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Lucia - Mein liebster Wahnsinn
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eBook223 Seiten3 Stunden

Lucia - Mein liebster Wahnsinn

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Über dieses E-Book

Unterhaltsam und mit unverwüstlichem Optimismus erzählt Terence Horn die Geschichte eines smarten, aber auch unreifen Träumers, der sich in ein durchgeknalltes Mädchen verliebt.
Die wilde Zeit und warum das alles nicht funktionierte. Lockere und witzige Prosa für Außenseiter, Träumer und Realitätsverweigerer.

"Ist ja unglaublich innovativ. Bukowski lässt grüßen!"

"Die Lektüre geht gut rein. Das Buch ist wie eine Reise in die Vergangenheit, im beschwingten Rausch. Dein Buch schenkt mir viel zurück, denn jede Generation hat dies erlebt, jede anders und jede hatte ihre Illusionen und Erwartungen ans Leben. Also erst mal Daumen hoch!"

"Was zum Kuckuck habe ich da gerade gelesen?"

"Ich gratuliere ganz sehr herzlich und *willhaaaaben* UNBEDINGT!"

"Ja, wow! Bin schwer beeindruckt und das Buch muss ich haben."

"Sex, Drogen und böse Mädchen, eine gefährliche Mischung, die Terence Horn meistert wie kein Zweiter."

"Aber jetzt versteh ich deinen Hang zur ganz leichten Übertreibung, hier und da in gesetzten Portionen. Sprachlich und stilistisch auch immer in einer Einheit. Ich muss sagen, da hast du etwas Gutes und nicht Alltägliches produziert"
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum21. Dez. 2015
ISBN9783732378623
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    Buchvorschau

    Lucia - Mein liebster Wahnsinn - Terence Horn

    Neutrales Gebiet

    „Nein! Nein! Nein! Du kleines Ferkel, du!" Damit meine ich übrigens Annekatrin Graf-Seidel. Ich war noch Jungfrau und sie ein ganz süßes Mädchen, intelligent, ein wenig arg dem Feminismus zugewandt. Sie hatte schöne Brüste, einen angenehmen Po, ihr Charakter war mir egal. Wahrscheinlich war der auch OK, ich stand nicht wirklich auf sie, aber als sich nach dem Schwimmbad die Gelegenheit bot, bin ich mit zu ihr gelaufen. Ich war unendlich nervös und hatte Angst irgendetwas falsch zu machen. An der Haustür knutschten wir, und als wir in ihrem Zimmer ankamen, waren wir beide nackt. Ich musste aber erstmal aufs Klo, also riss ich mich von Annekatrin los. Ich öffnete die Türe zur Toilette, die praktischerweise an ihr Zimmer anschloss.

    „Kannst du dich bitte dazu hinsetzten. Das wäre nett!" sagte Annekatrin, da war die Türe schon fast zu. Ich verstand gar nicht, was sie wollte, wir befanden uns im Jahr 1989. Erst als ich breitbeinig vor der Toilette stand, begriff ich ihre Worte. So etwas hatte ich noch nie gehört. Das war was Neues, aber nicht sonderlich schmeichelhaft. Ich fühlte mich in meinem Geschlecht verletzt, war sauer und überlegte, ob ich gehe oder ob ich ins Waschbecken pinkle. Ich entschied mich für das Waschbecken, zog die Spülung und stieg gut gelaunt zu Annekatrin ins Bett. Annekatrin ging hinterhältig vor. Unter dem Vorwand mich massieren zu wollen, was sie anfangs auch ganz gut machte, steckte mit einem Mal ihr Finger in meinem Po. So halb nur, ich bekam ihn noch schnell genug zu fassen und zog ihn da weg. Dabei brach ich ihr fast den Zeigefinger. Annekatrin schrie so laut, so grässlich, es war nicht sehr erotisch und es dauerte eine Weile, bis sie sich wieder beruhigt hatte. Ok, netter Versuch, ich konnte sowieso nicht glauben, was da passiert war. Annekatrin machte weiter mit ihrer Massage, gar nicht mal so schlecht, meine Schultern entspannten sich, da ging sie ein wenig tiefer. Sie konnte das echt gut, um die Wirbel herum massieren. Ich wurde immer lockerer und hatte diese unglaubliche Finger-im-Arsch-Geschichte schon vergessen, da spürte ich ein Kitzeln an meinem Anus. Ich dachte erst gar nichts schlimmes, aber dann wollte ich mir die Sache doch mal genauer anzuschauen, und tatsächlich, Annekatrins Zunge schleckte über meinen Anus, als sei es der Deckel einer Nuss-Nougat-Creme. Sie war voll konzentriert bei der Sache, es schien ihr Spaß zu machen. Ich war katholisch erzogen und dachte sofort an die Hölle. An eine unverzeihliche Sünde und wie um Gotteswillen, hätte ich das beichten sollen? Ich sprang hoch und riss sie da weg. Ich war so geschockt, ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Dann überkam mich die Wut.

