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Iskandrien - Die ferne Insel
Iskandrien - Die ferne Insel
Iskandrien - Die ferne Insel
eBook979 Seiten13 Stunden

Iskandrien - Die ferne Insel

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Über dieses E-Book

Ein fernes Land, eine Insel, umgeben von einem magischen Nebel, Heimat von Zwergen, Elfen, Barbaren, Menschen und fantastischen Kreaturen.
Auf diese Insel steuert Nat zu, ein junger Mann, durch Dummheit und Langeweile aus seinem bequemen, faulen Leben gerissen. Eben noch im Kontor seines Oheims damit beschäftigt, Bedienstete zu scheuchen, ist er jetzt plötzlich die große Hoffnung einer Welt, die er bisher nur aus Erzählungen kannte.
Als der Magier Jargo in ihm eine geheime Kraft entdeckt, beginnt Nats Weg durch den kaum durchdringbaren Nebel zur fernen Insel Iskandrien. Kaum dort angekommen entgeht Nat als Einziger und nur durch Glück einem brutalen Angriff. Als er ohne Hoffnung auf Rettung bereits mit seinem Leben abgeschlossen hat, begegnet er Tally und ihren Leuten. Sie retten ihn und nach einigen anfänglichen Widerständen unterstützen sie ihn bei seinem Weg nach Iskandrien. Schon längst hat er seine Faulheit und seinen Egoismus hinter sich gelassen und die Aufgabe für den Frieden Iskandriens zu kämpfen angenommen.
Doch kaum auf der Insel muss er erkennen, dass der Gegner und die Gefahren noch viel größer und mächtiger sind, als er je vermutet hatte. Zum Glück findet er auch hier starke Verbündete. Doch der Versuch, den Frieden auf Iskandrien zu erhalten, wird durch viele Umstände bis zum Unmöglichen erschwert.
Auf Iskandrien leben Elfen, Zwerge, Menschen und Barbaren, räumlich klar voneinander abgegrenzt und mit Argusaugen den fragilen Frieden beobachtend, der auf der Insel herrscht.
Eine finstere Macht hat erkannt, auf welch tönernen Füßen der Frieden steht und will die jahrtausendealte Feindschaft der Völker für die eigenen Zwecke nutzen. Durch brutale Überfälle deren Urheber nie klar sind, wird die gesamte Insel an den Rand eines Krieges der Völker gedrängt, die sie mit dem Blut unzähliger Wesen tränken könnte.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum15. Aug. 2013
ISBN9783847626688
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    Buchvorschau

    Iskandrien - Die ferne Insel - Carl C. Pörksen

    Kapitel 1

    Band 1

    Die Ferne Insel

    Mein unendlich großer Dank geht an meine Familie,

    die sich geduldig alle meine wilden Ideen abgehört hat,

    mich (fast) nie ausgelacht hat

    und mir immer das Gefühl gegeben hat,

    ich hätte Talent zum Schreiben.

    Ein spezieller Dank geht an

    meine Schwester Ute und meinen Freund Sven,

    die sich beide – als Deutschlehrer – durch das Buch gekämpft haben

    und mir wichtige und gute weitere Anregungen gaben.

    Und natürlich geht meine Dank an die

    hoffentlich geneigten Leser, die sich dieses Buch

    heruntergeladen haben.

    Ich wünsche mir, dass dieses Buch euch und Ihnen

    einige interessante und unterhaltsame Stunden beschert.

    Nicht mehr und nicht weniger!

    Der Autor

    Ebenfalls als E-Book erschienen: Band 2 – Der Monolith

    Das war’s, diesen Angriff konnte er nicht mehr abwehren. Nat hatte keine Kraft mehr, die Arme zu heben und sich seinem Gegner zu stellen. Er hatte ja nicht einmal die Kraft sich aufzurichten, lag bewegungsunfähig auf dem Bauch.

    Wohin würde der Stich zielen. Wahrscheinlich auf den ungeschützten Nacken, über den der klebrige salzige Schweiß rann und in den Kragen seines vor Schmutz starrenden Hemdes sickerte. Sein Gegner würde sich an seinem Blut laben, ohne Gnade.

    Und da erfolgte der Angriff, begleitet von dem unverwechselbaren Geräusch, das allen bisherigen Angriffen vorausgegangen war. Das Surren verklang und er glaubte den Stich zu spüren, mit dem die Mücke seine sonnenverbrannte Haut durchstach und in seinem ausgetrockneten Körper nach der zähen roten Flüssigkeit suchte, die durch den winzigen Saugrüssel aus ihm herausgezogen wurde.

    Mit schier übermenschlicher Kraftanstrengung gelang es ihm den Kopf zu drehen und in die gleißende Sonne zu schauen. Die Mücke ließ sich von seinen trägen Bewegungen überhaupt nicht stören. Sie hatte längst erkannt, dass er keine Gefahr für sie darstellen konnte.

    Sollte es hier und jetzt enden? Hier auf diesem gottverdammten Stück Holz in dieser gottverdammten See, umgeben von gottverdammten Salzwasser, weit weg von jedem gottverdammten Land. Er wollte nicht hier sein, hätte nicht hier sein müssen.

    Was, wenn Jargo ihn nicht gestoßen hätte?!? Was, wenn er damals nicht diese gottverdammte Wette eingegangen wäre?!?

    Eine trunkene Idee

    Der Rauch in der Luft,

    das Blut in der Erde,

    die Schreie verstummt,

    das Wiehern der Pferde.

    Auf diesem Felde,

    dem Hause, den Ställen,

    den Gattern, dem Brunnen,

    den hölzernen Wällen,

    hielt Einkehr Gevatter

    und Tod ist sein Name,

    auf das er die Unglück-

    seligen umarme.

    Das Lied des Helden" von Galfir Galbrandsson

    „Wenn Du nur immer so viel Mut gezeigt hättest."

    Nat duckte sich tief unter den Busch und fluchte leise in sich hinein. Er schob vorsichtig einen Ast beiseite und versuchte, sich nicht an den langen Dornen zu verletzen, die mit Widerhaken versehen nach ihm zu greifen schienen.

    Was tat er hier, an einem Platz wie ein Paradies auf Erden, aber nicht der Ort, an dem er sich jetzt aufhalten sollte. Gehetzt schoss sein Blick hin und her, suchte nach einem Ausweg aus dem Dilemma.

    Gestern Abend in der „Süßen Maus" hatte alles noch so einfach geklungen.

    Nat hieß eigentlich Nataneel Elisar Ermstyrk, aber das hatte nur seine Mutter zu ihm gesagt, wenn Sie enttäuscht von ihm war, was leider Recht häufig vorkam. Er war, wie fast jeden Abend, nach einem Tag voller Müßiggang und Langeweile in die Taverne gegangen. Um dort etwas zu trinken, Spaß zu haben … und die dralle Wirtin davon zu überzeugen, dass er kein Mann für ein Leben aber für eine Nacht war. Schließlich hatte er auch einiges zu bieten.

    Er war groß, schlank, aber mit breiten Schultern und hatte ein glattes, jungenhaftes Gesicht. Sein strahlendes Lächeln und seine leuchtend blauen Augen hatten ihm schon so manche Tür (und manches Mieder) geöffnet. Wenn er die Straßen entlang ging, schauten ihm viele Frauen aller Schichten und Altersklassen verstohlen hinterher. Für seine einundzwanzig Lenze hatte er somit schon einiges an Erfahrung mit dem weiblichen Geschlecht sammeln können.

    Gelegentliche Abwechslung war ihm mehr als recht, denn die Tage im Kontor seines Oheims ödeten ihn an.

    Seine Aufgabe dort war es, die eingehenden Waren von den Schiffen die von der Fernen Insel kamen aufzunehmen, in lange Listen einzutragen und dafür zu sorgen, dass sie an den richtigen Plätzen gelagert wurden.

    An manchen Tagen verfluchte er, lesen und schreiben gelernt zu haben. Die Tage des Lernens waren mühselig und langweilig gewesen. Und was hatte es ihm gebracht. Eine öde Arbeit in einem stickigen staubigen Loch. Tag für Tag stand er sich hier die Beine in den Bauch.

