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Ich will die Welt mit Terror überziehen! Oder Schokolade
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Ich will die Welt mit Terror überziehen! Oder Schokolade
eBook157 Seiten2 Stunden

Ich will die Welt mit Terror überziehen! Oder Schokolade

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Über dieses E-Book

Terror! In Sacha Brohms Welt regiert der Terror! Jedenfalls hin und wieder. Genauso wie in seinen Geschichten. Brohms Anschläge kommen bittersüß daher wie Schokolade: feinherb und mit einem Schuss Raffinesse. Da erzählt er von der Ausbildung in einem Terrorcamp, in der man nicht nur lernt, wie man sich als urbaner Kämpfer zu verhalten hat, sondern auch wie man in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Körperkontakte haben kann. Doch Terror kann auch anders aussehen als bärtig, bewaffnet und böse. Wie würde wohl ein Tag im Leben von Pippi Langstrumpf und ihren Freunden Annika und Tommi aussehen, wenn Annika die Regeln aufstellte? Was würde der Menschheit blühen, wenn plötzlich Außerirdische auf der Erde landeten, um sie zu versklaven?
In seinem zweiten Buch versammelt Sacha Brohm Geschichten, die beweisen: Gefahr lauert überall. Vor allem in diesem Buch.
SpracheDeutsch
HerausgeberSatyr Verlag
Erscheinungsdatum1. Nov. 2012
ISBN9783944035093
Ich will die Welt mit Terror überziehen! Oder Schokolade

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    Buchvorschau

    Ich will die Welt mit Terror überziehen! Oder Schokolade - Sacha Brohm

    Knorpelhut«

    Vorwort des Terrors

    Wir leben in schlimmen Zeiten. In unsicheren Zeiten. Niemand kann mir versprechen, dass ich beim Pfandflaschenwegbringen nicht nach Afghanistan entführt werde. Die Bild-Zeitung würde von meiner Entführung berichten: Geschunden sehe ich aus. Das Gesicht ganz schmutzig und aufgequollen, vernarbt, rußig, blutig, Mäuse haben sich in meinen Haaren ein Nest hergerichtet. Mir ist ein Vollbart gewachsen! Die Kleidung ist zerrissen und besudelt. – Und das wären nur die Bilder, die eine Kamera Sekunden vor meiner Entführung im Supermarkt von mir gemacht hätte.

    Ich würde die deutsche Regierung in verwackelten Videobotschaften bitten, unsere Soldaten aus Afghanistan abzuziehen. Möglichst schnell. In drei Stunden. Die Entführer wären überrascht, denn sie wollen etwas ganz anderes. Eine Handelsschule wollen sie und einen höheren Meeresfrüchte-Import, aber das müsste hintenanstehen. Es ginge hier schließlich um mein Leben.

    Die Regierung indes könnte nicht auf die Forderungen eingehen. Sie wäre hilflos, doch trotzdem stark. Ich ergäbe mich in mein Schicksal und würde in einer sandigen Höhle von einem zwölfjährigen Jungen, der es nicht besser weiß, mit einem prächtigen Säbel geköpft. Leider bedeutete die Pracht des Säbels nicht, dass er auch genügend Schärfe besäße, um meinen Kopf mit dem ersten Hieb vom Körper zu trennen. Eine Säge müsste her. So ist nun mal die Welt. Wer mag es ihr verübeln, ohne anzuecken?

    Wir leben in schlimmen Zeiten. In unsicheren Zeiten. Überall ist Terror. Im Fernsehen. In den Zeitungen. Ich habe es doch gesehen und gelesen. Vielleicht wird gerade in der Wohnung nebenan ein Terroranschlag geplant. Wissen Sie’s? Weiß ich’s? Der Terror kommt näher und Sie lesen ein Buch. Da läuft doch etwas gnadenlos schief.

    Aber was ist eigentlich Terror? Geht es da nur um religiös aufgedrehte Unholde, die mit Waffengewalt auf sich aufmerksam machen wollen? Oder hat Terror auch andere Gesichter?

