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Wuschig im Kopf: Ich glaub, es hackt!
Wuschig im Kopf: Ich glaub, es hackt!
Wuschig im Kopf: Ich glaub, es hackt!
eBook427 Seiten4 Stunden

Wuschig im Kopf: Ich glaub, es hackt!

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Über dieses E-Book

Der überaus talentierte junge Schachspieler Tyron hatte immer nur ein Ziel: Als Schachprofi berühmt und anerkannt zu werden. So griff er schon früh nach den Sternen und strebte zielgerichtet nach dem großen Erfolg. Dass dabei sein Liebesleben auf der Strecke blieb, hatte er eigentlich kaum bemerkt. Als jedoch die bezaubernde Lilly seinen Weg kreuzt, überwältigt ihn eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Denn wer kann schon ahnen, wie viel sich verändert, wenn man sich in ein Mädchen verguckt? Wie soll man neben dem großen Traum vom Profisportler mit diesen ganzen wuschigen und verwirrenden Gefühlen klarkommen?

Ohne recht zu verstehen, wie ihm geschieht, stolpert Tyron in einen neuen und aufregenden Lebensabschnitt voller Drama, Höhen und Tiefen. Und Schmetterlingen im Bauch. Klar ist eigentlich nur eines: Gefühle haben ihre ganz eigene Logik.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum13. Nov. 2021
ISBN9783960745143
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    Buchvorschau

    Wuschig im Kopf - George Milare

    Impressum

    Personen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

    Besuchen Sie uns im Internet - papierfresserchen.de

    © 2021 – Papierfresserchens MTM-Verlag GbR

    Mühlstr. 10, 88085 Langenargen

    Alle Rechte vorbehalten. Taschenbuchauflage erschienen 2021.

    Covergestaltung : © George Milare

    Lektorat + Bearbeitung: CAT creativ - cat-creativ.at

    ISBN: 978-3-96074-518-1 - Taschenbuch (illustriert)

    ISBN: 978-3-96074-514-3 - E-Book

    *

    Inhalt

    Prolog

    1. Mittwoch, 13. Juni

    2. Mittwoch, 20. Juni

    3. Mittwoch, 27. Juni

    4. Samstag, 14. Juli

    5. Sonntag, 22. Juli

    6. Kurz nach 15 Uhr

    7. Gegen 18 Uhr

    8. Samstag, 28. Juli

    9. Montag, 30. Juli

    10. Gegen 8 Uhr

    11. Um 13 Uhr

    12. Kurz nach 18 Uhr

    13. Dienstag, 31. Juli

    14. Mittwoch, 1. August

    15. Donnerstag, 2. August

    16. Freitag, 3. August

    17. Am späten Nachmittag

    18. Samstag, 4. August

    19. Montag, 6. August

    20. Beim Abendessen

    21. Mittwoch, 22. August

    22. Mittwoch, 29. August

    23. Sonntag, 2. September

    24. Was sonst noch?

    25. Kurz vor Mitternacht

    26. Dienstag, 4. September

    27. Sonntag, 7. Oktober

    28. Beim Mittagessen

    29. Mittwoch, 10. Oktober

    30. Später am Abend

    31. Mittwoch, 17. Oktober

    32. Freitag, 26. Oktober

    33. Einige Stunden später

    34. Sonntag, 4. November

    35. Mittwoch, 7. November

    36. Freitag, 7. Dezember

    37. Freitag, 21. Dezember

    38. Prosit Neujahr, Januar

    39. Sonntag, 20. Januar

    40. Montag, 21. Januar

    41. Mittwoch, 30. Januar

    42. Samstag, 2. Februar

    43. Sonntag, 3. Februar

    44. Auf glühenden Kohlen

    Epilog

    Danksagung

    Der Autor

    *

    Träume sind das eine, Leben ist was anderes.

    *

    Prolog

    Ist es nicht einfach unglaublich, wie das Schicksal außergewöhnliche Umwege nimmt, nur um ein bestimmtes Ziel zu erreichen? Dabei ändert es skrupellos den Ablauf der bereits formulierten Pläne und ordnet die Prioritäten neu. Denn wer hätte es sich erträumen lassen, dass sich so viel ändern würde, wenn man sich in ein Mädchen verguckt?

