DAS CORINNA-VIRUS & 5 VOR 12 IM BUNDESTAG
Von Mäander Visby
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Über dieses E-Book
DAS CORINNA-VIRUS handelt von der Schülerin Corinna, die sich mit dem Coronavirus angesteckt hat. Als sie mit Symptomen nach Hause kommt, wartet dort eine ganz andere heikle Angelegenheit, die die ganze Familie betrifft.
5 VOR 12 IM BUNDESTAG thematisiert eine Führung durch den Bundestag, wobei der Eindruck entsteht, dass nicht nur unter der sonderbaren Besuchergruppe etwas gehörig aus dem Ruder gelaufen ist, sondern auch im Plenarsaal selbst.
Mäander Visby
*1985 Thüringen.
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Buchvorschau
DAS CORINNA-VIRUS & 5 VOR 12 IM BUNDESTAG - Mäander Visby
DAS CORINNA-VIRUS
EINE KOMÖDIE
VON MÄANDER VISBY
PERSONEN
MARIUS LEIMBACH
– Theaterregisseur
HALIMA LEIMBACH
– Krankenschwester
VERONIKA VON EITZEN
– Schauspielerin
LORENZ VON EITZEN
– Politiker
CONSTANZE LEIMBACH
– Rentnerin
CARLO LEIMBACH
– Rentner
CORINNA LEIMBACH
– Schülerin
DR. MAXIMILIAN MOHR
– Virologe
Der Mensch ist am wenigsten er selbst, wenn er für sich selbst spricht –
Gib ihm eine Maske, und er wird dir die Wahrheit sagen.
Oscar Wilde
Eine traurige Seele kann einen schneller töten,
viel schneller, als ein Krankheitskeim.
John Steinbeck
Das Wohnzimmer der Familie Leimbach:
Ein Sofa, zwei Sessel, ein Fernseher, eine Minibar und reichlich Platz an der linken hinteren Wand.
Marius Leimbach sitzt allein auf dem Sofa.
MARIUS LEIMBACH
Ein Jahr, zwei Frauen und drei Wege,
Die kamen hübsch sich ins Gehege,
Dass mir es wurde schwarz vor Augen –
Ein schwarzes Jahr im wahrsten Sinne,
Mit mehr Verlusten als Gewinne,
Und einen Wunsch, der wollt' nicht taugen.
Ein Wunsch, der sprechen sollte Bände,
Und mit der Zeit, am Jahresende –
Ach, liefe es nur wie am Schnürchen –,
Erfüllt, gestillt nach meinem Willen.
Da hörte ich die Glocken schrillen,
Und öffnen tat sich mir ein Türchen.
Ein Türchen, dort im Wald, entlegen –
Der Ursprung von drei schmalen Wegen,
Soweit der Blick durchstreift die Ferne,
Von Bäumen, Ästen und Gewächsen,
Vorbei an Zwerge, Feen, Hexen,
Bis zu dem Funkeln heller Sterne.
Der erste Weg ist schlicht der alte,
Von dem ich zwar enorm was halte,
Doch der am meisten mich auch quälte,
Und zu bequem zu gehen wäre.
Bei meiner Seele, meiner Ehre,
War ich es, der den Weg einst wählte?
Der zweite Weg ist längst der neue,
Vor dem zu gehen ich mich scheue,
Doch Lust verspür' ihn zu bestreiten,
Wie lange Zeit zuvor den alten,
Wenngleich er lässt sich schwer gestalten,
Der Weg mit seinen Schattenseiten.
Der dritte Weg ist der bekannte,
Den ich schon rauf und runter rannte,
Der mich an viele Ziele brachte,
Auf den ich immer setzen konnte,
Der mich erfrischte und mich sonnte,
Mich glücklich und zufrieden machte.
Nun steh' ich da, zur Jahreswende,
Noch immer vor der Tür am Ende
Und schau' zerrissen auf die Wege,
Die wollen ein das Herz mir kleiden –
Ich müsse nur mich noch entscheiden,
Welch Stil mir denn am besten läge.
Mit der Entscheidung nun versehen –
Ich kann bloß einen Weg begehen,
Den einen Weg in meinem Leben,
Der führt mich an mein Lebensende.
So denn voran, mit Mut behände!
Ich werd' mich auf den Weg begeben.
