Überliste deinen Gegner: Ich glaub, es hackt!
Von George Milare
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Buchvorschau
Überliste deinen Gegner - George Milare
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Impressum:
Personen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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www.papierfresserchen.de
info@papierfresserchen.de
© 2019 – Papierfresserchens MTM-Verlag GbR
Mühlstraße 10, 88085 Langenargen
Telefon: 08382/9090344
Alle Rechte vorbehalten.
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.
Covergestaltung + Illustrationen: © George Milare
ISBN: 978-3-86196-895-5 - Taschenbuch farbig illustriert
ISBN: 978-3-86196-903-7 - Taschenbuch schwarz-weiß illustriert
ISBN: 978-3-86196-961-7 - E-Book
Lektorat: Redaktions- und Literaturbüro MTM: www.literaturredaktion.de
*
Für meine Frau Juliette – das Rückgrat meiner Existenz.
*
Inhalt
Prolog
Krieg zwischen den Köpfen
Bereit für die Schlacht
Der Kampf geht weiter
Der ultimative Sieger
Die Fehler anerkennen
Überliste deinen Gegner
Ein Schachmatt nach dem anderen
Habe ich Talent?
Bist du ein Diktator?
Der junge Schachmagier
Meine unabsichtlichen Beruhigungsmittel
Tyron gegen einen Goliath
Genieße einfach die Fahrt
Ehrlichkeit beginnt zu Hause
Belüge dich nicht selbst
Die Kraft des mächtigen Egos
Auf Rache und mehr Rache sinnen
In Kontakt mit meinen Emotionen
Der unerschrockene Glaube
Der Geist ist bereit, der Körper aber nicht
Zurück ans Zeichenbrett
Zwischen Wunsch und Traum
Du bist, was du isst
Das richtige Zeug für’s Gehirn
Wie alles begann
Epilog
*
Prolog
Es begann alles mit einer einfachen Frage: „Was soll ich tun, um ein Gewinner zu werden?"
Als ich diese Frage stellte, hatte ich keine Ahnung, wie sehr die Antwort mein Leben verändern würde. Ich wusste nur, dass ich ein Kind war mit einem unerschütterlichen Verlangen, zu gewinnen, und einer erstaunlichen Leidenschaft für ein Spiel, von dem ich nicht wirklich genug kriegen konnte.
„Du musst Schach erst richtig kennen und verstehen", entgegnete mein Vater, der später mein Versuch-und-Irrtum-Trainer wurde. Er nahm meine Leidenschaft zur Kenntnis und tat etwas, von dem weder er noch ich geglaubt hätten, dass es mein Leben für immer verändern würde.
Statt einzugestehen, dass er keine genaue Antwort auf meine Frage hatte, krempelte er die Ärmel hoch, um mir zu helfen. Er lehrte mich wertvolle Lektionen über das Leben im Allgemeinen und angemessene Verhaltensweisen, was sich positiv auf mein Schachleben auswirkte. Über diese Erfahrungen und die daraus gelernten Lektionen berichte ich hier in Form unserer Reise, meiner und der meines Vaters. Ich sage unserer, weil nicht nur mein Vater seine Lebenszeit geopfert hat, um mir auf der Suche nach dem Wissen zu helfen, sondern weil wir beide Lektionen, die viel größer als wir selbst sind, gelernt haben.
Tatsache ist, dass ich jemand war, den man einen Lesemuffel nennen würde. Es war kristallklar, dass ich nie tagelang mit einem großen Buch in der Hand dasitzen würde, um Schach zu lernen. Mein Vater erkannte das. Er drängte mich nie, hier über meine Grenzen hinauszugehen, sondern meinen Träumen und Zielen näher zu kommen, so weit es ihm aus seiner Lebenserfahrung möglich war.
Zusammen beschäftigten wir uns mit dem Schachspiel. Als wir uns jedoch weiter in die Schachtheorie vertieften, fing es an, extrem schwer zu werden. Das Gefühl der Frustration, keine Fortschritte zu machen, überwältigte mich und ließ mich erstaunt zurück. Aber wir wischten uns den Schweiß von der Stirn und kämpften und kämpften! Wir suchten begierig nach Antworten und Erklärungen: Begannen Parallelen zu anderen Spielen und Schlussfolgerungen aus unserer Analyse zu ziehen. Nach Lust und Laune durchforsteten wir das Internet und verglichen, was andere zu berichten hatten – selten haben wir die für uns entsprechende Lösung gefunden, aber wir konnten trotzdem die vorhandenen Informationen analysieren und diese auf meinen eigenen Weg übertragen.
