach New York. Der Anbau am Haus für mein Atelier.

    Ein Schnappschuss von Maximilian, wie er lachend ins Auto steigt auf dem Weg zum Flughafen. Habe ich ihn umarmt bevor er fuhr? Vielleicht.

    So selbstverständlich gelebt, Sommer auf Sommer. Viel zu schnell wie es mir nun scheint, oft zu beschäftigt oder zu müde um dankbar zu sein. Ich hatte ein angenehmes Leben gelebt in gehobenem Mittelstand. Ja manchmal Fehlschläge, Kummer. Auch Momente der Seligkeit, Momente des Glücks. Meistens jedoch einfach eine beige Woche gefolgt bei der nächsten beigen Woche in beschaulicher Sicherheit. Ich war zufrieden gewesen.

    Sommersonne brennt auf meiner Haut, ein leichter Wind spielt mit der Papier Serviette auf meinem Teller - so wie er mit den bunten Fahnen des Marktes spielt. Ich bin. Habe meinen Platz mit Menschen, die meinem Leben Bedeutung geben, deren Leben ich Bedeutung gebe, Räume, Rahmen, Gewohnheiten, die mich ausmachen. Und dann ein Schnitt, eine Explosion, ein nicht endender Alptraum. Bin ich? Auf einmal eine riesengrosse Wunde, die mich aufspaltet.

    Die Schatzsucherin glaubte an Wunder an der nächsten Wegbiegung.Vielleicht ist es das, was sie anders machte; ihre Träumer-Natur. Das mag sie unterscheiden von denen, die eines Tages erwachsen werden und sich mit ihrem Los zufrieden geben. Vielleicht entscheiden die meisten Menschen irgendwann, das Übliche anzunehmen. Sie nehmen es hin, das magische Momente nur in Romanen und Filmen beschworen werden. Das es Komponisten braucht, die einen Moment, eine Begegnung in einen Rahmen setzen, betonen und mit Musik übersetzen. Das es Schriftsteller und Maler braucht, um das Besondere aus dem zähen Mörtel des Alltags herauszumeisseln. Das die Poesie des Lebens eine raue Freundin ist, Eine die einsaugt und ausspuckt. Die schüttelt und beisst, raubt, tötet und frisst, um schliesslich wieder zu gebären. Ein ewiges Ein und Ausatmen, Geben und Nehmen. Die immer aufs neue gebärende Urmutter, die über Hass, Neid, Eifersucht,Gier, Angst und auch über Hoffnung, Sanftmut, Glückseligkeit und Liebe gleichmütig hinweg spült, wie die Wellen des Meeres über gemalte Worte im Sand.

    Auch über mich spült sie hinweg.

    Antje Freund, verheiratet, zwei Kinder, berufstätig. Ich habe ein Alter erreicht, das Mittelalt genannt wird. Das ist eine Lüge. Es ist nicht die Mitte und es hat einen Vorgeschmack des Alt seins. Ich mag mich mit Elan in Projekte stürzen, laut sein, da sein, um der Welt zu zeigen, das ich bin. Mich schmücken, mich reparieren und kaschieren, um meine Furchtlosigkeit vor dem Altern zu demonstrieren. Oder einfach grau werden. Grau und ein wenig unsichtbar, meine Pflicht tuend mit leicht gesenktem Kopf und einem Lächeln, damit niemand denkt, ich sei bitter darüber. Ich verliere kleine Teile meiner Körperkraft, unmerklich fast. Meine sexuelle Macht, ein paar mehr Sommer vielleicht. Wenn die riesengrosse Wunde nicht wäre würde ich ein wenig trauern, über das, was gerade geht. Ein Tod will gefühlt werden, so sagt man doch. Und wenn etwas stirbt wird etwas neues geboren. Ich fühl das aber nicht, ich bin weder hier noch da.