    Was würde beispielsweise passieren, wenn nicht Pippi Langstrumpf, sondern ihre beste Freundin Annika plötzlich Chefin des munteren Freundes-Trios wäre? Das könnte doch schnell dazu führen, dass sich die neue Frau an der Spitze ihrer Macht bewusst würde, und aus allem, was sie für gut befindet, ein Gesetz macht. Und welche Funktion erfüllt eigentlich Tommi? Annika Settergren ist, das kann ich aus vollster Überzeugung vertreten, in der modernen Kinderliteratur das beste Beispiel für terrorkompatible Führungsqualitäten. Aber das wird gerne übersehen, dabei spricht ihre Liebe für Ordnung und Sauberkeit eigentlich eine deutliche Sprache.

    Und wie wehrt man sich gegen nächtliche Unheimlichkeiten, die in der eigenen Wohnung geschehen: düstere Schatten, die aus dem Nichts auftauchen und sich an das Ende des Bettes stellen, unerklärliche Stimmen aus dem Schrank, die um Hilfe flehen, mit Blut geschriebene Nachrichten an der Flurwand, all die unheimlichen Phänomene, die zur Folge haben, dass man nur noch bei eingeschaltetem Licht einschlafen kann. Hinzu kommt, dass einem das niemand glaubt: Geister. Das gemeine Gesicht des doppelten Terrors.

    Wir leben in schlimmen Zeiten. In unsicheren Zeiten. Man muss das nur immer wiederholen. Ich mache das den ganzen Tag lang. Scheuen Sie sich nicht, es mir gleichzutun. Lassen Sie sich da von niemandem reinquatschen.

    Terror hat viele Seiten. Mehr als dieses Buch. Und: Terror macht Angst. Auch mehr als dieses Buch. Die Geschichten in »Ich will die Welt mit Terror überziehen. Oder Schokolade.« sind in diesen schlimmen Zeiten entstanden, das merkt man ihnen an. Es geht um verwirrende Tage in einem Terrorcamp, um Kobolde an der Küste Norwegens, es geht um göttlichen Terror und um den musikalischen Terror der Einstürzenden Neubauten, der einen Heranwachsenden dazu treibt, seine Seele vom Schimmel zu befreien. Manchmal versteckt sich der Terror aber auch so gut, dass man denken könnte: »Wo ist denn hier, verdammt noch mal, der versprochene Terror? Ich habe für Terror bezahlt, und ich will ihn jetzt endlich haben!« – Spätestens dann sind Sie auf einem guten Weg.

    Die Geschichten sollen aber auch ein wenig die Angst davor nehmen, sich vergessen zu fühlen, weil man bisher noch nicht mit Terror in Kontakt gekommen ist. Das kann sich schneller ändern, als einem lieb ist. Ich habe es am eigenen Körper erfahren, wie Sie in den Geschichten feststellen werden. Hat es mich schwächer gemacht? Bin ich daran verzweifelt?

    Ich wünsche Ihnen viel Spaß auf dieser Reise durch schlimme und unsichere Zeiten. Halten Sie die Augen offen. Schauen Sie sich öfter mal um. Aber lassen Sie sich vom Terror nicht das Leben diktieren. Es reicht, wenn ich das tue.

    Sacha Brohm

    Bielefeld, September 2012

    Früher slanka

    Letztens trieb mich der Hunger vor die Tür. Ich steuerte direkt auf einen asiatischen Nudelzubereiter zu, bei dem ich früher sehr oft zu Gast gewesen war, seit längerer Zeit aber nicht mehr. Ich trat ein. Die kleine Frau hinter dem Tresen lächelte mich an, dann schrieb sie etwas auf einen Zettel und gab ihn in die Küche. »Genau«, bestätigte ich etwas verlegen, »einmal die 9 mit Huhn.« Die Frau hatte sich genau gemerkt, was ich in der Vergangenheit überwiegend, nun, seien wir ruhig mal ehrlich, jedes Mal bestellt hatte. Gebratene Nudeln mit Huhn. Bei gebratenen Nudeln mit Huhn kann selbst einem Preußen wie mir nichts passieren. Fremdländisches Essen als Brücke zwischen übertriebener Ablehnung und herzlicher Umarmung ist zwar ein tolles Konzept, aber die Pfeiler meiner Brücke sind so dünn wie Streichhölzer. Da kann jedes unbekannte Gewürz das Gramm zu viel sein, das die Brücke zusammenbrechen lässt.

