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Ich gehöre Ihnen, Mylord
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eBook264 Seiten3 Stunden

Ich gehöre Ihnen, Mylord

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Über dieses E-Book

Mit ihrer unkonventionellen Art sorgt Lady Alexa für Aufsehen in der Londoner Gesellschaft. Auch James Graham, Marquess of Stormaston, kann sich kaum ihrem Reiz entziehen, als er sie aus einer gefährlichen Situation rettet. Das Feuer ihrer grünen Augen entfacht in ihm ein so stürmisches Begehren, dass er nur noch ein Ziel kennt: Die temperamentvolle junge Dame soll seine Mätresse werden. Doch zu seiner Überraschung erteilt sie ihm eine kühle Abfuhr und macht ihm einen geradezu skandalösen Vorschlag: ein Wettrennen mit ihren Kutschen. Sollte Alexa gewinnen, muss er sie heiraten, und wenn er Sieger bleibt, will sie ihm gehören - als seine Geliebte

SpracheDeutsch
HerausgeberCORA Verlag
Erscheinungsdatum26. Aug. 2008
ISBN9783863499778

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    Buchvorschau

    Ich gehöre Ihnen, Mylord - Sarah Westleigh

    Bilder/pic01.jpg

    SARAH WESTLEIGH

    ICH GEHÖRE IHNEN, MYLORD

    IMPRESSUM

    HISTORICAL LORDS & LADIES erscheint im CORA Verlag GmbH & Co. KG,

    20350 Hamburg, Axel-Springer-Platz 1

    © 1996 by Sarah Westleigh

    Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V., Amsterdam

    © Deutsche Erstausgabe in der Reihe HISTORICAL LORDS & LADIES

    Band 9 - 2008 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg

    Abbildungen: Harlequin Books S.A.

    Veröffentlicht im ePub Format im 04/2011 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

    eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

    ISBN 978-3-86349-977-8

    Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

    CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Führung in Lesezirkeln nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte übernimmt der Verlag keine Haftung. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

    1. KAPITEL

    Bilder/pic02.jpg

    „Ausgeschlossen, das tue ich nicht!"

    Die empörte Stimme ihrer Cousine Caro riss Lexie aus ihren Überlegungen. Sie scheint verärgert zu sein, dachte sich Lexie und unterdrückte ein Lächeln. Es bedurfte nur eines geringen Anlasses, um die ältliche Witwe aus der Fassung zu bringen. Lexie hatte bei der Wahl ihrer Gesellschafterin hauptsächlich darauf geachtet, dass es sich um eine unbescholtene Dame aus dem entfernteren Verwandtenkreis handelte. Letztendlich hatte sie sich für Mrs. Baldwin entschieden.

    Cousine Caro bemühte sich redlich, das Leben für Lexie möglichst angenehm zu gestalten, und stellte nur geringe Ansprüche. Aber sie besaß ganz genaue Vorstellungen darüber, welche Umgangsformen in der feinen Gesellschaft üblich und welche verpönt waren. Lexies Wunsch, sich allein in eine lärmende, verschwitzte Menschenmenge zu begeben, entsprach offensichtlich nicht den Konventionen.

    „Ich begreife einfach nicht, warum du dich der Gefahr aussetzt, von diesem Pöbel belästigt zu werden!", fuhr Mrs. Baldwin fort, als Lexie nicht antwortete.

    „Sie sind alle so fröhlich, so aufgeregt und genießen zum ersten Mal wieder ihr Leben, antwortete Lexie ärgerlich. „Die Leute haben nicht oft einen freien Tag. Ich möchte an ihrer Freude teilhaben. Sie werden mich schon in Ruhe lassen.