    Ich würde gerne weinen können, aber meine Augen sind trocken. Der Schmerz zu tief in mir begraben. Wohl auch Angst. Und Schock. Wenn ich die Schleusen öffne, werde ich womöglich überflutet von unerträglichen Gefühlen. Ertrinke darin.

    Und so schreibe ich. Schreibe die Geschichte der Schatzsucherin. Auch über Elza spült die grosse Mutter des Lebens hinweg. Über die Schatzsucherin, die hierher kam um Flamenco-Musik zu hören, in Erinnerung an langhaarige Musiker aus Andalusien, die sie gekannt hatte. Sie war einsam gewesen, weil sie nicht finden konnte, was sie suchte. Aus dem Inneren der ‘Bar Gansa’ tönt Paco De Lucia’s Gitarre aus der Musik Anlage. Ich lausche, erwarte den klagenden, langgezogenen Gesang seines Freundes Camarón De La Isla.

    Da ist er. Singt wie ein einsamer Wolf; inbrünstig, archaisch. Die Schatzsucherin hatte den Flamenco Sänger Camarón geliebt. Ich höre genauer hin, denn ich möchte verstehen, warum Elza sich zu der Musik hingezogen gefühlt hatte. Die Flamenco-Gitarre und der Mann singen zusammen, klagend, beschwörend. Verstehen die Musiker, was die grosse Mutter und Welten Seele wispert, wenn wir ihren Trommeln folgen? In eine andere, archaische Zeit. Ein anderes Sein. Eine Dimension in der Erdenmutter beseelt und göttlich ist und Magier, Schamanen und Überirdisches zuhause sind.

    Dort war die Schatzsucherin gewesen. Tief im Inneren der Erdenmutter und weit, weit draussen in der Unendlichkeit. Ich schaue auf ihre Aufzeichnungen. Sie muss Reisen gemacht haben, die nicht stattfinden können.

    Waren es Träume gewesen? Eine Art von Flucht? So habe ich es lange gesehen. Heute glaube ich etwas anderes. Die Schatzsucherin schreibt von einer ‘Höhle der verlorenen Kinder’. Sie erwähnt diese Höhle in ihren Aufzeichnungen. Sie schreibt, dass sie dorthin würde reisen müssen, um ein Kind heimzuholen.

    So will ich von der Schatzsucherin schreiben, ihre Geschichte will geboren werden. Ich werde diese Geschichte schreiben, wie es Schriftsteller tun auf der Suche nach Poesie und Magie. Denn das tatsächliche Leben der Schatzsucherin war kein Film. Es waren Jahre in Isolation, unterbrochen von wenigen Schicksals-Momenten. Ich frage mich ob auch ich zu den Schmerzen der Schatzsucherin beigetragen habe. Dort, wo sich unsere Geschichten überlappten. Ich will die Geschichten nicht mehr in mir tragen. Will sie niederschreiben und verlassen. Und dann? Ich weiss es noch nicht.

    Kapitel 2

    Ich will niemals tun, was üblich ist steht im Tagebuch der Neunjährigen. Zwei Jahrzehnte später tut die Schatzsucherin was üblich ist. Die Kindheits-Abenteuerlust hat sie vergessen und die Kraft der Neunjährigen ist ihr abhanden gekommen. Sie hat einen Partner, der sie nicht liebt. Sie ist Teilhaberin eines Unternehmens, das sie nicht wollte. Aussenstehende halten sie für geschäftstüchtig aber auch für kalt. Besser sie denken das als zu wissen, wie sich wirklich fühlt. Die Geschäftsfrau ist der kleinere Teil von ihr, mehr und mehr eine Farce, eine Theaterrolle, die sie spielt um Erwartungen anderer zu erfüllen. Mein Vermächtnis, denkt sie. Auf ihrem Brustkorb eine unsichtbare Last und auch das Gehen fühlt sich an als hingen Gewichte an ihren Gelenken. Sie sollte eigentlich zu einem Kunden fahren. Ihm ein Werbekonzept verkaufen. Stattdessen geht sie ziellos in der Innenstadt auf und ab. Ihr Blick streift einen blauen Diesel-VW. Keiner der runden 70’er Jahre Vans, eher ein Kasten. Mit einem Verkaufsschild im Fenster. Sie schaut flüchtig auf die handbeschriebene Pappe. 5000 Deutschmark. Langsam geht sie um den Wagen herum. Späht nach oben auf ein Schiebedach. Man könnte im Liegen die Sterne betrachten. Fahren und den Himmel sehen. Sie sieht sich in dem blauen Kastenwagen, laute Musik, den Wind in den Haaren und immer nur geradeaus.