    „Annekatrin, das ist ja wohl nicht dein Ernst. sagte ich, blieb aber noch erstaunlich ruhig. „Vor fünf Minuten sollte ich den Toilettensitz runter klappen und jetzt hängst du mit deiner Zunge …

    Letztendlich konnte ich nicht weitersprechen, es war mir einfach zu unangenehm. Ich schaute Annekatrin noch einmal an, sie war am Boden zerstört, das merkte ich, auch wenn sie nicht heulte. Wahrscheinlich hatte ich da irgendwas kaputt gemacht, vielleicht sogar irreparabel. Ich wusste aber, es war nicht mein Problem. Ich bestand lediglich auf der Unversehrtheit meines Arsches und es war mein gutes Recht drauf zu bestehen. Niemand kann mir diese Geschichte übel nehmen.

    -

    „Du bist zu verklemmt." zog mich Stoffel auf, als ich den Fehler machte ihm von Annekatrin zu erzählen. Ich hätte es für mich behalten sollen, auch wenn er Recht hatte. Ich war in jeglicher Hinsicht verklemmt, allerdings konnte ich das mit Humor überspielen, zumindest eine Zeitlang.

    „Kann schon sein. Aber sie hätte doch merken müssen, dass ich mich da nicht auskenne. So was ist doch nicht normal, von so was kann man doch nicht ausgehen." beschwerte ich mich.

    „Manche Jungs wären froh, sie hätten so eine Chance." sagte Stoffel in einem Ton, da war ich mir sicher, er war ein wenig neidisch.

    „Ich glaube, ich hab Annekatrin einen ordentlichen Schreck verpasst. sagte ich, in der Hoffnung, dass mir zumindest mein bester Freund Absolution erteilt. Stoffel aber war mit einem Mal ganz in Gedanken versunken, ich wusste nicht, ob er mich überhaupt verstanden hatte, daher wollte ich nicht weiter nachfragen. Ich schnappte mir eine der rumliegenden Zeitschriften und blätterte darin herum. So ungefähr fünf Minuten lang betrachtete ich die Überschriften und die Bilder. Ich suchte nach etwas interessantem, fand aber nichts. Ich begann mich zu langweilen und nur aus Langweile fragte ich: „Was machen wir heute?

    „Langhaarige Hippies, Vietnam und so. antwortete Stoffel, mit klarer und fester Stimme, geradeso als würde er 60er Jahre Musik ernst nehmen. Stoffel hatte einen exzellenten Musikgeschmack. Er kannte sich in einigen Genre aus und überraschte mich täglich aufs Neue. Ich traue mich sogar so weit zu gehen und behaupte, er hatte Stil. „Dieses Musical? fragte ich skeptisch.

    „Ja, dieses Musical. Jetzt mach nicht so ein Gesicht, ich war ein paar Mal bei den Proben. Vertrau mir einfach und lass uns dahin schauen."

    Ich konnte mich lediglich an dieses eine Lied erinnern, aber das war Klasse. Mit einer klaren Aussage, Sonnenschein und so. Als ich den Song hörte, wäre ich am liebsten raus auf die Straße gerannt, wollte jeden umarmen und natürlich wollte ich diese stylischen Klamotten. Die machten was her, und wie gerne wäre ich dabei gewesen, damals in New York oder San Francisco. Genauso wollte ich leben - nur leider zur falschen Zeit.

    „Ich kapier immer noch nicht, warum wir dahin gehen sollten?"

    „Jolene?" sagte er. Dieses durchtriebene Luder hatte angelegt, gar nicht groß gezielt und die Zehn getroffen. Leider war Jolene viel zu hübsch und allein deswegen ein hoffnungsloser Fall. Für mein Alter sah ich lächerlich unreif aus, war zu dünn und kein bisschen selbstbewusst. Siebzehn Jahre alt, hatte ich tierischen Schiss vor Mädchen, kam mir lächerlich vor, schwach, ängstlich und unentschlossen. Hin und her überlegte ich, gab mir keine Chance und rührte verloren in der tiefschwarzen Brühe, des wie immer viel zu starken Kaffees.