    „Das hoffe ich inständig, seufzte Mrs. Baldwin. „Ich würde niemals den Mut aufbringen …

    „Aber du bist nicht wie ich, entgegnete Lexie energisch. „Wenn du hier einträchtig mit mir leben willst, liebe Cousine, dann musst du es lernen, meine ungezwungene Art zu ertragen. Ich werde es nie schaffen, mich auf Dauer den strengen Regeln des ton zu unterwerfen. Während meines Trauerjahres habe ich mich zwar strikt an die gesellschaftlichen Zwänge gehalten, sie jedoch als große Last empfunden. Jahrelang war ich im entlegensten Teil von Cornwall eingesperrt. Anschließend führte ich als Ambers trauernde Witwe ein zurückgezogenes Leben. Aber jetzt möchte ich mein Dasein endlich ein wenig genießen. Mein Gemahl selbst hat mir diesen Rat gegeben und mir die dafür erforderlichen Mittel hinterlassen.

    Cousine Caro schüttelte die ergrauten Haare unter der fein gehäkelten Spitzenhaube und seufzte noch einmal. „Das hätte ich nie von meinem Cousin gedacht."

    „Er hat mich eben verstanden", meinte Lexie verträumt und dachte zurück an den nachsichtigen Peer, der vom Alter her eigentlich ihr Großvater hätte sein können und vor einigen Jahren seinen einzigen Sohn verloren hatte. Lexie hatte sich überreden lassen, seine Frau zu werden, immerhin trug er den Titel eines Earl und konnte ihr finanzielle Sicherheit bieten. Obgleich es ihr nicht gelungen war, ihm einen Erben zu schenken, hatte er ihr dies nie vorgeworfen, sondern vielmehr sein Alter dafür verantwortlich gemacht.

    Als Beweis seiner Liebe hatte er ihr sein unveräußerbares Gut Merryfield in Hertfordshire und das Londoner Stadthaus in der Bruton Street hinterlassen, von wo aus sie zu ihren abenteuerlichen Ausflügen startete. Darüber hinaus stand ihr mehr als genug Bargeld zur Verfügung, mit dem sie ihr Leben genauso gestalten konnte, wie es ihr gefiel.

    Sein Neffe, der neue Earl, war außer sich vor Zorn gewesen, als er erfuhr, dass sie von seinem Onkel so reich bedacht worden war.

    „Dann nimm doch wenigstens deine Zofe Chalker mit, bat Caro. „Sie kennt London besser als du.

    „Chalker hat das Haus schon verlassen. Ich habe ihr für den Rest des Tages freigegeben", erwiderte Lexie mit einem Lächeln.

    „Dann werde eben ich …"

    „Nein, auf keinen Fall, liebe Cousine. Lexie streifte die schwerfällige Figur ihrer Gesellschaftsdame mit einem nachsichtigen Blick. „Du könntest in der Hitze ohnmächtig werden und würdest mir überhaupt keine Hilfe sein. Warte lieber zu Hause auf mich. Ich werde nicht lange unterwegs sein.

    Sie verabschiedete sich von Mrs. Baldwin, die besorgt auf der Chaiselongue lehnte, und verließ ihr Haus durch den Dienstboteneingang. Die meisten Angestellten hatten bereits Ausgang erhalten, damit sie sich den feiernden Menschenmengen in den Straßen anschließen konnten. Zurück blieben nur Mrs. Walker, die Köchin, und Mr. Dymock, der Butler, um nach dem Rechten zu sehen.

    Es gelang Lexie, ohne große Behinderungen bis nach St. James zu kommen, denn sie kannte die umliegenden Straßen mittlerweile gut genug, da sie sich bereits seit einigen Wochen in London aufhielt. Der König von Preußen traf gerade mit seinen Söhnen ein, als sich Lexie vor dem Palast unter die Leute mischte. Die lauten Hochrufe, die erschallten, konnte man sicher in der ganzen Stadt hören.

    Aber wo blieb der Zar? Geduldig warteten die gut gelaunten Menschenmassen. Man vertrieb sich mit Rufen, Lachen und Singen die Zeit.

    Es war noch nicht durchgedrungen, dass sich die Kutschen mit den ausländischen Würdenträgern angesichts der ausgelassenen und nicht durch Polizeikräfte kontrollierten Bevölkerung vor der London Bridge getrennt hatten. Das Gespann des Zaren hatte London im Süden umfahren und die Themse über Batterseas Holzbrücke überquert.

    Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Nachricht, der Zar wäre durch das Tor beim Hyde Park in die Hauptstadt eingefahren und hätte sich direkt zum Pulteney Hotel am Piccadilly begeben, wo bereits seine Schwester, die Großherzogin von Oldenburg, abgestiegen war. Nachdem er dort eingetroffen war, weigerte er sich, in den St. James Palast umzuziehen, wo man ein Appartement für ihn reserviert hielt.

    Eine große Anzahl von Schaulustigen zog durch die St. James Street in Richtung Pulteney. Lexie wurde mitgeschoben. Eine stämmige, verschwitzte Frau packte sie am Ellenbogen, als Lexie stolperte und hinzufallen drohte.

    „Du musst schon auf den Beinen bleiben, Kleine. Sonst wirst du hier niedergetrampelt", rief sie ihr zu und entblößte lachend die gelben Zähne.

    Lexie nickte und lachte nur. Sie vermied es zu antworten, da sie fürchtete, sich durch ihren Akzent zu verraten. Zum ersten Mal verspürte sie so etwas wie Angst. In dieser Menge konnte man wirklich zu Tode kommen, ohne dass es jemand merkte. Doch die Furcht bestärkte sie nur in ihrem Vorsatz, dieses Abenteuer bis zum Ende durchzustehen.

    Schließlich kam sie, halb taub von dem Gegröle, vor dem Hotel an. Die Menge verlangte in lauten Sprechchören, den Zaren zu sehen. Endlich zeigte er sich an einem Fenster im ersten Stock und winkte. Er trug einen moosgrünen Waffenrock, der so eng und mit Tressen überladen war, dass er Schwierigkeiten hatte, die Arme unter den goldbesetzten Achselstücken zu bewegen. Der Hals steckte in einem hohen weißen Stehkragen. Sein rundes Gesicht war sichtlich gerötet.

    Dieser Mann war der Herrscher von Russland und Führer jener Soldaten, deren tapfere Verteidigung von Moskau Napoleon zu einem schmählichen Rückzug gezwungen hatte. Die Hochrufe der Menschen erschallten im ganzen Viertel und darüber hinaus.

    Doch plötzlich hörte man auch andere Geräusche, als eine reich geschmückte Kutsche versuchte, sich einen Weg zum Hotel zu bahnen. Uniformierte Reiter, die in den königlichen Farben Rot und Gold gekleidet waren, eskortierten sie. Der Prinz, der in seinem Palast darauf gewartet hatte, den Zaren zu begrüßen, war nun gezwungen, sich in die Stadt zu begeben, um seinem wichtigsten Gast die Aufwartung zu machen.

    Aber die Menge durchkreuzte seine Absicht. Rings um Lexie erschollen Pfiffe und Verwünschungen. Der höhnische Ruf: „Wo ist denn deine Frau, Prinny?", erschallte.

    „Jedem das, was er verdient", grölte die füllige Frau, die Lexie seltsamerweise nicht mehr von der Seite gewichen war. Und obwohl sie der Regent nicht hören konnte, schrie sie wüste Beschimpfungen in seine Richtung, während die königliche Kutsche umkehrte.

    Lexie tat der Prinzregent leid, denn sie wusste, dass er einsam und unglücklich war. Seine Vermählung mit Caroline of Brunswick war lediglich aus politischen und finanziellen Gründen erfolgt. Er hatte Prinzessin Caroline von Anfang an gehasst. Es kursierten sogar Gerüchte, dass der König seine Gemahlin schlecht behandelte. Lexie, die diese plumpe, ungebildete Frau kannte, konnte es ihm nicht verübeln. Doch andererseits wäre er verpflichtet gewesen, sie zu achten, denn er hatte sie geheiratet, und sie hatte ihm eine Tochter geschenkt.