Dennoch stellte es sich heraus, dass der Weg zu meinem Ziel eine Dauerbaustelle war: Wir steckten harte Arbeit hinein, feierten unsere Erfolge, spürten Verzweiflung und versuchten, den Druck auf meine Psyche und mein Ego niedrig zu halten. An einem Punkt vergoss ich Tränen, leidend, ein Spiel zu verlieren; am nächsten Punkt jubelte ich, HAPPY, ein Spiel zu gewinnen. Aber selbst, nachdem wir in verschiedenen Bereichen bereits erfolgreich waren, war klar, dass unsere Reise immer noch viele Wendungen haben würde.
Jedoch kämpften wir weiter! Und bei der harten Arbeit, den vielen Versuchen und häufigen Rückschlägen lernte ich Lektionen, um Unmögliches möglich zu machen. Die wichtigste Erkenntnis dabei war, dass die Ursache meines Versagens häufig die Folge menschlichen Versagens war – etwas, das jeder kennt.
Dennoch gab es für mich kein Halten mehr. Selbstzweifel oder vor Selbstmitleid zerfließen schon gar nicht. Zug um Zug gingen wir weiter. Immer der Reihe nach. Mit absoluter Geduld, Kampfgeist und grenzenlosem Ehrgeiz.
Man lernt aus Fehlern! Dank Learning by doing begann ich, immer mehr Erfahrungen und Selbstvertrauen zu gewinnen, und änderte meine Betrachtungsweise. Ich habe den Vorträgen meines Vaters die volle Aufmerksamkeit geschenkt, folgte seinen Anweisungen und machte mir meine Notizen, bis es Zeit war, auf das nächste Level aufzusteigen.
Bald wurde mir klar, dass diese Lektionen mehr als nur Schachunterricht waren. Es waren Lektionen, die ich auch auf andere Bereiche meines Lebens anwenden konnte.
Dadurch habe ich nicht nur gelernt, fokussiert und konkurrenzfähig zu sein, ich habe ein Vertrauen aufgebaut, das mir Mut und Willenskraft gab, meine Ziele mit einem klaren, zuversichtlichen Bewusstsein zu verfolgen. Und ja, dadurch habe ich Wunder auf dem Schachbrett vollbracht. Hierbei bescheinigten mir erfahrene Spieler und Trainer mein Talent als Schachspieler. Oder wie die Leute zu meinem Vater sagen würden: „Tyron hat ein Gefühl fürs Schachspielen."
Aber das reichte mir nicht. Ich wollte an den Kern des Ganzen kommen – mit oder ohne Profitrainer, mit oder ohne Talent (was ist das überhaupt?).
Wie werde ich ein erfolgreicher Schachkrieger?
Was musste ich vorweisen können?
*
Krieg zwischen den Köpfen
Was für ein Name!
Dachte ich, als ich das erste Mal den Namen meines Schachidols Jose Raul Capablanca hörte. Er klingt etwa wie der eines Kriegers, oder? Außer seinen Namen zu bewundern, betrachtete ich auch immer ehrfurchtsvoll seinen Spielstil.
Eines der ersten Dinge, die ich über ihn hörte, war, dass sein Vater ein Leutnant war, der in den Kampf ritt. Und als er erst vier Jahre alt war, beobachtete er, wie sein Vater Schach spielte und wie er von der militärischen Symbolik der Schachfiguren gefesselt war.
Als ich viereinhalb war, platzend vor lauter Neugier, beobachtete ich, wie mein Vater mühsam versuchte, meiner Schwester Schach beizubringen. Es war ohne Frage faszinierend und sehr beeindruckend, dass die Dame so stark ist, sogar stärker als der König. Und dann der zauberhafte Springer, der seltsame Sprungkräfte hat, um über andere Figuren hinweg zu hüpfen. Und die armen Bauern, die sich nur zu gerne für ihren König opfern, aber das Potenzial besitzen, sich umzuwandeln. Voll krass!
Dennoch, im Gegensatz zu meinen Schachidolen hatte ich keine wilden Fantasien. Ich dachte weder an Krieg noch an irgendwas Ähnliches, als ich die kleinen schwarzen und weißen Figuren ansah.
So blieb es, bis mein Vater viele Monate später, als er in Hochstimmung für seine allbekannte Schach-Predigt war, mir unmissverständlich sagte, dass Schach ein Schlachtfeld sei: Ein Krieg zwischen zwei Köpfen. „Diese Schachfiguren sind deine Armee, Biggy."
Apropos, einer meiner vielen Spitznamen war Biggy. Mein Vater rief mich so, nachdem ich wieder zwei Zentimeter gewachsen war.
