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Macht der "liebe Gott" auch mal ´nen Fehler: Lebensreise
Macht der "liebe Gott" auch mal ´nen Fehler: Lebensreise
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eBook339 Seiten5 Stunden

Macht der "liebe Gott" auch mal ´nen Fehler: Lebensreise

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Über dieses E-Book

Das Buch beschreibt die Lebensreise eines 66-jährigen, der die ersten 35 Jahre seines Lebens aus seiner Wahrnehmung her bereist. Die Strenge des Elternhauses werden genau so beschrieben, wie auch die heiteren Seiten des Lebens und tragische Ereignisse.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum1. Dez. 2022
ISBN9783347772823
Macht der "liebe Gott" auch mal ´nen Fehler: Lebensreise
Autor

Josef Kellermann

Der Autor wurde am 19. Februar 1956 - ein Sonntagskind - auf einem abgelegenen Bauernhof im bayrischen Alpenvorland, als zweites von 4 Kindern geboren und wuchs in einer durch den strengen Vater geprägten Familie und dessen Streben nach einem besseren Leben auf. Häufige Wohnortwechsel durch den Wechsel der Arbeitsstellen seines Vaters prägten seinen Weg auch durch sein eigenes Leben. Glücksmomente und Schicksalsschläge verbinden sich mit Anekdoten auf dem Weg durch die ersten 35 Jahre seines Lebens.

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    Buchvorschau

    Macht der "liebe Gott" auch mal ´nen Fehler - Josef Kellermann

    Entgegen dem Liedertext von Udo Jürgens „Mit 66 Jahren fängt das Leben an" und der damit verbundenen Hoffnung, nun das Leben in vollen Zügen genießen zu können, steht bei mir am Dienstag nach Ostern dieses Jahres, nicht einmal 2 Monate nach meinem 66. Geburtstag, der Sensenmann vor meiner Tür. Er klopft sehr laut und nachdrücklich an, bereits zum drittenmal in meinem Leben, um mich abzuholen. Auf seine nicht besonders freundliche Einladung hin, bereits heute mit ihm zu kommen, antworte ich ihm mit einem Satz der mich schon fast mein Leben lang begleitet:

    „Man lernt solange, bis alle Finger gleich lang sind"

    während ich ihm meine beiden Hände vors Gesicht halte, „also komm wieder, wenn es so weit ist!".

    So trollt er sich dahin und ich sehe, wie er sich schon 5 Häuser die Straße hinab vor der nächsten Tür aufstellt und klopft und denke so bei mir: „Nein, nein, mein Freund, ich will noch nicht, ich brauche schon noch ein wenig Zeit".

    Ich kann in diesem Augenblick noch nicht einmal mehr 2 Stufen ohne Atemnot eine Treppe hochsteigen und selbst wenn ich nur auf dem Sofa sitze, wird die Luft mir immer knapper. Bei der Einlieferung im Krankenhaus kurz nach dem gemeinsamen Mittagessen mit meiner Frau Renate geht es dann ganz schnell: ab in den OP, Magenspiegelung und schon steht fest: Massives Magenbluten.

    So erhalte ich zunächst, nachdem man mir die aufgeplatzten Wucherungen im Magen mittels Stromstößen verschlossen, bzw. verschweißt hat, umgehend insgesamt 5 Beutel frischen Blutes und zusätzlich auch noch einen Beutel Eisen, ich frag mich aber schon, wie die das verflüssigt haben. Bereits wenige Tage später kann ich das Krankenhaus wieder verlassen und ich merke, wie ich von Tag zu Tag, wieder besser Luft bekomme und langsam schaffe ich es sogar auch wieder, eine Treppe ohne größere Probleme hoch zu kommen. In den Tagen im Krankenhaus habe ich die Zeit intensiv genutzt, um über mein bisheriges Leben nachzudenken, ich habe gesehen, wie endlich auch mein Leben ist und so entschließe ich mich, noch in diesem Sommer eine für mich ganz besondere Reise anzutreten.