    Also Tyron sicherlich am allerwenigsten! Dass er unerklärliche, wuschige Gefühle für ein Mädchen entwickeln würde, dem er zufällig begegnete, konnte er sich beim allerbesten Willen nie vorstellen. Okay, vielleicht doch schon! Schließlich ist man sozusagen gezwungen, sich das Geschnulze anzuschauen, wenn man eine ältere Schwester hat, die diese Sendungen im Fernsehen immer wieder einschaltete.

    Aber bis zu diesem verrückten Ausmaß, bei dem dieses unbeschreibliche Gefühl im Handumdrehen auftaucht und den Körper ganz in Besitz nimmt …

    „Never ever!", dachte sich Tyron.

    Er lag voll daneben!

    Aber wie?

    Es stellte sich als ein gigantischer Entwicklungssprung heraus, für jemanden, der die engere Bekanntschaft mit einem Mädchen erst einmal an die letzte Stelle seiner Prioritätenliste gesetzt hatte.

    Er hatte nicht den blassesten Schimmer, was das Schicksal für ihn bereithielt. Selbst nachdem sich die ersten Indizien abzuzeichnen begannen, wollte ihm das einfach nicht in den Schädel.

    Doch das Schicksal hatte das volle Programm für ihn parat.

    Ziemlich radikal.

    Trotz der Tatsache, dass das Glück ganz und gar auf seiner Seite zu sein schien, und dank seines Charakters gehörte er den Jungs an, die ein brennendes Verlangen, einen Wettkampf genauso wie ein Argument um jeden Preis gewinnen müssen – und das wurde noch verschärft durch die verrücktspielenden Hormone, die an pubertären Jugendlichen zerren. Dennoch fühlte er sich seit geraumer Zeit wie ein Champion. Ein Gefühl, das durch seinen großen Ehrgeiz, sein Engagement und Erfolg bei verschiedenen Aktivitäten, vor allem beim Schach, verschärft wurde. Eigentlich war er fest davon überzeugt, der nächste große Star zu werden.

    Bis das hübsche Mädchen in sein Leben trat …

    Im Rückblick auf ihre erste Begegnung würde Tyron verkünden, dass das Leben ihn verspotten wollte, indem es eine alternative Szene wie in Die Schöne und das Biest schuf. Nur war die Kreatur diesmal nicht unbedingt hässlich, sondern voll verschwitzt und vermodert nach einem Fußballspiel. Das makellose Mädchen umgarnt von einer Schönheit, die hochgradig einschüchternd war.

    Aber so was von!

    Flüchtig kam es ihm sogar in den Sinn wie einer dieser versteckten Kamerastreiche. Dass jemand versuchte, ihn auf die Probe zu stellen: „Tja, Tyron, lass uns mal sehen, wie du die Situation mit deiner lästigen besserwisserischen Art und deiner allzu großen Klappe bewältigst."

    Er konnte die Zähne nicht auseinanderbekommen, nachdem dieses Kunstwerk Gottes ihn ansprach. Aus irgendeinem unbegreiflichen Grund hörte sein vernünftiger Verstand auf, uneingeschränkt zu funktionieren. Und das war erst der Beginn einer Kettenreaktion.

    Unkontrollierbar.

    Entschlussfreudig.

    Unveränderlich.

    Im Nachhinein hätte man fairerweise behaupten können: Das Mädchen regierte, Tyron reagierte. Demzufolge begann sein geregeltes Alltagsleben einen völlig unverständlichen Lauf zu nehmen. Dabei hüllten ihn verschiedene verwirrende Emotionen ein. Zwingende Entscheidungen, die er treffen musste, belasteten ihm immer mal wieder.

    Tyron, der voll fokussierte Kämpfer, verlor seine Orientierung.

    Doch irgendwie musste er wieder zur Besinnung gelangen.

    Nur wie?

    Unfähig, eigenständig einen Weg aus diesem Dilemma zu finden, wandte er sich erst einmal an seine Berater – wenn nur ihre Ratschläge nicht so heftig voneinander abweichen würden!

    Berater Nummer eins: sein bester Freund Norman – ein berüchtigter Klugscheißer, viel schlimmer als er selbst, der kein Blatt vor dem Mund nahm. Er war gefühlsbeherrscht, eingebildet und hatte die Neigung, regelmäßig vulgäre Sprache zu verwenden.

    Berater Nummer zwei: seine zweieinhalb Jahre ältere Schwester Yolly, mit einer Dickfelligkeit vom Feinsten. Ihre Stimmungen verändern sich schlagartig, als ob man eine Münze werfen würde.

