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Johnnys Erzählungen
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eBook241 Seiten2 Stunden

Johnnys Erzählungen

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Über dieses E-Book

„Ciao Bella!“ Zwei kleine Worte, die ein Leben verändern ...

In diesem Buch finden Sie Geschichten aus Johnnys geheimnisvoller Welt. Geschichten zum Lachen oder Weinen, zum Nachdenken oder Träumen.
Es sind Geschichten, die das Leben schrieb. Sie sind wahr und doch erfunden. Urteilen Sie selbst ....
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum24. Mai 2013
ISBN9783848279777
Johnnys Erzählungen
Autor

Ingeborg Münch

Es begann, als sie ihre kleine Tochter bekam und die junge Mutter ihr Töchterchen jeden Abend mit einer neuen schönen Geschichte ins Land der Träume schickte. Ingeborg Münch lässt Ritter kämpfen, Elfen fliegen, Bäume richten, Vögel sprechen und schafft es so, Träume ein bisschen Wirklichkeit werden zu lassen. Irgendwann fing sie an, diese Geschichten auf Papier festzuhalten. Damit schafft Ingeborg es immer wieder, Jung und Alt auf verschiedenen Lesungen zu fesseln und die Menschen für einen Augenblick aus dem grauen Alltag fliehen zu lassen. Etliche Auszeichnungen sprechen für sich. Ingeborg Münch wurde in Krefeld geboren und lebt heute mit ihrer Familie in Brunsbüttel.

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    Buchvorschau

    Johnnys Erzählungen - Ingeborg Münch

    JOHNNY … MEIN GANZ BESONDERER FREUND

    Johnny … mein ganz besonderer Freund

    Heute ist Sonntag, ein ganz besonderer Sonntag. Denn es ist ein 29. Februar. Eigentlich ein schöner Sonntag. Es ist nachmittags um vierzehn Uhr fünfzig.

    Es liegt feiner, weißer Schnee und die Sonne scheint, so als wollte sie sagen: He Leute, Frühling in Sicht.

    Da sticht mich der Hafer. Ich hole meinen alten Strandkorb heraus und stelle ihn in die Sonne. Denn ich liebe die Sonne. Dann mache ich es mir mit einer dicken Decke und einem noch dickeren Eis und einer Illustrierten in dem Strandkorb gemütlich. Ich esse genüsslich mein Erdbeer-Schokolade-Cappucchino-Eis und blättere und lese in aller Ruhe in der Zeitschrift. Mir ist überhaupt nicht kalt. Im Gegenteil, es ist so kuschelig warm unter der Decke, dass ich mir einbilden könnte, es wäre gar nicht mehr Winter. Herrlich! Ich habe das Gefühl, ich könnte den Frühling schon riechen. Das Leben kann doch schön sein.

    Da fällt mein Blick auf einen Schreibwettbewerb zum Thema Freundschaft.

    He, das ist doch was für mich, da mach ich gleich mit, denke ich übermütig.

    Denn normalerweise schüttele ich solche Geschichten aus dem Ärmel, schreibe sie sozusagen mit links.

    Also räume ich alles wieder ein und mache mich gleich ans Werk.

    Aber heute sitze ich vor meinem Computer und die Sonne geht langsam unter. Es wird dunkel und der leere Bildschirm grinst mich unverschämt an. Er zieht eine Fratze. Er lacht hämisch. Ich tippe Wörter und lösche sie, tippe und lösche. Wenn ich auf einer alten Schreibmaschine schreiben würde, läge jetzt wahrscheinlich der ganze Fußboden voll zerknülltem Papier. Ich habe das Gefühl, ich sei in meinem Sessel festgewachsen. Wahrscheinlich setze ich schon Spinnweben an und habe Schwielen am Hintern. Vielleicht sollte ich Stützstrümpfe anziehen, wie die Reisenden auf Langstreckenflügen. Sonst bekomme ich noch Thrombose.

    Ach, wäre ich doch bloß in meinem Strandkorb geblieben und hätte lieber noch ein Eis gegessen!

    Der Bildschirm bleibt leer. Die Zeiger der Uhr rennen erbarmungslos, sie scheinen vor mir wegzulaufen. Ich kann sie beinahe verstehen, denn weglaufen würde ich jetzt auch am liebsten. Mich verlässt nämlich der Mut. Hilfe, mein Gehirn ist leer!

    Da höre ich hinter mir ein leises taps, taps, taps. Es ist für mich ein allzu bekanntes Geräusch. Das ist das Geräusch, das entsteht, wenn kleine nackte Pfoten auf den Teppichboden treffen.