„Du bist der Oberbefehlshaber, und das Schicksal deines Heeres, deiner ganzen Armee, hängt von dir ab, Kommandeur", sagte Paps mit ernstem Ton. Falten bildeten sich auf seiner Stirn.
Mein lieber Schwan! Der Gedanke, das Kommando zu übernehmen, begeisterte mich. „Was meinst du mit Schicksal?", fragte ich mit kindlicher Naivität.
Paps räusperte sich. „Schicksal bedeutet hier, ob deine Armee die Schlacht gewinnt oder nicht."
Ich zappelte auf meinem Sessel herum, dann bat ich um Klarheit: „Du meinst also, wenn ich gewinne oder verliere?"
„Genau. Und damit du gewinnst, musst du beweisen, dass du die Fähigkeit, Willenskraft und Klugheit hast, deine Armee mit allen theoretischen Kenntnissen, taktischen und strategischen Manövern, die du schon gelernt hast, zu koordinieren." Seine Augen durchleuchteten mich gründlich, um zu sehen, ob ich noch verstand, was er meinte.
Doch einige Wörter zogen einfach nur an mir vorbei „Okaaay", murrte ich und verließ mich auf meine Auffassungsgabe. Zu wissen, wie man diese Art von Krieg gewinnt, war mir so wichtig und ließ mich aufgeregt zurück, sehnsüchtig nach weiteren Infos. Ich begab mich in den Schneidersitz und schenkte Paps meine uneingeschränkte Aufmerksamkeit.
Paps lächelte mich an. Freute sich, ein interessiertes Publikum zu haben. Mit einem ernsteren Blick wechselte er in den Predigermodus: „Als ein pfiffiger Kommandeur musst du beweisen, dass du die Geduld hast, lange strategische Pläne auszuführen, und den Scharfsinn, die richtigen logischen Züge zur richtigen Zeit durchzuführen."
Okay, verstanden.
„Du musst beweisen, dass du die Intelligenz besitzt, die feindliche Armee auszumanövrieren ..."
„Stopp! Nicht so schnell, Paps!, schrie es in mir und ich musste ihn unterbrechen. „Was ist auszumanövrieren?
, fragte ich, obwohl ich hätte wetten können, dass er das schon mal erklärt hatte.
Paps unterdrückte ein Lächeln – entweder amüsiert über meine Neugier oder wegen meiner Vergesslichkeit. „Ausmanövrieren: Im Grunde überliste deine Gegner. Und damit meine ich, wie der Oberbefehlshaber – also derjenige, der für die ganze Armee verantwortlich ist. Du machst Pläne, wie du das feindliche Lager erobern willst."
„Hmm!"
„Der feindliche Oberbefehlshaber will dich besiegen … Aber wenn du es schaffst, ihn mit deinen Plänen zu schlagen, dann hast du ihn ausmanövriert." Er rieb mit der Hand an seinem Schnurrbart.
„Dann ist also die Bedeutung von ausmanövrieren: einfach nur gewinnen?"
„Ja und Nein. Zum Beispiel: Wenn dein Plan ist, die Kontrolle über ein wichtiges Feld zu übernehmen, du dies erfolgreich durchführst und den Vorteil souverän verwertest, dann hast du zwar eine Schlacht gewonnen, aber der Krieg ist noch lange nicht vorbei."
„Ich verstehe nicht, Paps, entgegnete ich verständnislos. „Ich gewinne eine Schlacht, aber nicht den Krieg … Wie meinst du das?
„Welche vier strategischen Vorteile hast du bisher gelernt?"
Es fühlte sich an, als würde er zwischen den Themen springen.
Meinetwegen.
Die Antwort schoss ohne Zögern aus mir heraus: „Positioneller Vorteil, materieller Vorteil, Entwicklungsvorsprung und Raumvorteil." Na, das waren große Worte für ein Kind (für mich jedenfalls), aber ich kannte sie schon ganz gut, denn dieselbe Frage war mir schon ein paar Mal gestellt worden und ich gab immer wieder dieselbe Antwort.
„Super!", rief Paps lachend und stand von der Couch auf, um die Vorhänge vor den durchdringenden Sonnenstrahlen zuzuziehen.
In der Zwischenzeit träumte ich davon, ein Kommandeur zu sein, der seine Gegner sehr raffiniert ausmanövrierte.
„Du weißt, dass du niemals planlos spielen solltest!", riss mich Paps aus meinem schönen Tagtraum.
„Ja", entgegnete ich zustimmend.
„Gut. Du musst immer mit einem Plan spielen wie ein …" Paps gab mir die Gelegenheit, die Erklärung zu beenden, und ich ergriff die Gelegenheit mit beiden Händen.