    Berater Nummer drei: sein Vater – sein Versuch-und-Irrtum-Trainer beim Schach, dessen ständiger Verweis auf alte weise Sprüche, zur Unterstützung seiner Argumente, legendär waren. Dennoch trieben Tyron diese überbewertenden Sprüche oft auf die Palme. Für ihm hätte ein einfaches Emoji völlig ausgereicht.

    Last but not least – die unheimliche innere Stimme in seinem Kopf. Fordernd. Herausfordernd. Mal impulsiv, mal vernünftig. Und so hartnäckig wie eine Mücke.

    Mmhh … Ob dies das absolute Mega-Team ist, um eben ein Weltmeister in allen seinen Lebensbereichen zu werden …

    *

    1. Mittwoch, 13. Juni

    „Ach du heiliger Bimbam!", schrie es unbarmherzig in mir, als ich sie plötzlich an der Bushaltestelle sah. Also, sie würde ohne jegliche Mühe jedem Single den Verstand rauben.

    Komisch! Vielleicht war ich ein Spätzünder, der den Mädchen nie viel Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Jetzt war ich dabei, mich in die Kategorie der Singles einzuordnen. Und es war nicht einmal so, dass ich definieren konnte, was Single wirklich bedeutete.

    Single?

    Ich parshippe jetzt! Die Fernsehwerbung kam mir sofort in den Sinn und ließ mich auflachen, was mich vor dem Mädchen wohl wie ein Spinner aussehen lassen musste. Und genau in diesem Augenblick fühlte ich, wie sich Schweißperlen auf meiner Stirn ansammelten, um mein Gesicht herunterzurollen. Es war ein heißer, sonniger Nachmittag, und als ich zur Bushaltestelle eilte, um meinen Bus nicht zu verpassen, war die sengende Hitze auf meinen Schädel geprallt und hatte mich in Nullkommanichts zum Schwitzen gebracht. Verfluchter Mist! Wie an jedem Mittwoch hatte ich einen nur kurzen Unterrichtstag in der Schule. Bevor ich nach Hause fuhr, spielte ich Fußball – nicht in einem Verein, sondern nur als Hobby. Danach ging ich zum Tennistraining in einen Tennisverein.

    Ausgerechnet an diesem Tag hatte ich mein Trikot zu Hause vergessen und hatte deshalb mit meinen regulären Klamotten Fußball gespielt. Nun waren sie mit Schmutz und Schweißflecken unter den Achseln versehen.

    Ich schaute kurz auf mein T-Shirt und meine Schuhe. Wie peinlich! Dennoch konnte ich nicht einmal erklären, warum ich mich plötzlich unbehaglich fühlte. Ich wusste nur, dass ich mich in meinem Erscheinungsbild alles andere als wohlfühlte.

    Irre! Dass eine völlige natürliche Körperfunktion, die an einem heißen Tag zu erwarten war, sich plötzlich zu einer so peinlichen Angelegenheit verwandelte. Schweißperlen hatten mich noch nie gestört. Außerdem war der Mangel an Selbstvertrauen mir völlig fremd – egal, wie ich aussah.

    Doch gerade jetzt, aus irgendeinem unbekannten Grund, war das Letzte, was ich brauchte, ein so süßes Mädchen, das neben mir stand.

    Schamhaft senkte ich den Blick. Einfach so. Unerklärlicherweise wollte ich gar keinen Augenkontakt mit ihr aufnehmen. Tatsächlich wäre es auch die Lüge des Jahrhunderts, wenn ich sagen würde, dass ich mich in ihrer Gegenwart nur ein bisschen unwohl fühlte. In der Tat hätte es mir nichts ausgemacht, wenn mich der Boden lebendig an Ort und Stelle verschluckt hätte.

    Jetzt mal im Ernst: Was könnte noch peinlicher sein, als sich neben einem makellosen Mädchen zu befinden, während man verwahrlost, verschwitzt und bis zu einem gewissen Grad nicht gerade aufmunternd roch? Na ja, es war nicht so, als hätte ich gestunken, aber ich hätte mit meinem Deo viel besser gerochen.

    Aber warum wohl? Wieso schämte ich mich auf einmal dermaßen? Das ging über meinen Horizont. Sonst hatten doch meine Kumpels und ich nichts dagegen, verschwitzt und mit unserem fleckigen Fußball in einen Bus zu steigen. In gewisser Hinsicht fühlte es sich sogar irgendwie sportlich an. Und sportlich zu sein, war ziemlich cool. Oder?

