Schön wie die schwarze Rose: Fürstenkrone 230 – Adelsroman
Von Sissy Hall
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Über dieses E-Book
Romane aus dem Hochadel, die die Herzen der Leserinnen höherschlagen lassen. Wer möchte nicht wissen, welche geheimen Wünsche die Adelswelt bewegen? Die Leserschaft ist fasziniert und genießt "diese" Wirklichkeit.
"Fürstenkrone" ist vom heutigen Romanmarkt nicht mehr wegzudenken.
Aus dem Dunkel des Zeltes schimmerte ein großer goldener Ball, den zwei unendlich schmale, langfingrige Frauenhände hoben. Die hennarot bemalten Fingernägel leuchteten wie zehn sanft gewölbte Purpurscheiben, die sich zärtlich an das Gold der Kugel schmiegten. Lange schlanke Arme stützten diese zärtlichen Hände, Schultern von graziler Zerbrechlichkeit tauchten empor, und dann hob Amira den bisher tief gesenkten Kopf: zwei Sterne strahlten im Glanz der Augen auf. Harte, flimmernde Polarlichter, wie sie sich in der gläsernen Fläche treibender Eisschollen spiegeln. Man sah zunächst nur die Augen in dem schmalen Gesicht. Messerscharf war der Rücken der gebogenen Nase, tiefe Schatten warfen die langen Wimpern unter den fadendünnen hochgewölbten Bogen der Brauen. Wie ein korallenroter Kelch glühte der Mund. Wie gebannt starrte Gregor auf dieses ihm völlig neue Schauspiel. Er fühlte, wie die Innenflächen seiner Hände feucht wurden, wie ein ihm bislang unbekannter Schauder seinen Rücken hochkroch Ein wohliger Schauder, ein heißes Begehren. Er war immerhin 26 Jahre alt, zukünftiger Erbe und Majoratsherr auf Tautenburg und den Freuden des Lebens niemals abgeneigt gewesen. Mußte er – ein welterfahrener, weitgereister Mann – erst in dieses abgelegene Bosnien kommen, um solch ein faszinierendes Gefühl zu erleben? Flüchtig dachte Gregor an Paris, an den Lido, den Montmartre, die schönen Damen der Folies Bergere. Er dachte an Morena und den Luxusstrand von Copacabana, an die heißen Nächte mit Leila auf einem Hausboot im Nil nahe der Königspyramiden und an Carmen in Tarragona. Doch Schemen gleich verschwammen diese Gesichter, diese Augen, diese Lippen. Immer wieder war es Amira, die ihn ansah. Nur Amira. Sie schien ihn mit magischer Kraft in ihren Bann zu ziehen. Die vergoldete Kugel flog auf die Plattform, wo sie auf dem dicken Filz des Teppichs liegenblieb. Ein unmerkliches Zusammenziehen des Körpers, und Amira stand auf dem schwankenden Gerüst im grellen Schein des Pechfeuers, das in vier Bronzebecken auf den Tragpfosten brannte. Schlank und schwankend stand die Tänzerin wie ein geschmeidiges Schilfrohr.
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Buchvorschau
Schön wie die schwarze Rose - Sissy Hall
Fürstenkrone
– 230 –
Schön wie die schwarze Rose
Die Geschichte einer ungewöhnlichen Romanze
Sissy Hall
Aus dem Dunkel des Zeltes schimmerte ein großer goldener Ball, den zwei unendlich schmale, langfingrige Frauenhände hoben. Die hennarot bemalten Fingernägel leuchteten wie zehn sanft gewölbte Purpurscheiben, die sich zärtlich an das Gold der Kugel schmiegten.
Lange schlanke Arme stützten diese zärtlichen Hände, Schultern von graziler Zerbrechlichkeit tauchten empor, und dann hob Amira den bisher tief gesenkten Kopf: zwei Sterne strahlten im Glanz der Augen auf. Harte, flimmernde Polarlichter, wie sie sich in der gläsernen Fläche treibender Eisschollen spiegeln.
Man sah zunächst nur die Augen in dem schmalen Gesicht. Messerscharf war der Rücken der gebogenen Nase, tiefe Schatten warfen die langen Wimpern unter den fadendünnen hochgewölbten Bogen der Brauen. Wie ein korallenroter Kelch glühte der Mund.
Wie gebannt starrte Gregor auf dieses ihm völlig neue Schauspiel. Er fühlte, wie die Innenflächen seiner Hände feucht wurden, wie ein ihm bislang unbekannter Schauder seinen Rücken hochkroch Ein wohliger Schauder, ein heißes Begehren.
