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Heiße Leidenschaft - Best of Baccara 2021
Heiße Leidenschaft - Best of Baccara 2021
Heiße Leidenschaft - Best of Baccara 2021
eBook526 Seiten7 Stunden

Heiße Leidenschaft - Best of Baccara 2021

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Über dieses E-Book

Mit diesem eBundle präsentieren wir Ihnen die schönsten und erfolgreichsten Baccara-Romane aus 2021 - leidenschaftlich, aufregend und extravagant. Die kleine Auszeit vom Alltag für die selbstbewusste Frau … Happy End garantiert!

Happy End mit dem Milliardär? (Baccara 2177)

Die junge, engagierte Devon kann nicht fassen, was ihr skrupelloser Vater verlangt: Sie soll den Milliardär Cain Farrell heiraten - einen Mann, den sie kaum kennt und der als Erstes klarstellt, dass sie von ihm keine Liebe erwarten kann! Doch wenn sie ablehnt, verliert sie alles, wofür sie so hart gearbeitet hat. Was jetzt? Widerstrebend stimmt Devon zu, natürlich nur zu einer Zweckehe! Aber warum prickelt es dann plötzlich so erregend, als Cain sie fürs Verlobungsfoto in seine Arme zieht und stürmisch küsst?

Sinnlich entführt vom Milliardär (Baccara 2186)

"Stoppt die Hochzeit!" Milliardär Ethan Connors setzt alles daran, seine Ex-Freundin im letzten Moment zurückzuerobern. Auch wenn das heißt, dass er die verschleierte Braut vom Altar weg entführen muss. Doch er hat die falsche Hochzeit gestürmt - und die falsche Braut erwischt! Denn als sie ihren Schleier hebt, schaut er in die samtbraunen Augen einer wunderschönen Fremden. Sie scheint wild entschlossen, vor dieser traditionellen Ehe zu fliehen und sich von Ethan nicht nur ent-, sondern auch verführen zu lassen …

Champagnernacht mit Cinderella (Baccara 2181)

Es schlägt Mitternacht auf dem Ball. Langsam nimmt der Mann, mit dem Nelle getanzt und der sie so sinnlich geküsst hat, seine Maske ab. Entsetzt erkennt sie den milliardenschweren Investor Grayson Monk - den größten Feind ihrer Familie! Wie Cinderella flieht Nelle vor diesem verbotenen Traumprinzen in die dunkle Nacht. Doch schon am nächsten Tag wird sie von ihrer Chefin wegen einer Spende zu Grayson Monk geschickt. Auch unmaskiert knistert es zwischen ihnen gefährlich heiß - heißer, als die Familienfehde erlaubt!

SpracheDeutsch
HerausgeberCORA Verlag
Erscheinungsdatum13. Jan. 2022
ISBN9783751513616
Heiße Leidenschaft - Best of Baccara 2021
Autor

Naima Simone

Bestsellerautorin Naima Simone entdeckte ihre Liebe zu romantischen Geschichten beim Schmökern von Harlequin-Büchern, die sie ihrer Großmutter stibitzte. Inzwischen verbringt sie ihre Tage mit dem Schreiben humorvoller Liebesromane. Im wirklichen Leben ist sie mit ihrem persönlichen Superhelden verheiratet und Mutter zweier Kinder. Die Familie lebt – trotz aller Herausforderungen des Alltags – glücklich im Süden der Vereinigten Staaten.

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    Buchvorschau

    Heiße Leidenschaft - Best of Baccara 2021 - Naima Simone

    Naima Simone, Sophia Singh Sasson, Susannah Erwin

    Heiße Leidenschaft - Best of Baccara 2021

    IMPRESSUM

    BACCARA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

    © 2020 by Naima Simone

    Originaltitel: „Vows in Name Only"

    erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto

    in der Reihe: DESIRE

    Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

    © Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARA

    Band 2177 - 2021 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg

    Übersetzung: Maike Claußnitzer

    Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten

    Veröffentlicht im ePub Format in 03/2021 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

    E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

    ISBN 9783751503587

    Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

    CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

    Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:

    BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

    Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de

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    1. KAPITEL

    „Wovon zum Teufel sprichst du?", stieß Cain Farrell hervor und schoss von seinem Stuhl in der Bibliothek seines Vaters hoch.

    Seines toten Vaters.

    Barron Farrell hatte erst sterben müssen, damit Cain wieder einen Fuß in das Mausoleum setzte, in dem er eine höllische Kindheit durchlitten hatte. Sobald er mit einundzwanzig seinen Collegeabschluss gemacht hatte, war er gegangen und nicht zurückgekehrt, nicht einmal zu Geburtstagen, zu Weihnachten oder auch nur zu einem zwanglosen Essen. Es war schlimm genug, dass er zwölfstündige Arbeitstage mit seinem Vater in den Büros von Farrell International verbringen musste, dem Konzern, der seit vier Generationen im Besitz der Familie war. Aber Cain hatte sich vor elf Jahren geschworen, nie wieder die heiligen Hallen und marmornen Böden des historischen Anwesens seines Vaters in Beacon Hill zu betreten.

    Typisch, dass der alte Mann etwas so Eigensinniges tat, wie einen Herzinfarkt zu bekommen und zu sterben, nur um Cain zu zwingen, seinen Schwur zu brechen.

    Er war schon immer ein manipulativer Bastard gewesen.

    Apropos Bastarde …

    Cain marschierte über den glänzenden Hartholzboden und achtete dabei kaum auf die dunklen Ledermöbel vor dem riesigen Kamin, die Wendeltreppe, die ins nächste Stockwerk führte, und die bis zur hohen Gewölbedecke reichenden Regale voller Erstausgaben von Klassikern, die sein Vater nie gelesen hatte. Wenn Cain zu lange hinsah, würden die Erinnerungen, die immer am Rand seines Bewusstseins lauerten, die Gelegenheit ergreifen, sich hervorzustehlen und ihn zu quälen. Ihn so zu bestrafen, wie er es vor diesem Schreibtisch erlebt hatte, an dem jetzt Daryl Holleran saß, der Anwalt seines Vaters.

    Cain hasste dieses Zimmer. Das ganze verdammte Haus.