    Weit gefehlt!

    Nicht an diesem Tag.

    Zum ersten Mal in meinem Leben wünschte ich mir, dass irgendeine genetische Erkrankung meine Schweißporen sofort verstopfen würde. Ich verabscheute den dummen schmutzigen Ball, den ich in der Hand hielt und der mein T-Shirt befleckt hatte. Am liebsten hätte ich ihn in den Mülleimer gequetscht, aber er war zu groß dafür. Und das alles, weil sich mir ein so unverschämt gut aussehendes Mädchen genähert hatte – viel zu nah für meinen Geschmack. Vielleicht hätte es geholfen, wenn sie viel älter (wie eine Oma) oder viel jünger (wie ein Baby) gewesen wäre.

    Der süße, verführerische Duft ihres Parfüms fegte mich fast von meinen Füßen. Noch bevor ich mich dem süßen Duft hingeben konnte, flötete das Hochglanzmädchen: „Hallo!"

    Es war nur zu offensichtlich, dass ich die einzige Seele an der Bushaltestelle war. Trotzdem sah ich mich um, ob sie mich oder jemand anderen gemeint hatte.

    „Was geht ab, Junge?, schrie es gleich in mir. „Reiß dich zusammen! Diese unheimliche Stimme …

    Ich gehorchte ihr dennoch und drehte meinem Kopf zu ihr.

    Unsere Blicke trafen sich …

    Ohne Frage wäre ich jetzt tot, wenn ein außergewöhnlich hübscher Blick töten könnte. Und das war nicht übertrieben, nicht einmal ansatzweise. Sie hatte etwas an sich, das mich komplett aus der Bahn warf. Eine umwerfende Lebendigkeit strahlte aus ihr heraus. So viel Energie konnte nicht gesund sein. Schon gar nicht an einem so heißen Tag.

    Mit offenem Mund musste ich so verdutzt ausgesehen haben wie ein Hirsch im Scheinwerferlicht, als ob ich zwar das Wort Hallo! verstanden hätte, aber mir dennoch keinen Reim darauf machen konnte.

    „Wie spät ist es?", fragte sie und lächelte dabei orakelhaft – jedenfalls kam es mir so vor.

    Und deshalb rauchte mir nun der Kopf: Lächelte sie über die Schweißperlen, die sich auf meiner Stirn bildeten, oder über mein fleckiges T-Shirt?

    Demzufolge sah es so aus, als müsste ich ihre Worte erst einmal in eine Sprache übersetzen, die für mich verständlich war. Flüchtig kam mir ein Gedanke in den Sinn, den Schweiß vorerst mit dem Handrücken abzuwischen, aber dann wiederum wollte ich vor ihr nicht unhygienisch erscheinen. Als ob es mich interessiert hätte, an irgendeinem anderen normalen Tag. Mit einer unruhigen Handbewegung fischte ich das Handy aus meiner Hosentasche und schaltete es ein. Sie starrte mich weiterhin erwartungsvoll an. Plötzlich fühlte sich meine Kehle eng an. Ich hatte vergessen, wie man atmet. Meine Wangen erröteten und ich fing an zu stottern: „Äh … Äh…" Meine Kehle blieb staubtrocken.

    „Na klasse, Tyron! Das war ja jetzt sehr mutig und souverän!", meldete sich umgehend meine unheimliche innere Stimme zu Wort.

    Ach, du dickes Ei! Ich schluckte schwer, dann schaute ich noch einmal auf das Display meines Handys. Dennoch bekam ich die Zähne nicht mehr auseinander. Also streckte ich meine Hand aus und zeigte ihr das Display, damit sie selber sehen konnte, wie spät es war.

    Sie nickte nachdrücklich und dankte mir. Aber dann wanderten ihre Augen über mein verschwitztes Gesicht zu meiner herabhängenden Jogginghose und wieder zurück.

    „Schau weg!, befahl ich ihr in Gedanken. „Schau weg, Mädchen!

    Ungewollt reagierte ich selber auf den Befehl: Ich schaute weg. Weg von ihren großen, funkelnden blauen Augen. Weg von ihren rosaroten Lippen. Weg von dem süßen Duft, der mich nur noch daran erinnerte, wie dringend ich eine Dusche brauchte. Trotzdem spürte ich ihren musternden Blick wie Glut auf meiner Haut. Ich fühlte mich wie ein kleiner verlegener Junge.

