Sterbewache: Am Totenbett meines Vaters
Von Arnold Illhardt
()
Über dieses E-Book
Das vorliegende Buch ist ein Protokoll dieser Nacht. In ihr führte Arnold Illhardt eine Art Zwiegespräch: mit seinem Vater, dem Tod, mit Gott, mit Personen, die in dieser Nacht eine Rolle spielten. In die Gespräche fließen aber auch Gedanken über Themen der Philosophie, Theologie, Psychologie, Medizin und medizinischer Ethik ein.
An diesen Gedanken und Gefühlen, an den "todernsten" wie auch humorvollen Momenten lässt Arnold Illhardt die Leserinnen und vor allem Leser - denn gerade Männer flüchten sich oft in Verdrängungsprozesse - in großer Offenheit teilnehmen: Wer darüber redet, beginnt den Tod als Teil des Lebens zu begreifen.
Ähnlich wie Sterbewache
Ähnliche E-Books
Schattenseiten Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMeine rosa Wolke: Ein Leben ohne Dich! Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBetrachtungen zur Psyche Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen............und ewig währt, was längst schon fort!: Trauerbegleitung, Gedichte und Gedanken zum Tod eines Kindes Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenTote Augen – stumme Schreie: vom Leid sexuell missbrauchter Kinder Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen999 - Genesis Ant: Teil I Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBittersüße Schokolade: Aus dem Leben einer multiplen Persönlichkeit Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Leben ist tödlich - darüber reden nicht.: fertig. Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenZeilen aus dem Jenseits: Erfahrungsberichte von Drüben Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie unheimliche Magie der Psychose Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEine sonderbare Stille: Warum der Tod ins Leben gehört Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGrenzsprung: Mut-mach-Geschichten fürs Leben Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIch weinte nicht, als Vater starb … und hasste Sex, bis ich Liebe fand: Geschichte eines Inzests und einer Heilung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie jungen Depressiven: und ein Weg durchzukommen Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5LEBE - denn du stirbst!: Wie du dir dein Leben zurückholst! Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMein Leben als Maskenträgerin: Selbstverletzendes Verhalten aus betroffener Sicht erklärt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBruderherz - Mein Weg mit Jesus Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMein Leben mit dem Tod: ...warum wir sind, wie wir sind Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIm Bus ganz hinten: Eine deutsche Geschichte Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBye: Wir sprechen von Tod, Abschied und dem, was bleibt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMademoiselle klopft an meine Tür!: Der eigene Weg mit der Depression und eine Portion Humor Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenTödliche Gifte: Erzählungen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenÜberWunden: Die wahre Geschichte einer zerstörerischen Liebe, tiefer Verletzungen und großer Wunder. Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHilflos -Ratlos - Ziellos: Corona mit Nebenwirkungen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenChegara: Schwarz & Weiß ist nicht melancholisch, sondern poetisch. Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKELLERKIND Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenZurück zum guten Bauchgefühl - Folgewunder als Seelenretter? Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBleib wach und lies!!: Gedankenwolken Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas willst du gar nicht wissen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Christentum für Sie
Maria und das Alte Testament Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenCompendium Wortschatz Deutsch-Deutsch, erweiterte Neuausgabe: 2. erweiterte Neuausgabe Bewertung: 3 von 5 Sternen3/5Dieses Kreuz: Weil die Liebe stärker ist Bewertung: 1 von 5 Sternen1/5Bibel trifft Koran: Eine Gegenüberstellung zu Fragen des Lebens Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBerufung: Eine neue Sicht für unsere Arbeit Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5SeniorenWerkbuch Bibel: Bibelarbeiten, Gottesdienstgestaltung, Bausteine für Gruppen und Gemeinde Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGestalten des Bösen: Der Teufel – ein theologisches Relikt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenVom innersten Grunde - Mystische Schriften Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Vaterunser: Ein Gebet für alle Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenPardon, ich bin Christ: Neu übersetzt zum 50. Todestag