    Das kannst du doch gar nicht, sagt etwas hinter ihrer Stirn. Dazu hast du nicht den Mut.

    Es ist wahr, sie ist noch nie einfach losgefahren - alleine. Autobahnen, Strassenkarten, Fremde, gefährliche Raststätten, Übernachtungen in einer blechernen Box.

    Es wäre eine Mutprobe, wieder die Stimme im Inneren. Ein Beweis, dass ich mir etwas zutraue. Das hat sie laut gesagt.

    Aber du traust dir nichts zu, wieder von hinter der Stirn. Sie geht weiter. Doch nicht zu dem Kunden. Sie braucht einen Aufschub. Die Gedanken vorher waren zu ungeheuerlich gewesen. Beinahe wie ein Ausweg.

    Das Cafe, in das sie geht, ist irgend ein Cafe der Stadt. Zufällig gewählt. Das sie dort ihren Freund Ilos trifft, der in ihrer Stadt mit seinem Bruder eine Bar betreibt, ist auch ein Zufall. Und das sein Bruder gerade Zeit bei seiner Familie auf einer kleinen, griechischen Insel verbringt – sprechen sie ebenfalls eher zufällig an. Doch es ist wie ein Stichword.

    Ich möchte weg von hier, Elza sagt es leise aber Illos hat sie gehört. Schweigend sieht er sie an.

    Urlaub nehmen und für eine Weile weg. Das ist eine Einschränkung, aber es ist ihr nicht bewusst.

    Illos schlägt ihr vor, zu der Insel zu reisen. Elza stimmt zu, erleichtert über die zufällige Begegnung. Sie hatte bis eben gerade nicht gewusst, dass sie einen Wunsch zum Weggehen in sich getragen hatte. Wenn man aber glaubt, dass es keine Zufälle im Leben gibt, dann helfen Elza drei verhältnismässige Kleinigkeiten auf ihren Weg. Wie Mosaikstückchen in einem neuen Bild.

    Ohne zu ahnen, dass genau in diesem Cafe, mit dieser flüchtigen Begegnung etwas Neues in ihr Leben kommen soll, beschliesst Elza auf Ilos’ Insel zu fahren.

    Zufall, sagt ein Atheist.

    Dein eigener Wille, antwortet ein Spiritualist. Denn es öffnen sich dort die Tore, wo du Eingang finden willst.

    Karma, Schicksal oder Gottes Wille, singen die, die glauben.

    Dein Höheres Selbst das für einen Moment im Einklang mit einer eigenen Wahrheit schwingt? Vielleicht.

    Elza geht zurück zu dem Kastenwagen, ruft die Nummer auf dem Pappschild an und wartet, bis der Besitzer erscheint. Als sie den Wagen schliesslich fährt, rasselt der Diesel-Motor. Die Federn der Achsen ächzen, wie ein altes Holzschiff. Sie mag es. Es klingt nach Abenteuer. Angemessen für eine Mutprobe.

    Nur wenige Tage später fährt Elza auf der Autobahn, einen Fuss leicht hochgestellt, Musik aus den Boxen und ihr ist als sei ein Teil der seltsamen inneren Schmerzen und der Lähmung von ihr genommen. Als lasse sie etwas davon zurück. So wie auch einen Mann, der sie nicht liebt und ein Leben als Werbekauffrau in einer Stadt im Norden, in der die Skandale des Geldadels für Gespräche sorgen.