    „Nie wieder!, schwor ich. „Ich renne NIE, NIE wieder zu einer Bushaltestelle. Nicht, wenn es so glühend heiß ist.

    Dreckswetter!

    Ehe ich mich jedoch völlig in diesem bizarren Gedankengang verlieren konnte, kam der Bus an die Haltestelle. Alles, was ich wollte, war mich schleunigst aus dem Staub zu machen. Doch dann sah ich aus dem Augenwinkel, wie die Schönheitsprinzessin ihr Ticket aus der Handtasche holte.

    Der Bus hielt an, die Vordertür fast genau direkt zwischen dem Mädchen und mir. Ich zögerte und trat zurück. Das Mädchen dankte mir. Aber wenn es dachte, ich wäre ein Gentleman, dann lag es völlig daneben. Denn ich war nur ein großer Trottel – der vielleicht größte, der je auf einen Bus an dieser Haltestelle gewartet hat.

    Ich war total angespannt. Ich wollte dieses Mädchen aus meiner unmittelbaren Nähe haben. Was nur bedeutete, dass wir nicht im selben Bus fahren konnten.

    So beschloss ich, auf den nächsten Bus zu warten.

    Was geht ab, Junge! Geht’s noch?

    „Halt den Rand!", flüsterte ich meiner inneren Stimme zu.

    Trotz alledem konnte ich nicht umhin, ihre vollen, langen, leicht gewellten haselnussbraunen Haare, die ihr weit den Rücken herabreichten, zu bewundern. Diese Haare gehörten in eine Haarpflegewerbung!

    Hingerissen heftete sich mein Blick an ihr Spitzentop und die passende kurze Jeanshose, die ihre langen Beine betonte. Er folgte ihr in den halb leeren Bus – das leichte Schwingen ihrer Hüften hypnotisierte mich buchstäblich. Entweder war der Catwalk natürlich oder sie wurde von der Fernsehshow Germany’s Next Topmodel beeinflusst. Wenn dann so was von. Doch es fügte ihrem Erscheinungsbild genau das gewisse Extra hinzu, das die Jungs aus meiner Klasse scharenweise dazu gebracht hätten, nonstop zu glotzen.

    Mit offenem Mund.

    Sobald der Bus losfuhr, kehrte die Normalität zurück. Ich konnte wieder normal atmen und wieder ein Junge in meinem Alter sein, der seinen Schweiß mit den Ärmeln seines T-Shirts gedankenlos abwischte.

    Bald wurde ich von zwei Mitschülerinnen begrüßt.

    „Hi Tyron!, sagte Marie. „War das nicht gerade dein Bus?

    „Wieso … stalkst du mich etwa?" Meinen Sinn für Humor fanden einige lustig, andere nervtötend.

    Mir egal.

    Doch das andere Mädchen zu vergessen, war leichter gesagt als getan. Ich hatte sie immer noch vor mir. Ihre tiefblauen Augen, in denen man sich verlieren konnte, strahlten mich an. Und dann dieser Catwalk.

    Alles an ihr schien perfekt zu sein.

    Gott musste in sehr guter Stimmung gewesen sein, als er sie erschuf.

    *

    2. Mittwoch, 20. Juni

    Die weißen Samsung-Kopfhörer klebten an meinen Ohren und ein Rap-Song von Eminem spielte gerade, dem ich kaum folgen konnte.

    Musste er immer so schnell rappen?

    Egal. Ich war spät dran und musste zur Bushaltestelle.

    Wieder ein heißer Nachmittag und die Hitze machte mir wieder zu schaffen. Mit dem Handrücken wischte ich mir die Schweißtropfen von der Stirn, gerade als ich nach rechts zu meiner Bushaltestelle bog.

    Das durfte doch wohl nicht wahr sein!

    Schlagartig hielt ich an. Ich konnte nicht weiterlaufen. Selbst aus weiter Ferne war sie unverwechselbar. Ich begann sogar, den süßen Duft von ihr außersinnlich wahrzunehmen. Und all dies, obwohl sie bereits längst in Vergessenheit geraten war. Ich hatte sie seit letztem Mittwoch nicht mehr gesehen. Plötzlich fühlte ich mich unwohl mit meinem schmutzigen Ball in der Hand.