    Meine ewig gleiche Auswahl mag man nun als besonders langweilig und berechenbar bezeichnen, ich aber sage, dass es auch einiges über meine Ansichten zur Treue erahnen lässt. Habe ich etwas gefunden, das mich glücklich macht, kann so schnell nichts geschehen, das mich davon abbrächte. In diesem Fall kam ein Pizzabäcker dazwischen, der mit Thunfischpizza lockte. Da musste ich mich von den Nudeln abwenden. Der Pizzabäcker wusste aber auch schon nach einem Monat, dass ich immer das Gleiche bestelle und hatte an jedem Samstag um halb eins eine frische Thunfischpizza im Ofen. Wenn ich mal nicht um halb eins gekommen wäre, hätte er sicher die Polizei gerufen, die mich daraufhin halbtot in meiner Wohnung gefunden hätte, in der verkrampften Hand einen Fünfeuroschein haltend. In der Lokalpresse wäre ein Bild erschienen, auf dem der Pizzabäcker als Retter und ich als Geretteter gemeinsam drauf gewesen wären und man hätte nicht erkennen können, ob uns das peinlich ist oder wir ein Paar sind. Oder beides.

    Der Pizzabäcker war schon ein toller Hecht. Und gut in Teigwaren noch dazu! Wenn ich meine Pizza abholen kam und sie mal doch noch nicht ganz fertig war, saß ich immer recht auffällig vor seinem Arbeitsplatz und schaute ihm bei der Arbeit zu. Schweiß stand auf meiner Stirn, mein Busen bebte, ich starrte nervös auf jeden seiner Handgriffe. Vielleicht meinte er, dass ich mich für seinen Job interessiere, aber ich fühlte mich einfach nur wie Thomas Mann. Der hat ja auch Männer angestarrt und geschrieben. Na gut, er hat Jungs angestarrt und geschrieben. Das ist wohl der Unterschied zwischen uns. Und dass ich noch keinen Nobelpreis bekommen habe. Dafür habe ich vom Kollegen des Pizzabäckers immer einen Tee angeboten bekommen. Jedes Mal. Den habe ich immer abgelehnt. Ich mag keinen Tee. Das hat er sich aber nie gemerkt. Dabei dachte ich währenddessen immer: »Oh, Mensch Sacha, so kriegste den Pizzabäcker aber echt nie, so jung bist du auch nicht mehr.«

    Während ich auf meine gebratenen Nudeln wartete, merkte ich, wie mich die kleine Frau hinter dem Tresen beobachtete. Ich lächelte sie an. War die etwa scharf auf mich? Hätte ja sein können, dass die sich gar nicht bei jedem merkt, was derjenige immer bestellt, sondern nur bei mir. Ich lächelte sie weiter an. Ganz unverbindlich. Dann öffnete sie ihren Mund und stellte fest: »Früher ... Sie slanka.«

    Ich lächelte weiter, und in meinem Kopf begann es zu rattern. Was hatte sie gerade gesagt? Meine Brücke zwischen übertriebener Ablehnung und herzlicher Umarmung wackelte bedenklich. Und ich befand mich immer noch auf der, gesellschaftlich gesehen, falschen Seite.

    »Entschuldigung, was?«, fragte ich nicht allzu barsch. Ich wollte der Möglichkeit, dass ich mich verhört hatte, eine Chance geben.