    Wut loderte in ihm auf. Er blieb vor einem großen Erkerfenster stehen, aber der von Mauern umschlossene Garten konnte seinen Blick nicht fesseln. Die Ehre gebührte den beiden anderen Männern, die stumm mit im Raum saßen.

    Zwei Fremde, die er nie zuvor zu Gesicht bekommen hatte. Zwei Fremde, deren Anwesenheit bei der Testamentseröffnung erforderlich war.

    Zwei Fremde, die laut Daryl Cains Brüder waren.

    Seine Halbbrüder.

    „Cain, sagte Daryl. Seine samtige Baritonstimme klang beschwichtigend, als hätte er nicht gerade verkündet, dass der Multimilliarden-Dollar-Konzern, zu dessen Führung Cain herangezogen worden war, nicht länger ihm gehörte. „Ich weiß, dass es überraschend kommt …

    Cain wirbelte herum und rammte die fest geballten Fäuste in die Taschen seiner schwarzen Anzughose. „Überraschend? Du untertreibst. Das hier ist kompletter Unsinn, Daryl!", fuhr er den Anwalt an.

    Der ältere Mann ließ sich von Cains bissigem Ton nicht aus der Ruhe bringen. Aber er war ja auch dreißig Jahre lang Barron Farrells Anwalt gewesen. Wahrscheinlich hatte er ein so dickes Fell wie ein Mammut.

    „Wie dem auch sei, sagte Daryl und nahm einen kleinen Papierstapel vom Schreibtisch, „Barron hat sich sehr klar ausgedrückt, was die Bedingungen angeht. Die Anteilsmehrheit an Farrell International fällt an seine lebenden Erben. Aber nur, wenn du und deine Brüder zustimmen, in Boston zu bleiben und die Firma ein Jahr lang gemeinsam zu führen, begonnen mit dem Datum, an dem dieses Testament verlesen wird. Am Ende des Jahres könnt ihr entweder beschließen, das Unternehmen weiter gemeinsam zu leiten, oder du, Cain, kannst deine Brüder auszahlen. Dann gehört Farrell International dir. Wenn auch nur einer von euch sich nicht an diese Bedingungen hält, werden die Firma und ihre Tochterunternehmen gegen Höchstgebot verkauft.

    Es ergab auch beim zweiten Mal nicht mehr Sinn.

    „Und es gibt noch eine Bedingung", fügte Daryl hinzu.

    „Typisch", grummelte Cain.

    „Sie betrifft dich, Cain. Daryl hielt inne, und zum ersten Mal sah Cain Unbehagen in seinen braunen Augen aufblitzen. Wenn dieser unerschütterliche Mann sich aus der Ruhe bringen ließ, verhieß das nichts Gutes. „Du musst das Jahr über hier leben. In diesem Haus.

    Cain rührte sich nicht. Er konnte es nicht. Denn wenn er auch nur Atem holte, würde er explodieren. Der Zorn, der in ihm tobte, würde dieses Zimmer und die Leute darin vernichten. Barron hatte es nicht gereicht, über Cains Zukunft zu bestimmen. Nein – er musste seinen Sohn auch noch zwingen, seinen persönlichen Albtraum zu durchleben.

    Dieser Mistkerl!

    „Ich soll also mein Leben in Washington aufgeben und nach Boston ziehen, nur weil der Idiot, der meine Mutter geschwängert hat, es verlangt? Der bärtige Riese in schwarzem Thermoshirt, ausgeblichener Jeans und abgenutzten braunen Stiefeln, der laut Daryl Achilles hieß, schüttelte den Kopf. „Sie hat mir ja vielleicht seinen Nachnamen gegeben, aber das ist alles, was ich je von ihm bekommen habe. Ich schulde ihm verdammt noch mal gar nichts.

    Und dir auch nicht.

    Achilles sprach diese Worte nicht laut aus, aber sie hingen zwischen ihm und Cain in der Luft. Cain biss die Zähne zusammen. Natürlich kümmerte es diesen Mann nicht, dass das Unternehmen, für das Cain schon sein Leben lang arbeitete, vielleicht zerschlagen werden würde. Die Firma zu verlieren, für die er den intoleranten, gnadenlosen Barron ertragen hatte, die Firma, von der er gehofft hatte, sie eines Tages zu leiten … Das störte Achilles natürlich auch nicht.

    Er hatte nicht für den Konzern gelitten.

    Hatte nichts dafür geopfert.

    Aber Cain sehr wohl.

    Die Firma war sein Erbe. Das, was ihm zustand, dafür, dass er Barron Farrell überlebt hatte.

    Und doch hatte Barron einen Weg gefunden, ihm alles wegzunehmen.

    „Als man mich zu diesem mysteriösen Termin gebeten hat, habe ich nicht mit einem Familientreffen gerechnet, das muss ich zugeben, sagte der zweite Mann, Kenan Rhodes, und zog die Augenbrauen über den unverkennbaren blaugrauen Farrell-Augen hoch, die sie alle hatten. „Aber ich muss Achilles zustimmen. Kenan zuckte die Schultern. „Ich habe eine Stelle im Unternehmen meiner Familie. Eine gute. Und sie aufzugeben hieße, meine Verwandten im Stich zu lassen. Warum sollte ich das tun? Ich habe Barron Farrell nicht persönlich gekannt, aber ich weiß, welchen Ruf er hatte. Und bei allem, was recht ist: Ich schulde ihm keine Loyalität."

    Cain starrte die beiden Fremden an. Obwohl sie laut Testament seine Brüder waren, empfand er keine Zuneigung zu ihnen. Keine Gefühl von Verbundenheit. Wenn die Augen nicht gewesen wären, hätte man sie gar nicht für Verwandte gehalten.

    Kenan hatte hellbraune Haut, kurzes dunkles Haar und ein Kinnbärtchen. Er hatte offenbar afroamerikanische Wurzeln. Obwohl sie alle hochgewachsen und muskulös waren, hatten Cain und Kenan einen schlanken, wenn auch breitschultrigen Körperbau, während Achilles ein kraftstrotzender Hüne war, der sich gut als Verteidiger beim Football gemacht hätte. Mit seinen schulterlangen, fast schwarzen Locken, dem Bart und seiner sonnengebräunten Haut verlieh er der Familie eine eigene Komponente, sodass sie zusammen mindestens so bunt gemischt wirkten wie die Kinderschar von Brad Pitt und Angelina Jolie.