„… ein Maestro", antwortete ich mit Leichtigkeit. Zuversichtlich. Zufrieden mit meinem Gedächtnis.
„Und wenn du ohne Plan spielst, spielst du wie ein …?"
„… wie ein ähm … ähm …" Ich geriet ins Schleudern.
Mist! Das Vokabular war nie mein bester Freund gewesen. Große Worte verwirrten mich – und ich hatte das Gefühl, diese Antwort würde es beweisen.
„Amateur!", rief Paps aufgeregt.
Ach ja. Und dieser Ausdruck war nicht gerade einer der härtesten. „Ja. Amateur." Da stimmte ich ihm zu.
„Ein guter Schachspieler muss ein gutes Gedächtnis haben, um sich an so einfache Wörter zu erinnern. Wenn du dich nicht daran erinnern kannst, wie willst du dich an Triangulation oder Trebuchet erinnern?", fragte er nachdenklich.
Tra… was? Ich starrte ihn mit großen Augen an.
Innerlich zögerte ich, als er mich ansah. In diesem Moment dachte ich, wie vergesslich er mit Namen war und wie er den Nerv hatte, mich wegen meines Fauxpas herunterzuputzen. Wie oft hatte er die Namen meiner Freunde verwechselt!
Dennoch entschied ich mich, ihn nicht auf seine Schwächen hinzuweisen, und beschloss, mich zu verteidigen. „Ich kann mich nicht an die Wörter erinnern, aber ich weiß, wie ich sie anwenden kann, wenn ich sie auf dem Brett sehe."
„Du musst dein Gedächtnis trainieren, Biggy, erklärte er, das ignorierend, was ich gesagt hatte. „Du musst dich immer daran erinnern, indem du dir entweder Notizen aufschreibst oder diese Punkte in den Notizen hervorhebst. Okay?
„Okay", erwiderte ich wie ein Papagei und schaute trotzig in seine Augen.
Meine Schwester Yolly riss die Tür auf. „Wir wollten doch zum Spielplatz!", rief sie ungeduldig.
„Ja, wir sind gleich fertig", antwortete Paps.
„Das sagst du immer." Sie schloss die Tür hinter sich.
Paps nahm sein Glas Wasser, trank einen Schluck und bat mich, meinen Saft zu trinken. „So, wo waren wir?", fragte er zerstreut und trank noch etwas.
„Ist das lustig, dachte ich mir. Er hatte den Faden verloren. Amüsiert bemühte ich mich, nicht darauf hinzuweisen, dass das Gedächtnisproblem offensichtlich eine familiäre Angelegenheit war, dann beschloss ich doch, ihn daran zu erinnern: „Wenn ich wie ein ... ähm … ähm …
Mist! Wie war das Wort noch mal?
Verdammt! Ich fühlte mich unbehaglich. Zügig nahm ich mein Glas Saft an den Mund und tat so, als ob ich trinken würde, und beobachtete heimlich die Reaktion meines Vaters aus den Augenwinkeln. Ich wusste, dass er es buchstäblich hasste, etwas dreimal zu erklären. Und er verabscheute es, wenn er sich wiederholen musste.
„Amateur!, rief er mit einer entmutigten Stimme und schaute mich mit einer hochgezogenen linken Augenbraue an, als wenn sein Blick fragen würde: „Werden wir es jemals richtig hinkriegen?
Ich versuchte vergeblich, wie er die Augenbraue hochzuziehen.
„Ich bin dein Vater, Biggy. Ich kenne dich gut. Ich kenne deine Schwächen und deine Stärken. Begriffe und Grammatik gehören nicht zu deinen Stärken."
Ich schluckte laut. Ich hatte mich in der letzten Zeit immer wieder an meiner Schwester mit neu gelernten Ausdrücken gemessen. Und ich fand, ich war ganz gut darin.
„Niemand kann in allem gut sein", erklärte Paps weiter.
„Doch!" , schrie es gleich in mir.
„Aber wenn du eine Schwäche in dir bemerkst, dann nimmst du sie an und stellst du sie wie ein Schachkrieger vor dich und bekämpfst sie." Paps hielt inne. Der kurze Moment des Schweigens sollte sicherstellen, dass die Botschaft klar und deutlich empfangen wurde.
Na ja.
Allerdings, die ganze Geschichte mit dem Gedächtnis wäre nichts für meine sich-nichts-bieten-lassende Schwester. Sie hätte bestimmt gesagt … hmm, wie sagt sie denn immer … ach ja: „Das musst du gerade sagen."
Ich dagegen schluckte immer alles.