    Konnte es sein, dass sie jeden Mittwoch an dieser Haltestelle zur selben Zeit auf ihren Bus wartete? Der Tag, an dem ich Sport hatte!

    Wie verhext wagte ich es nicht, weiterzugehen. Deshalb überquerte ich feige die Straße und lief zur Bushaltestelle schräg gegenüber, so als ob mein Zuhause plötzlich umgesiedelt worden wäre. Kurz darauf kam der Bus an. Ich stieg ein und fuhr in die falsche Richtung.

    Dieses Mädel!

    Um eines vorwegzunehmen: Ich bin weder ein schüchterner Junge noch sehr zurückhaltend, sondern ein Rotzlöffel – wie mich meine Schwester immer wieder nennt –, der immer einen lockeren Spruch auf Lager hat. Ich bin ein mutiger Klassensprecher, der sich auch immer traut, zu provozieren. Ein tapferer Schachspieler, der seine Konkurrenten gnadenlos überlistet. Und für die Freundinnen meiner Schwester bin ich der Clown, der die Mädchen zum Lachen bringt. Oder auch mal eine Labertasche, der mit endlosem Geschwätz nervt. Also, mich vor einem Mädchen unwohl zu fühlen?

    Nööö! Nicht Tyron.

    Aber ich war nicht mit Spontaneität gesegnet. Ich folgte sehr selten meinem Bauchgefühl. Ich war ein Schachspieler, der gut wusste, dass eine gründliche Vorbereitung wichtig war, ehe man sich seinen Herausforderungen stellte. Meine Schachlektionen hatten mich gelehrt, dass jeder, der besser vorbereitet war, einen bedeutenden Vorteil besaß.

    Na also dann … Ich wusste genau, wie ich mich auf dieses Mädchen vorbereiten musste. Außerdem wusste ich, wann sie höchstwahrscheinlich wiederauftauchen würde. Dafür würde ich mehr als vorbereitet sein.

    *

    3. Mittwoch, 27. Juni

    Man sagt, Kleider machen Leute!

    Ich sagte: „So sei es denn!"

    An diesem Mittwoch war ich aufgedonnert bis zum Abwinken. Eine Ausrede, nicht am Sport teilzunehmen, hatte ich parat. Und für einen Sportfreak wie mich war das ziemlich bitter. Der Ball blieb zu Hause. Zu guter Letzt hatte ich meines Vaters teures Eau de Cologne mit zur Schule genommen, um mich dann auf dem Weg zur Bushaltestelle damit ordentlich einzudieseln, die Tatsache ignorierend, dass es sein Geburtstagsgeschenk war, mit dem er besonders sparsam umging. Gelinde ausgedrückt war ich bestens vorbereitet für das schöne Mädchen.

    Allerdings war ich von Natur aus kein Charmeur, der wusste, wie man die Damen umschmeichelt. Vielleicht steckte doch eine Wahrheit dahinter, dass Schachspieler Freaks waren und keine Intelligenzbestien.

    Wie auch immer. Die Vorbereitungen reichten aus, um erfolgreich zu sein, auch wenn nicht eindeutig war, was genau die Zielsetzung sein sollte.

    Die Kreuzung der Hauptstraße etwa fünfzig Meter weiter, die direkt zur Bushaltestelle führte, war aufgrund der gesperrten Autobahn mit dem Berufsverkehr überlastet und der Verkehr befand sich im Moment im Stillstand. Neugierige Augen beobachteten mich aus Autos, die mich zögern ließen, mich erneut zu parfümieren.

    Egal jetzt! Ich entnahm das Eau de Cologne aus meinem Rucksack und besprühte mich großzügig fast überall. Eine Duftwolke folgte mir jetzt wie ein Schatten.

    Eingesteckt hatte ich blaue Airwaves-Kaugummis, nur für den Fall, dass wir nahe miteinander sprechen sollten. Ich nahm gleich zwei davon in den Mund. Auf gar keinen Fall durfte ich ein Risiko eingehen.

    Alles durchdacht? Yes, Sir!

    Ein kleines Lächeln umspielte meine Lippen, als ich an der Bushaltestelle ankam. Doch irgendwie war sich mein vernünftiges Ich nicht ganz sicher, ob ich mir etwas Unterhaltsames einfallen lassen würde, wenn ich vor ihr stünde.

    Ganz easy, Alter!