    Dass Cains Vater seine Mutter betrogen hatte, schockierte Cain nicht. Barrons Untreue war ein offenes Geheimnis gewesen. Was ihn erstaunte, war, dass Barron nicht nur ein uneheliches Kind gezeugt hatte, sondern gleich zwei. Dass er das Schicksal seiner Firma den Launen von Männern überließ, die er gar nicht gekannt hatte, konnte Cain einfach nicht mit dem Kontrollfreak vereinbaren, der sein Vater gewesen war.

    Doch anscheinend hatte Barron von seinen Söhnen gewusst. Und er hatte sich erst die Mühe gemacht, von ihrer Existenz Notiz zu nehmen, als es ihm in den Kram passte.

    Das wiederum war typisch für den Barron Farrell, den Cain kannte.

    „Ich erwarte keine Loyalität von euch und bitte euch auch nicht darum, stellte er nun klar. Sein neutraler Ton überspielte die Wut und die Angst, die in ihm tobten. „Ihr habt beide recht – ihr habt euer eigenes Leben. Aber meines hat sich heute für immer verändert. Ich habe nicht nur herausgefunden, dass ich zwei Brüder habe, sondern alles, wofür ich …, gelitten, „… gearbeitet habe, ist plötzlich meiner Kontrolle entzogen worden. Ja, ihr könnt gehen, und für euch ändert sich nichts. Aber für mich? Für mich wird alles anders. Ich habe nicht die Möglichkeit, einfach zu gehen."

    Panik stieg in ihm auf. „Ich habe kein …"

    Kein Erbe. Keine Kontrolle. Keine Macht. Keine Stimme.

    Er biss die Zähne zusammen und schluckte die verräterischen Worte hinunter. Ebenso wie die flehentliche Bitte, die ihnen unweigerlich gefolgt wäre.

    Hatte sein Vater ihn wirklich so sehr gehasst, dass er gewollt hatte, dass Cain sich vor diesen Fremden demütigte, damit sie ihm halfen? Ihn retteten?

    Ja.

    Die knappe Antwort hallte in Cains Kopf wider. Alles, was er je seinem Vater gegenüber empfunden hatte – Zorn, Angst, Verwirrung, Verbitterung und, Gott steh mir bei, sogar Liebe –, wirbelte wie ein Tornado durch seine Brust.

    „Zum Teufel", knurrte er, marschierte durchs Zimmer und riss die schwere Tür auf, um hinauszustürmen. Frische Luft. Er brauchte Luft, die nicht von seiner Verzweiflung und Hilflosigkeit verbraucht war. Von seiner Schwäche.

    Als er auf den Flur kam, brandeten sofort unpassend fröhliche Stimmen auf ihn ein.

    Ach ja, der Empfang! Wie verrückt, dass der Zirkus in der Bibliothek ihn hatte vergessen lassen, dass drüben im großen Saal und im Esszimmer über hundert Leute zusammengekommen waren, um seinen Vater zu betrauern. Er schnaufte. Betrauern? Wohl kaum. Aus dem lauten Geplauder, dem hellen Lachen und dem Klirren der Gläser ging nicht hervor, ob sie Barrons Leben feierten – oder seinen Tod.

    Cain atmete aus, drehte sich um und ging zur Rückseite des Hauses, weit weg von seinen „Gästen". In seiner derzeitigen Stimmung war er keine gute Gesellschaft, und er konnte keine Beileidsbekundungen ertragen.

    Wenigstens war Barron nun an einem besseren Ort.

    Falls man die Hölle einen besseren Ort nennen wollte.

    2. KAPITEL

    Devon Cole musterte stirnrunzelnd die Hecke, vor der sie stand. Ihr kamen zwei Gedanken.

    Erstens: Wie um alles in der Welt schaffte es der Gärtner, die Blätter Mitte Oktober noch so grün und üppig zu halten? Mit Spezialdünger? Pestiziden? Zauberei?

    Und zweitens: Wenn sie noch ein paar Sekunden wartete, würde dann David Bowie im Kostüm des Goblin-Königs auftauchen?

    Es waren beides angemessene Fragen, da sie in einem Garten mit hohen, labyrinthartigen Hecken stand, die gemütliche Nischen und Verstecke für romantische Treffen boten. Wer hätte gedacht, dass solch ein schöner, magischer Ort hinter dem kalten Mausoleum lag? Es sei denn natürlich, der Besitzer verbannte alle hierher, die ihn verärgert hatten, damit ein hungriger Minotaurus sie verschlingen konnte …

    Oh, und noch etwas … Sie starrte in das Glas Rotwein hinab, das sie in der Hand hielt. Sollte dieses dritte Glas Cabernet Sauvignon das letzte bleiben? Wenn man sich innerhalb von zehn Sekunden Gedanken über Gartentipps, David Bowie und griechische Mythologie machte, war es vielleicht klug, mit dem Alkohol aufzuhören.

    Sie seufzte. Sie war Barron Farrell nur ein paarmal kurz begegnet, als ihr Vater sie wieder einmal gezwungen hatte, an gesellschaftlichen Anlässen teilzunehmen. Aber man musste dem Toten die letzte Ehre erweisen. Und sei es seinem Sohn zuliebe.

    Ihr wurde flau im Magen, als ein Bild von Cain Farrell vor ihrem inneren Auge erschien. Sie hatte Barrons Sohn und Erben heute zum ersten Mal getroffen. Kein Wunder, da sie den Galas, Benefizveranstaltungen und Dinnerpartys, die ihr Vater so liebte, oft aus dem Weg ging.

    Sie schloss die Augen und ließ sich auf eine der Marmorbänke sinken, die überall in den kühlen, schattigen Winkeln des Gartens standen. Sie hatte an der überfüllten Trauerfeier in der prächtigen katholischen Kirche teilgenommen, aber erst am Grab hatte sie Cain Farrell zum ersten Mal gesehen. Selbst aus der Ferne war es nicht schwer gewesen, ihn zu entdecken. Er hatte die meisten anderen Anwesenden überragt.