Er war immerhin 26 Jahre alt, zukünftiger Erbe und Majoratsherr auf Tautenburg und den Freuden des Lebens niemals abgeneigt gewesen. Mußte er – ein welterfahrener, weitgereister Mann – erst in dieses abgelegene Bosnien kommen, um solch ein faszinierendes Gefühl zu erleben?
Flüchtig dachte Gregor an Paris, an den Lido, den Montmartre, die schönen Damen der Folies Bergere. Er dachte an Morena und den Luxusstrand von Copacabana, an die heißen Nächte mit Leila auf einem Hausboot im Nil nahe der Königspyramiden und an Carmen in Tarragona.
Doch Schemen gleich verschwammen diese Gesichter, diese Augen, diese Lippen. Immer wieder war es Amira, die ihn ansah. Nur Amira. Sie schien ihn mit magischer Kraft in ihren Bann zu ziehen.
Die vergoldete Kugel flog auf die Plattform, wo sie auf dem dicken Filz des Teppichs liegenblieb. Ein unmerkliches Zusammenziehen des Körpers, und Amira stand auf dem schwankenden Gerüst im grellen Schein des Pechfeuers, das in vier Bronzebecken auf den Tragpfosten brannte.
Schlank und schwankend stand die Tänzerin wie ein geschmeidiges Schilfrohr. Die Hüften waren von einem elastischen Metallgürtel umschlossen, der durchsichtig vielgefältelte Rock fiel vom Gürtel bis auf die Füße herab und ließ so die zarte Straffheit der langen Schenkel erkennen.
Der Oberkörper war nackt bis auf die geflochtenen Metallbänder, die die kleinen Brüste bedeckten. Aus der Kupferhaube, die sich seitlich in gedrehte Widderhörner ausbauchte, hingen die blauschwarzen Haare in Zöpfen, hart über den Schläfen angeflochten, bis auf die Hüften herunter. Sie wurden zu zuckenden Schlangen, jede Bewegung des Körpers im Tanz begleitend.
»Ist sie nicht schön, mein holdes Täubchen?« erkundigte sich Soltan Ubrenowitsch bei seinem hochwohlgeborenen Gast, wobei er Gregor in eine Wolke von Knoblauchduft hüllte.
»Märchenhaft!«
»Tja, Euer Gnaden, das haben schon viele vornehme Herren erkannt.« Soltan zwirbelte seine Schnurrbartenden ganz wohlgefällig nach oben. »Aber ob Sie es glauben oder nicht, Euer Gnaden, mein Täubchen Amira ist unzugänglich für jeden Mann wie eine unerforschte Grotte.«
Gregor nickte ohne hinzuhören.
»Sie ist jetzt schon fast siebzehn, und ich frage mich als ihr Onkel und Vormund, ob es nicht wirklich langsam Zeit wird, für mein Täubchen einen Freier auszuwählen, Euer Gnaden.«
»Gewiß, mein Freund, gewiß.«
Jetzt stand Amira mit einem kleinen Sprung auf der Kugel, die sich sogleich in Bewegung setzte – einzig durch die geschickte Gewichtsverteilung des Körpers vorwärtsgetrieben. Die Töne von Alis Flöte geisterten über die Menge, die – atemlos Kopf an Kopf gedrängt – dem Gleiten der Kugel folgte.
»Natürlich müßte es ein Mann von Rang und Namen sein, Euer Gnaden«, nahm Soltan Ubrenowitsch das Gespräch wieder auf, wobei er tief an seiner Wasserpfeife zog und nur einen kurzen Blick an Amira verschwendete. »Unser Geschlecht ist alt und… sehr vornehm. Auch einigermaßen wohlhabend. So etwas verpflichtet.«
»Gewiß, mein Freund, gewiß!«
Plötzlich kreischte die Flöte in grellen Dissonanzen, die Kugel begann zu springen, sie vollführte kunstreiche Figuren, und die Tänzerin glitt in reizvoller Beweglichkeit über das goldene Rund.
Sie schwebte seitlich, sprang mit der Kugel, berührte den Boden und erreichte mit spielerischer Anmut das schnell dahinrollende Gold aufs neue, um es in jähem Erstarren plötzlich festzuhalten.
Dann ließ sie die Kugel in rasendem Tanz sich um sich selber drehen, daß der Blick nur mehr ein goldenes Schimmern erhaschen konnte wie den Lichtschweif eines dahinziehenden Kometen. Wie eine weiße Wolke bauschte sich der weite Rock um die Gestalt Amiras.