    Daraufhin betrachtete mein Draufgänger-Ich es etwas lässiger. Mir kamen lustige Sprüche in den Sinn und ich rezitierte eine Reihe davon, wovon sicherlich jedes Mädchen sich vor Lachen kringeln würde. Im Grunde fühlte sich meine Vorbereitung irgendwie nice an, als würde man einem Franzosen zuhören, der diese romantische Sprache spricht.

    Gleich dann entdeckte ich sie an der Kreuzung. Mit drei anderen Mädchen. Sie redeten aufgeregt. Als die Ampel rot wurde und die Autos zum Stillstand kamen, bemerkte ich, dass sie mich auch entdeckt hatten. Aber dann brüllten sie alle vor Lachen.

    Shit! Das brachte mich aus meinem Konzept. Ich fragte mich, worüber sie nur kichern könnten. Meine gute Laune war in Windeseile von hundert auf null.

    „Komm schon, Tyron, Stock und Stein brechen das Gebein, doch Worte bringen keine Pein", schrie es gleich in mir. Auf gar keinen Fall! Das war mir zu viel und das konnte ich mir nicht bieten lassen.

    Ohne Weiteres beschloss ich, nicht länger an der Haltestelle zu bleiben. Ich schulterte meinen Rucksack und lief weg – in Richtung nach Hause.

    Zum Glück war es die letzte Schulwoche vor den Sommerferien und ich war froh, dass ich dieses Mädchen und ihre hinterhältigen Freundinnen für lange Zeit nicht mehr sehen musste. Von mir aus mussten wir uns nie wieder begegnen.

    Lästig, ey!

    *

    4. Samstag, 14. Juli

    Es herrschte großer Andrang bei der neuen Riesenachterbahn. Der reinste Wahnsinn, wenn man meine übervorsichtige Mom fragte.

    In der Tat! Die wilden Loopings in schwindelerregenden Höhen, gekrönt von einer atemberaubenden Geschwindigkeit, waren nichts für schwache Nerven. Und das Tollste dabei: die ganzen Schreihälse, vor allem die Mädels, die so ohrenbetäubend kreischten, als ob sie um die Wette brüllten, wer die meisten Trommelfelle zum Platzen bringen würde.

    Unter den faszinierenden Fahrgästen stand ich enthusiastisch an der Seitenlinie und beobachtete die Achterbahn beim Vorbeisausen, in die Höhe steigend und rasend nach unten stürzend mit einer Reihe verrückter Drehungen, Wendungen und sogar einer dreifachen Schleife. Mein Herz hüpfte derart ruckartig, dass ich fürchtete, es würde aus dem Brustkorb springen. Ich war schon ein kleiner Draufgänger, aber ich hatte es noch nie gewagt, so etwas Extremes zu fahren. Vor lauter Aufregung rutschte mir das Herz in die Hose.

    „Ist ja echt der Hammer, oder?", hörte ich eine wohlklingende Stimme an meinem rechten Ohr zwischen dem Geschrei der Fahrgäste. Ehe ich mich umdrehen konnte, um zu sehen, ob ich damit gemeint war, fesselte mich der vertraute süße Duft des Parfüms: sanft, angenehm, nicht penetrant, einfach klasse.

    War der Duft jetzt in? Ach, Mädels! Sie imitierten jeden Trend buchstabengetreu. Dennoch konnte ich nicht anders, als meine Augen kurz zu schließen und in den Erinnerungen zu schwelgen, mit denen ich den süßen Duft in Verbindung brachte. Ein Film lief vor meinem inneren Auge ab: Ich hatte sie zum Lachen gebracht und sie war in meine Arme gefallen, lachend, mein Trikot mit ihrem süßen Duft umhüllt. Zumindest wäre es so gelaufen, wenn sie sich nicht entschieden hätte, über mich zu tratschen und sich mit ihren verleumderischen Freundinnen auf meine Kosten zu amüsieren und mich auszulachen.

    Aber vielleicht hatten sie nicht über mich gelästert.

    „Doch!", entgegnete meine felsenfest überzeugte innere Stimme. Anscheinend kannte sie die Mädchen nur zu gut. Verträumt öffnete ich die Augen und riss meinen Blick von der Achterbahn, um in Richtung Stimme zu schauen.

    Ich hyperventilierte. Das Mädchen von der Bushaltestelle stand direkt neben mir. Ich hatte nicht im Geringsten erwartet, sie zu treffen. Sie sah mich zwar nicht direkt an, aber sie schien da allein zu stehen.

    Hatte sie zu sich selbst gesprochen?