    Andererseits waren die anderen Dummköpfe noch schlechter dran. Sie durften nur die schweren Kisten hin und her schieben, immer so, wie er es ihnen sagte.

    Hin und wieder machte er sich einen Spaß daraus, einen Berg schwerer Kisten aufstapeln zu lassen.

    Dann behauptete er nachmittags, sein Oheim wolle die Kisten nicht an dieser Stelle, alle sollten wieder durch die Halle geschleppt und an anderer Stelle aufgestapelt werden. Welche Freuden ließ einem das Leben denn sonst.

    Da war es doch auch klar, dass man Abwechslung brauchte, um sich von der Ödnis des Daseins zu befreien. Und die beste Abwechslung waren die feucht-fröhlichen Abende im Kreise seiner Kumpane in der „Süßen Maus".

    Mäuse gab es in dieser Kaschemme mehr als genug. Wahrscheinlich, weil die Katzen immer in dem undefinierbaren Fraß landeten, den die Wirtin hier „Ragout" nannte.

    Auf dem festgestampften Lehmboden der Taverne lag altes schmuddeliges Stroh. Der Schankraum war etwa fünfzehn mal zehn Schritt groß und die beiden Fenster hatte man schon vor Jahren mit dicken Bohlen vernagelt.

    Die schmierigen Tische waren aus massiven Holz zusammengezimmert, die Füße der Bänke in den Boden eingegraben. Das verringerte die Möglichkeit, dass die betrunkenen Gäste die Möbel bei ihren allabendlichen Streitereien als Waffen einsetzten.

    Wenn man durch die windschiefe quietschende Tür in das Halbdunkel der Taverne trat, sah man sich als erstes dem hünenhaften kahlköpfigen Türsteher und Rausschmeißer gegenüber.

    Seine Aufgaben bestanden darin, die Mädchen, die hier arbeiteten bei Schlägereien zu beschützen, säumige Zahler an ihre Zahlungspflicht zu erinnern und Ruhestörer um ihre Barschaft zu erleichtern und dann vor die Tür zu setzen.

    Seine Oberarme sahen aus, als könne man darauf Eisen schmieden. Sein ganzer Körper war von Tätowierungen bedeckt. Sie erweckten den Eindruck als wären die Schmerzen für den Tätowierten wichtiger gewesen als die Schönheit der Bilder.

    Er lächelte fast nie, für die wenigen Leute, die ihn bisher hatten lächeln sehen, war es der letzte Anblick auf dieser Welt gewesen.

    Er war ganz in Leder gekleidet und um seine Hüfte hing eine schwere eiserne Kette, die er gerne zum Auflösen größerer Streitigkeiten einsetzte.

    Nat hatte wie immer an der Bar gesessen, halb zum Raum gedreht, damit er gleichzeitig mit seinem Kumpan reden konnte, während er die Wirtin nicht aus den Augen ließ. Sie war in ihrem Kleid mit dem engen Oberteil, dem sehr tiefen, wohlgefüllten Dekollete und dem kurzen Rock auch ein netter Anblick.

    Wie oft hatte er sich schon vorgestellt, dieses Dekollete noch genauer in Augenschein zu nehmen.

    „Und wenn du sie zehnmal mit den Augen ausziehst, so was wie Dich lässt Die nie in Ihre Kammer!"

    Neben seinen schlechten Zähnen und dem stinkenden Atem hatte Spook leider auch eine gute Beobachtungsgabe. Und war immer bereit seine Beobachtungen allen Umstehenden mitzuteilen.

    Er stand, mit einer Hand auf den schiefen Barhocker gestützt neben Nat und grinste ihn an.

    „Da musst du schon ein bisschen mehr zu bieten haben, als die paar Penunzen, die dein Onkel Dir zahlt! Für so einen armen Schlucker wie Dich macht die Lady bestimmt nicht die …!"

    Mit einer schnellen Bewegung trat Nat den Hocker weg, so dass Spook umfiel und mit einem satten „Klonk" mit dem Kopf gegen den Tresen schlug.

    „Hätte ich gar nicht gedacht, dass so ein hohler Kopf so ein dumpfes Geräusch macht!" Nat grinste runter auf den stöhnenden Spook, der sich den Kopf rieb und langsam versuchte sich wieder aufzurichten.

    Der Türsteher drehte sich um und warf einen schnellen Blick in den gut gefüllten Raum. Da kein Geschrei erklang und kein Blut spritzte zuckte er aber nur die Achseln und wandte sich wieder der Tür zu.

    Spook richtete sich langsam wieder auf, sah Nat zornig an und spuckte dann einen dicken gelben Rotz in Richtung Spucknapf.

    Die Flecken rund um den Spucknapf ließen darauf schließen, dass er häufiger verfehlt wurde, wahrscheinlich fast immer.

    Ein breites Grinsen verzerrte Spooks Gesicht.

    „Ey du Frauenheld. Hier Abend für Abend die Wirtin angaffen, der du niemals näher kommst als auf Tresenabstand, das kann doch nicht alles sein. Wie wäre es, wenn du mal richtige Klasseweiber angaffst und nicht diese …!"

    Nat verpasst ihm eine Kopfnuss und blickte über Spooks Schulter.

    Die Kneipenbesitzerin stand direkt hinter ihm und blickte herausfordernd in sein Gesicht.

    „... diese Was?. Tu dir keinen Zwang an, sprich dich ruhig aus. Weiber wie ich lieben es, von so kleinen stinkenden Affen wie dir angepöbelt zu werden. Da fühlen wir uns doch gleich viel besser!"

    „Schon gut Emelie! Nat winkte beschwichtigend ab. „Mein Freund hier wird sich natürlich bei Dir entschuldigen.

    Spook wirbelte zu Nat herum, bekam aber sofort die nächste Kopfnuss.

    „Au verflucht, is ja gut. Schuldigung."

    „Was war das, geht das etwas lauter?" Nat hob wieder die Hand.

    Spook zog den Kopf ein und drehte sich zur Wirtin um.

    „Ich entschuldige mich untertänigst für mein gar schröckliches Benehmen!"

    Er machte einen Bückling und wäre dabei fast wieder mit dem Kopf gegen den Tresen geknallt.

    „Schon gut, mach Dir mal keinen Knoten in die Zunge. Sie grinste die beiden Männer an. „Wie wäre es noch mit einer Runde Feuerwasser? Ihr Geschäftssinn hatte wieder ihren, ohnehin nur spärlich vorhandenen Stolz verdrängt und sie hielt Nat und seinem Freund die Flasche mit dem klaren Schnaps vor die Nase.

    Die beiden Männer schoben ihre Gläser und eine Kupfermünze über den Tresen. Dann nahmen sie die neu gefüllten Gläser und setzten sich an einen der wackligen Tische, der gerade frei geworden war.

    „Was sollte dein Spruch grade eben heißen? Wo gibt es wohl in diesem Kaff echte Klasseweiber, die sich von Typen wie uns angaffen lassen?"

    „Ich habe ja nicht gesagt, dass sie sich angaffen lassen, du müsstest ja nicht um Erlaubnis fragen! Die hier … er zeigte mit dem Daumen auf die Wirtin „… hast du ja auch nicht gefragt, ob du ständig in Ihrem Ausschnitt versinken darfst.

    Er beugte sich vor und sein stinkender Atem schlug Nat ins Gesicht.

    „Ich wüsste da etwas, was viel besser ist. Aber du müsstest auch mal was riskieren!"

    Die Tür der Kaschemme öffnete sich und zwei Männer betraten den Raum. Der Türsteher schob sich nach vorne und vertrat den beiden den Weg.

    Einer der Männer, ein spindeldürrer Mann in einem grellbunten Anzug, der in allen bekannten Farben schillerte und mit einem albernen Hut mit Feder auf dem Kopf, beugte sich vor und flüsterte dem Türsteher etwas ins Ohr. Nat konnte von seinem Platz beobachten, wie der Mann dem Türsteher etwas in die linke Hand schob.

    Spook drückte sich auf seinem Stuhl in die Höhe und nickte mit dem Kopf in die Richtung der Männer.