    Trotz seiner ausdruckslosen Miene war er … schön. Ein schmales, kantiges Gesicht mit hohen Wangenknochen, mit fast schon zu perfekten Zügen, einem sinnlichen, aber festen Mund und einem markanten Kinn, das kompromisslos wirkte. Sein schwarzer, eng anliegender, maßgeschneiderter Anzug betonte seine breiten Schultern, den Brustkorb, die schlanke Taille und die langen, athletischen Beine. Er erinnerte sie an einen König, der Macht als sein Geburtsrecht betrachtete, aber auch kein Problem damit hatte, sich mit Schwert und Schild an der Seite seiner Männer in den Kampf zu stürzen. Durchsetzungsstark, eindrucksvoll und, wenn es sein musste, gnadenlos. Das einzig Weiche an ihm waren die dichten, dunklen Locken, die sich um seine Ohren und oberhalb des Jackettkragens ringelten. Doch statt seine imposante, arrogante Schönheit sanfter wirken zu lassen, unterstrichen diese Haare nur die schiere Kraft seiner Gesichtszüge, besonders den Anflug von Härte im sinnlichen Schwung seines Munds …

    Auf einmal schämte sie sich.

    Er trauerte um seinen Vater, und sie hatte ihn angegafft wie Mr. Dezember aus einem „Heißeste Milliardäre des Jahres"-Kalender. Vielleicht hatte ihr Vater recht, und man konnte sich mit ihr wirklich nirgendwo blicken lassen.

    Heftige Sehnsucht durchzuckte ihre Brust. Sie presste sich eine Hand aufs Herz und rieb den Phantomschmerz. Seit Jahren lebte sie nun schon in dieser glitzernden Welt des Reichtums und passte trotzdem nicht hierher. Allen Benimmkursen und Designerkleidern zum Trotz.

    Was hätte sie nicht darum gegeben, Beacon Hill, ja ganz Boston verlassen zu können und wieder in dem alten Doppelhaus in Plainfield, New Jersey zu sein. Auf der einen Seite hatten sie und ihre Eltern gewohnt, auf der anderen ihr Onkel, ihre Tante und deren drei Kinder. Das Haus war eigentlich zu klein gewesen, mit Türenschlagen, lauten Stimmen und Gelächter. Es war ein schönes Zuhause gewesen.

    Aber dann war Devons Mutter gestorben, nachdem sie sich geweigert hatte, mit einem Husten, den sie einfach nicht loswurde, zum Arzt zu gehen. Einem Husten, der sich zu einer schweren Lungenentzündung entwickelt hatte. Nach dem Tod ihrer Mutter hatte Devons Vater sich in seiner Trauer mit Feuereifer in den Ausbau seiner Kette von Elektroläden gestürzt. Am Ende hatte er sie an eine größere Firma verkauft. Den Gewinn aus dem Verkauf hatte er klug investiert. Statt wohlhabend waren sie inzwischen steinreich.

    Daraufhin hatte er beschlossen, dass Plainfield zu „kleinbürgerlich" für ihn und seine Tochter war – seine Formulierung, nicht ihre. Sie liebte ihre Heimatstadt und ihre Familie. Aber er hatte den Kontakt abgebrochen und war mit Devon nach Boston gezogen, wo er es sich zur Aufgabe gemacht hatte, in die elitären Kreise der High Society vorzudringen. Aber Geld allein konnte einem Neureichen wie ihm keinen Zugang erkaufen.

    Das hielt ihn allerdings nicht davon ab, es zu versuchen.

    Deshalb waren sie auch auf Barron Farrells Beerdigung. Ihr Vater wollte sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, sich unter die reichen Geschäftsleute und Prominenten zu mischen. Aber er war nicht der Einzige, der die Trauerfeier des Milliardärs als eine Teeparty verstand.

    Sie seufzte noch einmal, nahm ihr Glas und stand von der Bank auf. Am besten ging sie wieder ins Haus, bevor ihr Vater sich auf die Suche nach ihr machte und sie wie immer enttäuscht und missbilligend ansah. Kurz schloss sie die Augen, weil es sich anfühlte, als hätte sich ein Schraubstock um ihr Herz gelegt. Sie konnte sich noch an Zeiten erinnern, in denen nur Zuneigung, Liebe und Stolz aus seinen dunklen Augen geleuchtet hatten. Damals war er noch Ehemann und Vater gewesen, zufrieden, ein paar Läden zu besitzen. Bevor der Tod ihrer Mutter ihr Leben aus der Bahn geworfen hatte.

    Sie starrte die Spitzen ihrer schwarzen Louis-Vuitton-Schuhe an und betrat den gepflasterten Gartenweg.

    „Verdammt."

    Sie hörte den leisen Fluch, unmittelbar bevor eine hochgewachsene, muskulöse Gestalt um die Ecke bog und wenige Zentimeter vor ihr stehen blieb. Die Hecke bot ihr kein gutes Versteck. Sie machte sich klein und starrte den Mann an, der hin und her lief. Von der Bank, auf der sie eben noch gesessen hatte, bis zum schmalen Weg und wieder zurück.

    Cain Farrell.

    Seine Körpersprache strahlte Ärger aus. Nein, keinen Ärger. Wut. Sein schwarzes Haar, sein schwarzer Anzug und seine Schritte ließen ihn gefährlich wie ein Raubtier wirken. Geschmeidig, dunkel und tödlich. Auf der Suche nach der richtigen Beute, um sich auf sie zu stürzen … Sie zu verschlingen …

    War es nicht verrückt von ihr, dass sie sich nicht sicher war, ob sie lieber vermeiden wollte, zu dieser Beute zu werden, oder dem unvernünftigen Drang nachgeben sollte, ihn zu trösten? Ihm die Haare zu tätscheln und die breiten Schultern zu streicheln? Ja. Ich bin verrückt. Denn man versuchte lieber nicht, ein Raubtier zu trösten.

    Auch dann nicht, wenn es unglaublich sexy war.

    Cain blieb ruckartig stehen und nagelte sie mit einem funkelnden Blick aus zusammengekniffenen Augen fest. Devon bekam keine Luft mehr.

    Verdammt.

    „Wer sind Sie?", fragte er. Seine Stimme war dunkel wie die Nacht, berauschend wie teurer Scotch … und Schokolade. Zum Anbeißen.

