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Sonyeuse
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eBook78 Seiten52 Minuten

Sonyeuse

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Über dieses E-Book

Jean Lorrains 1891 verfasste, 1903 um einen Prolog erweiterte unheimliche Meisternovelle über eine Kindheit in einer kleinen Provinzstadt entführt den Leser in eine märchenhafte Welt. Nun zum ersten Mal auf Deutsch.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum11. Jan. 2016
ISBN9783957571878
Sonyeuse
Autor

Jean Lorrain

Jean Lorrain, Fécamp, 9 août 1855 - Paris, 30 juin 1906 De son vrai nom Paul Alexandre Martin Duval, ce fils de bonne bourgeoisie provinciale sortit vite du rang. Ayant jeté ses études aux orties, il se lança dans la poésie, la littérature et le journalisme. Mais surtout il sut jouer de son goût de la provocation pour se composer un personnage outrancier haut en couleurs, bagarreur, scandaleux, et volontiers vulgaire. Son attrait morbide pour les paradis artificiels, les ambiguïtés de sa sexualité, joints à la qualité indéniable de ses oeuvres, composent un ensemble hétéroclite qui exclut d'emblée l'indifférence. Usé par ses extravagances, il finit par mourir à 50 ans, après plusieurs cures de désintoxication peu concluantes.

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    Buchvorschau

    Sonyeuse - Jean Lorrain

    Jean Lorrain

    Sonyeuse (1903)

    Aus dem Französischen von Sylvia Schiewe

    MSeB Fiction bei Matthes & Seitz Berlin

    Inhaltsverzeichnis

    Sonyeuse

    Anmerkungen

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    Impressum

    An Antonio de la Gandara.

    Blätter einer weit zurückliegenden Kindheitsgeschichte,

    wiedererinnert vor zwei seiner Portraits

    In Eifer und Melancholie,

    Sein Freund,

    Jean Lorrain.

    Sonyeuse

    Vor gut einem Jahrzehnt am Marsfeld¹, in eben dem Saal, wo der Wahn der Spanierinnen von Dannat sich in den Hüften wiegte und verdrehte, in dämonenhafter und rasender Bewegung den Bürger zur Verzweiflung trieb, der diesem überschäumenden, brutal aufs Blau geworfenen Bild fast Auge in Auge gegenüberstand; an derselben Ausstellungswand, wo Boutet de Monvel die auf Porzellan gebannte Nichtigkeit seiner vaselinierten Dianen und emailäugigen Mondänen offenlegte, jedoch Seite an Seite mit den gewollten Verwegenheiten und gekonnten Lichtspielen eines wahren Malers, Mister Alexander, hingen drei große, gleich hohe Portraits, die mich unter allen durch die achatgebänderte Preziosität ihrer Atmosphäre anzogen.² Noch bevor ich die inmitten ihrer Rahmen stehenden Personen unterschied, hatte mich ein halluzinatorischer Ausdruck von Traum und Wirklichkeit angesichts der drei Gestalten übermannt, die nicht länger durch mehr oder weniger ingeniöse Verfahren auf der Leinwand fixiert waren, sondern lebendig wirkten, ein geheimnisvolles Leben in der kalten Strenge weitläufiger, unmöblierter Zimmer zu führen schienen, in den Salons verlassener Patrizierhäuser, wie gemacht, um Erinnerungen heraufzubeschwören; zwischen den hohen Rahmen, die sich gleich Türen zur Leere eines mir nicht verortbaren hochherrschaftlichen Innenraums hin öffneten, herrschte jene undefinierbare Atmosphäre aus flüssigem Bernstein und milchigem Grau, eine befremdliche Atmosphäre, in der das Fleisch den Glanz von Perlmutt annimmt und die Blautöne irisieren, als stünden sie im Mondlicht, und die ich weltweit nur von drei Malern kannte: Reynolds, Burne-Jones und Whistler.

    Sie stellten drei Frauen dar, diese Portraits, und waren mit A. de la Gandara signiert. Drei Frauen, alle drei aufrecht, eine alte Dame in Schwarz, eine junge Frau in Grün, ein Mädchen in Gelb, das Kind in der Mitte. Hinter ihnen verlief dieselbe graue, fein goldgeäderte Holztäfelung und machte sie allesamt zu Bewohnerinnen eines unfassbar doppelbödigen Empire-Salons, oder vielleicht, wer weiß, hatten sie sich in den langen Korridor eines Hauses Usher verirrt. Sie alle waren vom gleichen Geisterleben erfüllt, und ihre Schlagschatten drängten sich dicht hinter ihnen zusammen, beunruhigend genug, um das Zimmer für ein vom Spuk heimgesuchtes zu halten; die junge Frau aber und vor allem das Mädchen ließen mich nicht los.

    Oh, die Dame in Grün! In welcher Erzählung Edgar Poes war ich ihm schon einmal begegnet, diesem ausdrucksvollen Köpfchen, das so blass war unter dem seidigen Gold ihrer Haare? Und diesen schönen Augen von durchsichtigem, feuchtem Blau, diesen Wasseraugen, diesen beiden großen Augäpfeln, die umherirrten, als beklagten sie flehentlich einen Abschied auf immer? Wo in Traum oder Leben hatte ich sie schon gesehen, geliebt, leidenschaftlich geliebt, angebetet und beweint, diese feine Blässe und dies zarte Profil und den ganzen Schmerz dieser in ihrer rührenden Anmut von einer uns unbekannten Fassungslosigkeit getroffenen Aristokratie?

    Lady Ligeia, Morella, Berenice oder womöglich die so köstliche wie melancholische Dame³, deren Leben, Blick und Lächeln eines Abends dahinschwanden, als ihr Freund diese auf unvergängliches Leinen gebannt hatte, und die starb, indem die Liebesglut ihres Malers sie sich selbst entzog, während sie mit ihm in intimer Zweisamkeit eingeschlossen war? Die Namen morbider, ausschweifender Heldinnen, die noch atemberaubenderen Namen schöner Halluzinierender drängten sich auf meine Lippen, ohne dass einer zu diesem schmerzlich-liebreizenden Gesicht gepasst hätte, anwendbar gewesen wäre auf das Seidenmatt dieses schneeigen Nackens, das tiefe Blau ihrer brennenden Augen, zweier Augen von Tränen und Flammen, wie sie allein der Liebestod einer Seele trägt: die der Mutter oder Geliebten.

    Gezwängt in ein Kleid von gräulichem Grün, dessen etwas steife Korsettierung es zeitlos machte, glitt sie mehr als dass sie ging, schritt gleichsam geisterhaft über das Parkett des hohen Zimmers; die gebauschten Ärmel betonten noch die Schlankheit ihres Halses, und man fühlte, wie traumgleich geräuschlos sich die schwere Schleppe ihres Kleides dahinziehen musste. Langsam und weich, wenn auch mit einer vielleicht etwas gespenstischen Steifheit der sehr aufrechten Taille, ging sie, dem Betrachter den Rücken zukehrend, in den hinteren Teil des Zimmers, versank schon fast in der Vagheit der Holztäfelung. Die Erscheinungen fantastischer Erzählungen gehen so, sie gleiten so hinaus. Oh!

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