    Dann höre ich Geraschel und schon spüre ich eine kleine vertraute Pfote auf meiner Schulter und höre nichts weiter als ein: Na, ich denke, ein Kaffee wäre jetzt nicht schlecht. Ich drehe mich um. Es ist Johnny. Er ist auf den Schreibtisch geklettert und schaut mir jetzt über die Schulter, und ich sehe in sein vertrautes Gesicht.

    Johnny ist ein kleiner, immerhin fünfundvierzig Zentimeter großer Teddybär.

    Neunundvierzig Zentimeter bitte. Mache mich doch nicht immer kleiner als ich bin. Ich sag ja auch nicht, du wärest einhundertfünfundfünfzig Zentimeter.

    Entschuldigung, neunundvierzig Zentimeter.

    In dem Punkt ist er sehr eigen.

    Wie schon erwähnt, Johnny ist ein Teddybär. Er hat ein kurzes, dichtes Fell, das eine Farbe hat wie Milchkaffee. Sein Kopf ist ziemlich rund und er hat zwei ganz niedliche Ohren.

    Natürlich zwei, wie viele denn sonst?, mischt Johnny sich ein.

    Er hat eine dicke Nase mit einem dunkelbraunen Kreis in der Mitte. Links und rechts auf der Nase hat er je sechs Punkte, einer in der Mitte und fünf drum herum. Und sein Mund sieht aus, als würde er nach innen küssen. So wie das Kussmündchen von Wum und Wendelin, nur andersherum. Außerdem hat Johnny die schönsten dunkelbraunen Kulleraugen, die ich kenne. Wenn ich da hineinsiehe, kann ich glatt darin versinken. Auf der Stirn hat er eine senkrechte Falte. Sie ist tatsächlich senkrecht, nicht waagerecht.

    Johnny sagt immer: Die kommt vom vielen Denken.

    Du nimmst mich nicht ernst.

    Doch!, antworte ich und streiche über seine Stirn.

    Er hat an seinen Pfoten vier Finger und vier Zehen.

    An jeder Pfote vier, unterbricht er mich.

    Mein Bär ist ziemlich eitel, deswegen passt er ganz genau auf, was ich schreibe.

    Vergiss nicht zu schreiben, dass ich nicht nackt herumlaufe. Man weiß schließlich, was sich gehört. Außerdem ist es im Winter ganz schön kalt.

    Vergaß ich zu erwähnen, dass er ein Fell hat, wie alle anderen Bären auch und deswegen gar nicht nackt sein kann? Jedenfalls trägt er eine blaue Jeans mit Latz, ein kariertes Hemd, eine weiße Schaffellweste und eine richtige Jungs unterhose. Die Weste ist natürlich nicht aus echtem Fell, sie sieht nur so aus.

    Musstest du das mit der Unterhose erwähnen? Ist doch ziemlich intim, sagt er und fügt hinzu: Vergiss meine Armbanduhr nicht.

    Ja, Johnny trägt tatsächlich eine Armbanduhr, mit Quarzwerk, Zeigern und LED-Anzeige.

    Und Datum. Los, erzähl von meinem SchweiZER-OffiZIERS-MeSSER.

    Dabei macht er mit dem linken Bein eine Bewegung als wollte er zum Stechschritt ausholen. Außerdem betont er jeweils die zweite Silbe der Wörter besonders, sodass diese lauter und höher klingen. SchweiZER-OffiZIERS-MeSSER! Es ist schwer zu beschreiben, man muss es einfach von ihm hören.

    Und er hat ein rotes Original-Schweizer-Taschenmesser in seiner Tasche, die vorne auf den Latz genäht ist. Wenn er wütend ist, holt er es heraus, klappt es aus, streckt sein linkes Bein nach vorne und sagt: Ich hab ein SchweiZER-OffiZIERS-MeSSER.

    Und Johnny ist Linkspföter und … er spricht, aber nur mit mir. Das hat mich leider schon in peinliche Situationen gebracht. Ich habe ihm nämlich geantwortet und die anderen dachten, ich führe Selbstgespräche.

    Johnny hat eine schöne melodische Stimme. Wenn er allerdings aufgeregt oder wütend ist, überschlägt sie sich manchmal.

    Wolltest du nicht Kaffee kochen?

    Er sieht mich an, und macht eine typische Pfotenbewegung, so als ob man ein Glas an den Mund führt.

    Und wie wäre es mit einem Cognac?, fügt er noch hinzu.