    Ich war mit Ausnahme der ersten Lebensmonate noch nie an dem Ort, an dem ich geboren wurde. Wenn ich nach meinem Geburtsort gefragt werde, antworte ich immer: in der Nähe von Wolfratshausen, dort wo die Floßfahrten auf der Isar los gehen". Ich war zwar schon zigmal in der Gegend, aber noch nie an meinem Geburtsort Schwaigwall. Um den ersten Teil meiner Reise etwas unterhaltsamer zu gestalten, biete ich die Tour im Internet bei der Mitfahrzentrale Bla-Bla-Car an, da ich zum einen gerne Mitfahrer habe, mit denen man sich im Regelfall gut unterhalten kann und zum anderen ist die Reise mit mehreren Personen im Auto ja auch nachhaltiger. Nachdem ich meine Mitfahrer am Treffpunkt in Chemnitz aufgenommen habe, geht es wieder auf die Autobahn, vorbei an der wunderschönen Stadt Plauen im Vogtland, wo ich zuletzt in meinem aktiven Berufsleben etwas über 3 Jahre beim Möbel-Biller in der Teppich-Abteilung gearbeitet habe. Weiter geht´s vorbei an Hof, unter Regensburg hindurch und dann hinüber, zwischen den hochaufragenden Hopfenfeldern, zum Autobahndreieck Hallertau, von dort geht es dann hinein in diese mittlerweile zu einem Moloch gewordene Stadt München, wo ich meine Mitfahrer am Hauptbahnhof absetze, bevor ich dann hinaus nach Wolfratshausen fahre.

    In Wolfratshausen habe ich direkt an der Loisach übers Internet einen Zeltplatz für die erste Nacht gebucht, eine Adresse, die ich im Nachhinein wirklich jedem empfehlen möchte, der einmal als Camper mit Zelt, Wohnwagen oder Wohnmobil nach Wolfratshausen kommt. Auf der sehr schönen, gepflegten Anlage werde ich vom Besitzer des Platzes Michael Kramer wirklich herzlich begrüßt. Nachdem ich mein Zelt auf einer großen Wiese aufgestellt habe, gehe ich noch einmal zu ihm hinüber in sein Büro, um bereits meine Platzmiete zu entrichten, da ich am nächsten Morgen um 7 Uhr starten will. Nachdem ich ihm erzähle, dass ich auf dem Landgut Schwaigwall geboren wurde, fragt er mich, welcher Jahrgang ich denn bin. „1956 bin ich geboren sage ich zu ihm und er lacht, ich auch" sagt er und fragt, ob ich denn auch in Gelting, da wo er geboren ist, eingeschult wurde. Er erzählt, dass die Kinder aus Schwaigwall dort hin zur Schule gingen. Ich erkläre ihm, dass meine Eltern mit mir bereits 1957 von Schwaigwall nach Bodman an den Bodensee umgezogen sind und wir deshalb keine Schulfreunde werden konnten. Wir sitzen an diesem Abend bei 1 oder waren es doch 2 Radler-Maß, noch bis gegen 23 Uhr zusammen und erzählen uns gegenseitig so einige Geschichten aus unserem Leben, bevor wir uns voneinander verabschieden.