von C. S. Lewis Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Der Rebell - Martin Luther und die Reformation: Ein SPIEGEL E-Book Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEffektives Bibelstudium: Die Bibel verstehen und auslegen Bewertung: 3 von 5 Sternen3/5Leben in der Nachfolge: Texte von Dietrich Bonhoeffer Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLust auf Land: Biblische Seiten des Landlebens Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Schlunz Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Kreuzeswissenschaft: Studie über Johannes vom Kreuz Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMissionale Theologie: Evangelikale auf dem Weg zur Weltverantwortung Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Bleibt der Erde treu: ausgewählte Predigten, Bibelarbeiten und Meditationen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenElberfelder Bibel - Altes und Neues Testament: Revision 2006 (Textstand 26) Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Liest du mich noch?: 69 Methoden zum Bibellesen mit Gruppen. Ein Ideenbuch für Mitarbeitende Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Heilige Gral und Sexualmagie: Die Geheimlehre des Gral Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5glauben-hoffen-singen: Liederbuch der Freikirche der S.-T.-Adventisten Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHeilsame Worte: Gebete für ein ganzes Leben Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAmoris Laetitia - Freude der Liebe: Mit einer Hinführung von Christoph Kardinal Schönborn Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBasisBibel. Die Kompakte. eBook: Die Bibel lesen wie einen Roman. Bewertung: 2 von 5 Sternen2/5Gemeinsames Leben Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Gespräch mit Gott: Beten mit den Psalmen Bewertung: 3 von 5 Sternen3/5Roadtrip mit Gott: Leben ist Freiheit und jeden Tag ein Abenteuer Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenCherubinischer Wandersmann (Geistreiche Sinn- und Schlussreime): Mystische und religiöse Gedichte Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBiblisches Wörterbuch Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Rezensionen für Sterbewache
0 Bewertungen0 Rezensionen
Buchvorschau
Sterbewache - Arnold Illhardt
Ich beginne zu sprechen vom Tod.
Viele Irrglauben sind verbreitet
Aber wenn man den Wunsch von der Furcht abscheidet kommt uns die erste Ahnung von dem, was uns droht.⁴
Verachte nicht den Tod, sondern befreunde dich mit ihm, da auch er eines von den Dingen ist, die die Natur will.⁵
Die Stimme am anderen Ende des Telefons ist energisch, hat etwas von dieser Dringlichkeit, die keinen Aufschub erlaubt und die mich einen Moment erfrieren lässt, erwischt sie mich doch eiskalt mitten in meiner Alltäglichkeit:
Sie sollten sofort kommen. Ihrem Vater geht es sehr schlecht.
Man hatte meinen Vater, der zusammen mit meiner Mutter in einem Seniorenheim lebte, in eine Klinik gebracht. „Ihrem Vater geht es sehr schlecht!" Ist das nicht gleichbedeutend mit: Es könnte sein, dass er jeden Moment stirbt? Viele Male schon hatte sich dieser Moment in meinem Kopf abgespielt, nicht minder bedrohlich und ernst. Nur weniger wahrhaftig. Denken ist etwas anderes als Erleben! Ich war schweißgebadet aus Träumen erwacht, in denen es um Sterben und Tod ging. Ich sah den Tod meiner Eltern, meiner Frau, guter Freunde. Sah in Gesichter, die vom nahen Tod gezeichnet waren. Ich sah meinen eigenen Tod. Ja, ich sah diese schrecklichen Dinge, allerdings hatte ich eine nähere Auseinandersetzung damit aufgeschoben. Für ein Später, an das ich zu jenem Zeitpunkt nicht denken mochte. Reichte es nicht, daran zu denken, wenn es so weit war?
Nein, ich wollte nicht in den schönsten Phasen meines Lebens über den Tod nachdenken – nicht über meinen und nicht über den irgendeines mir nahestehenden Menschen. Nur dann und wann ein Schatten, der kurz mein Dasein verfinsterte. Sterben fand eh nur jenseits meines Alters statt. Mit Ausnahmen vielleicht, aber weit weg. Ich mied Sterbeanzeigen in der Tageszeitung, machten sie mir doch bewusst, dass der Tod keine Gnade kennt, dass ihm Alter und Geschlecht egal sind.
Aber plötzlich taucht aus dem Schattendasein Realität auf. Träume, Gedanken, all das ließ sich bisher mit dem Erwachen vertreiben oder als Ausgedachtes enttarnen. Doch nun versetzt es mich in einen Zustand, aus dem ich mich am liebsten davonschleichen möchte. Hunderte Male habe ich als Kind zur Nacht gebetet: Lieber Gott, lass meine Eltern lange leben. Nun beginnt die Wirkung dieser kindlichen Stoßgebete zu verblassen. In Ewigkeit. Amen. Es gibt keine Unendlichkeit, sie kam mir immer nur so vor. Ich hatte das Zeitliche mit dem Ewigen vertauscht! Und verzweifelt der Mensch nicht in dem Moment, wo er glaubt, das Ewige und sich selbst verloren zu haben?