Auftritt Halima Leimbach, Lorenz und Veronika von Eitzen.
HALIMA LEIMBACH
Treten Sie nur ein und nehmen Sie Platz.
LORENZ VON EITZEN
Das ist sehr freundlich, aber ich denke nicht, dass wir uns so lange aufhalten werden, um dieses Problem zu lösen. Nichtsdestotrotz bedanke ich mich schon einmal im Voraus für die Einladung, Frau Leimbach...
HALIMA LEIMBACH
Halima. Nennen Sie mich ruhig Halima.
LORENZ VON EITZEN
Angenehm. Lorenz von Eitzen.
HALIMA LEIMBACH
Der Politiker, nicht wahr?
LORENZ VON EITZEN
Richtig! Und merklich in Eile, denn ich habe eine wichtige Funktion in Zeiten der Krise wahrzunehmen, was man von unseren Ehepartnern nicht gerade behaupten kann.
VERONIKA VON EITZEN
Aber Lorenz, das Coronavirus betrifft uns alle. Jeder Bürger hat eine wichtige Funktion inne, damit sich das Virus nicht weiter ausbreiten kann, und zum Zwecke der Heilung.
Marius Leimbach erhebt sich und begrüßt Veronika von Eitzen dezent.
MARIUS LEIMBACH
Was noch lange nicht Grund genug ist, die Theater zu schließen. Sie haben mir und Ihrer Frau die Arbeit weggenommen!
LORENZ VON EITZEN
Vielleicht ist es ganz hilfreich, wenn Sie sich beide für eine ungewisse Zeit nicht mehr in die Augen schauen, mit anderen Worten: Sie meiner Frau nicht sagen können, was sie im Allgemeinen auf der Bühne und im Besonderen abseits davon zu tun hat. In manchen Situationen wäre es doch klüger gewesen, ihr zu sagen, was sie zu unterlassen hat. Meinen Sie nicht auch?
MARIUS LEIMBACH
Wollen Sie etwa damit andeuten, dass ich an allem die Schuld trage?
LORENZ VON EITZEN
Haben Sie die denn nicht?
HALIMA LEIMBACH
Wollen wir uns nicht doch alle zuvor einmal setzen? In der Politik erscheint es mir ebenso gang und gäbe zu sein, im Sitzen zu debattieren, anstatt sich die Beine entsetzlich in den Bauch zu stehen.
LORENZ VON EITZEN
Sie haben recht, Halima. Entschuldigen Sie meine natürliche Vorsicht.
Lorenz und Veronika von Eitzen setzen sich nebeneinander auf das Sofa.
Marius Leimbach setzt sich auf den Sessel rechts daneben.
HALIMA LEIMBACH
Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?
LORENZ VON EITZEN
Ein Mineralwasser, bitte, mit Sprudel.
VERONIKA VON EITZEN
Einen Gin Tonic, bitte, wenn es Ihnen keine Umstände macht.
LORENZ VON EITZEN
Findest du wirklich, dass solch ein emotionsgeladenes Getränk – in dieser spürbar aufgeheizten Atmosphäre und beinahe ausweglosen Situation, in der es schon schwierig genug sein wird, einen kühlen und klaren Kopf zu bewahren – in irgendeiner Weise gerechtfertigt ist? Wir sind weder zum Vergnügen hier noch ist dies eine Theaterkantine, wo man sich nach der inakzeptablen Vorstellung gemütlich auf einen Plausch zum verdrängenden Alkoholkonsum trifft.
VERONIKA VON EITZEN
Ich nehme auch ein Mineralwasser, bitte.
LORENZ VON EITZEN
Wenn es möglich ist, bitte ein stilles Wasser für meine Frau, denn sie ist tief.
Halima Leimbach bringt jeweils den beiden Gästen und sich ein Glas Mineralwasser und setzt sich daraufhin auf den Sessel links neben dem Sofa.
Anschließend steht Marius Leimbach auf und holt sich ebenso ein Mineralwasser.
VERONIKA VON EITZEN
Das Interieur haben Sie ja fast gebetsmühlenartig familiär eingerichtet. Familiär, aber exquisiter Geschmack.
HALIMA LEIMBACH
Wir haben ja auch eine Tochter, falls Sie das noch nicht wussten oder vielleicht doch wussten, aber Ihnen es nichts ausgemacht hat.