    Übrigens: Wer bei einem Besuch in Wolfratshausen einmal nach München reinfahren möchte, der kann am Bahnhof in Wolfratshausen sein Auto für z.Zt. 1,60 Euro einen ganzen Tag dort abstellen. Man ist von dort aus mit dem Bus schnell in Starnberg oder mit der S-Bahn in gut einer halben Stunde in München und man spart sich so die unverschämt hohen Parkplatzgebühren die in der bayrischen Landeshauptstadt erhoben werden. Außerdem ist es ja bekanntlich auch wesentlich nachhaltiger, mit den öffentlichen Nahverkehrsmitteln zu fahren. Nachdem ich die erste Nacht in meinem Zelt sehr gut geschlafen habe, packe ich kurz nach 7 Uhr am Morgen all meine Sachen zusammen und mache mich nach dem kurzen Stopp in einer Bäckerei in Wolfratshausen für ein kleines Frühstück, auf den Weg zur „Pupplinger Au", einem Naturschutzgebiet an der Isar. Ich habe durch verschiedene Fernsehsendungen und Publikationen von der Pupplinger Au gehört und gelesen und bin dementsprechend neugierig, was meine Heimat denn dort so bietet. Der erste Tag in „meiner Heimat" ist zwar etwas kühl und ein wenig regnerisch, nichts desto trotz genieße ich den Weg von einer knappen halben Stunde vom Parkplatz durch den Auwald über einen Knüppelpfad bis hinunter zur Isar. Es ist eine gute Idee, die Pupplinger Au frühmorgens zu besuchen, es herrscht eine angenehme Stille, die nur durch das Gezwitscher der zahlreichen, im Auwald lebenden Vögel unterbrochen wird. Um diese Zeit ist hier noch niemand unterwegs, anders als an den Wochenenden und bei schönen Wetter, wenn unzählige Besucher vor allem aus München, an die Ufer und auf die Kiesbänke der Isarströmen und dann kaum noch ein freier Platz, trotz der Weite der Pupplinger Au, zu finden ist. Nachdem ich kurz nach neun wieder den Parkplatz, auf dem ich mein Auto abgestellt habe, erreiche, geht meine Fahrt weiter in Richtung Schwaig-wall. Beim Überqueren der Isarbrücke erhasche ich einen Blick auf ein Floß und ich halte daher kurz hinter der Brücke bei der nächsten Gelegenheit an, um mir das doch einmal etwas näher anzuschauen.

    Startpunkt der „Isar-Floßfahrten in Wolfratshausen

    Von dem kleinen Parkplatz gehe ich das Stück bis zur Isar-Brücke zurück, da man von hier den besten Überblick hat. Am Ufer liegen insgesamt 3 abfahrbereite Flöße, die hier bereits beladen mit Getränken und sonstigen Schmankerln, die zu einer zünftigen Floßfahrt auf der Isar gehören, auf ihre heutigen Gäste warten. Am Ufer oberhalb der abfahrbereiten Flöße liegen die riesigen Baumstämme, aus denen hier, nachdem die Flöße ihre Gäste aufgenommen und abgelegt haben, in der Saison tagtäglich neue Flöße gebaut werden. Die Flöße, die Saison geht vom 1.Mai bis zum 2. Sonntag im September, sind auf lange Zeit ausgebucht, obwohl der Preis mit rund 200 Euro pro Person zu Buche schlägt.

    Wieder ins Auto eingestiegen geht es für mich jetzt weiter zum „Landgut Schwaigwall", meinen Geburtsort. Im Internet habe ich schon ein wenig recherchiert und weis daher, dass dieses Gut seit mehreren Generationen im Besitz der Familie Fuchs ist und heute zur Gemeinde Geretsried gehört. Es liegt ein Stück südlich von Wolfratshausen und östlich des Starnberger Sees einsam und idyllisch im Voralpengebiet.

    Gegen 11 Uhr erreiche ich den Gutshof der Familie Fuchs. Die Mutter des jetzigen Betreibers, Dr. Franz Fuchs, begrüßt mich aus einem der oberen Fenster des Herrenhauses und fragt nach meinen Wunsch. Ich erkläre ihr, dass meine Eltern früher hier gearbeitet haben und ich nach dem Haus suche, in dem ich hier 1956 geboren wurde. Sie erklärt, dass ihr Ehemann mir mit Sicherheit alle Auskünfte hätte erteilen können, aber dieser sei leider vor 3 Jahren verstorben. Während des Gesprächs kommt Dr. Fuchs junior, der jetzige Betreiber des Gutes, um die Ecke des Herrenhauses und übernimmt das Gespräch, nachdem ich auch ihm erklärt habe, dass meine Eltern 1956 hier als Landarbeiter für seinen Vater gearbeitet haben und ich hier geboren wurde. Er weist mir den Weg, die Straße ca. 300 Meter hinunter, zu einem großen Wohnhaus, in dem die Mitarbeiter des Gutes seit jeher wohnen. Bevor ich mich auf den Weg zu dem Haus begebe, zeigt er mir noch ein wenig seinen Hof, der vom Herrenhaus dominiert wird. Er legt sehr viel Wert auf eine tiergerechte Haltung, wie er mir erklärt. Die im Sommer auf den umliegenden Weiden gehaltenen Kälber ernähren sich dabei vornehmlich säugend von der Milch ihrer Mütter (sog. „Mutterkuhhaltung). „Im Winter sind die Tiere in großzügigen Freiställen untergebracht erklärt er mir ausführlich. Die Schlachtung erfolgt direkt hier im Betrieb und ist somit für die Tiere fast stressfrei. Nach seinen Erklärungen bedanke ich mich bei ihm für die