    Sie kauft sich an einem Rasthof ein Buch über Schicksalsfügungen und Liebe. Oh, diese Geschichten über Zufälle und Romantik, die denen, die an glückliche Fügungen des Schicksals glauben, Nahrung für ihre Träume geben.

    Elza und das Buch sind auf dem Weg zu dem Land der 'lächelnden Sonne' – wie Friedrich Schiller die Heimat der Griechen nannte. In ein Land, in dem Quellen mit Nymphen, Bäume und Sträucher mit Satyrn beseelt sind und in dem alle Gaben des Lebens auf Göttinnen und Götter zurückgeführt werden. Von denen antike Geschichtsschreiber geträumt und später Fragmente niedergeschrieben haben.

    Hin zu einem tanzenden Dionysos der Nebelwelten? Hin zu einer kraftvollen Athene, deren Glaubensbekenntnis das einer Kriegerin ist? Verwoben in Dialoge des Zeus und der Hera über die Essenz des Seins? Hand in Hand mit einer lächelnden Aphrodite.

    Wendepunkte im Leben sollten mit einer Reise beginnen.

    So habe ich die Geschichte der Schatzsucherin hier begonnen. An dem Tag, an dem sie den Volkswagen kaufte und sich zu einer Mutprobe überwand. Sie glaubte nicht, dass sie das, was sie suchte, finden würde, wenn sie im Gewohnten bliebe. Die Karte auf dem Fussboden ausgebreitet, folge ich ihrer Reise von Deutschland über Österreich, Ungarn, Serbien, Mazedonien bis hin nach Athen in Griechenland. Hier würde sie mit dem Schiff übersetzen um auf die Insel zu fahren.

    Sie war im Frühsommer von 1994 aufgebrochen. Der Zeit des blutigen Bosnia Herzegovina Krieges. Der Zusammenbruch des ehemaligen Jugoslawien sollte zu einem der Grauen erregendsten Bürgerkriege führen, die Europa seit dem zweiten Weltkrieg erfahren hatte. Elza schien das Ausmass der Gewalt nicht zu erfassen, als sie ihre Reise plante. Ich blättere durch ihre Aufzeichnungen. Sie erwähnt einen Anruf bei einer Spedition, die noch Fahrten durch das ehemalige Jugoslawien machte und ihr eine Route empfahl. Aber den Krieg erwähnt sie nur in einem Nebensatz, so als existiere er in einer anderen Welt solange er nur nicht die Strassen kreuzte, die sie würde befahren müssen. In einer Zeit vor Internet und youtube war Elza sich des Grauens der Kämpfe nicht bewusst und wohl nicht daran interessiert. Zu beschäftigt mit ihrer Expedition um Raum für das Schicksal anderer Menschen oder für Weltgeschehen zu haben. Ihre Unwissenheit erschreckt mich. Da schien niemand zu sein, dem sie sich anvertraute.

    Vielleicht liessen die inneren Dämonen keinen Raum für mehr als das Nötigste. Wie getrieben plante sie die Reise, so als fürchte sie, sie würde nicht fahren, wenn sie nicht sofort führe. Es war keine Ferienreise die sie plante, es war eine Mission, die sie nur würde antreten können, wenn sie Furcht mit eiligem Handeln überdeckte. Ich hatte nur wage Vermutungen darüber wovor die Schatzsucherin davon lief, ich glaube nicht, dass sie selbst es wusste. Ich glaube auch nicht, dass ihr bewusst war, dass sie auf der Flucht war. Für sie war es eine Suche. Und vielleicht sind Flucht und Suche auch nur zwei Seiten der gleichen Münze.