    „Ich?", stieß sie heiser hervor und machte den Fehler, ihm in die unfassbar schönen Augen zu sehen. Wow. Aus der Entfernung hatte sie auf dem Friedhof die Farbe nicht genau erkannt. Aber jetzt. „Ich habe mich gefragt …", hauchte sie.

    Er zog die dunklen Brauen arrogant über seinen erschreckend schönen blaugrauen Augen zusammen. Wolfsaugen. Das Gefühl, vor einem Raubtier zu stehen, wurde noch stärker, aber statt Angst kitzelte unter ihrer Haut eine Mischung aus Erregung und Nervosität.

    „Sie haben sich was gefragt?", erkundigte Cain sich ungeduldig.

    „Ihre Augen, platzte sie heraus und verfluchte ihre Entscheidung, sich das dritte Glas Wein gegönnt zu haben. „Bei der Beerdigung konnte ich die Farbe nicht genau erkennen. Aber jetzt, äh, weiß ich Bescheid. Sie versuchte zu lächeln, machte einen Schritt auf ihn zu und überbrückte so das letzte bisschen Abstand zwischen ihnen, bevor sie sich vorstellte: „Devon."

    Sie streckte ihm die freie Hand hin. Mehrere Sekunden lang starrte er angespannt darauf herab. Dann hob er langsam den Arm.

    Seine langen, eleganten Finger schlossen sich um ihre. Verbrannten sie. Feuer züngelte durch ihre Handfläche ihren Arm hinauf und loderte dann in ihrer Brust wie ein Stern. Cain hob den Blick von ihren umschlungenen Händen und folgte dem Weg, den die Flammen genommen hatten. Nur, dass er dann noch den Rest ihrer zierlichen Gestalt musterte, bevor er ihr ins Gesicht sah.

    Sie entzog ihm ihre Hand und kämpfte gegen den Drang an, sich die prickelnde Handfläche am Oberschenkel zu reiben. Sie hob das Kinn, um seinem Wolfsblick zu begegnen. Sie wusste, was er sah. Was alle sahen. Klein. Nichtssagende Gesichtszüge. Sie hatte einmal gehört, wie ein angeblicher Gentleman behauptet hatte, dass man sie sofort wieder vergaß. Ihre Brüste und Hüften waren zu ausgeprägt, um elegant zu wirken. Das Beste an ihrem Äußeren waren ihre dichten, karamellbraunen Locken, die sie heute zu einem Knoten am Hinterkopf hochgesteckt hatte. Wenn sie die Haare offen trug, reichten sie bis zur Mitte ihres Rückens. Die Haare hatte sie von ihrer Mutter.

    Eine große Schönheit war sie nicht, und er ging bestimmt regelmäßig mit Filmstars und Bademodenmodels aus. Egal. Eine der ersten Lektionen, die sie in Boston gelernt hatte, war die gewesen, sich keine Schwäche anmerken zu lassen. Lieber verstellte sie sich, bis sie es sich zu Hause in ihrem Schlafzimmer mit Chips und Netflix gemütlich machen konnte.

    Das funktionierte.

    Cain starrte sie stumm an. Obwohl sie innerlich zitterte, wankte sie nicht. Aber diese Augen … Gespenstisch in ihrer Schönheit. Als könnte er bis in ihre Seele blicken.

    „Ja, jetzt wissen Sie Bescheid", sagte er gedehnt, und die Flammen, die zu einem Glimmen zusammengeschrumpft waren, loderten wieder auf. In ihrem Gesicht.

    Oh, Gott. Glaubt er etwa, dass ich mit ihm flirte?

    „Was machen Sie hier draußen, Devon?", fragte er. „Die Party , er verzog die Lippen zu einem spöttischen Lächeln, „… findet drinnen statt. Dieser Teil des Geländes ist für Gäste gesperrt.

    „Oh, tut mir leid. Das Schild muss ich übersehen haben, entschuldigte sie sich. Sobald die Worte zwischen ihnen in der Luft hingen, wurde ihr klar, wie gedankenlos sie klangen. „Das heißt – natürlich gibt es kein Schild. Aber in einem so großen Haus sollte man vielleicht welche aufhängen. Vielleicht so kleine, diskrete wie an Badezimmertüren … Ach, verdammt.

    „Wie bitte?" Cains Stirnrunzeln vertiefte sich.

    Sie schüttelte den Kopf und hob den Finger, um ihn zu bitten, kurz zu warten. Sie nahm sich die Zeit, einen großen Schluck Wein zu trinken. Dann noch einen. „Sonst nippe ich immer nur am Wein, ehrlich, und zwei Gläser sind eigentlich mein Limit. Ich weiß auch nicht, was mich auf den Gedanken gebracht hat, ich könnte drei verkraften. Hier. Sie hielt ihm das Glas hin, und er nahm es. „Da Sie gerade so geflucht haben, brauchen Sie es wahrscheinlich mehr als ich.

    Wieder starrte er sie an. Sie konnte es ihm nicht verdenken. Sie benahm sich wie eine Verrückte. Eine beschwipste, redselige Verrückte, die in seinen Garten eingedrungen war.

    Langsam, ohne den Blickkontakt zu ihr zu unterbrechen, hob er das Glas an seinen grausam schönen Mund. Und nippte am Wein.

    Ihre Knie gaben nicht unter ihr nach, aber weich wurden sie doch. Warum dieses Nippen so sexy war, wusste sie selbst nicht. Aber tief in ihrem Bauch ballte sich Hitze zusammen.

    „Sie haben recht, sagte er, „ich kann es brauchen. Danke.

    Den Wein. Er brauchte den Wein. Nicht sie, wie ihr Körper seine Worte interpretierte wollte.

    „Gern geschehen. Unfähig, weiter in seine ungewöhnlichen Augen zu sehen, strich Devon sich einen unsichtbaren Fussel vom Rock ihres dunkelgrauen Etuikleids. Während sie wieder einen Schritt von ihm abrückte, verflogen ihre Verlegenheit und Verwirrtheit. „Mein Gott, ich war so darauf konzentriert, in die Hölle zurückzukehren, dass ich es ganz vergessen habe. Sie legte ihm eine Hand auf den Unterarm. Straffe Muskeln spannten sich unter ihren Fingern an. Aber davon ließ sie sich nicht ablenken. „Herzliches Beileid zum Tod Ihres Vaters. Leider kenne ich den Schmerz, den Sie empfinden, und ich wünsche ihn niemandem."