MARIUS LEIMBACH
Und meine Eltern wohnen bei uns – ein zusammengepferchtes Mehrfamilienhaus sozusagen.
HALIMA LEIMBACH
Wir wohnen bei seinen Eltern, wollte mein Mann damit sagen.
VERONIKA VON EITZEN
Wir hätten uns andernfalls im Hause von Eitzen treffen können, wenn es Ihnen an Platz mangelt.
HALIMA LEIMBACH
Ich denke, dass mein Mann hinreichend im Hause von Eitzen ein- und ausgegangen ist, sodass ich keinerlei Bedürfnis verspüre, den Ort einer Serientat zu begutachten, ohne mir die beiden Leichen dabei geistig vorstellen zu müssen.
LORENZ VON EITZEN
Wie lange wird diese Affäre schon geheim gehalten? Nun denn, die Karten auf den Tisch!
Marius Leimbach setzt sich wieder auf den Sessel rechts neben dem Sofa.
MARIUS LEIMBACH
Diese Bagatelle geht seit der ersten Leseprobe.
LORENZ VON EITZEN
In Zahlen ausgedrückt?
VERONIKA VON EITZEN
In etwa zwei Monate.
HALIMA LEIMBACH
Das sind in etwa zwei Monate zu viel!
LORENZ VON EITZEN
Wenn das in die Öffentlichkeit gerät, kann ich mir den Gipfelsturm abschminken, weil die Leute sagen werden, dass ich nicht mal meine eigene Frau führen kann. Wie sollte ich demnach ein ganzes Bundesland führen können? Unter meiner Ägide werden doch die Bürger zu Ehebrechern und aufs Kreuz gelegte – eine Gesellschaft, die man sich nicht einmal in seinen Albträumen vorstellen möchte.
MARIUS LEIMBACH
Mein Reden, Herr von Eitzen! Es tut mir leid!
VERONIKA VON EITZEN
Das sollte es dir nicht, wenn es meinem Mann bloß um seine Außenwirkung geht, aber innerlich der Fall überhaupt keine Wirkung zeigt.
HALIMA LEIMBACH
Bei mir hast du dich noch nicht entschuldigt.
MARIUS LEIMBACH
Nicht jetzt, Liebes! Sehr geehrter Herr von Eitzen, Lorenz... Ist es Ihnen recht, wenn ich Sie Lorenz nenne?
LORENZ VON EITZEN
Nein!
MARIUS LEIMBACH
Mein Lieber von Eitzen...
LORENZ VON EITZEN
Ich bin ebenso wenig Ihr Lieber!
MARIUS LEIMBACH
Also Herr von Eitzen...
LORENZ VON EITZEN
Sind Sie der Politiker oder ich?! Kommen Sie zum Punkt! Wie bereits erwähnt, fehlt mir die Zeit und die Ausdauer, mich mit meiner persönlichen Krise zu beschäftigen, wenn ganz Deutschland einer Krise entgegensteuert, die den Strudel der Liebe auf das tödlichste übersteigt.
HALIMA LEIMBACH
Sie nehmen also die Affäre zwischen Ihrer Frau und meinem Mann so mir nichts dir nichts hin?
LORENZ VON EITZEN
Das habe ich im Wortlaut dergleichen nicht gesagt. Hören Sie mir genau zu, dann können Sie eventuell noch was lernen!
HALIMA LEIMBACH
Na, aber hören Sie mal...
LORENZ VON EITZEN
Nein, Sie sollen ja mir zuhören!
HALIMA LEIMBACH
Entschuldigung! Dann habe ich Sie tatsächlich falsch verstanden.
MARIUS LEIMBACH
Du musst dich nun wirklich nicht bei ihm entschuldigen.
LORENZ VON EITZEN
Ich nehme Ihre Entschuldigung an, werte Halima.
MARIUS LEIMBACH
Nennen Sie meine Frau nicht beim Vornamen! Das verbitte ich mir!
LORENZ VON EITZEN
Ihre Frau war so freundlich, mir ihren Vornamen anzubieten, als Sie wahrscheinlich in Gedanken ausschließlich bei meiner Frau waren.
MARIUS LEIMBACH
Ich habe das Wohlwollen meiner Frau vernommen, doch im Augenblick bin ich damit ganz und gar nicht einverstanden.