    „Der kann doch nicht einmal für sein Land kämpfen, schimpfte die Frau neben ihr. „Er ist zu nichts nutze und tut den lieben langen Tag nichts anderes, als sich neue Uniformen auszudenken!

    Lexie wollte schon protestieren, doch dann besann sie sich eines Besseren. Prinny hatte darum gebeten, mit der Armee in den Krieg ziehen zu dürfen, doch die Verfassung erlaubte nicht, dass der Thronerbe sein Leben riskierte. Deshalb war er auf die Idee gekommen, Uniformen zu entwerfen, die er auch selbst vorführte, wenn er sein eigenes Regiment, die Husaren, besuchte.

    Über ihren eigenen Schwierigkeiten vergaß Lexie jedoch bald die Probleme des Prinzregenten. Das Gedränge und der Gestank der vielen ungewaschenen Körper in der Hitze und die unangenehmen Ausdünstungen der Frau an ihrer Seite verursachten ihr wachsende Übelkeit. Sie war einfach nicht daran gewöhnt, sich in der Menge zu bewegen. Lexie erkannte, dass sie dem Trubel entfliehen musste, und sie begann, sich einen Weg zu den Rändern freizukämpfen. Das war leichter gesagt als getan, doch schließlich erreichte sie eine Stelle, an der nicht mehr so viele Menschen standen. Sie hielt einen Moment inne und holte tief Luft.

    Dies sollte sich als schwerer Fehler erweisen. Zwei ungehobelt aussehende Männer bemerkten, dass sie um Atem rang, und erkundigten sich scheinbar freundlich nach ihrem Wohlergehen.

    Sie nickte und antwortete ohne nachzudenken: „Danke, es geht mir schon etwas besser."

    „Sieh dir das an, ein feines Dämchen! Sie warfen sich einen bedeutungsvollen Blick zu und musterten Lexie dann eingehend von oben bis unten. Einer von ihnen streckte die Hand aus und befühlte den Stoff ihres Kleides, das trotz seines Alters von gehobener Qualität war. Der andere beäugte den weißen Schal, der um ihre Schultern lag. „Was suchen Sie hier, Lady?

    „Dasselbe wie ihr, erwiderte Lexie und blieb ganz ruhig. Die Männer wollten ihr sicher nichts zuleide tun. „Ich möchte die Befehlshaber der Alliierten begrüßen.

    „Ach ja? Die Augen des Wortführers bekamen plötzlich einen seltsamen Glanz. „Eine schöne Brosche haben Sie da. Die ist sicher einiges wert.

    Lexie legte schnell schützend die Hand auf die goldene Nadel, die das Tuch zusammenhielt. Damit hatte sie einen weiteren Fehler begangen. Amber hatte ihr das Schmuckstück zu ihrem einundzwanzigsten Geburtstag geschenkt. Sie schätzte die Brosche aus diesem Grund sehr. Aber sie hätte diesen teuren und fein gearbeiteten Schmuck niemals auf der Straße tragen sollen.

    „Tragen Sie vielleicht sonst noch was Wertvolles bei sich?"

    Er streckte die große schmutzige Hand aus, packte den dünnen Musselinstoff und zerrte daran. Lexie schrie auf und versuchte, sich zu wehren, doch der zweite, etwas kleinere Mann packte sie an den Armen und hielt sie von hinten fest. Sein Komplize fuhr ungerührt mit seiner Untersuchung fort.

    „Lassen Sie mich sofort los!", rief Lexie. Sie bekam allmählich Angst.

    „Halt den Mund, befahl der große Kerl, während er nach ihrem Schal griff, „oder dein letztes Stündchen hat geschlagen. Es würde mich auch reizen, dich ein bisschen zu zähmen, bevor ich dir die Kehle durchschneide.

    „Nein!, schrie sie in höchster Not. „Nehmen Sie die Brosche, und lassen Sie mich in Ruhe!