    „Die Hippies waren gar nicht so übel, nicht wahr?" fragte ich.

    „Jolene ist ein Prachtexemplar von einem Hippie. Die Klamotten ihrer Mutter, die selbstgestrickten Wollpullover und die alternative Lebenseinstellung. Was mir besonders gut gefällt, sind ihre unrasierten Achselhaare. Alles ganz natürlich."

    Sein Pokerface war turnierreif. Ein heißer Anwärter auf den Titel.

    „Du laberst! Ich hab Jolene im Schwimmbad gesehen, da ist alles in Ordnung." versuchte ich mich und Jolene zu verteidigen.

    „Angestarrt hast du sie, komplett weggetreten." setzte Stoffel nach.

    „Wie meinst du das?"

    „Sobald Jolene im Bikini aufläuft, bist du Out of order. Da hilft kein wachrütteln. Nichts! Du solltest dich mal sehen, ein geistig onanierendes Gespenst von der anderen Seite."

    „Och komm, jetzt übertreibst du aber! Ich hab vielleicht mal nach ihr geschaut, wie es ihr geht und so. Ob alles in Ordnung ist. Nichts Wildes." antwortete ich, kam aber nicht so richtig aus meiner Deckung. Übertrieben bedeutsam holte Stoffel zwei Zigaretten aus einer HB-Schachtel, die er kurz zuvor von seinem Vater stibitzte. Er steckte beide in den Mund, öffnete sein Benzinfeuerzeug und zündete die Friedensstifter an. Eine Zigarette steckte er mir in den Mund.

    „Ich bitte dich! So peinlich, wie du Jolene anstierst." predigte er bedeutungsvoll und anklagend. Seine Hände streckte er religiös von sich, zu einem imaginären Punkt in der Decke.

    „Hör auf! So schlimm, oder was?" wollte ich wissen.

    „Ja, aber selbstverständlich! antwortete Stoffel, als sei ich ein Blinder, der bloß die Augen öffnen muss, um zu sehen. „Du schaust dann aus, so Chamäleonaugen in alle Richtungen, die Zunge auf Kniehöhe und ein Speichelfluss – es ist ekelhaft! Wenn du wenigstens eine Ablaufrinne hättest.

    Stoffel arbeitete penibel an seinen Grimassen und gab sich allerhand Mühe seine Fans bei Laune zu halten. Ich war sein größter Fan, bewunderte ihn und ließ keine Vorstellung aus.

    „Vorne am Kinn befestigt, führt die Rinne links und rechts den Unterkiefer entlang, und dann schön die Wirbelsäule runter. So kann der Speichel sauber ablaufen. Du solltest nur darauf achten über einem Gulli zu stehen. Umweltgerechte Entsorgung und so. Du verstehst?"

    „Du laberst so einen Stuss daher. Wann denkst du dir den Scheiß eigentlich aus? Wahrscheinlich abends, so kurz vorm Einschlafen, wenn sich anständige Leute einen runterholen. Das ist doch pervers, was du da treibst."

    „Du magst sie, oder etwa nicht?"

    Den Blick gesenkt, tat Stoffel urplötzlich ganz harmlos, aber natürlich ging es ihm darum, mich aus meinem gemütlichen Schneckenhaus zu scheuchen. Stoffel wusste, dass ich faul war, stinkfaul. Wahrscheinlich der faulste Mensch auf Erden. Mit Anlauf trat er mir in den Arsch, nur um eine Welt zu erobern, die wir gar nicht brauchten und deren Realität ein aufgeklärter Mensch ignorieren musste. Alles in allem war es ein recht angenehmer Zustand.

    „Meinst du, ich hätte überhaupt eine Chance?" wollte ich wirklich wissen. Die Sache mit Jolene war wichtiger, als ich mir tatsächlich eingestand.

    „Du bist witzig, siehst gut aus und verfügst über Charme. Mach dir keine Sorgen und vertraue der großen Kraft!" sagte Stoffel, genauso als glaubte er daran.

    „Welche Kraft?" fragte ich.

    „Sprich Jolene an und du wirst sie spüren, die große Kraft."

    „Glaubst du an die große Kraft?"

    „An der Kraft besteht keinerlei Zweifel. Sie ist immer verfügbar - überall. Es kommt nur auf dich an."

    -

    „Leute, könnt ihr bitte erwachsen werden!"