    Mein Geburtshaus

    Führung und die Informationen und fahre nun hinunter zu dem Haus, in dem ich geboren wurde. In dem vor mir liegenden Mehrfamilienhaus wohnen auch heute noch die Mitarbeiter des Gutes. Hier in diesem Haus wurde ich am 19. Februar 1956, einem eiskalten Sonntag, unter tatkräftiger Hilfe mehrerer Nachbarinnen geboren, da die Unmengen an Schnee, die zu dieser Zeit hier lagen, es nicht zuließen, dass eine Hebamme oder gar ein Arzt meiner Mutter in diesem Augenblick helfen konnten. Nur wenige Tage nach meiner Geburt erkrankte ich dann an einer schweren Lungenentzündung und ich stand mit meinem Leben nach der Aussage meiner Eltern auf der Kippe, aber als „Sonntagskind" lies es der liebe Gott scheinbar noch nicht zu, dass dieses junge Leben schon wieder enden sollte.

    Nach dem Besuch meines Geburtsortes zieht es mich nun weiter zur zweiten Station meines Lebens, nach Bodman am Bodensee. Da ich die Strecken auf der Reise durch mein Leben aber, wie bereits angemerkt, nicht nur stupide abfahren möchte, werde ich gleich die erste Gelegenheit, die sich mir im sogenannten „Pfaffenwinkel bietet, zur Besichtigung nutzen. So genieße ich zunächst die Fahrt durch die sanfte, hügelige Landschaft, die sich vor mir auftut. Die Bezeichnung „Pfaffenwinkel ergibt sich aus der Tatsache, dass es in dieser Region überdurchschnittlich viele Klöster und Wallfahrtskirchen gibt. So komme ich als erstes nach Beuerberg wo auf der Anhöhe über der Loisach eine große Klosteranlage liegt, die zu früheren Zeiten die Augustiner-Chorherren und bis vor wenigen Jahren noch Nonnen des Salesianer-Ordens beherbergte. Das Kloster wurde bereits im Jahr 1121 durch die Grafen von Iringsburg gegründet. Die Anlage, zu der die Kirche St. Peter & Paul gehört, wird derzeitig aufwändig saniert, so dass ich heute nur die an die Klosteranlage angrenzende Kirche St. Marien besuchen kann, stelle aber, nach dem ich diese Kirche betreten habe, fest, dass es auf jeden Fall ein sehr lohnender Besuch ist. Nach der ausgiebigen Besichtigung dieser sehr schönen und für mich eindrucksvollen Kirche führt mich mein weiterer Weg von Beuerberg unterhalb des Starnberger Sees, durch Murnau am Staffelsee und Bad Kohlgrub hin zu der weltberühmten Wies-Kirche bei Steingaden.

    Hier habe ich heute das ganz besondere Glück, dass der „Wies-Kurat", so lautet die offizielle Amtsbezeichnung für den Pfarrer der Wies-Kirche, Florian Geis, einen einstündigen Vortrag zur Geschichte dieser Kirche und die Bedeutung der einzelnen Ausstattungsmerkmale dieses Juwels des Rokoko-Baustils hält. Nach dem der für mich sehr aufschlussreicher Vortrag endet, in dem ich heute so viel Neues über die Hintergründe und zur Geschichte der Wies-Kirche für mich erfahren habe, komme ich mit ihm in der Kirche in ein längeres Gespräch. So erzähle ich ihm über meine Reise und dass ich bereits seit Dezember 1999 in Dresden lebe und so auch noch den Aufbau der Frauenkirche miterlebt habe. Der „Wies-Kurat Florian Geis hat heute bei mir einen wirklich nachhaltigen Eindruck hinterlassen. So wie ich ihn heute kennengelernt habe, muss ich sagen, dass er einer ist, bei dem ich mit Sicherheit wieder sonntags regelmäßig zur Kirche gehen würde.