»Kolossal!«
»Wie Euer Gnaden selbst geruhen zu sagen«, pflichtete Soltan Ubrenowitsch dem Erbgrafen bei. Die Wasserpfeife überließ er seinem Diener Nikephor, der unter anderem darauf dressiert war, nach zweimaligem Händeklatschen Türkischen Mokka zu servieren.
Amiras dunkel untermalte sprechende Augen waren jetzt ekstatisch geweitet. Ihr Blick schien am besternten Firmament zu haften, ihr Mund, halb geöffnet, die Süßigkeiten verborgener Zauberkräfte zu kosten.
Gregor wußte überhaupt nicht, wie ihm geschah. Plötzlich stand er an der Rampe des primitiven Holzgerüstes. Sehnsüchtig streckte er beide Arme nach der Kugeltänzerin aus, die ihm wie ein Märchen aus Tausendundeiner Nacht erschien.
»Amira!«
Hatte sie seinen Ruf, sein Liebeswerben, überhaupt vernommen? Noch immer bewegte Amira die gleißende Kugel, spielerisch, wie es schien.
»Amira!«
Da, jetzt sprang sie plötzlich ab. Die goldene Kugel rollte über das Podest, um schließlich in eine schmutzige Tiefe zu fallen. Das geladene Volk murrte, die Flöte verstummte.
Soltan Ubrenowitsch raffte seine zwei Zentner auf und wogte heran. Seine Miene verhieß nichts Gutes. Er sah direkt furchterregend aus. Die Schnurrbartspitzen bebten nervös.
»Euer Gnaden, darf ich um eine Erklärung bitten? Für Sie habe ich dieses Fest gegeben. Altes Brauchtum.« Er schneuzte sich lautstark in ein kariertes Taschentuch, das ihm Nikephor untertänigst reichte.
»Geben Sie mir Ihre Nichte Amira, großer Bojar Ubrenowitsch. Sie sitzt mir im Blut. Ich muß sie haben.«
»… und der Preis, Euer Gnaden?«
»… wenn Amira mich auch haben will.«
»Das ist kein Preis für mich.« Soltan machte eine wegwerfende Handbewegung. »So kein Handel, Euer Gnaden! Ich habe gesagt: Unzugänglich für jeden Mann, begehrt wie Rose im Schnee, Abstammung beste Klasse, Amira tanzt nur für Freunde.« Er spreizte alle zehn Finger. »Wieviel?«
»Ich schenke Ihnen die letzte Ladung. Einverstanden?«
»Die ganze Ladung, Euer Gnaden?«
»Die ganze – unter der Bedingung, daß wir Amira zuvor fragen, ob sie mir folgen will.«
»Keine Frage, Euer Gnaden!« Ubrenowitsch zog ihn einfach mit sich fort. In ein düsteres Büro, dessen kleine Fenster halb blind waren. Irgendwo schimpfte ein Papagei. »Setzen Sie sich, Hochwohlgeboren. Sliwowitz?«
»Nein, danke!«
»Hier bin ich, Onkel«, sagte Amira in deutscher Sprache und mit eigenartig dunklem Timbre. »Du wünschst mich zu sprechen?«
»Allerdings, mein Täubchen! Komm näher! Dieser Herr hier, ein Erbgraf von Tautenburg, wünscht dich zu ehelichen.«
Jetzt hätte es Gregor beinahe die Sprache verschlagen. Natürlich war ihm niemals der Gedanke gekommen, die Kugeltänzerin Amira zu ehelichen. Er wollte sie einfach besitzen, mit sich nehmen, sich ihrer erfreuen…
Sie verneigte sich tief und graziös. In ihren Augen stand Angst.
»Ich bin überrascht, Euer Gnaden. Ich… ich stehe natürlich zu Ihren Diensten.«
Das rührte Gregor.
Durfte er es wagen, solch eine zauberhafte, seltene Blüte aus ihrem Heimatboden zu entwurzeln? Mußte sie dann nicht dahinwelken und verdorren wie eine Blume an der Sonne?
Nein, ein Tautenberg benahm sich nicht wie ein Schuft! Es war Frevel, die Hände nach diesem unberührten Juwel auszustrecken, das er niemals zu seiner rechtmäßigen Gattin machen konnte. Niemals!
»So, dann wollen wir anstoßen auf das junge Paar. Der Handel ist perfekt, Euer Gnaden. Morgen lasse ich die Schenkungsurkunde und den Ehekontrakt ausfertigen.« Ubrenowitsch befeuchtete sich genießerisch mit der Zunge die fleischigen Lippen. »Werdet glücklich, meine Kinder.«
*
Schloß Schwarzenfels – im gleichen Stil wie die Nürnberger Burg, altdeutsch, mit Türmen,