    Auf der Autobahn bemerkt Elza, dass die Bremsen schlecht funktionieren. An der Deutsch-Österreichischen Grenze hält sie an, beginnt die Wagenpapiere zu studieren und liest etwas über einen Tank für Bremsflüssigkeit. Statt in eine Werkstatt zu fahren, lässt sie sich von einem Tankwart erklären, was sie kaufen muss und füllt etwas in einen kleinen Tank, von dem sie hofft das er der richtige ist. Schreibt von ihrem Triumph-Geheule als die Bremsen besser funktionieren. Von ihrem Gefühl die Königin der Strasse zu sein in ihrem alten Bus. Bei Regensburg beschreibt sie den Sonnenuntergang im Rückspiegel und später den Vollmond an ihrer Seite, den sie als gutes Vorzeichen für das Gelingen ihrer Reise sieht. Elza ist auf der Suche nach Wundern, unvorbereitet und naïve. Ich denke an meine beiden Kinder die erwachsen werden. Vergleiche sie mit Elza und hoffe, dass sie ein Fundament haben, um ausgeglichene Erwachsene zu werden. Hoffe, dass sie weniger einsam und unglücklich sind als die Schatzsucherin. Sicher bin ich mir nicht, denn ihre Gedanken und Träume teilen sie nicht länger mit mir. Ich glaube, sie verachten mich. Dafür, dass ich konservativ bin und sicherheitsbewusst. Ich habe die Gediegenheit meines Lebens mit Beharrlichkeit ausgebaut. Sie sind jung und wissen noch nicht, das Stürme mit Geduld ausgesessen werden müssen. - Dass es manchmal besser ist, Dinge nicht an sich heranzulassen. Das Ehe und Familienleben Ausdauer und eine Fähigkeit im Erdulden benötigen. Ich habe nicht auf Wunder gewartet, ich habe hart gearbeitet und auf Beständigkeit gesetzt.

    Doch nicht alles kann gesichert werden und mein Leben, das viele Jahre in einem beständigen Flusse gewesen war, ist plötzlich ein reissender Strom in dem Altvertrautes von mir gerissen wird und Unbekanntes neben mir treibt während ich gerade so den Kopf über Wasser halte und versuche, das Ufer zu erreichen.

    Auch Elza hatte damals scheinbar funktioniert. Doch in ihren Tagebüchern lese ich Gedanken eines getriebenen Menschen, bizarre Traumbeschreibungen und immer wieder Hinweise auf ein Geheimnis. Wie in eine Wolke gehüllt, als vertraue sie der eigenen Wahrnehmung nicht. Ich sitze im Café und warte auf einen Mann, der Elza gekannt hat. Ich hatte seinen Namen in ihrem Adressbuch gefunden und mit ihm Kontakt aufgenommen. Er sei wieder in London, hatte er mir mitgeteilt und so warte ich auf ihn. Um mir die Zeit zu vertreiben lese ich in Elzas Reisebeschreibungen.

    In Linz in Österreich übernachtet Elza auf dem Parkplatz einer Raststätte. Umgeben von riesigen Lastwagen rollt sie sich in ihre Decke im Campervan. Es ist ungewohnt und sie fühlt sich verloren.

    Das Aufheulen schwerer Motoren lässt sie im Morgengrauen erwachen. Die LKW-Fahrer reisen weiter. Steifbeinig bereitet auch sie selbst sich auf die Weiterreise vor, kommt im Rasthaus mit einem Ungarischen Lastwagenfahrer ins Gespräch, der ihr sagt, dass die Durchfahrt von Serbien über Belgrad frei sei. Er spricht von einer hohen Autobahngebühr und willkürlichen Armee-Kontrollen. Elza schreibt dazu, Was die Kontrollen angeht - es herrscht Krieg in Bosnien Herzegovina. Was also kann man anderes erwarten? Ich bin gespannt. Natürlich habe ich etwas Angst, aber ich bin zuversichtlich.