„Probiere alles Mögliche aus, fuhr Paps fort. „Wende Taktik und Manöver an, bis du diese Schwäche besiegst. Und wenn du scheiterst, versuche es erneut und rede dir ein, du wärst einen Schritt näher an dem Erfolg, weil du aus dem Scheitern was gelernt hast. Okay, Großer?
, sagte er mit einer sanftmütigen Stimme, sodass ich wusste, dass er nicht enttäuscht war.
Darauf nickte ich „Ja und fühlte mich wieder wie ein Held. „Ich muss auf die Toilette, Paps.
„Dann geh mal. Danach zieh deine Jacke an und sag Yolly, dass wir zum Spielplatz gehen."
Ein frischer Aprilwind blies mir auf dem Weg zum Spielplatz ins Gesicht und durch die halb kahlen Äste der Bäume sah ich einen Teil des grauen Himmels, der eine Unwetterwarnung anzukündigen schien. Auf dem Weg zum Spielplatz stellte ich mir vor, ich wäre ein Spitzen-Fußballer und versuchte, den Ball wie der großartige Stürmer Neymar zu dribbeln.
Die vereinzelten leichten Regentropfen ließen die Spaziergänger sich beeilen, aber die heitere Stimmung der stürmischen Kids auf der Wiese und auf dem Spielplatz wurde nicht von den dunklen Wolken beeinflusst – und meine erst recht nicht. Ein paar Fußballenthusiasten schlossen sich uns an, als wir anfingen, Fußball zu spielen. Ich spielte auf der gleichen Seite mit meinem Vater, was ziemlich unfair den anderen jüngeren Spielern gegenüber war, aber mir gegenüber sehr fair, da es meine Chancen erhöhte, ein Tor zu erzielen.
Denn wenn es etwas gab, das ich mehr liebte, als zu gewinnen, dann war es wieder zu gewinnen. Egal, bei welchem Spiel, ich wollte immer gewinnen. Auf dem Fußballfeld konnte ich stürmen und dribbeln und hinter dem Ball herlaufen, als ob mein Leben davon abhinge. Und immer wieder, wenn ich Tore schoss und zu meinem Vater rannte, um ihn mit High Five abzuklatschen, zogen einige Kinder, die eine Niederlage nicht so gut wegstecken konnten, Grimassen. Aber ich fand das verdammt cool! Natürlich nicht ihre Tränen, sondern meine Tore.
Ein paar Stunden später, nachdem mein Vater mit der jüngeren Generation nicht mehr mithalten konnte und deshalb wie ein Maikäfer pumpte, gab er auf und fragte uns, ob wir nicht genug hätten.
Wie bitte!
Genug?
Ich doch nicht. Nicht auf einem Spielplatz und sicherlich nicht während eines Spiels, in dem ich die Oberhand behielt.
„Ich habe keinen Bock mehr. Ich will nach Hause", sagte Yolly und weigerte sich, weiterzuspielen. Das frustrierte gegnerische Team zeigte sich auch geschlagen.
Spielverderber. Wir brachen das schöne Spiel ab.
Auf dem Weg nach Hause lief eine Schulfreundin meiner Schwester uns entgegen und sie umarmten sich, als hätten sie sich seit einer halben Ewigkeit nicht gesehen. Die beiden lachten und hüpften absonderlich auf und ab. Dann überraschte uns Yolly: „Papa, können wir zum Spielplatz?"
„Wir kommen gerade von dort. Du wolltest doch nach Hause."
„Jetzt nicht mehr."
„Nein, Yolly, das wars für heute."
„Boah ey! Dann eben nicht!" Sie stampfte eingeschnappt an uns vorbei, die Arme über der Brust verschränkt.
Paps seufzte und provozierte Yolly: „Ach, Gifty!"
Ihr in der Tat giftiger Blick sprach Bände. „Selber", brüllte sie und fluchte davon.
„Kannst du die Schlachtfeld-Geschichte beenden?", fragte ich Paps, als wir im Esszimmer saßen und auf das Abendessen warteten. Ich war dermaßen gespannt, zu wissen, wie ich meinen Gegner erfolgreich ausmanövrieren sollte. Ich hoffte nur, dass nicht wieder Fragen zu schwierigen Wörtern auftauchen würden.
Yolly hatte sich längst wieder eingekriegt und schnippelte an einer Karte herum. Sie bastelte gern und ich beneidete oft ihre Feinmotorik und Kreativität. Bis heute habe ich nie etwas für einen Freund gebastelt. Nicht einmal ein Geschenk ohne Hilfe eingewickelt. Das schiebe ich einfach auf das Versäumnis, die Notwendigkeit zu erkennen und nicht