    Für mich geht es aber nun auf meiner Reise weiter, vorbei an Orten wie Halblech, den herrlichen Schlössern Neuschwanstein und Hohenschwangau, am Bannwaldsee und den Forggensee, dann über die Lechbrücke hinein nach Füssen. Nach einer kurzen P…..pause und dem schnellen Verschlingen einer gebratenen Rindfleischscheibe, eingebettet in 2 Brötchenhälften in einem Restaurant eines bekannten Fast-Food-Unternehmens (ja, genau das, da wo man zum Verzehr seines Essens keine Messer und Gabeln bekommt), verlasse ich Füssen wieder und fahre hinauf zum Alatsee, an den ich eine besondere Erinnerung an meine Jugend habe. Meine damalige Krankenkasse, die Barmer Ersatzkasse, bietet mir damals im Frühsommer 1974 diesen „Kurlaub" als eine Vorsorgemaßnahme an. Vier Wochen Erholung in einer Gruppe von 15 Jungen im Alter von 16 bis 18 Jahren im „Hotel am Alatsee, verbunden mit einem kleinem Programm an Sport und Wanderungen und ein wenig kulturelle Bildung durch Besichtigungen (Wies-Kirche, Königsschlösser und Oberammergau) und viel Freizeit, die wir sehr oft in Füssen oder in Vils/Österreich verbringen.

    „Alatsee" oberhalb von Füssen

    Im Gasthaus „Krone in Vils stillen wir damals nicht nur unseren Hunger nach der knapp 1-stündigen Wanderung dorthin mit leckeren Schinkenbroten, sondern auch unseren unbändigen Durst, so dass der Rückweg meist um die 2 Stunden dauert und das nicht nur wegen der Pinkelpausen. In Füssen ist unser Ziel zumeist die Jugendherberge, in der regelmäßig, alle drei, vier Tage, „Frischfleisch in Form 15-16-jähriger Mädels auf Klassenfahrt angeliefert wird. Da wir im Hotel um 22 Uhr 30 immer „Zapfenstreich durch unseren Betreuer haben, wir aber die Zeit mit den Mädels möglichst lang auskosten wollen, haben wir einen Taxifahrer gefunden, der uns mit seinem überlangen Mercedes, in dem unsere ganze Truppe Platz findet, fährt. Jaja, ich weis, es entsprach auch schon zur damaligen Zeit wie auch heut zu Tage nicht ganz der Straßenverkehrsordnung, aber es ist für den Taxler ein gutes Geschäft mit 3 DM pro Person wenn wir mit 10 Mann oder mehr unterwegs sind. Er ist bei Bedarf pünktlich ab 22 Uhr vor der Jugendherberge und bringt uns so rechtzeitig zu unserem „Zapfenstreich ins Hotel An all das muss ich bei meinem heutigen kurzen Besuch am Alatsee oberhalb von Füssen denken Der See liegt herrlich grün schimmernd vor mir, rundherum in Wäldern eingebettet, aber ich stelle doch einige Veränderungen zu früher fest, so z.B. sind an der ehemals schmalen Zufahrtsstraße große Parkflächen entstanden, auf denen sehr viele Fahrzeuge gegen Gebühr abgestellt sind und im Gegensatz zu früher, sind heutzutage Unmengen an Touristen rund um den See unterwegs. Nachdem auch ich mir auf einem kleinen Spaziergang hin zum Hotel am Alatsee die Füße vertreten habe, geht es für mich über die Höhen und durch die Täler des Allgäus weiter in Richtung Bodensee. Von Lindenberg im Allgäu komme ich hinunter an den Bodensee nach Lindau, wo ich nun immer nahe am See entlang, in Richtung meines Tagesziels Bodman fahre. Je näher ich diesem Ziel komme, umso mehr sehe ich die riesigen Plantagen mit Äpfeln, Birnen, Pflaumen und Weintrauben die sich über die Hänge oberhalb des Sees hinziehen. Anscheinend hat es hier ausreichend Regen und Sonne über den Sommer hinweg gegeben, der Fruchtstand vom Mais ist über 2 Meter hoch und die Bäume sind so proppenvoll mit Früchten, so dass sie sich unter der Last biegen. Ich denke schon daran, an die Seite zu fahren um die Obstbauern von der Qual der Ernte dadurch etwas zu entlasten, dass ich mein Auto mit den viel zu vielen Früchten, die da hängen, auffülle. Nein, ich lasse es, ich bin ja hier nicht auf „Klautour"