HALIMA LEIMBACH
Glaubst du nicht, dass ich ebenso wenig damit einverstanden sein konnte, als du unser Hochzeitsgelübde gebrochen hast, indem du dich mit dieser Kokotte einlassen musstest?
VERONIKA VON EITZEN
Können wir nicht alle etwas die Schärfe aus unserem taktlosen Unterton herausnehmen, sodass es annährend zu einem Gespräch kommen kann, dessen Inhalt die vorliegende verzwickte Situation zu klären imstande ist?
HALIMA LEIMBACH
Sie halten sich doch fraglos für unwiderstehlich, drum sollten Sie vielleicht Ihre Gewürzmischung etwas weniger dick auftragen, damit nicht unbescholtene Männer sich ihre Zungen an Ihnen verbrennen.
VERONIKA VON EITZEN
Denken Sie, es ist allein meine Schuld, dass es bis zu einem Liebesverhältnis kommen musste?
HALIMA LEIMBACH & LORENZ VON EITZEN
Ja!
VERONIKA VON EITZEN
Ich kann auch umgehend das Haus wieder verlassen...
MARIUS LEIMBACH
Hört! Hört! Diese Art der Empörung hast du im Theater gelernt.
LORENZ VON EITZEN
Du bleibst, solange ich bleiben muss, und ob wir danach noch gemeinsam gehen werden, wird sich nach diesem eruierenden Gipfeltreffen herausstellen, wenn es denn erstmal den alternativlosen Auf- beziehungsweise Einstieg gefunden hat.
MARIUS LEIMBACH
Sie haben dummerweise den Prolog verpasst... Das ist jammerschade!
HALIMA LEIMBACH
Wir sind hier nicht im Theater und deine Schauspieler sind wir schon lange nicht! Du brauchst uns keine Anweisungen geben oder uns die Worte in den Mund legen.
VERONIKA VON EITZEN
Denkst du ernsthaft darüber nach, mich verlassen zu wollen?
MARIUS LEIMBACH
Das war das Stichwort, Herr von Eitzen, und ein Einstieg nach Maß. Antworten Sie ihr nur!
LORENZ VON EITZEN
Ich will dich nicht verlassen, aber ich werde es tun müssen, wenn du gegen meine ureigenen Parteigesetze verstoßen hast. Dann habe ich keine andere Wahl, als ein Ausschlussverfahren gegen dich einzuleiten, was, von mir selbst vollblütig agitiert, nicht in Abrede gestellt wird.
VERONIKA VON EITZEN
Ich bin weder in deiner Partei noch halte ich mich an deine Gesetze! Ich trenne ja nicht einmal den Müll!
HALIMA LEIMBACH
Dagegen ist kein Kraut gewachsen!
LORENZ VON EITZEN
Bedauerlich, aber ich verzeihe dir das!
MARIUS LEIMBACH
Ja, wenn Sie ihr solch schwerwiegendes Verbrechen schon verzeihen können, dann sollten Sie in der Bewältigung dieses klitzekleinen Verkehrsdelikts überhaupt keine Herausforderung sehen. Die Ampel war rot, richtig, doch wir konnten einander schlechthin nicht mehr auf die Bremse treten.
LORENZ VON EITZEN
Ist das Ihr Verständnis von Bagatelle? Dann sind Ihnen die involvierten, aber unbescholtenen Verkehrsteilnehmer also nicht mit dem Schulterblick aufgefallen?
MARIUS LEIMBACH
Ich blicke nie zurück!
HALIMA LEIMBACH
Ich muss mich für meinen Mann bei Ihnen entschuldigen! Manchmal habe ich die Vermutung, dass er es einfach nicht besser weiß.
LORENZ VON EITZEN
Hören Sie auf, sich bei mir ständig zu entschuldigen! Wir beide halten uns ausdrücklich an die Straßenverkehrsordnung und haben uns gegenseitig rein gar nichts vorzuwerfen.
HALIMA LEIMBACH
Da bin ich ganz Ihrer Meinung, wenngleich ich Sie nicht gewählt habe und einräume, für Ihre Partei kein gutes Wort übrig zu haben.
LORENZ VON EITZEN
Ich danke Ihnen für Ihre Ehrlichkeit, liebe Halima! Ich würde sie mir nur gleichfalls in aller Deutlichkeit von meiner Frau und Ihrem Mann wünschen. Heraus mit der Sprache! Wie