    Johnny hat nämlich ein Laster. Er liebt Alkohol. Nein, Alkoholiker ist er nicht. Nur einmal hatte er einen Schwips. Als er zum ersten Mal Bier getrunken hat, war er ein wenig zu gierig. Danach hat sich alles in seinem Kopf gedreht und er hat furchtbar gelitten.

    Außerdem mag er Kettensägen und kann Blut sehen. Trotzdem würde er nie rohes Fleisch essen, auch keine Steaks.

    Ich bin doch kein Barbar, entrüstet er sich sofort.

    Und wahrscheinlich ist er der einzige Bär, der rot werden kann. Wenn er sich schämt, oder ihm etwas peinlich ist, wird er richtig verlegen, wie ein Mensch. Dann glüht seine dicke runde Nase. In solchen Momenten finde ich ihn immer besonders süß.

    Kaffee!, höre ich ihn ungeduldig werden.

    Deshalb stehe ich auf, gehe in die Küche und koche mir, Pardon, uns, einen schönen starken Kaffee. Ein paar Vollkornkekse finde ich auch noch. Wenigstens etwas. Ich begebe mich zurück in die Höhle des Bären. Den Cognac lasse ich sicherheitshalber im Schrank. Johnny guckt beleidigt und beißt in einen Keks.

    Warum ich plötzlich an Die Feuerzangenbowle denken muss, weiß ich auch nicht so genau. Das ist doch der Filmklassiker, in dem die Schüler Martin, Johnny und Matz mit ihrem Lehrer Justus Lernen zu einem Abenteuer machen und das Hohelied der Freundschaft singen. Und wo der Lehrer den berühmten Satz sagt: Wat is'n Dampfmaschien? Da stelle mer uns ma janz dumm und saaren, en Dampfmaschien, dat is'ene jroße runde schwarze Raum. Un de jroße runde schwarze Raum, der hat zwei Löcher, dat eine Loch, da kömmt de Dampf erein un dat andere Loch, dat krieje mer später …

    An einen großen schwarzen Raum mit einem besonders großen schwarzen Loch in meinem Leben kann ich mich noch sehr gut erinnern.

    Damals habe ich mich oft so gefühlt, als hätte mich das große schwarze Loch aufgesaugt und würde mir den Boden unter den Füßen wegreißen. Aber es stieß mich nicht wieder hinaus, es hielt mich fest. Alles riss und zerrte an und in mir. Ich schwankte zwischen Ohnmacht, Wut und Verzweiflung. In meinem Kopf tobte ein Orkan. Ich hatte furchtbare Gedanken.

    Nachts, wenn ich wach in meinem Bett lag, patrouillierten scharfe Rasierklingen über meinen Pulsadern auf und ab und ganze Blisterpackungen Tabletten mit grauenhaftem Geschmack öffneten sich von alleine und füllten große Wassergläser.

    Die Papiertaschentuchindustrie erlebte durch mich einen neuen Aufschwung. Ich erwartete fast, dass deren Aktien stiegen.

    Und ich hatte Rachegedanken, die so grausam waren, dass mir vor mir selber graute. Genüsslich stach ich zu, würgte und ohrfeigte. Dann wieder schämte ich mich für diese Gedanken und fasste, wie ich dachte, vernünftige Entschlüsse.

    Stundenlang probte ich klärende Gespräche, die dann doch nie geführt wurden. Dann wieder schrieb ich E-Mails, in denen ich um die Beantwortung meiner Fragen bat, oder E-Mails, in denen ich einer gewissen Person die Freundschaft kündigte. Abgeschickt habe ich diese Zeilen nie.

    Stattdessen hörte ich auf den Rat anderer und ich verhielt mich ruhig und gefasst, oder besser gesagt, ich bemühte mich. Das klappte aber nicht immer, denn ich litt wie ein Hund. Ich durchlitt fürchterliche Höllenqualen.

    Und wenn Johnny nicht gewesen wäre, würde ich wahrscheinlich heute nicht hier sitzen.

    Einmal, als ich mich nachts wieder mal schlaflos hin und her wälzte und mein Bett unter den Bergen nasser Taschentücher zusammenzubrechen drohte, war er es, der mich zum Lachen brachte. Er lag neben mir. Und normalerweise hasst er es, wenn ich ihn nachts aufwecke, weil ich mal wieder nicht schlafen kann. Schließlich braucht er seinen Schönheitsschlaf.

    Da richtete er sich plötzlich auf, stützte sich auf seine linke Pfote und sagte ganz trocken: Haste ihn dir eejentlich schon ma inne zu jroße Boxershorts mit Mickymäusen druff, vorjestellt? Mit seene Haare uffe Beene?