Doch die Verzweiflung sollte später kommen. In solchen Momenten muss die Verzweiflung hintanstehen. Eher führt die Verwirrung Regie, das Nicht-wahrhaben-Wollen. Ich taumele, körperlich wie gedanklich. Vielleicht war es nur ein kurzer Traum, der der Wirklichkeit gefährlich nahkam. So etwas gibt es doch. Bewusstseinszustände, die komplett aus jeglicher Realität herausgelöst sind.
Ich sitze wie versteinert an meinem Bürotisch, unfähig zu handeln oder zu entscheiden. Ich starre auf den Bildschirm, ohne auch nur irgendetwas zu erkennen: Schneegestöber. Bildstörung. Soll ich meine angefangene Arbeit erst beenden? … Ich kann doch nicht mittendrin … müsste erst noch den und den verständigen … kann doch nicht einfach wegfahren … Meine Gedanken rasen, hasten hierhin und dorthin auf der Suche nach Erklärungen und Lösungen. Wer gibt mir bitte eine Betriebsanleitung mit den richtigen Schrittvorgaben? Erstens bis letztens! Lange nicht mehr – schon gar nicht als erwachsener Mann – habe ich mir jemanden gewünscht, der mich an die Hand nimmt und mir den richtigen Weg weist. Mir sagt, was ich zu tun habe. Meine Schritte lenkt.
Es gibt kein Wort für den erwachsenen Sohn, die volljährige Tochter; wir bleiben Kinder im Verhältnis zu den Eltern, selbst im Greisenalter noch.⁶
Ich schalte den Computer aus, stopfe alle Sachen in meine Tasche … lösche das Licht und begebe mich zu meinem Wagen. Eiligen Schrittes, überstürzt oder panisch? Bin ich überhaupt Herr meiner Sinne? Mitten im Leben trifft mich die Nachricht wie ein Pfeil. Ins Herz! Und ganz in der Ferne gibt es eine leise, fürsorgliche Stimme, die mir rät, auf mich zu achten und nicht in Hektik zu verfallen. Ist das deine Stimme, Vater?
Während der Fahrt merke ich, dass ich langsamer fahre als sonst. Ich muss jetzt die Ruhe bewahren, darf nichts überstürzen. Ich denke an die motivationspsychologische Theorie der Vektoren – mein Gott: in dieser Situation! –, an diese unsichtbaren Kräfte, die einen anziehen und fernhalten, wovon auch immer. Natürlich will ich ihm in dem verletzlichsten Moment seines Lebens beistehen, bei ihm sein, wenn er sterben sollte. Eine Selbstverständlichkeit!
Sterben? Der Arzt am Telefon hatte nur von Es geht ihm schlecht gesprochen.
Ist es tatsächlich immer eine Selbstverständlichkeit? In meiner früheren Tätigkeit als Krankenpfleger habe ich viele Söhne und Töchter erlebt, die diese letzte Handlung ihren sterbenden Eltern gegenüber verweigerten. Vielleicht war die Beziehung zerrüttet, vielleicht handelten sie so aus Angst oder aus Gleichgültigkeit. Ich habe es nie verstanden. Bei mir geschieht es aus Liebe. Ich habe meinen Vater geliebt – eine herzliche Vater-Sohn-Beziehung, wenn auch nicht immer ganz einfach. Doch ist sie tatsächlich stärker als meine Angst vor diesem gewaltigen Moment? Manche Lebensmomente haben eine solche Intensität, dass sie das Bewusstsein lähmen, dass sie Menschen in eine Art Trance katapultieren, dass sie unser Tun in einen alle Sinne betäubenden Kokon einhüllen. Ein surrealer Stummfilm. Ein apokalyptisches Szenario, wie von Alfred Kubin gemalt. Es heißt, die Angst vor dem Sterben sei größer als die vor dem Tod. Gilt das für das eigene Sterben oder auch für das Sterben anderer?
Noch immer ist der Tod der blinde Fleck eines Lebens im Betriebssystem der allgemeinen Optimierung, noch immer bleibt er die größte narzisstische Kränkung