    Mein heutiges Ziel, den Campingplatz „Schachenhorn" in Bodman habe ich auch bereits vor einigen Tagen übers Internet reserviert und stelle bei meiner Ankunft voller Freude fest, dass ich mit meiner Wahl scheinbar einen Volltreffer gelandet habe. Ich darf mir den Platz sogar selbst aussuchen und halte mich dabei an das Motto von ARD und ZDF:

    „Bei uns sitzen Sie in der ersten Reihe".

    Da ich mein Zelt direkt am Ufer des Sees aufstellen kann, habe ich einen unverstellten Blick auf den See. Ein erstes Bad in dem angenehm temperierten und sauberen Wasser des Bodensees ist sehr entspannend. Anschließend genieße ich den Blick auf den See, auf dem eine Menge an Segelbooten kreuzen, von einer der beiden großen Holzliegen, die dort am Ufer stehen und auf der bis zu 4 Personen Platz finden. Danach noch schnell etwas einkaufen, damit ich heute

    Badestrand am Campingplatz Schachenhorn in Bodman

    Abend nicht hungrig ins Zelt krabbeln muss. Auf der Suche nach einem Supermarkt komme ich an einem großen Obstverkauf nicht vorbei ohne drei 4-Kilo-Träger mit herrlichen Bodensee-Äpfeln zu kaufen. Anschließend geht es weiter und nach kurzem Suchen findet sich ein Lebensmittelladen, in dem ich alles finde, was ich für das Abendbrot brauche: Semmeln, Wurst, Tomaten und 2 Dosen Radler. Zurück auf dem Zeltplatz genieße ich das Abendbrot, während sich die Oberfläche des Sees immer mehr leert und die Segelboote langsam in ihre Häfen entschwinden. Gegen 21 Uhr liegt der See spiegelglatt vor mir und so wird es auch für mich Zeit, mich in mein Zelt zu verkriechen.

    Den Morgen beginne ich mit einem erfrischenden Bad im See, auf dem zu diesem Zeitpunkt noch keine Boote kreuzen. Anschließend geht es für mich auf meine Spurensuche in Bodman. Ich habe 2 alte Fotos dabei, die, so hoffe ich, mir weiterhelfen, unsere damalige Wohnung in Bodman zu finden. Mein Vater hat damals für den Grafen von Bodman als Landarbeiter gearbeitet, meine Mutter bekochte in dieser Zeit dort die Praktikanten und Lehrlinge. Um an weitere Informationen zu kommen, will ich mit meiner Suche im gräflichen Rentamt beginnen, welches im Schloss des Grafen von und zu Bodman untergebracht ist. Auf dem Parkplatz hinter dem Schloss treffe ich auf einen sehr freundlichen Mitarbeiter, der sich nach meinem Anliegen erkundigt. Von ihm erhalte ich den Hinweis auf 2 Häuser direkt an der Straße unterhalb des Schlosses. Ich darf mein Auto am Schloss abstellen und gehe den Weg durch den kleinen Schlosspark zu der Straße hinunter. Die Häuser weisen zwar eine gewisse Ähnlichkeit mit einem meiner Fotos auf, ich habe jedoch nicht das Gefühl, hier richtig zu sein. Also gehe ich durch den Park wieder zurück zu meinem Auto, bedanke mich bei dem Mitarbeiter und verlasse den Parkplatz am Schloss und fahre die Straße hinab bis zur nächsten Weggabelung.