    Auf der Autobahn durch Ungarn beschreibt sie Gegensätze, Hochhaus Silhouetten grau in grau. Sanft geschwungene Felder in verschwommenem Heugelb und Sommergrün. Viel grösser als in Deutschland. Unendlich weit.

    Stoppelfelder zum dahin galoppieren. Elza ist auf dem Lande aufgewachsen und wie viele junge Mädchen hat sie Pferde geliebt. Sonnenblumen Felder, Elza springt an einem Punkt aus dem Auto um bei den Sonnenblumen Feldern die Arme in die Luft zu werfen und zu tanzen. Sie beschreibt felsige Berge, Häuser mit spitzen Dächern an steile Hänge geklebt und freundliche, gemütliche Menschen an ihren Rastplätzen. Spätabends erreicht sie die Grenze zu Serbien. In Gedanken ist sie bereits auf der Insel. Eine lange Nacht verbringt sie in einer endlosen Schlange von Autos die in stockendem Schritt-Tempo auf die Grenze zu kriechen. Doch als sie endlich vor den Grenzpfosten halt macht, lassen die Beamten sie nicht auf die andere Seite. Sie hat kein Visum für Serbien.

    Elza schreibt von ihrer Endtäuschung und Erschöpfung. Die Nacht ist schwarz als sie umdreht. Sie fährt langsam und schliesslich hält sie an und weint. Ein Lieferwagen mit einem Schweizer Nummernschild stoppt neben ihr und der Fahrer, kommt geradewegs auf sie zu. Elza verriegelt angstvoll ihre Tür, aber er fragt nur ob alles in Ordnung sei. Elza sagt ihm durch das geschlossene Fenster, dass sie wegen eines fehlenden Visas zurück nach Budapest müsse. Er bietet ihr an hinter ihm her zu fahren, da er auch auf dem Weg zu der Ungarischen Hauptstadt sei. Sie stimmt zu, aber ihr ist nicht wohl dabei. Auf einem Autobahnzubringer stoppt er mitten auf der Strasse, sodass auch Elza anhalten muss. Wieder steigt er aus und kommt zu ihr herüber. Er ist noch jung, bemerkt sie. Ein freundliches Gesicht. Er werde am nächsten Rasthof eine Pause machen. Ob sie dort mit ihm einen Kaffee trinken wolle. Elza lehnt freundlich ab. Sie sieht die Endtäuschung in seinem Gesicht. Später sieht sie den Rastplatz von dem er gesprochen hat, aber er blinkt nicht, kehrt dort nicht ein. Elza bleibt hinter ihm bis Budapest. Ihr Bus ist nicht schnell genug und immer wenn sie zurückbleibt, wird auch er langsamer. In der Hauptstadt gelingt es ihr endlich, ihn loszuwerden. Elza schreibt von ihrer Erleichterung. Etwas an ihm hatte ihr Angst gemacht. Dann schreibt sie von einer undichten Ölleitung. Der vergeblichen Mühe eine Werkstatt zu finden in der fremden Stadt.Vom Warten auf Parkplätzen am Wochenende bis das Serbische Konsulat wieder eröffnet würde. Von kurzen Ausflügen in der Altstadt, nichtssagenden Begegnungen und Gesprächen mit anderen Reisenden. Stets darauf bedacht, dass ihr niemand zum Wagen folgt. Von langen, unruhigen Nächten. Dem Erwachen von eigenen Angstschreien. Gedanken aufgeben zu wollen. Und dann wieder Hoffnung. Ein baumüberschattetes Café mit Blick auf die Donau, die hier Duna heisst. Nicht weit vom ‘Duna Castle Palast’, mit historischem Bad, in das sie zum Duschen geht. Ein alter Mann in dem Café, ein Ungar der Deutsch spricht, weil seine Eltern es ihn gelehrt haben. Elza schreibt, wie er auf unappetitliche Weise Eis

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