    „Der da, der neben dem bunten Papagei, der könnte …!" Spook brach ab.

    Der Türsteher hatte mit seinen schaufelgroßen Händen die Nacken der beiden Männer gepackt und rammte mit einer kurzen Bewegung ihre Köpfe gegeneinander. Dann schob er mit dem Fuß die Tür auf und stieß die Männer nach draußen.

    Er schloss die Tür als die Wirtin neben ihm auftauchte. Sie sah ihn strafend an.

    In der Kneipe war es so still, dass man ein Streichholz fallen hören konnte. Nur in der Ecke neben dem Tresen piepte eine Maus in einer der zahlreichen Fallen.

    „Das waren vielleicht zahlende Gäste, warum hast du sie raus geworfen?"

    „Die Beiden waren aus dem Schloss. Die Stimme des Hünen klang wie ein Reibeisen und obwohl er flüsterte verstand man jedes seiner Worte. „Du hast doch gesagt, dass wir die hier nicht haben wollen.

    Emelie seufzte, „Wenn du uns damit man keinen Ärger eingehandelt hast. du hättest mich vorher fragen sollen."

    Sie drehte sich um und ging zurück zum Tresen. Als sie sich im Raum umsah, senkten alle die Köpfe und bemühten sich, die Gespräche wieder aufzunehmen.

    Spook war auf seinen Stuhl zurück gefallen.

    „Hast du die beiden Typen schon mal gesehen?" Nat schüttelte den Kopf.

    „Der Papagei ist aus dem Schloss und kümmert sich dort um die Ratten und andere Plagegeister. Und den Anderen habe ich schon oft am Tor stehen sehen. Der ist bestimmt bei der Wache. Vielleicht hätten die Beiden Dir helfen können."

    Nat schaute seinen Saufkumpan verwundert an.

    „Wobei helfen? Wovon redest du überhaupt? Hat Dir die Sonne den letzten Rest Hirn verbrannt? Erst laberst du was von Klassefrauen und jetzt sollen mir Typen aus dem Schloss helfen. Ich habe keine Ahnung, wovon du redest!"

    Spook lehnte sich wieder zu ihm rüber.

    „Hast du denn noch nie was von dem Garten im Schloss gehört und von der Königin, der Prinzessin und ihren Hofdamen, die dort immer rumspazieren? Wer weiß, was die noch alles machen. Da kann sie ja keiner sehen. Das sind garantiert Klasseweiber. Aber die lassen sich ja nie auf der Straße blicken."

    „Was glaubst du, warum die da noch nie jemand gesehen hat? Da gibt es Festungsmauern und Wachen, wahrscheinlich auch noch Hunde und Schlimmeres. Da kommt keiner rein."

    Nat schüttelte den Kopf. „Du bist ja noch hohler, als ich dachte!"

    Spook spuckte wieder in die Richtung des Spucknapfes. Er traf einen Betrunkenen, der gerade zur Tür wankte.

    „Darum meine ich ja, vielleicht hätte dir die beiden Kerle helfen können. Du hättest dann ein gutes Wort für sie eingelegt, dass sie hier die Kneipe rein gelassen werden und dafür …. Aber wenn du nicht willst …!"

    „Ey, Moment mal. Das habe ich ja nicht gesagt."

    Nat sprang auf, wodurch er den Tisch fast zum Wackeln brachte. Sein Becher kippte um, die Flüssigkeit lief zäh fließend über die Tischplatte.

    „Wie stellst du Dir das vor, wie wir den Beiden helfen könnten?"

    Natürlich war es eine blöde Idee, voller Gefahren und Unwägbarkeiten. Aber er hatte schon oft von dem paradiesischen Garten gehört, in dem angeblich die schönsten Frauen des Landes täglich lustwandelten.

    Sie zu stören, sich ihnen nur zu nähern war unter schwere Strafe gestellt, hatte er gehört.

    Andererseits, was sollte ihm schon passieren? Man würde ihn schon nicht hinrichten, nur weil er einen Blick auf ein paar schöne Frauen geworfen hatte. Und außerdem würde ihn ja niemand bemerken, wenn er die entsprechende Unterstützung durch Leute aus dem Schloss hätte.

    Und wenn er doch aufgegriffen werden würde, könnte sein Oheim ihn raushauen, dessen Stimme hatte viel Gewicht. Er war nicht nur ein erfolgreicher Kaufmann, sondern auch noch Mitglied im Stadtrat.

    Vielmehr konnte diese Sache eine Menge Spaß bedeuten und einen Ausbruch aus diesem eintönigen, langweiligen Dasein.

    Nat zog Spook vom Stuhl hoch und schob ihn in Richtung der Tür.

    „Wir können ja zumindest mal hören, ob die beiden armen Kerle nicht Hilfe brauchen."

    „Ey Jungs. Emelie lehnte sich über den Tresen, wodurch ihr Busen hoch gedrückt wurde und ihr Dekollete zu sprengen schien. „War’s das schon, ihr habt ja noch fast nichts getrunken?

    „Wir sind morgen wieder da, Süße." Nat winkte ab.

    „Wir haben bloß grade zwei Freunde von uns gesehen. Dein Bär an der Tür hat sie nicht rein gelassen, deshalb müssen wir mit ihnen woanders hingehen."

    Emelie lehnte sich noch weiter vor. Spook traten fast die Augen aus den Höhlen, in seinem linken Mundwinkel bildete sich ein Speichelfaden.

    „Das waren eure Freunde? Warum habt ihr nichts gesagt? In dem Fall könnt ihr sie mit rein nehmen. Aber wenn ich den Eindruck habe, die wollen hier spionieren, fliegt ihr alle vier raus."

    Nat nickte. Seit Umläufen wurden die Kneipen und Kaschemmen in der Stadt immer wieder von Männern der Wache oder aus dem Schloss besucht.

    Es ging das Gerücht, dass Spione in Sylthana unterwegs waren. Was es hier zu spionieren gab und wer sie geschickt hatte war völlig unklar. Wahrscheinlich fürchtete der paranoide König mal wieder eine Revolution.

    Die Überprüfungen waren aber sehr schädlich für das Geschäft, denn wer wollte schon über den König schimpfen, wenn er vermuten musste, dass der Mann am Nebentisch ein Lauscher des Königs war.

    Nat eilte zur Tür, schob sich an dem hünenhaften Türsteher vorbei und ging nach draußen.

    Vor der Taverne herrschte Zwielicht, das Licht der Gaslaternen an der Hauptstraße reichte nicht, um die dunkle Gasse vollständig zu erhellen.

    Das war auch besser so, denn die stinkende, schäbige Gasse sah am hellen Tag noch schlimmer aus, während die Dunkelheit den Eindruck der verfallenden Häuser und des Drecks an den Gassenrändern abmilderte.

    Nur der Gestank war allgegenwärtig. Das typische Gemisch aus gekochtem Kohl, faulenden Früchten, Schweiß und Dreck. Das neue Abwassersystem, dass in den Hauptstraßen für mehr Sauberkeit sorgte und die Gefahr von Krankheiten verringern sollte, war noch nicht in allen Nebenstraßen und Gassen eingeführt worden.

    Die beiden Männer aus dem Schloss bemühten sich gerade, sich von den Auswirkungen des Rauswurfs zu erholen.

    Der magere bunt gekleidete Kammerjäger stand auf seinen Beinen, hielt sich aber mit beiden Händen den Kopf und stöhnte. Der Andere hockte auf den Knien und schien zu überlegen, ob er sein Abendessen in die Gasse verteilen sollte.

    „Hey", sagte Nat leise.

    Der Papagei zuckte zusammen und drehte schnell den Kopf. Das war offensichtlich ein Fehler, denn er stöhnte auf, fasste sich wieder an den Kopf und drohte umzufallen.

    Nat war mit einem schnellen Satz bei ihm und stützte den schwankenden Mann.

    Hinter ihm quietschte die Tür und Spook trat in die Dunkelheit der Gasse. Die Lichtbahn aus der Kneipe erlosch, als die Tür wieder zuschlug.