    „Manchmal lenkt dich Neugier auf die richtige Spur"

    und so kommt es, dass ich aus dem Augenwinkel noch die Kirche von Bodman sehe. Da ich mir ja gerne Kirchen ansehe, entschließe ich mich, auch dort neugieriger Weise einen Blick hinein zu werfen. Vor dem Portal zur Kirche ist eine alte Frau damit beschäftigt, das erste Laub zusammen zu fegen. Ich gehe an ihr vorbei hinein in die Kirche und stelle für mich aber schnell fest, dass die Kirche zwar schön, doch relativ schmucklos ist und so verlasse ich sie wieder. Nachdem ich die Kirche verlassen habe und bereits einige Meter an der alten Frau vorbei gegangen bin, verspüre ich plötzlich den Drang, diese anzusprechen. Ich drehe mich also zu ihr um, frage sie, ob sie denn eine gebürtige Bodmanerin sei, was sie bejaht. Ich sage, dass meine Eltern in der Zeit von 1957 bis 1959 damals für den Grafen von Bodman gearbeitet haben, mein Vater in der Landwirtschaft und meine Mutter als Köchin und ich nun nach dem Haus suche, in dem meine Familie damals gewohnt hat. Ich weiß nur noch, dass das Haus sehr nah am See gelegen war. Sie fragte mich nach meinem Namen und so antworte ich: „Josef Kellermann. Daraufhin sagt sie lachend zu mir: „Der Alois und die Irmgard und sie hatten doch noch eine etwa 2 oder 3 Jahre ältere Schwester.

    Unser ehemaliges Wohnhaus in Bodman, direkt am See gelegen

    In diesem Augenblick weiß ich eigentlich nicht mehr was ich sagen soll, hätte ich doch einmal so viel Glück beim Lotto spielen, und so folge ich mit meinen Augen ihrer Hand, die direkt auf das Haus unterhalb des Kirchplatzes zeigt. „Ja, dort unten habt ihr gewohnt höre ich sie sagen. Nachdem ich mich von diesem unerwarteten, aber positiven Schock erholt habe, frage ich sie nach ihrem Namen und weshalb sie sich so gut nach über 60 Jahren erinnert. Ihr Name ist Heidi und man sei zu dieser Zeit ja Nachbar gewesen, sie selbst wohnt 2 Häuser unterhalb der Kirche die Straße hinab und so habe man sich zu der damaligen Zeit gegenseitig gekannt. Meine Eltern sind in dieser Zeit u.a. mit ihr und der Familie Schenck gut befreundet gewesen. Das mit der Familie Schenk weiß ich bereits aus den alten Bildern und einer alten Postkarte, die ich im Nachlass meines Vaters gefunden habe. Klaus und Rosl Schenk hatten auch eine Tochter mit Namen Rosemarie. Ich frage Heidi auch noch, ob sie sich auch noch an den „Kaiser-Opa erinnert, der für uns Kinder so eine Art Ersatz-Opa gewesen ist, da unsere Großeltern in Heufeld bei Bad Aibling, bzw. in Waldkirchen bei Passau lebten. Ja, an den kann sie sich auch noch gut erinnern, das sei ein sehr guter, aber armer Mensch gewesen. Er hat lange für den Grafen gearbeitet. Seine kleine Rente hat aber nicht für eine Wohnung ausgereicht und so habe er zu dieser Zeit im nahegelegenen Pferdestall geschlafen und wurde von meiner Mutter mit verpflegt erzählt sie mir.

    Jetzt wohnt in unserem ehemaligen Zuhause der alte Graf von und zu Bodman, nachdem er vor einiger Zeit das Schloss an seinen Sohn übergeben hat. Ich bedanke mich herzlich bei Heidi und gehe das kleine Stück Weg hinunter zum Haus, das mit einer Mauer und Hecke abgegrenzt zur Straße direkt am Ufer des Bodensees liegt. Da der Graf zurzeit auf Reisen ist, wie mir Heidi erklärt hat, verzichte ich darauf zu klingeln. Ich mache durch die Hecke hindurch noch einige Fotos vom Haus, der alten Scheune, die immer noch so aussieht, wie damals, als ich mit meiner Schwester Luise und dem Kaiser-Opa davor gesessen habe, und dem Innenhof des Anwesens, das tatsächlich direkt an den See grenzt und in dem wahrscheinlich noch immer der Trachtenschmuck meiner Mutter liegt, den ich, als sie mich zum Stubenarrest in ihrem Schlafzimmer einschloss, in den See geschmissen haben soll, wie sie mir später einmal erzählte. Ich verabschiede mich nochmals von Heidi, bevor ich mich ins Auto setze und winkend an ihr vorüberfahre, meinem nächsten Ziel, Dollhof auf der schwäbischen Alb zustrebend.