    Als ob sie meine Gedanken gelesen hätte, lächelte sie und strahlte mich mit ihren makellos weißen Zähnen an. Am liebsten hätte ich meine Zahnspange herausgerissen.

    „So ein Zufall, was?", ertönte ihre Stimme sanft wie eine Feder.

    Innerhalb eines Wimpernschlags umhüllte mich ein Gänsehautfeeling am ganzen Körper. „Ja." Schüchtern wich ich ihrem Blick aus.

    „Echt jetzt? Ja?", meldete sich meine innere Stimme.

    Tatsächlich war „Ja alles, was mir einfiel, nachdem ich mir die potenziellen Szenarien ganz konkret ausgemalt und die reizvollen Witze gedanklich durchgespielt hatte. Aber wie erwiderte man humorvoll auf: „So ein Zufall, was?

    Grübel! Schnell!

    Komm schon, etwas Lustiges einfallen lassen.

    Jahaa … Diese Stimme. Ätzend.

    Auf einmal konnte ich mich an keinen einzigen Witz mehr erinnern. Dabei hatte ich sonst ganz viele auf Lager. Es war, als wären sie alle aus meinem Gehirn heraus verdampft.

    WTF! (What the punkt, punkt, punkt! – ein Tabuwort)

    „Bist du sie schon gefahren? Oh mein Gott! Ob ich mich traue …?", flötete sie mit ihrer typischen Singsang-Stimme.

    „Ähm … Ja", schwindelte ich und vermied dabei absichtlich, ihr direkt in die Augen zu schauen. Mehr kriegte ich auch nicht heraus. Ich steckte meine Hände halbwegs in meine Hosentaschen, um wenigstens cool auszusehen. Im Grunde genommen mussten coole Leute nicht so viel reden, sie zogen einfach Aufmerksamkeit auf sich.

    Bemüht ließ ich den Dialog ein wenig fließen – nicht besonders wortgewandt, aber immerhin. „Hihi, lachte ich beiläufig, die Schulter hochgehalten, um noch cooler und gelassener auszusehen. Jedoch ließ ich mir mein übertrieben vornehmes Getue nicht anmerken, denn die Angst vor der Achterbahn fraß mich innerlich auf wie ein Parasit. Und ich wäre sie nur mit meinem Vater gefahren, einem unübertrefflichen Adrenalinjunkie. Wie in Trance sprangen mir die Worte aus dem Mund. „Das hier ist nichts im Vergleich zu dem, was ich letzten Sommer gefahren bin.

    „Du lügst!" Meine Stimme holte mich in die Realität zurück. Ich schmeckte den bitteren Nachgeschmack dieser Lüge und schämte mich ein wenig. Wie konnte ich nur das Maul so weit aufreißen?

    „Echt?, erwiderte sie und strich sich eine widerspenstige Haarsträhne aus dem Gesicht. „Wooow!, warf sie ein und grinste dabei.

    Wenngleich das ja eigentlich ein unverdientes Wow war, verbuchte ich ihren Enthusiasmus als einen kleinen Erfolg. Sie hatte mir eben das Gefühl gegeben, ein kleiner Held zu sein. Unverzüglich tauchte mein Schamgefühl unter.

    „Ich wollte erst mal einen Blick darauf werfen, bevor ich mich doch traue, gab sie zu. „Aber ich weiß es nicht …

    „Du brauchst keine Angst zu haben. Das hier ist harmlos." Nanu! Ich wurde immer dreister. Warum verhielt ich mich plötzlich so seltsam?

    Für einen Augenblick blieb die knallbunte Achterbahn kurz in der Luft stehen, bereit, mit über hundert Sachen durch die Luft zu wirbeln. Das Mädchen reagierte dementsprechend, indem sie die Augen schloss und ihren Kopf neigte, der zufällig auf meiner Schulter landete.

    Ich blickte nicht mehr durch. Der Körperkontakt fühlte sich anders an – elektrisierend. Der kombinierte Duft des Haares und des Parfüms, der von ihr ausging, hatte eine selten sinnliche Note. Alles in allem fühlte es sich an wie im Paradies.

    Im Grunde hätte es sich sonst wie ein Eingriff in meine Privatsphäre angefühlt, aber dieses namenlose Mädchen erwies sich als eine magische Kraft, die in der Lage war, einen atemberaubenden Moment hervorzurufen. Von mir aus hätte dieser schöne

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