    „Alles klar, fragte Nat und schaute dem hageren Mann, dessen Arm er umklammert hielt, ins Gesicht. „Geht’s wieder?

    Der Mann riss sich los, begann sofort wieder zu schwanken und griff schnell wieder nach Nats Arm.

    „Klar, alles bestens! Außer dass dieser Mistkerl da drinnen…. Er wollte ein Bewegung mit dem Kopf zur Tür machen, überlegte es sich aber klugerweise im gleichen Moment anders. „… uns fast die Köpfe eingeschlagen hat! Ich werde dafür sorgen, dass er aufgehängt wird! Am besten an den …!

    „Es hat doch einen Grund, dass ihr in die „Süße Maus wolltet. Nat unterbrach die Schimpftirade des Mannes. „Wenn ihr jetzt den Türsteher aufhängen lasst, werdet ihr dort sicherlich keinen Zugang finden."

    „Und außerdem … Nats Stimme wurde leiser „… weiß ich nicht, wie begeistert man im Schloss darüber wäre, dass ihr euch hier herumtreibt.

    Der Kammerjäger sah Nat misstrauisch an.

    „Woher weißt du, dass wir aus dem Schloss kommen?"

    „Mein Onkel macht häufig Geschäfte mit dem Schloss und ich liefere manchmal Sachen für ihn aus. Da habe ich euch beide schon häufiger gesehen."

    Das war zwar gelogen, aber so wie Nat Spook kannte, hatte der Gründe für den Aufenthalt im Schloss, die man besser für sich behielt.

    Spook war um die beiden Männer herumgegangen und half dem Anderen auf der Straße sich aufzurichten. Auch der schwankte und seine Augen drehten sich.

    „Ich glaube, dein Freund hier braucht Hilfe!" Spook hielt den Mann aus dem Schloss am Arm und spuckte geräuschvoll auf die Straße.

    Nat drehte sich leicht in Richtung der „Süßen Maus".

    „Ihr könnt mit uns reinkommen, ich habe ein gutes Wort bei der Wirtin für euch eingelegt."

    „Nein Danke. Der Papagei versuchte sich aus Nats Griff zu lösen. „Für heute ist mir der Appetit auf billigen Fusel und dreckige Spelunken vergangen!

    Nat überlegte fieberhaft, wie er die Männer dazu bewegen konnte weiter mit ihm zu sprechen, bis er ihr Vertrauen gewonnen hatte.

    Er ließ den Kammerjäger los und näherte sich Spook, der den Wachmann immer noch mit beiden Händen stützen musste.

    „Ich glaube, dein Freund hier könnte einen guten Schluck und einen bequemen Stuhl vertragen. Warum kommt ihr nicht mit zu mir? Ich wohne hier in der Nähe und habe einen leckeren Branntwein von der Fernen Insel im Haus."

    Der hagere Mann leckte sich über die Lippen. Die Lust auf einen guten Tropfen kämpfte mit seinem Misstrauen, den beiden Männern gegenüber, die ihnen hier anscheinend grundlos beistanden.

    Der Wachmann gab schließlich den Ausschlag.

    „Ich könnte wirklich gut ein paar Minuten Ruhe brauchen und ein Branntwein von der Fernen Insel ist etwas, das man nicht so oft angeboten bekommt."

    Er versuchte mit den Händen den klebrigen Staub und Dreck der Gasse von seiner Kleidung zu wischen.

    „Außerdem habe ich keine Lust auf das Gelächter, wenn ich so dreckig am Tor ankomme. Er schaute Nat ins Gesicht. „Vielleicht kann ich mich bei unserem neuen Freund auch ein bisschen säubern!?!

    „Klar, kein Problem." Nat bemühte sich nicht zu begeistert zu klingen.

    Die beiden Männer sollten nicht sofort merken, welche Hintergedanken er hegte.

    Spook war inzwischen einen Schritt zurück getreten und macht einen Schritt die Gasse hinunter.

    „Ey, wo willst du hin? Nat rief ihm nach. „Die Einladung gilt auch für Dich.

    „Nee, lass man gut sein. Ich muss morgen früh wieder raus."

    Stirn runzelnd schaute Nat seinem Saufkumpan hinterher, der im Zwielicht der Gasse verschwand.

    Dann drehte er sich zu seinen Begleitern um und zeigte in Richtung der Hauptstraße.

    „Folgt mir, Freunde. Es ist nicht weit."

    Ihm entging das fiese Grinsen, das kurz über das Gesicht des Kammerjägers huschte.

    Zwei Stunden später schien keiner der Männer mehr in der Lage einen kontrollierten Satz zu sprechen oder den Einsatz von Hand und Auge zu koordinieren.

    Am Boden in Nats Zimmer lagen drei leere Flaschen Branntwein. In den Wassergläsern der Männer befanden sich nur noch letzte Reste.

    Nat machte sich keine Gedanken darüber, wie er seinem Onkel das Fehlen von drei Flaschen Branntwein aus seinem Lagerbestand erklären sollte. Er führte ja selber die Listen, da würde ihm schon was einfallen.

    Er hatte nur halb so viel getrunken, wie die anderen beiden Männer. Die andere Hälfte schwappte in seinem Stiefel, der neben ihm an der Wand stand. Er brauchte schließlich einen möglichst klaren Kopf. Trotzdem merkte er deutlich die Wirkung des scharfen Schnapses.

    „Für welch’n Bereich bissu nommal zuschtändich?" Nat musste sich nicht besonders anstrengen, um eine überzeugende Vorstellung als Betrunkener abzuliefern.

    „Ichbinnuramnordtor … unsonsnix…!" Der Kopf des Wachmannes fiel immer wieder nach vorne.

    Wenn Nat den Mann nicht bald los wurde, würde der hier noch tief und fest einschlafen. Vielleicht würde er dann aber aus dem Kammerjäger etwas rauskriegen

    Der schien nicht abgeneigt, vom Schloss und seinen Bewohnern zu berichten, aber jedes Mal hatte sein Begleiter ihn unterbrochen und gesagt, dass sie über das Schloss und das Leben dort nichts erzählen dürften. Dafür seien sie nicht hier.

    Nat überlegte fieberhaft, wie er die beiden Männern für seine Pläne gewinnen konnte. Aber in den vergangenen Stunden war ihm nichts eingefallen, dass nicht sofort das Misstrauen der Männer geweckt hätte.

    Aber da stand ihm das Glück zur Seite.

    Der hagere Kammerjäger lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und schaute links und rechts an Nat vorbei – und zwar gleichzeitig. Der Schnaps schien auch bei ihm deutliche Wirkung zu zeigen.

    „Die Tore sin’ doch so was von egal. Da kannsu’ nur ins Schloss rein oder raus. Viel besser is’ doch das, was es im Schloss zu seh’n gibt." Er stieß ein wieherndes Lachen aus, dass gut zu seinem hageren Pferdegesicht passte, griff nach seinem Glas und schüttete den Rest der scharfen Flüssigkeit in sich hinein.

    „Der Gart’n, da mussu ma’ hin. Der is’n Paradies. Und wenn dann noch die Weiber da sin’ …!"

    Nat schluckte. Jetzt war’s so weit. Dies war die Gelegenheit, auf die er schon die ganze Zeit gewartet hatte. Scheinbar gelangweilt guckte er den Buntgekleideten an. „Was’n für’n Garten? Ich dachte, dass is’ nur `n Ammenmärchen."

    „Quatsch!" Speicheltropfen flogen in Nats Richtung.

    Der Kammerjäger schüttelte so heftig den Kopf, dass er fast vom Stuhl gefallen wurde. Er konnte sich anscheinend nur nicht entscheiden, zu welcher Seite.

    „Den gib’s wirklich. Ich hab ma’ über die Mauer geguckt, aber dann musste ich abhau’n, weil die Streife kam. Hatte nieman’ der für mich Schmiere stand."

    „Un’, wie issas da?" Nat bemühte sich, seine Euphorie zu verbergen und spielte den nur mäßig Interessierten.