    Die angebetete und gleichermaßen gehasste Schulprimadonna Simone Neudorf quickte über den Hof und verdrehte dabei ihre zugegeben hübschen Augen lasziv nach hinten. Simone wurde mit Bier besudelt, also kreischte sie um verdiente Beachtung. Wie immer eigentlich, nur diesmal bekam Simone einen echten Grund, den sie sich nicht entgehen ließ. Simone war eine unerreichbare Hochglanzverpackung, so edel, so exklusiv, niemand traute sich diese goldene Hülle auszupacken. Mehr noch, dieses Geschenk zu öffnen, kam uns gar nicht in den Sinn. Unsere Vorstellung reichte nicht aus, für einen Blick in ihr Inneres. Wahrscheinlich wusste Simone selbst nicht, wie die Welt in ihr aussah. Was für ein Wesen in ihrem Herzen wohnte, so tief in ihr drin.

    „Schaut euch bloß mein Shirt an! Ich bin pitschnass!" blökte Simone über den Pausenhof. Und wie nass Simone war, so was von nass. Wir betraten also zum richtigen Zeitpunkt die Szenerie und beobachteten, wie die umstehenden Jungs unnatürlich ihre Hälse verdrehten, die ungläubigen Augen aufrissen und nervös wurden. Schwachsinnig vor Erregung, standen sie neben ihren Pädagogen und feierten in seltener Eintracht das Leben. Die Typen waren aufgegeilt bis in die Haarspitzen, ihre Phantasie explodierte und sie verfluchten die kommenden Sommerferien. Sechs unvorstellbar lange Wochen ohne die begehrenswerteste Frau auf Erden und da übertreibe ich kein bisschen. Nichts! Was je in einem Film gezeigt wurde, in einem Magazin und schon gar nicht in unserer Kleinstadt oder sonst wo. Nichts! Rein gar nichts, was wir kannten, konnte Simone das Wasser reichen. Sie war so verfickt perfekt, ihr Körper war unheimlich anziehend, einfach nicht normal. Eine Außerirdische, die unter uns lebte und unsere Gehirne kontrollierte. Ich konnte Simone nicht ausstehen. Simone war nichts anderes als ein siebzehn Jahre zur Vollkommenheit gereifter Körper, aber was für einer. Geeint in unserem Verlangen wurden wir zu Sklaven unserer Vorstellung, Leibeigene eines Traums, einer Vision, was sich mit diesem Körper anstellen ließe. Simones Auftreten war stupide, selbstbewusst und ungemein herablassend. Spielerisch verarschte sie die Jungs, demütigte die Mädchen und führte die Welt um ihre Kurven herum, bis uns schwindlig wurde und sich alle übergaben vor lauter Herrlichkeit. Dabei spielte Simone ihre Spielchen geschickt. Diese kleinen und großen Gemeinheiten, die wir sonst nur aus schlechten amerikanischen Collegefilmen kannten. Simone beherrschte ihr Fach, die billigen Intrigen, genauso wie großes Drama. Instinktiv beherrschte sie ihre Umgebung, steuerte die Marionetten und somit auch mich. Ohne etwas zu beschönigen, Simone hätte mit mir machen können, was sie wollte. Es gab rein gar nichts, was ich ihr entgegensetzen konnte. Absolut nichts! Ihr Körper war zu mächtig. Ein Juwel, eine Mamou, die vorzüglich in einen dieser französischen Sechziger-Jahre Filme gepasst hätte. Ein Vollweib geschaffen für Film, Cannes und Schickeria. Die goldenen Laufstege von Paris. Vor dieser Frau versanken wir in einem stürmischen Meer aus Minderwertigkeitskomplexen, ohne Hoffnung, ohne jede Chance.

    „Das ist zu viel für mich, ich kann ihre Nippel nicht länger anstarren. sagte Stoffel, voller Abscheu und Respekt, worin ich ihn nur bestätigen konnte: „Ich verstehe das einfach nicht. Dieser Körper und dieses Gehirn. Wie, wo und warum trafen sie sich?

    „Los komm, lass uns hier verschwinden." sagte Stoffel und zog mich da weg. Mein treuer Freund befreite uns, nahm meine Hand und zerrte uns außer Sichtweite, in diesen rechteckigen, verglasten Kasten mit roter Sandsteinverkleidung. Wir standen also im Eingangsbereich des Gymis, vor der Kasse, wo uns zwei blumig gekleidete Hippiemädels empfingen. Mit Schlaghose, Wildlederweste und Margerite im Haar entsprachen die Mädels schon ehr meiner Vorstellung von Peace and Love.