    Sein prüfender Blick verlagerte sich auf seinen Arm, wo ihre Finger immer noch ruhten. Er wich ihrer Berührung nicht aus, und obwohl es klüger gewesen wäre, zog sie die Hand nicht zurück.

    „In die Hölle zurückzukehren?, wiederholte er, ohne auf ihre Beileidsbekundung einzugehen. Sie hatte Verständnis dafür; nach dem Tod ihrer Mutter hatte sie auch nicht darüber reden wollen. „Wo ist die denn?

    Sie zog den Kopf ein. „Versprechen Sie mir, nicht gekränkt zu sein? Er hob eine dunkle Augenbraue, nickte aber. „Dieser Empfang. Gesellschaftliche Anlässe sind für mich ohnehin schon eine Qual, aber da drinnen … Sie schüttelte den Kopf. „Ich komme aus einer großen italienischen Familie, deshalb kenne ich es durchaus, dass ein Leichenschmaus zu einer lauten und lustigen Feier wird. Aber nicht so. Niemand spricht über Ihren Vater und erinnert sich an ihn. Es herrscht keine Trauer über einen geliebten Menschen. Es ist … makaber."

    Sie ließ die Hand sinken und wappnete sich für seine Vorwürfe. Für ein hämisches Grinsen, wie sie es von ihrem Vater zu sehen bekommen hatte, als sie ihm dieselben Gedanken anvertraut hatte, bevor sie vor der ganzen Falschheit hierher geflüchtet war.

    Aber Cain machte sich nicht lustig über sie.

    Stattdessen musterte er sie mit undurchdringlichem Blick.

    Als sie gerade den Mund aufmachen wollte, um sich für ihre unsensiblen Worte zu entschuldigen, murmelte er: „Danke, Devon."

    „Wofür?"

    „Dafür, dass Sie den Mut haben, ehrlich zu sein. Ein halbes Lächeln huschte über seine sinnlichen Lippen. „Und dafür, dass Sie mir eine Atempause von ein paar Minuten verschafft haben, bevor ich in meine eigene Hölle zurückmuss. Er reichte ihr das Weinglas, und als sie es nahm, hob er die freie Hand und schockierte sie, indem er ihr über die Wange strich. „Das weiß ich mehr zu schätzen, als Sie ahnen."

    Er trat zurück. Ihre Haut brannte von seiner Liebkosung. Sie rührte sich nicht – konnte es nicht –, als er sich auf dem Absatz umdrehte und so schnell und leise wieder verschwand, wie er gekommen war.

    Erst dann legte sie ihre zitternden Finger auf die Stelle, die er so zärtlich berührt hatte. Voller Dankbarkeit. Denn bestimmt hatte sie sich das Aufblitzen von Begehren in seinen Augen nur eingebildet. Es war nur Wunschdenken gewesen, dass sie ihr eigenes Verlangen in ihnen gespiegelt gesehen hatte.

    Ja, das ist alles.

    Aber was schadete es, an diese Fantasie zu glauben?

    Sie würde Cain Farrell ja ohnehin nie wiedersehen.

    Nein. Es schadet überhaupt nicht.

    3. KAPITEL

    Ein Jahr.

    Das konnte Cain durchstehen. Er hatte seinen Vater zweiunddreißig Jahre lang ertragen. Zwölf Monate mehr waren ein Kinderspiel.

    Natürlich würde er das schaffen.

    Dieses Mantra marschierte durch Cains Gedanken wie ein Regiment todbringender Soldaten. Cain biss die Zähne so fest zusammen, dass sein Kiefer pochte. Sonst hätte er eine Schimpftirade losgelassen, die ihm auf der Zunge lag. Und die Befriedigung würde er seinem Vater nie verschaffen. Nicht einmal nach dessen Tod.

    „Mr. Farrell, es sind mehrere Nachrichten für Sie eingegangen, während Sie bei Ihrem Meeting waren. Ich habe sie auf Ihren Schreibtisch gelegt und sie auch noch einmal per Mail an Sie weitergeleitet", teilte ihm seine Assistentin Charlene Gregg mit, als er an ihrem Schreibtisch vorbeirauschte. Die adrette braunhaarige Frau arbeitete schon seit fünf Jahren für ihn, und sie war ein Geschenk des Himmels. Das fanden ihr hünenhafter Mann und ihre zwei süßen Kinder auch.

    „Danke, Charlene, sagte Cain. „Stellen Sie die nächsten zwanzig Minuten keine Anrufe durch.

    Er betrat sein Büro. Es gelang ihm, nicht die Tür hinter sich zuzuknallen. Beherrschung. Die hatte er sich schon in seiner Kindheit angewöhnt. Er war in einem Haus aufgewachsen, in dem schon der kleinste Fehler – ob nun echt oder eingebildet – ihm eine Strafpredigt oder einen Schlag in den Magen einbrachte. Er hatte rasch gelernt, seine Emotionen für sich zu behalten.

    Aber nach dem Meeting mit seinen … Zum Teufel, ich kann sie doch nicht meine Brüder nennen! Achilles Farrell, der nachdenkliche Riese, und Kenan Rhodes, der Charmeur mit dem breiten Lächeln, waren Fremde.

    Verhasste Eindringlinge, die sich nur eine Woche nach ihrer ersten Begegnung auf der Trauerfeier in seiner Firma eingenistet hatten.

    Ihm war klar, dass seine Wut eigentlich seinem Vater galt. Aber Barron war nicht mehr hier. Seine unehelichen Söhne dagegen sehr wohl.

    Cain fuhr sich durchs Haar und ließ sich auf seinen Schreibtischstuhl fallen. Sein Blick blieb an der Akte hängen, die er schon seit Tagen durcharbeitete. Direkt nach der Testamentseröffnung hatte Cain einen Privatdetektiv auf Achilles und Kenan angesetzt.

    Achilles Farrell. Geboren in Boston, aber von seiner alleinerziehenden Mutter in der Nähe von Seattle, Washington, großgezogen. Genialer Softwareentwickler und Ex-Sträfling. Er hatte wegen Körperverletzung zwei Jahre hinter Gittern gesessen. Der Apfel fiel nicht weit vom Stamm.