    „Das Paradies, Mann. Ächt das Paradies. Ich würde zu gern’ ma’ da reinkommen un’ am besten wenn die Königin un’ ihre Hofdamen un’ die Prinzessin da sin’. Aba da brauchs’e jemanden, der drauß’n aufpasst unnich auffälld." Wieder lachte er wiehernd und holte dabei schnaubend Luft.

    „Ich kann das auch nich’ riskier’n, dafür bin ich im Schloss einfach su bekannd. Wenn mich einer sieht bin ich fällich. Ich wär’ schon froh, wenn mir jeman’ erzähl’n würde, wie’s da is’. Wie’s riecht und sich anfühlt un’ so. Hab gedacht, als Kammerjäger komms’u überall hin, aber pffft …! Kanns’u vergessen, Im inner’n Schloss machen die alles alleine. … Weiss’u was, hätt’st nicht Lust auch ma’ zu guck’n?"

    Nat jubelte innerlich. So einfach hatte er sich das wirklich nicht vorgestellt. Jetzt bloß den Fisch nicht von der Angel lassen.

    „Würd’ ich ja glatt ma mach’n, aba wenn du dich schon nich’ trau’n kanns’, wie sollte ich das denn mach’n? Nat schüttelte bedauernd den Kopf. „Ich bräucht’ jeman’ aus’m Schloss, der mich reinlässt, `ne Leiter hält un’ für mich Schmiere steht. Wo soll ich den denn find’n?

    Der Kammerjäger lehnte sich wieder vor und versuchte Nat eingehend zu mustern. Sein Augen drehten jedoch immer wieder weg, so dass es ihm nicht gelang den Blick zu fixieren.

    „Morg’n Nachmittag nach dem Mittagsgebet sin’ sie wieder im Gart’n. Das weiß ich von’m Freund. Wenn du dann bei der Ostmauer des Schlossgar`ns bis’, dann warte ich da mit `ner Leiter auf Dich."

    Wieder bemühte er sich um einen eindringlichen Blick.

    „Aber komm’ nich’ auf dumme Gedank’n. Rüberklettern, gucken und ganz still wieder raus, mehr is’ nich’ drin."

    Nat konnte ein breites Grinsen nicht unterdrücken.

    „Geht klar, ich bin dann da und versprech’ Dir, ich will nur guck’n nich’ anfassen!"

    Noch einmal stießen die beiden „Verschwörer" miteinander an, dann schob der Kammerjäger seinen Becher weg.

    „Genuch für … boorps! ein lang gezogener Rülpser brach aus ihm heraus. „Wir müss’n los.

    Die beiden Männer standen schwankend auf. Nat war weiterhin bemüht, sich betrunkener zu benehmen, als er wirklich war. „Komm, wir schaff’n dein’n Freund hier raus:"

    Jeder schob einen Arm unter die Arme des betrunkenen Wachmannes und sie schoben und zerrten ihn durch die Tür nach draußen.

    Bei ihrem schwankenden Gang brauchten Sie fast zwanzig Minuten bis zum Schlosstor, dann ließen sie den Wachmann an der Mauer zu Boden sinken. Stöhnend und schwitzend lehnten sie sich gegen die raue Steinwand.

    „Morgen ab Mittag hat unser Freund hier wieder Dienst, dann lässt er Dich hier durch."

    Die kalte Nachtluft und die Anstrengung der letzten Minuten hatte den Buntgekleideten offensichtlich wieder nüchterner gemacht.

    „Wir sehen uns nach dem Mittagsgebet!"

    Er packte den schlafenden Mann unter den Armen und zog ihn zum Tor. Sein Klopfen dröhnte durch die Nacht.

    Nat drehte sich um und eilte zurück in die schlafende Stadt. Das breite Grinsen, mit dem der Kammerjäger ihm nachsah bemerkte er nicht mehr.

    Um halb zwei stand Nat am Tor und versuchte zu den Wachleuten vorzudringen. Vor ihm stand eine Gruppe Wanderer, die die Architektur des Schlosses bewunderten und sich gerade über die massiven Mauern ergingen.

    Nat schob sich unauffällig an ihnen vorbei. Dann stand er vor einem jungen Wachmann, der ihn von oben bis unten musterte.

    „Was ist euer Begehr ..?" Eine klobige Hand legte sich auf die Schulter des jungen Mannes und schob ihn leicht zur Seite.

    „Schon gut, der Mann kann eintreten."

    Die letzte Nacht war dem Wachmann offensichtlich nicht so gut bekommen. Die Augen waren rotgerändert, wie entzündet, und der Blick war immer noch glasig und unstet.

    Zudem schien ihm der Lärm der Wanderergruppe regelrecht körperlich weh zu tun.

    „Komm’ rein und kein lautes Wort." Die Stimme des Mannes klang gepresst und seine sauren Ausdünstungen umgaben ihn wie eine Aura.

    „Geh hier durch, er zeigte nach links auf einen kleinen Torbogen. „Luptus erwartet Dich auf dem Platz.

    Ohne ein weiteres Wort wandte er sich ab und strebte auf einen Stuhl im Schatten des Nordtores zu.

    Nat schaute ihm kurz nach. Erst jetzt fiel ihm auf, dass der Kammerjäger seinen Namen nie genannt hatte. Entsprechenden Fragen war er immer ausgewichen. Nat hatte sich aber nichts dabei gedacht.

    Er drehte sich um und eilte durch den Torbogen, ging durch einen kurzen schattigen Gang, dann trat er auf einen kleinen sauberen Platz.

    Auf der linken Seite wurde der Platz begrenzt durch die doppelt mannshohe Festungsmauer, auf der rechten Seite war die Mauer etwas kleiner. Grüne Triebe von Kletter- und Rankpflanzen lugten über die Mauer und Nat meinte, dass leise Plätschern eines Brunnen zu hören. Über die Mauer zog der frische Duft von Blumen und Büschen.

    „Psst!" Nat drehte sich um.

    Neben dem Durchgang, durch den er eben auf diesen Platz gekommen war stand Luptus, wie immer ganz in bunte Gewänder gehüllt. In einer Nische neben ihm stand eine kurze Leiter.

    Ohne viele Worte nahm er die Leiter und lehnte sie gegen die Mauer. Die Leiter endete etwa zwei Handbreit unter der Mauerkrone, aber für Nat würde es kein Problem sein, sich über die Mauer zu drücken.

    „Wie komme ich wieder raus?" Für eine Begrüßung war offensichtlich keine Zeit, Nat schaute sichernd in die Runde.

    „Einer dieser Bäume wird dicht genug an der Mauer stehen, um von dort auf die Mauer zu klettern. Ich werde hier unten Schmiere stehen."

    Der Buntgekleidete fasste seinen Arm und schob ihn zur Leiter.

    „Wenn du an der Mauer bist machst du Dich leise bemerkbar, dann fange ich an zu pfeifen, wenn die Luft rein ist. Wenn jemand kommt, werde ich mit dem ein Gespräch anfangen, über das Wetter. Dann weißt du, dass du noch nicht rüberkommen kannst. Die Leiter wirst du zum runterklettern nicht brauchen, du kannst Dich an die Mauer hängen und dann fallen lassen."

    Nat kletterte die Sprossen der Leiter nach oben.

    „Und wenn es da drüben kein gutes Versteck gibt …?"

    „Dann kletterst du gleich wieder zurück. Aber ich war schon mal in dem Garten, als die dort ein kleines Rattenproblem hatten. Da gibt es jede Menge Verstecke."

    Ein kurzer Gedanke zuckte durch Nats Kopf, aber er war zu aufgeregt, um ihn wirklich zu fassen.

    Nat hatte die Mauerkrone erreicht und schaute vorsichtig über die Kante.

    Er blickte auf die friedvolle Szene, die sich ihm darbot.

    Die Sonne schien auf den blühenden Garten. Die Mauer bildeten ein Geviert von etwa zwanzig auf dreißig Schritt, in der Mitte plätscherte ein Springbrunnen und sprühte seine meterlangen Wasserstrahlen in die Luft. Der feine Sprühnebel fing das Sonnenlicht und bildete wunderschöne schillernde Regenbögen, die sich auf die Blumen zu legen schienen, die es dort in allen Farben gab, die man sich vorstellen konnte.