    „All diese unschuldigen Geschöpfe liegen heute Nacht in unserer Obhut und ihre Eltern vertrauen darauf, dass wir sie beschützen. Unter Umständen mit dem Leben. Bist du bereit für diese schwere Bürde?" fragte Stoffel, so trocken, als gäbe es keine Ironie auf Erden. Dabei hätte ich die Mädels nur zu gerne beschützt, einfach weil ich sie gern hatte. Ich liebte sie alle, naja fast alle und fragte mich, wann sie wohl mich lieben würden. In meinen Gedanken, in meiner Welt, so wie ich sie mir wünschte, wie sie schön und gut war, da liebten mich die Frauen. Zumindest solange, bis ich aufwachte. Ich erinnerte mich an Stoffels Frage und wollte gerade antworten, etwas Ernst in die Unterhaltung werfen, da schwebte Jolene mit ihren Freundinnen vorbei. Ein bunter Schwarm, der lautlos und gut gelaunt dem Süden entgegen segelte, so aufregend und vielversprechend, mir blieb die Luft weg, als sie neben mir landete. So nah an meiner Seite, drehte Jolene ihren Kopf, keine Ahnung, vielleicht sogar um mich zu begrüßen. Ich wagte es nicht daran zu glauben, war unsicher, selbst dann noch als sie mir direkt in die Augen schaute, lächelte und vielleicht sogar auf eine Reaktion hoffte. Natürlich regte ich mich keinen Millimeter, stand da wie ein angefahrenes Einbahnstraßenschild und musste hilflos mitansehen, wie sich Jolene wieder ihren Freundinnen zuwandte. Komplett aus dem Spiel genommen, konnte ich erst wieder Luft schnappen, als Jolene bereits den Eintritt gezahlt hatte und die Aula betrat. Ich folgte ihr, ferngesteuert, unauffällig oder nicht, mir so was von egal. In Jolenes Nähe wollte ich sein, hoffte auf eine Chance, ein Wunder. Was ich brauchte, war ein Wunder, mehr nicht. Warum sollte auch kein Wunder geschehen? Wunder gibt es jeden Tag, überall in der Welt, selbst im abgelegensten Winkel, warum also nicht auch für mich? Ein Wunder wäre schön gewesen, stattdessen musste ich mitansehen, wie sich Jolene mit anderen Jungs unterhielt, wie dieses kleine Flittchen tatsächlich flirtete, so unbeschwert und mit sichtlichem Vergnügen. Ein kaum zu ertragender Anblick, wie sie ihre Vorzüge schamlos präsentierte. Eine Provokation, die meine Konkurrenten komplett schmerzbefreit ausnutzen. Diese gerissenen Nebenbuhler überschlugen ihr Talent, zauberten mitunter oder wuchsen über sich hinaus. Zumindest solange bis ihnen die Hitze zu Kopf stieg, ihre Synapsen überkochten und jegliche Hoffnung verglühte. Die Jungs verloren die Nerven, begannen zu stottern und es dauerte nicht lange bis die ersten Schmeißfliegen an Jolenes Charme verendeten. Ein lästiges Insekt nach dem anderen fiel zu Boden, Kadaver überall, verendeten die Ungläubigen in der Gnadenlosigkeit ihrer Schönheit. Ein Massaker, bei dem ich weder helfe konnte, noch wollte. Um bei der Wahrheit zu bleiben, beeindruckte mich diese routinierte Abfertigung so nachhaltig, dass ich jeglichen Mut verlor Jolene anzusprechen und aufgab. Niedergeschlagen und gebeugt setzte ich mich zu Stoffel an die Bar und bestellte ein Bier.

    „Wie läuft’s?" fragte er, ahnungslos was geschehen war.

    „Du hast diesen Kreuzzug nicht erlebt. Jolene und ihre Mädels hinterließen verbrannte Erde. Ein heiliger Krieg, ohne Gnade oder Reue. Ich kann dir sagen, diese erbarmungslose Nymphe wird mich zerfleischen, in Stücke reißen und abgenagt beiseite werfen."

    „Jetzt übertreibst du aber. Jolene ist ein ganz liebes Mädchen und soweit ich weiß Vegetarierin. Pass mal auf, Jolene freut sich bestimmt, wenn du sie ansprichst. Mach dir mal keine Sorgen, die Kraft ist in dir. Schon vergessen?"

    Stoffel schenkte mir einen aufmunternden Blick, strahlte Zuversicht aus und baute mich behutsam wieder auf. Wie ein begnadeter Trainer, dessen Mannschaft zur Halbzeit zurückliegt, aber genügend Potential besitzt, die Partie noch rumzureißen.

    Als ich Stoffel im Tischtennisverein kennenlernte, war mein Spiel nicht sonderlich

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