    Kenan Rhodes. In Boston geboren und dort von reichen Eltern adoptiert. Brillanter Vizechef der Marketingabteilung in der Firma seiner Familie. Danach zu urteilen, wie oft er in den Klatschspalten auftauchte, ein notorischer Frauenheld. Auch der Apfel fiel nicht weit vom Stamm.

    Kaum dass die beiden auf Barrons Bedingungen eingegangen waren, hatten sie Cain mitgeteilt, dass sie nicht vorhatten, ein Jahr lang die stillen Teilhaber zu spielen. Sie wollten sich in der Firma selbst verwirklichen: Achilles in der IT-Abteilung, Kenan im Marketing. Alles in Cain sträubte sich dagegen. Aber dank Barrons Testament konnte er nichts dagegen tun. Als er damals bei seinem Vater ausgezogen war, hatte er sich geschworen, nie wieder schwach und machtlos zu sein. Aber jetzt …

    Seufzend schloss er die Augen und kniff sich in den Nasenrücken. Ungebeten erschien vor seinem inneren Auge ein Bild von Devon – ihren Nachnamen kannte er immer noch nicht.

    Es war nicht das erste Mal, dass sich die Frau, die wie eine Fee im Garten seiner Mutter aufgetaucht war, in seine Gedanken stahl. Zierlich, aber mit üppigen Brüsten, von denen er vermutete, dass sie zu groß für seine Handflächen waren. Eine schmale Taille, die er jedoch problemlos hätte umfassen können. Köstlich geschwungene Hüften. Die perfekte Sanduhrfigur. Ihre High Heels hatten sie nicht größer wirken lassen, sondern nur ihre durchtrainierten Oberschenkel betont.

    Devon hatte einen Körper, der einen Mann mitten in der Nacht schwitzend aus dem Schlaf hochschießen lassen konnte. Aber ihr Körper war nichts gegen die wunderschönen, smaragdgrünen Augen, die so unschuldig wirkten, aber uralte Geheimnisse in ihren Tiefen zu bewahren schienen. Oder ihre eleganten Wangenknochen, die er einfach hatte berühren müssen. Oder ihren sinnlichen, fast schon unanständigen Mund.

    Welcher Mann konnte sie ansehen und sich nicht danach sehnen, sie zu verführen?

    Er jedenfalls nicht.

    Objektiv musste er einräumen, dass manche Männer Devons Gesichtszüge vielleicht als unscheinbar beschrieben hätten.

    Aber diese Männer mussten verdammt noch mal blind sein.

    Doch am meisten hatten ihn ihr Humor, ihre Selbstironie, ihr Mitgefühl und ihre Selbstlosigkeit getröstet. Vor einer Woche hatte sie ihm unwissentlich die Kraft verliehen, in die Bibliothek zurückzukehren und sich dem Chaos zu stellen, das ihm sein Vater hinterlassen hatte.

    Cain, der stolz darauf war, niemanden zu brauchen, klammerte sich an die Erinnerung an eine Frau, die er ein einziges Mal getroffen hatte und wahrscheinlich nie wiedersehen würde. Die Ironie entging ihm nicht.

    „Mr. Farrell, ertönte Charlenes Stimme durch die Gegensprechanlage. „Ich weiß, dass Sie mich angewiesen haben, Sie nicht zu stören, aber ein gewisser Gregory Cole möchte Sie sprechen. Er hat keinen Termin, aber er behauptet, dass es etwas Privates ist, das mit Ihrem Vater zu tun hat.

    Cain verkrampfte sich. Einen Moment lang lag ihm ein „Nein auf der Zunge. Wer tauchte einfach ungebeten auf und verlangte ein Treffen mit dem CEO eines Konzerns? Vielleicht einer der vielen Journalisten, die er mit der Bemerkung „Kein Kommentar abgewimmelt hatte. Oder noch ein Bruder?

    Gereizt drückte er auf den Antwortknopf. „Schicken Sie ihn herein, Charlene. Er ließ den Knopf wieder los, stand auf und knurrte: „Verdammt.

    Sein Vater. Und etwas Privates. Er schluckte den Köder nicht gern, aber er konnte nicht anders.

    Wenige Sekunden später betrat Charlene sein Büro, dichtauf gefolgt von einem älteren Mann. Groß und distinguiert, mit grau meliertem Haar und einem maßgeschneiderten Anzug, der, wie Cain wusste, mindestens dreitausend Dollar gekostet haben musste, trat er auf ihn zu und streckte die Hand aus.

    „Mr. Farrell, Gregory Cole, begrüßte er ihn. „Ich freue mich, Sie kennenzulernen, auch wenn ich wünschte, es könnte unter anderen Umständen geschehen. Es hat mir sehr leidgetan, vom Tod Ihres Vaters zu erfahren.

    Die Worte waren angemessen, aber seine grünen, irgendwie vertrauten Augen straften den feierlichen Ernst Lügen. Unruhe machte sich in Cain breit, als er dem Mann die Hand schüttelte.

    „Danke, Mr. Cole. Er nickte Charlene zu. Sie ging und schloss die Bürotür hinter sich. „Meine Assistentin sagt, es geht um meinen Vater?

    Er bat Gregory Cole nicht, auf einem der Besucherstühle oder auf dem braunen Ledersofa Platz zu nehmen. Irgendetwas an dem Mann störte ihn.

    „Bitte nennen Sie mich doch Gregory. Darf ich? Er wartete nicht auf Cains Zustimmung, sondern ließ sich lächelnd auf dem Sessel vor dem Schreibtisch nieder. „Ich habe ein Anliegen, das mein … Verhältnis zu Ihrem Vater betrifft, aber ich habe aus Respekt vor Ihrer Trauer bisher damit gewartet, an Sie heranzutreten.

    Eine ganze Woche lang. Ein wahrer Heiliger.

    „Hatten Sie eine Geschäftsbeziehung mit ihm, Mr. Cole?" Cain benutzte absichtlich den Nachnamen des Mannes.

    „Eher eine Vereinbarung, sagte Mr. Cole und wischte gekünstelt ein unsichtbares Stäubchen von seinem makellosen Anzug. „Mr. Farrell oder Cain. Darf ich dich duzen?

    „Nein."