    Nat sah riesige Blütenkelche mit fingerkuppengroßen Stempeln, winzige leuchtende Blüten, weiße Blüten, die wie Schnee auf den Pflanzen lagen und grüne Blätter in allen Schattierungen und Größen.

    Die Blumen fassten den Brunnen ein und säumten die kiesbestreuten Wege. Ein Meer von Farben beherrschte den Garten, üppige Ginsterbüsche verbargen die Festungsmauern und schienen die einzige Tür zu bewachen, die in diesen Garten hinein- und herausführte.

    Über den großen Blütenkelchen summten die Bienen und um eine weißblühende Magnolie tanzte eine Gruppe winziger Elfennymphen, voller Freude und Schönheit.

    Der schwere süße Duft der Blumen beherrschte die Luft.

    Ohne einen Blick zurück schob Nat sich auf die Mauer, und drehte sich, bis er mit gestreckten Armen an der Innenseite der Mauer hing. Dann ließ er sich das kurze verbliebene Stück fallen und sah sich sofort angstvoll um.

    Von jenseits der Mauer hörte er das Scharren, als der Kammerjäger die Leiter wieder von der Mauer nahm. Außerdem meinte er ein unterdrücktes, wieherndes Lachen zu hören, aber - egal.

    Nat entdeckte einen großen Busch mit dicken, dunkelgrünen Blättern, der im Schatten der Mauer stand.

    Die Dunkelheit unter dem Busch war so undurchdringlich, dass man nicht einmal die Mauer dahinter erkennen konnte.

    Schnell richtete er sich auf und lief hinüber. Er ging in die Knie und schob sich in den Schatten unter dem Busch.

    Lange Dornen zerrten an seinen Haaren und verhakten sich in seiner Kleidung.

    Aus seinem Versteck sah er sich um und entdeckte an der Mauer auf der Ostseite tatsächlich einen Baum, der bis zur Kante der Mauer und ein bisschen darüber hinaus ragte. Die Äste des Baumes sahen stark genug aus, um sein Gewicht zu tragen. Über diesen Baum würde er nachher wieder aus dem Garten entkommen können.

    Nachher! Nat leckte sich nervös die Lippen. Was würde ihn jetzt gleich wohl erwarten?

    Wenn man den Gerüchten Glauben schenken durfte, würde er gleich die schönsten Frauen des ganzen Landes zu sehen bekommen. Noch dazu in einem Moment, wo sie sich völlig sicher und unbeobachtet wähnten.

    Vielleicht würde er den ein oder anderen Blick auf zarte Haut und sanfte oder üppige Rundungen erhaschen können.

    Sein Mund verzog sich zu einem breiten Grinsen. Er musste vorsichtig sein, wem er später von seinem Abenteuer erzählte, aber er würde davon erzählen müssen, sonst würde er bestimmt platzen.

    „HILFE, HILFE!! WAACHE, HIERHER!

    Von jenseits der Mauer erklang lautes Geschrei. Nat sah verdutzt nach oben. Das klang wie die Stimme des Kammerjägers.

    „DA, DA VORNE. DA IST ER ÜBER DIE MAUER RÜBER!"

    Der Gedanke, dass jemand versucht haben könnte über die Außenmauer zu fliehen verschwand genau so schnell wie er gekommen war. Für Nat blieb nur die Einsicht, dass er ein Problem hatte.

    Luptus dieser bunte Mistkerl hatte ihn reingelegt. Der lief jetzt laut brüllend über den Platz und versuchte die Wachen auf Nat aufmerksam zu machen.

    Nat überlegte fieberhaft und sah sich um. Es gab unter den Büschen zwar viele Verstecke, aber keines, das bei einer ernsthaften Suche ausreichenden Schutz bot.

    An zwei Seiten waren die Mauern unüberwindlich, hier handelte es sich um die hohen Mauern des Schlosses. An der Südmauer waren nur Beete mit bunten, leuchtenden Blumen und kleinen zarten Sträuchern angelegt, hier konnte er die Mauerkrone auf keinen Fall erreichen.

    Es blieb ihm nur noch der Versuch, über die Ostmauer zurück zu klettern, bevor auf dem kleinen Platz Wachen zusammengelaufen kamen.

    Er schob sich unter dem Busch hervor, wobei die langen Dornen an seinen Haaren zerrten und ein Widerhaken eine lange Risswunde vom Handgelenk bis fast zum Ellenbogen hinterließ.

    Nat warf sich nach vorne. Mit einem lauten Knacken brach ein Ast, der sich in seiner Kleidung verfangen hatte. Mit drei schnellen Sätzen war er bei dem Baum, über den er die Mauer überwinden konnte.

    Bevor er auch nur auf den untersten Ast geklettert war, flog mit einem Krachen die Tür in der Schlossmauer auf. Nat schaute über die Schulter und sah zwei Wachen mit gezogenen Schwertern auf sich zu stürmen.

    Verzweifelt versuchte er sich hochzuziehen und die Mauerkrone zu erreichen. Mit einem beherzten Sprung erreichte er den starken Ast, der bis fast ganz oben heranreichte. Weitere Wachen eilten auf den Platz vor der Mauer, von Luptus keine Spur, die Fluchtmöglichkeiten wurden immer enger. Noch konnte er es schaffen, jetzt hieß es schnell sein.

    Nat wollte sich von dem Ast abdrücken und über die Mauer springen, aber plötzlich war der Ast weg.

    Einer der Soldaten im Garten hatte mit dem Schwert zugeschlagen und den Ast direkt am Stamm abgetrennt.

    Nat verlor den Halt, versuchte noch, sich im letzten Moment an der Mauer festzuhalten, aber zu spät. Er fiel hintenüber, krachend brachen die Äste, dann schlug er mit brutaler Gewalt auf dem Boden auf. Die Luft wurde ihm aus den Lungen gepresst. Er wollte sich mit letzter Kraft aufrichten, doch plötzlich sah er einen schwarzen Stiefel auf seinen Kopf zurasen.

    Der Tritt traf ihn seitlich an der Schläfe, ein Meteorschauer schien durch seinen Kopf zu schießen, dann wurde es dunkel.

    Nat erwachte, das heißt. er versuchte zu erwachen. Aber irgendjemand schien einen Berg von Decken über ihn gebreitet zu haben.

    Es herrschte vollkommene Dunkelheit und Geräusche drangen nur ganz gedämpft an sein Ohr.

    Dann merkte er, dass dies nur die letzten Reste der Ohmacht waren, die sich nur langsam und nach hartem Kampf zurückzogen. Nat richtete sich schnell auf, um zu sehen, wo er gelandet war … eine dumme Idee.

    Mit einem Stöhnen sank er zurück auf die harte Erde, sein Kopf schien zu platzen. Im Rhythmus seines Herzschlags donnerten die Schmerzen durch seinen Kopf.

    Er tastete mit der Hand zur linken Schläfe und verzog das Gesicht, als er feststellte, dass eine hühnereigroße, blutverkrustete Beule seine linke Schläfe zierte.

    Ganz vorsichtig öffnete er die Augen und sah sich um.

    In dem Raum um ihn herum herrschte Halbdunkel, durch ein kleines vergittertes Fenster hoch oben in der Wand schien die Sonne.

    Auf zwei Seiten war der Raum begrenzt durch Wände, auf den anderen beiden Seiten durch massive Gitterstäbe, die in Decke und Boden eingelassen waren. Die Tür in einer der Gitterwände war durch ein großes Schloss gesichert.

    Nat lag auf der festgestampften Erde in einer Gefängniszelle des Schlosses. An einer der Mauern war eine Holzpritsche an der Wand befestigt, gehalten von zwei starken Ketten, die in der Wand verankert waren.

    In der Ecke der Mauern stand ein alter Eimer, der offensichtlich für die Erledigung dringender Geschäfte herhalten musste. Daneben stand eine angeschlagene Metallschüssel, in der ein wenig schmutziges Wasser schimmerte.