    Ich musste so doll lachen, dass ich mich an meiner eigenen Spucke verschluckte und einen Hustenanfall bekam.

    Aber Johnny hatte ja recht.

    Das ist alles schon einige Jahre her. Diesen Exfreund habe ich überlebt. Er war es einfach nicht wert, dass ich seinetwegen so gelitten habe. Und noch weniger meine ehemals beste Freundin. Die beiden hatten nämlich ihre Gefühle füreinander entdeckt.

    Heute sehe ich sie manchmal auf der Straße. Die Straßenseite wechsele ich ihretwegen schon lange nicht mehr. Im Gegenteil, wenn ich die zwei sehe, denke ich, dass mir einiges erspart geblieben ist, nicht nur an Gewicht.

    Und wer auch immer damals zu mir gesagt hat: Lass die beiden ziehen!, denjenigen könnte ich nachträglich küssen, er hatte ja so recht.

    Ich glaube sogar, dass es mein Johnny war.

    Was schon alles im Namen der Freundschaft angerichtet wurde! Leute, die vorgeben, jemandes Freund zu sein, meinen es nicht immer ehrlich.

    Dazu fällt mir ein gewisser Judas Ischariot ein und sein Bruderkuss. Oder Sekten und deren Gurus, die sich ja alle so furchtbar lieb haben. Ganz zu schweigen von gewissen Politikern, die sich so gerne öffentlich geküsst haben, und deren Lieblingswort Freundschaft war, und die dann kalt lächelnd mit ihren Freunden Sibirien bevölkerten, und ihre anderen Freunde sogar durch eine hohe Mauer schützten. Ach ja, nicht zu vergessen die vielen Agenten, die ihren besten Freunden kleine Kameras schenkten, damit sie damit heimlich spannende Fotos für sie machen konnten.

    Und wie oft sind gerade die sogenannten besten Freunde wie vom Erdboden verschluckt, wenn man in Not gerät und sie am dringendsten braucht?!

    Sei doch nicht immer so gefrustet, unterbricht Johnny mich, du hast doch mich.

    Da hat er allerdings recht.

    Ich nehme ihn spontan in den Arm, was er natürlich gleich wieder ausnutzt.

    Duuu, so wie er das Du lang zieht, weiß ich gleich, was kommt. Auf unsere Freundschaft könnten wir doch heute Abend anstoßen.

    Womit, mit Waldmeisterbrause?, necke ich ihn.

    Mannoo, das weißt du ganz genau.

    Er stampft mit seinem kleinen Fuß energisch auf. Ich finde, man kann den Protest an der Intensität des dabei entstehenden Geräusches erkennen.

    Wir können es uns doch so richtig gemütlich machen, mit der Decke auf die Couch, was Leckeres zum Naschen und ein gaaanz klitzekleines Gläschen?

    Dabei sieht er mich wieder so süß an und zieht sein berühmtes Schnütchen.

    O.k. überredet, aber nur ein Glas.

    Da bekomme ich einen ganz dicken feuchten Smack von ihm.

    Schlawiner.

    Diesem Bären kann ich einfach nichts abschlagen und schon gar nicht böse sein. Das konnte ich noch nie.

    Am 20. Oktober lebt er schon neunzehn Jahre bei mir. Wir feiern diesen Tag immer als seinen Geburtstag, weil wir ja nicht wirklich wissen, wann er geboren wurde.

    Wir beide sagen immer: geboren, weil er fertiggestellt oder genäht nicht mag. Was ich sehr gut verstehen kann.

    Damals ging ich durch einen Spielzeugladen, weil ich ein Geschenk für meine kleine Nichte suchte. Während ich an einem Regal mit Plüschtieren vorbei ging, hörte ich plötzlich hinter mir eine Stimme.

    Diese Stimme sagte: Ciao Bella.

    Das klang so sehr nach Italiener, dass ich mich spontan umsah. Aber hinter mir war niemand. Ich blickte nach links. Linkshänder gucken immer zuerst nach links.

    Da fiel mein Blick auf ein ganzes Regal voll kleiner Bären, die alle gleich aussahen, alle mit Latzjeans und kariertem Hemd.

    Und dazwischen saß ein kleiner milchkaffeefarbener Bär, der mir ein Äuglein kniff.

    Peng!! Da war es um mich geschehen! Es war Liebe auf den ersten Blick. Ich prustete los vor Lachen. Es war aber auch zu komisch. Da saß ein kleiner Stoffbär und machte mich an wie ein italienischer Macho.

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