    Mr. Cole konnte das verräterische Aufblitzen von Zorn in seinen Augen nicht verbergen. Es verschwand sofort wieder, aber es entging Cain nicht. Der Mann war schon mit einer Anspruchshaltung in sein Büro spaziert und mochte es offensichtlich nicht, wenn man ihm widersprach.

    Sein Pech.

    „Ich bin ein Selfmademan. Ich habe eine erfolgreiche Elektroladenkette aufgebaut, bevor ich sie verkauft und den Gewinn in noch lukrativere Projekte investiert habe. Jetzt besitze ich eine exklusive Investmentfirma, die meinen Kunden und mir in den letzten Jahren Millionen eingebracht hat", prahlte Gregory Cole.

    „Ihre harte Arbeit in allen Ehren, aber ich verstehe nicht, was das mit meinem Vater zu tun hat, Mr. Cole. Ich will nicht unhöflich sein, aber ich habe noch Termine. Wenn wir also auf den Punkt kommen könnten …?"

    Wieder bemerkte er ein Aufblitzen von Verärgerung in Mr. Coles Augen, aber noch etwas anderes. Befriedigung.

    Cains Magen zog sich zusammen. Mr. Coles Schadenfreude verhieß nichts Gutes.

    „Gern, säuselte Mr. Cole und faltete die Hände vor der Brust. „Dein Vater hat vor seinem Tod eine Abmachung mit mir getroffen. Jetzt ist er nicht mehr da, und du musst den Vertrag erfüllen.

    Cain runzelte die Stirn. „Dafür ist die Rechtsabteilung zuständig. Wenn Sie den Vertrag meiner Assistentin übergeben, leitet sie ihn an die korrekte Stelle weiter …"

    „Das kann ich tun, Cain. Mr. Cole betonte Cains Vornamen geradezu genüsslich. „Sofern es dir nichts ausmacht, wenn deine Firmenanwälte einen Ehevertrag durchsehen …

    Cain starrte den Mann an, der spöttisch grinste.

    Ehevertrag? Was zum Teufel soll das heißen?

    Sein mulmiges Gefühl wurde zu Panik. Aber die bitteren Lektionen, die er gelernt hatte, ließen ihn eisern die Beherrschung wahren.

    Er durfte sich keine Schwäche anmerken lassen.

    „Wovon reden Sie?", fragte er in ruhigem Ton.

    „Davon, dass du meine Tochter heiraten wirst. Dein Vater hat dich mir versprochen, ja geradezu überschrieben."

    Mr. Cole lachte, als ob ihn der Gedanke amüsierte, dass ein Vater seinen Sohn wie ein Stück Vieh verschacherte. Aber wenn der Mistkerl seiner eigenen Tochter dasselbe antat, fand er es wohl wirklich komisch. Er zog ein paar gefaltete Blätter Papier aus dem Jackett, stand auf und reichte sie Cain. „Ich habe eine Kopie des Vertrags mitgebracht. Bitte lass dir mit der Durchsicht Zeit. Ich versichere dir, dass er bindend ist."

    Wie betäubt nahm Cain die Papiere. Er faltete den Vertrag auseinander, legte ihn hin und studierte ihn. Je länger er las, desto wütender wurde er. Als er zur letzten Seite der dreiseitigen Vereinbarung kam und das schwungvolle Gekrakel seines Vaters neben Mr. Coles eleganter Unterschrift sah, tat es ihm körperlich weh, sich zurückzuhalten. Er wollte seine Empörung herausschreien. Den Schreibtisch umwerfen. Sich auf den feixenden Mr. Cole stürzen und ihn erwürgen.

    „Sie haben sich als Geschäftsmann bezeichnet, stieß Cain rau hervor. „Sie haben vergessen, zu erwähnen, dass Sie auch ein Erpresser sind.

    Mr. Cole zog eine Augenbraue hoch. „Nun werde doch nicht gleich beleidigend, Cain. Wenn ich im Zuge meines Aufstiegs eines gelernt habe, dann, dass niemand einem armen Mann etwas schenkt. Ich war selbst meines Glückes Schmied. Habe mich durchgekämpft, wenn Leute aus deiner Welt mir Steine in den Weg gelegt haben. Mit allen Mitteln. Wenn du damit rechnest, dass ich mich entschuldige, kannst du lange warten."

    „Ersparen Sie mir Ihr selbstgerechtes Gefasel, fuhr Cain ihn an. „Es gibt haufenweise Leute, die ganz unten anfangen und es bis an die Spitze schaffen, ohne kriminell zu werden. Denen machen Sie Schande, wenn Sie das hier – er zeigte mit einem Finger auf den Vertrag – „mit Ihrer Herkunft rechtfertigen."

    „Das kann auch nur ein Mann sagen, den es in seinem Leben keinen einzigen Tag lang an etwas gefehlt hat", höhnte Mr. Cole. Kalter Zorn glitzerte in seinen grünen Augen.

    Cain erkannte, dass der Mann angewidert war. Von ihm.

    „Sie wissen nicht das Geringste über mich, Mr. Cole, knurrte er, stützte die Fäuste auf den Tisch und beugte sich vor. „Wenn Sie mich kennen würden, wären Sie nicht in mein Büro gekommen. Nehmen Sie das hier. Er schob ihm die drei Seiten so schwungvoll hin, dass sie durch die Luft flatterten und auf dem Boden landeten. „Und dann verschwinden Sie."

    Mr. Cole bückte sich nicht, um den Vertrag aufzuheben. Er hielt Cains Blick stand.

    „Oh, da irrst du dich. Ich weiß alles, was ich über dich wissen muss, Cain, murmelte er. „Dein Vater ist aus Eitelkeit auf dieses Arrangement eingegangen, aber er hat mir versichert, dass du dich aus einem anderen Grund darauf einlassen würdest: aus Loyalität zu deiner Mutter. Du würdest alles tun, um zu verhindern, dass Emilia Farrells Name von skrupellosen Reportern in den Schmutz gezogen wird. Die Paparazzi wären gnadenlos, wenn sie herausfinden würden, dass sie eine Affäre hatte, als sie noch mit deinem Vater verheiratet war. Und sie würden durchdrehen, wenn es für diese Affäre sogar Beweise gäbe: Fotos, E-Mails, Chatnachrichten, Videos.

    Cain kam

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