    Nat hatte einen trockenen Hals und das Schlucken bereitete ihm große Schwierigkeiten. Die Schmerzen am ganzen Körper ließen darauf schließen, dass man nicht allzu zimperlich mit ihm umgegangen war, als man ihn in diese Gefängniszelle geschafft hatte.

    Vorsichtig rollte Nat sich auf den Bauch und versuchte sich auf die Knie aufzurichten.

    Ganz langsam hob er den Kopf, während der Schmerz aufgegeben hatte in Wellen zu kommen und stattdessen unablässig tobte.

    Übelkeit überkam ihn. Mit letzter Kraft kroch er zu dem Eimer in der Ecke und erbrach sich unter lautem Würgen. Dann ließ er sich vorsichtig wieder zu Boden sinken. Ehe er sich weitere Gedanken über seine Zukunft machen konnte, fiel er erschöpft in einen unruhigen Schlaf.

    Irgendwann wachte er wieder auf, öffnete die Augen und versuchte sich umzusehen.

    In der Zelle war es dunkel. Nur auf dem Gang vor den Zellen hing eine qualmende Fackel, die mit ihrem flackernden Licht die Dunkelheit kaum durchdrang.

    Vorsichtig hob Nat den Kopf und wartete auf den rasenden Kopfschmerz, aber anscheinend hatten die Stunden der Ruhe ihm gut getan. In seinem Kopf war nur noch ein leichtes Pochen, dafür schmerzte der ganze Körper als wäre eine Pferdeherde über ihn drüber getrampelt.

    Stöhnend richtete er sich auf und schaffte es in eine sitzende Position, gegen die raue Zellenwand gelehnt. Aus dem Eimer neben ihm stieg der saure Gestank des Erbrochenen auf und vereinigte sich mit dem Gestank nach Dreck, Schweiß und Angst, der in den Zellen hing.

    Nat versuchte mit seinen Blicken die Dunkelheit zu durchdringen, ob in den anderen Zellen jemand war, aber er konnte nichts erkennen.

    Langsam drückte er sich an der Wand hoch und kam schwankend zum Stehen. Er holte tief Luft, zuckte aber sofort zusammen.

    Anscheinend hatte man auch seine Rippen ausgiebig bearbeitet, als man ihn hier her geschafft hatte.

    Stöhnend krümmte er sich und wäre fast wieder in die Knie gebrochen. Er hielt die Luft an und presste die Hände auf seinen Brustkorb.

    Zögernd richtete er sich dann wieder auf und achtete darauf, nur noch vorsichtig und flach zu atmen.

    Mit unsicheren Schritten ging er an der Wand entlang zum Gitter. Er umklammerte mit beiden Händen die massiven Gitterstäbe und versuchte erst gar nicht daran zu rütteln. Er war sicherlich kein schwacher Mann, aber diese Gitterstäbe hätten selbst einen Behemoth gehalten.

    Stattdessen ging er an den Gittern entlang, bis er in die Nachbarzellen und den Gang entlang gucken konnte.

    Alles war leer, anscheinend war er der einzige Unglückliche, der gegen die Gesetze der Stadt verstoßen hatte.

    Nat fluchte. So hatte er sich das ganze nicht vorgestellt.

    Dieser Drecksack von Kammerjäger, dieser Hundefloh Luptus. Wieso hatte er ihm das angetan, er hatte doch gar nichts davon. Nur für den Spaß? Damit man ihn, Nat, auspeitschte oder gar aufhängte.

    Da würde ihm der Spaß schon vergehen. Nats Onkel würde ihn hier rausholen und wenn er erst draußen war, dann würde er sich diesen bunt gekleideten Gecken vornehmen.

    Überhaupt, warum hatte sein Onkel ihn noch nicht rausgeholt. Er war doch bestimmt schon den halben Tag und mindestens die halbe Nacht hier drin. Da müsste sein Onkel ihn doch vermissen.

    Aber - nein, es war ja nicht das erste Mal, dass Nat nachmittags nicht zur Arbeit erschienen war. Wenn das Wetter zu gut, das Essen zu lecker oder die Frauen zu schön waren, hatte er häufiger schon mal die Arbeit geschwänzt. Warum auch nicht, sein Oheim würde ihn nicht rauswerfen, schließlich war er der einzige Sohn seiner verstorbenen Schwester.

    Nat ging in der Zelle hin und her wie ein eingesperrter Tiger. Wie ein lahmer, eingesperrter Tiger. Hospitalismus im Endstadium.

    Immer wieder grübelte er, warum Luptus ihn in diese Falle gelockt hatte. Er kannte den Kerl doch gar nicht. Und was konnte das für ein Spaß sein, jemand anderen in den Kerker oder an den Galgen zu bringen. Er würde Luptus zur Rede stellen und dann verprügeln oder erst verprügeln und dann zur Rede stellen.

    Die Rachegedanken schienen die Schmerzen etwas zu lindern, daher malte Nat sich in schillernden Farben aus, was er alles mit dem Kammerjäger anstellen würde, wenn er hier raus war.

    Quälend langsam verging die Nacht.

    Aus der Stadt erklangen vereinzelte Hahnenschreie und auf dem Schlosshof rief die Glocke zum Frühstück. Nat hörte Stimmen, vereinzelte Rufe, aber um ihn schien sich niemand zu kümmern.

    Nats Unruhe wuchs. So langsam musste sein Onkel doch sein Verschwinden bemerkt haben und sich um seine Freilassung kümmern.

    Weitere endlose Stunden vergingen, dann hörte Nat ein Scharren auf der Treppe, die vom Gang vor den Zellen hoch zum Schlosshof führte. Schritte erklangen und ein grobschlächtiger Mann kam die Stufen herunter gestiegen.

    In der Hand hielt er einen angestoßenen Blechnapf und einen Tonkrug. Mit schleppenden Schritten kam er zu Nats Zelle.

    „Hier Mann, Suppe und Wasser. Obwohl ich gar nicht weiß, warum man das gute Zeug noch an dich verschwendet!?!"

    Er stellte die Sachen auf dem Gang, gerade noch so in Nats Reichweite ab und drehte sich wieder um.

    „Hey, Nat war mit einem schnellen Schritt am Gitter und umklammerte die Stäbe mit beiden Händen. „Was soll das? Warum redet niemand mit mir? Wo ist mein Onkel?

    Nat rüttelte an den Stäben.

    Der Mann grunzte nur und stieg mit langsamen Schritten wieder die Treppe hinauf.

    „HEY! HAAAALT! VERDAMMT NOCHMAL!"

    Nat trat gegen die Gitter – wobei er sich einen Zeh verstauchte – und brüllte seinen Frust heraus.

    Der Überbringer des kargen Mahls blieb davon unbeeindruckt und verschwand auf der Treppe. Nat hörte das Scharren der Tür. Dann herrschte wieder Ruhe.

    Er sank am Gitter zusammen und barg seinen Kopf in seinen Armen. Dann packte ihn eine mörderische Wut.

    Er schob seine Füße zwischen den Gitterstäben hindurch und trat mit aller Wucht gegen den Teller und den Krug – was seinem verstauchten Zeh noch weniger gut tat, aber das Adrenalin in seinen Adern ließ ihn den Schmerz ignorieren.

    Das Essen, der Teller und der Krug flogen durch die Luft. Der Krug knallte gegen die Wand und zerplatzte mit einem lauten Knall, der Blechnapf schlug gegen die Stäbe der Nachbarzelle und die Suppe ergoss sich in den Staub.

    Nat ließ sich nach hinten fallen und strampelte vor Wut wie ein kleines Kind mit den Füßen. Seine geballten Fäuste schlugen auf den staubigen Zellenboden, so dass Wolken aufstiegen und in der Luft tanzten.

    Dann beruhigte er sich, dass Adrenalin strömte langsamer in seinen Adern und sein vor Wut verkniffenes Gesicht entspannte sich zögerlich.

    Im Schlepptau des versiegenden Adrenalins machten sich die Schmerzen auf den Weg in Nats Hirn. Er holte zischend Luft, als er das heftige Pochen in seinem Zeh spürte. Er hob den Oberkörper und schob sich rückwärts, bis er mit der Schulter an die Pritsche stieß. Mühsam drückte er sich hoch und ließ sich schwer darauf fallen.