    Liebe Heidi,

    an dieser Stelle nochmals herzlichen Dank, für all Deine

    Auskünfte. Mit Deiner Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft

    hast Du zum Erfolg meiner Reise ganz erheblich beigetragen.

    Ich danke Dir und wünsche Dir vom ganzen Herzen noch viele Jahre

    bei bestmöglicher Gesundheit auf Deiner Lebensuhr!

    Dollhof, ca. 60 Kilometer nordöstlich vom Bodensee zwischen Sigmaringen und Bad Buchau gelegen, wurde von April 1959 bis April 1960 unsere nächste „Heimat. Die Staatsdomäne wurde bereits damals von der Familie Hagmann bewirtschaftet, die umliegenden Gemeinden liegen mindestens 5 Kilometer von der einsam gelegenen Domäne entfernt. Dort angekommen treffe ich auf Hubert Hagmann, den Sohn des damaligen Betreibers, der die Domäne jetzt bewirtschaftet und seinem riesigen Jagdhund. Nachdem ich ihm über die Beweggründe über meine Reise durch mein Leben berichte, zeigt er mir den Hof und das Haus in dem wir in der Zeit auf Dollhof lebten. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass uns ein ehemaliger Kollege meines Vaters von hier einmal in einem Goggomobil, einem Kleinwagen der 60er Jahre, in Vogelried besucht hat. „Ja, das kann doch eigentlich nur der Greiner gewesen sein meint Hubert Hagmann. „Greiner sei der Typ „ein bisschen verrückt, aber sehr fleißig erzählt er mir. Ich kann mich beim Greiner daran erinnern, dass er bei seinem Besuch bei meinen Eltern in Holzham ein Stück Schmelzkäse samt der Verpackung mit den Worten „Hab ich bezahlt und alles was ich bezahle, esse ich auch verspeiste. Ja der Greiner sei so einer gewesen, der konnte aber arbeiten wie ein Pferd, er hat bis um 2005 auch immer wieder einmal bei ihm gearbeitet, hat aber auch beim kleinstem Anlass alles hingeschmissen erinnert sich Hagmann. Nach einem fast einstündigen Gespräch und dem Rundgang durch die Domäne, empfiehlt er mir, auf meine Frage nach besonderen Sehenswürdigkeiten der Region doch einen Abstecher zur „Heuneburg und nach „Zwiefalten zu machen.

    Unser ehemaliges Wohnhaus auf der „Domäne Dollhof"

    Ich werde von ihm noch mit dem Hinweis verabschiedet, dass ich mir ruhig auf meiner Fahrt bis zur nächsten Hauptstraße so viele Äpfel wie ich möchte pflücken darf, weil die Bäume alle ihm gehören aber er die nicht alle selbst abernten kann. Nachdem ich mich von ihm verabschiedet habe, mache ich mich wieder auf meinen Weg. Nach ca. 1 Kilometer stechen mir am Straßenrand 2 besonders prall bestückte Apfelbäume ins Auge und so halte ich an und pflücke mir um die 10 Pfund bester Äpfel von der Schwäbischen Alb.

    Danach geht es weiter zu der nur wenige Kilometer entfernten Heuneburg, einer vor- und frühgeschichtlichen Höhensiedlung der Kelten am Oberlauf der Donau im Ortsteil Hundersingen, der zur Gemeinde Herbertingen gehört, etwa 14 Kilometer östlich von Sigmaringen gelegen. Die befestigte Kernanlage des frühkeltischen Fürstensitzes aus dem 6. Jahrhundert v. Chr. ist etwa 300 Meter lang und bis zu 150 Meter breit. Sie ist eine der bekanntesten Fundstellen aus keltischer Zeit in Mitteleuropa. Da es heute ziemlich heiß ist, begnüge ich mich aber mit der sich mir bietenden Aussicht vom Eingangsbereich aus,

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