    Ihre letzten Worte waren kaum mehr zu verstehen, da der Mann hinter ihr plötzlich die Hand auf ihren Mund presste und sie verzweifelt nach Luft schnappte. Ein oder zwei Leute blickten in ihre Richtung, doch ihr Interesse war gering. Solche Vorfälle ereigneten sich jeden Tag auf der Straße, und es war am besten, wenn man sich nicht einmischte.

    Lexie wehrte sich verzweifelt. Die gute Stimmung, in der sie zu ihrem Abenteuer aufgebrochen war, war unvermittelt in höchste Panik umgeschlagen. Die beiden Männer waren offenbar entschlossen, ihr die Brosche abzunehmen und ihr Gewalt anzutun. Und niemand kam ihr zu Hilfe. Dass so etwas inmitten einer Menschenmenge möglich war, hätte Lexie niemals für möglich gehalten.

    Sie trat dem Mann hinter ihr mit voller Wucht auf den Fuß, aber das weiche Leder zeigte keine Wirkung. Er schien es kaum zu merken. Der andere Schurke riss ihr den Schal von den Schultern und fasste in das Kleid, in der Hoffnung, noch etwas Wertvolles zu finden, wenigstens eine Münze. Er tastete zwischen ihren Brüsten herum, und als er kein Schmuckstück entdecken konnte, begann er, ihre Haut zu kneten. Lexie erzitterte vor Ekel und Abscheu.

    „Wir müssen uns beeilen, drängte der Mann hinter ihr. Der große Kerl nickte. „Lass uns ein ruhiges Eckchen suchen.

    Lexie unternahm einen letzten Versuch, sich loszureißen, und es gelang ihr, einen unterdrückten Schrei auszustoßen.

    Die Wirkung war verblüffend. Später erst wurde es Lexie bewusst, dass die Hilfsaktion zu diesem Zeitpunkt schon begonnen haben musste. Der eine Gauner erhielt einen Schlag auf das Kinn, dass man seinen Kiefer krachen hörte. Er stolperte über einen dünnen Spazierstock und ging zu Boden. Ein langer, in feines blaues Tuch gekleideter Arm sauste an ihrem Ohr vorbei, und sie sah, wie der andere Ganove eine geballte Faust ins Gesicht bekam. Er ließ sie los und sank ebenfalls in den Schmutz.

    „Gott sei Dank, flüsterte Lexie. Sie zitterte am ganzen Leib und wäre fast in Ohnmacht gefallen. „Vielen Dank für die Hilfe. Ich habe geschrien, doch niemand hat mich gehört.

    „Kommen Sie, rief ihr Retter barsch und bückte sich, um den Schal aufzuheben. Die Brosche steckte noch im Stoff. Er warf schnell einen Blick auf die Menge, während er sich wieder aufrichtete. „Der Pöbel könnte sich gegen uns wenden. Außerdem werden diese beiden Männer jeden Moment wieder aufwachen, und es ist besser, wenn wir dann nicht mehr hier sind. Kommen Sie, Miss. Nehmen Sie meinen Arm.

    Lexie erholte sich rasch wieder. Zum ersten Mal betrachtete sie ihren Befreier näher – und senkte erschrocken den Kopf.

    Lord Stormaston! Das durfte doch nicht wahr sein! Solch ein engagiertes Eingreifen hätte sie diesem Gentleman, der immer teilnahmslos und gelangweilt wirkte, nie zugetraut.

    Aber sie war sich sicher, dass es sich nur um ihn handeln konnte. Lexie hatte den Lord vor sieben Jahren kennengelernt und erinnerte sich noch sehr genau an diesen Mann und seinen Ruf. Voller Verachtung hatte sie seine Zügellosigkeit in Bezug auf Wein, Frauen und Glücksspiel beobachtet. Sie hatte noch keine Gelegenheit gehabt, ihn nach ihrer Rückkehr in die Londoner Gesellschaft zu sprechen. Doch die Gerüchte, die über ihn und seine Aktivitäten kursierten, waren ihr wohlbekannt.