    Sie setzte erneut an: »Früüüher ... Sie waren slanka.«

    Die Brücke verlor erste Teile.

    »Ja, ich früher slanka. Und Sie früher weniger Frauke Ludowig«, wollte ich entgegnen, aber ich stimmte ihr nur lächelnd zu.

    Als ich vor einigen Wochen in meiner alten Heimatstadt zu Besuch war, ist mir etwas Ähnliches passiert. Als ich auf meine versammelte Familie traf, rief sie im Chor: »Na, du wirst aber auch immer fetter.«

    Ich hatte mir nichts dabei gedacht. Vielleicht hatten sie es ironisch gemeint und wollten eigentlich andeuten, dass ich ja aussehe wie ein Magermodel. Nachdem ich aber zu Hause gemerkt hatte, dass mir bestimmte Hosen nicht mehr passten, konnte ich davon ausgehen, dass sie es nicht ironisch gemeint hatten. Und jetzt das: »Früher ... Sie slanka.«

    Jawohl, ich früher slanka. Es stimmt ja. Machen wir uns nichts vor. Meine Chancen, bei einem Wet-T-Shirt-Wettbewerb als Sieger den Ring zu verlassen, sind in den letzten Jahren rapide gesunken. Körperbetonte Kleidung meide ich. Früher, ja früher, da trug ich die engsten Jeanshosen. Jeanshosen, die bestimmte Körperstellen so stark betont haben, dass es aussah, als hätte ich die ausgefahrenen Genitalien eines erwachsenen Elefantenbullen.

    Und T-Shirts habe ich getragen. Unmengen enganliegender Muscle-T-Shirts. Das geht heute nicht mehr. Das sieht lächerlich aus. Nur noch doofkarierte Hemden schmeiß ich mir über, damit ich ein wenig kaschieren kann, was sich in den letzten Jahren bei mir angesammelt hat.

    Den unschönen Begriff »Männerbusen« möchte ich nicht in den Raum werfen. Noch nicht. Aber wenn ich so weitermache, dann steht mir der wohl auch irgendwann bevor.

    Und alle werden es mitbekommen, sogar die Frau hinter dem Tresen, die immer noch in meine Richtung lächelt. Sie wiederholt es noch einmal, damit ich es nicht vergesse: »Sie früher slanka.« Dabei lacht sie gemein asiatisch. Und während ich auf mein Essen warte und mir vorstelle, was wohl in den Köpfen der anwesenden Gäste vorgeht, die hier ihr Essen zu sich nehmen, wandern meine Gedanken hilfesuchend zurück zum Pizzabäcker. Der hat das nie gesagt. Der hat immer nur gesagt: »Eine Thunfischpizza für den jungen Herren.« Der hat nie gesagt: »Eine Thunfischpizza für den fetten Schwulen mit der schmierigen Brille.«

    Der hübsche Pizzabäcker mit den prächtigen, behaarten Oberschenkeln hat immer gelächelt, selbst dann, wenn ich den angebotenen Tee von seinem Kollegen abgelehnt habe. Er wird sich gedacht haben, dass diese miese Gemütlichkeitskultur, auf die die Deutschen unentwegt reinfallen, echt daneben ist. Er hatte auf ein kühles Nordlicht gewartet. Ein kühles Nordlicht, das seiner südländischen Feurigkeit durch eine Prise Schroffheit neue Akzente verleiht. Zu Hause habe ich mich dann oft nicht getraut, die Pizza zu essen. Ich saß vor ihr und sie erzählte mir von der Heimat des Pizzabäckers. Von seiner hundertköpfigen Familie, die in einem zweistöckigen Lehmhaus am Rande einer Millionenstadt von dem lebt, was sie auf einer Mülldeponie findet. Wir besuchen sie, weil er mich ihnen vorstellen möchte. Das zwischen uns ist etwas Ernstes geworden, das ist nicht einfach nur so ein Kundenverhältnis, das ist Liebe. Und da ist auch seine kleine Schwester Juanita, sie ist gerade sechs

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