    In den Jahren schien er sein Verhalten leicht geändert zu haben: Er trank und spielte weniger, aber er hielt sich eine Schauspielerin in einem Liebesnest in der Nähe von Drury Lane und hatte eine Reihe anderer williger Frauen für alle Gelegenheiten zur Hand. Man erzählte sich auch, dass er die Sportanstalt von Jackson frequentierte, um eine vornehme Art der Selbstverteidigung zu trainieren. Nach der soeben gegebenen Vorstellung gab es keinen Grund mehr, an der Richtigkeit dieser Information zu zweifeln.

    Es handelte sich wirklich um Lord Stormaston. Doch der Mann, der vor ihr stand, hatte mit dem Aristokraten, der die Gesellschaften und Bälle des ton aufsuchte, nicht viel gemeinsam.

    Er selbst schien sie nicht erkannt zu haben. Lexie hoffte inständig, dass es wirklich der Fall war. Ihr letztes Treffen lag Jahre zurück, und sie hatte sich seither stark verändert. Damals war sie ein unbedarftes junges Mädchen gewesen, das von seinen Eltern aus Irland in die englische Gesellschaft eingeführt wurde, um einen Ehemann zu ergattern. Heute wurde sie als wohlhabende Witwe und erwachsene Frau mit Erfahrung angesehen. Lord Stormaston würde sie jedoch nach wie vor wie ein dummes Kind behandeln, wenn er erfuhr, dass sich die einstige Lady Alexia Hamilton selbst in eine so missliche Lage gebracht hatte.

    Sie hatte seinen angebotenen Arm ignoriert und hielt den Kopf gesenkt, während sie ohne viel Umstände vom Piccadilly in eine weniger belebte Seitenstraße gezogen wurde.

    „Hier sind wir sicherer, bemerkte er und verlangsamte das Tempo. Er gab ihren Arm frei und massierte sich die Handknöchel. „Wie fühlen Sie sich, Miss …?

    „Viel besser, danke, erwiderte Lexie leise und überhörte geflissentlich die unausgesprochene Frage nach ihrem Namen. Sie fixierte den silbernen Knopf, der seinen Cut über der Brust zusammenhielt. „Ich bin Ihnen überaus dankbar für Ihre Hilfe, Sir. Aber jetzt geht es mir wieder besser. Könnten Sie mir bitte meinen Schal zurückgeben?

    „Aber selbstverständlich. Hier ist er." Er betrachtete das Tuch in seiner Hand, als ob er es zum ersten Mal sehen würde. Lexie bemerkte, dass er die Goldbrosche verstohlen taxierte, und sie beschloss, das Schmuckstück niemals wieder zu einem gesellschaftlichen Anlass zu tragen, bei dem sie Lord Stormaston begegnen könnte.

    Neugierig musterte sie seine markanten Züge, an die sie sich noch genau erinnerte. Sie entdeckte die bläuliche Narbe wieder. Sie durchschnitt seine Wange, zerstörte jedoch kaum die Symmetrie seines sehr männlichen Gesichts.

    Spielerisch schlang er den Schal um seinen Spazierstock und wirbelte ihn durch die Luft. Er zog die schwarzen Augenbrauen leicht nach oben. Das Funkeln in seinen tiefblauen Augen verhieß nichts Gutes. „Ich bin der Ansicht, dass ich für Ihre Befreiung und die Sicherung Ihres Eigentums eine Belohnung verdient habe, meine Liebe."

    Seine Worte brachten sie völlig aus der Fassung. Und doch hätte sie bei einem Mann seines Schlages auf solch unritterliches Verhalten gefasst sein müssen! Vor allem weil er sie in dieser Kleidung – trotz der Goldbrosche – vermutlich nur für eine Dienstbotin hielt.

    Ein seltsames Lächeln lag auf seinen Lippen, als sie heftig den Kopf schüttelte. Er griff mit der freien Hand an ihr Kinn und hob es leicht an, sodass er ihr Gesicht eingehend betrachten konnte. Aber er schien sie noch immer nicht wiederzuerkennen. Wenigstens bemerkte sie nichts davon, denn sein Lächeln wandelte sich zum

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