    Der Wutausbruch forderte seinen Tribut, die Anspannung fiel von ihm ab und innerhalb kürzester Zeit fiel Nat in einen unruhigen Schlaf.

    Als er wieder aufwachte, spürte er einen nagenden Hunger und vom Durst war seine Kehle rau wie ein Reibeisen. Er drehte sich und sah selbstmitleidig zu dem zerbrochenen Tonkrug und dem verbeulten Blechteller, die auf dem Gang lagen. Wie sehnte er sich jetzt nach einem Schluck Wasser. Verdammt, wie lange wollte man ihn denn noch hier festhalten.

    Nat schaute hoch zum Fenster, die Strahlen der Sonne, schienen kaum hindurch, obwohl draußen gleißende Helligkeit herrschte. Demnach musste die Sonne hoch am Himmel stehen und es etwa um die Mittagszeit sein.

    Automatisch dachte Nat an die kleine Taverne, in der er meistens seine Mittagsmahlzeit nahm. Dachte an saftigen Lammbraten, warmes frisches Brot und ein kaltes, würziges Bier.

    Seine Eingeweide schienen sich vor Hunger zusammenzuziehen.

    Er musste sich irgendwie bemerkbar machen. Es konnte doch nicht angehen, dass er hier noch lange bleiben sollte. Er hatte doch gar keinen Spaß gehabt, dafür konnte man ihn doch nicht solange leiden lassen.

    Nat stand kurz davor, vor lauter Selbstmitleid in Tränen auszubrechen.

    Was ihn davon abhielt, war seine Wut, ja sein Hass auf Luptus, der dafür gesorgt hatte, dass er jetzt in dieser Situation steckte. Was hatte der sich nur dabei gedacht, was hatte ihm das Ganze gebracht.

    Nat hörte wieder das Scharren der Tür und es kamen Schritte die Treppe herunter.

    Mit leisen, schleichenden Schritten trat Luptus um die Ecke und näherte sich breit grinsend der Zelle.

    „Na, du Verlierer. Wie ist es hier in der Zelle, wo das Einzige was man hört die Zimmerleute sind, die deinen Galgen bauen?"

    Ein leises Kichern erklang.

    „Ich kenne dich. Du bist einer dieser faulen Dreckskerle, die glauben ein schönes Leben führen zu können, nur weil sie einen reichen Vater oder Onkel oder sonstwas haben. Typen wie dich hab’ ich noch nie ertragen können."

    Sein breites dreckiges Grinsen ließ Nats Wut fast überkochen. Das Blut rauschte in seinen Ohren und sein Sichtfeld engte sich ein, bis er nur noch die grinsende Fratze dieses geckenhaften Kotzbrockens sah.

    „Es ist mir immer wieder ein Vergnügen solchen Fatzkes wie dir einen auszuwischen. Und das du mir gleich so dämlich auf den Leim gehst ist ja noch viel netter."

    Wieder kicherte der Kammerjäger und drehte sich halb zur Treppe.

    „Ich werd’ dich jetzt mal alleine lassen. Du solltest deine letzten Stunden auf dieser Welt ausnutzen, um über all das nachzudenken, was du in dieser Welt verpasst."

    Nat war mit einem Sprung am Gitter der Zelle und griff nach Luptus. Der bunt gekleidete Mann wich grinsend aus und drückte sich an die gegenüberliegende Wand.

    „Mein Onkel wird mich hier herausholen. Und dann werde ich dir jeden Knochen im Leib brechen, und danach werde ich …!"

    Nat versagte die Stimme vor lauter Wut.

    Leise lachend wich Luptus weiter in Richtung Treppe zurück.

    „Sie werden dich niemals auf freien Fuß lassen. Wenn du nicht hängst, dann kommst du ins Straflager, bis du schwarz wirst."

    Er setzte seinen Fuß auf die unterste Treppenstufe.

    „Also überleg dir schon mal, wie du dir da Freunde machen kannst. Das sollte einem so hübschen Jungen wie dir doch nicht so schwer fallen."

    Lachend stieg er die Treppe hinauf und verschwand.

    Nat kochte vor Wut, brüllend tobte er durch die Zelle, auf der Suche nach etwas, das er zerstören konnte.

    Aber genauso schnell verrauchte seine Wut wieder und sein Verstand begann sich genüsslich auszumalen, was er alles mit Luptus anstellen würde, wenn er hier heraus kam.

    Wobei erwürgen und zerstückeln noch als harmlos einzuordnen waren.

    Zumindest floss in seiner Vorstellung viel Blut und es erklangen laute Schmerzensschreie.

    Doch die Ruhe für diese tröstlichen Gedanken währte nicht lange.

    Wieder öffnete sich die Tür und Nat erwartete schon fast sehnsüchtig wieder die dreckige grinsende Fratze des Kammerjägers zu sehen.

    Auf den unteren Treppenstufen erschien jedoch der vierschrötige Gefängniswärter (was sollte er sonst sein) und mit ihm drei Soldaten.

    Der Wärter trug ein dickes Schlüsselbund in der Hand und blieb vor der Zelle stehen.

    „Hey, du da. Einer der Wachleute schob sich vor, bis er dicht an den Stäben der Zelle stand. „Stell dich hin und dreh dich mit dem Gesicht zum Fenster!

    Nat tat wie ihm geheißen, froh, dass er offensichtlich endlich hier herauskam.

    Der Gefängniswärter suchte einen Schlüssel an dem Bund heraus und öffnete die Tür. Die drei Wachleute drängten sich in die Zelle und packten Nat. Zwei Mann hielten ihn fest, währen der Dritte mit hartem Griff Nats Hände auf den Rücken fesselte. Dann drehten sie ihn um und stießen ihn aus der Zelle heraus.

    Einer der Männer ging voraus, die anderen beiden links und rechts hinter Nat. Alle drei Männer hatten die Hände am Schwertgriff, jederzeit bereit Nat an einer Flucht zu hindern.

    Ohne ein weiteres Wort gingen sie die Treppe hinauf und traten auf den sonnenüberfluteten Schlosshof.

    Nat kniff die Augen zusammen und stockte. Sofort bekam er einen derben Stoß in den Rücken und stolperte weiter. Die Männer führten ihn über den Hof und hinein in einen anderen schattigen Gang.

    Nat versuchte sich umzusehen.

    Der Gang war etwa vier Schritt breit und an den Wänden hingen mehrere Bilder und Wandbehänge. Die darauf abgebildeten Szenen zeigten die unterschiedlichsten Arten von Bestrafungen, vom Auspeitschen über das Aufhängen bis hin zum Vierteilen.

    Nat schluckte und schien in sich zusammen zu schrumpfen, das war wohl genau der Effekt, der mit diesen Bildern erreicht werden sollte.

    Er stolperte auf eine massive Holztür zu.

    Die Tür öffnete sich und Nat wurde in einen Raum geschoben. Dieser erschien Nat riesig, bestimmt fünfzehn Schritte breit und dreißig Schritte lang. Im vorderen Bereich, durch den er jetzt geführt wurde, waren Zuschauerbänke aufgebaut, auf denen aber nur einige wenige Gestalten saßen. Dann kam ein freier Bereich in dem links und rechts starke Holzbänke und schwere Tische aufgebaut waren.

    An der anderen Stirnseite des Raumes stand ein hoher Richtertisch, an dem bis zu fünf Richter sitzen konnten. Wenn ein Mann vor diese Richtertisch trat, würde sein Kopf etwa in Höhe der Tischplatte sein. Somit war deutlich, wer in diesem Raum das Sagen hatte.

    Auf der einen Seite des freien Bereichs vor dem Richtertisch stand ein hart aussehender, falkengesichtiger Mann, der Nat mitleidslos anschaute. Auf der anderen Seite stand ein dicklicher kleiner Mann mit einer knubbeligen, blaugeäderten Säufernase.

    Beide Männer trugen lange schwarze Roben und alberne weiß gepuderte Perücken. Doch während das den Eindruck von Härte bei dem großen Mann verstärkte, ließ es den kleinen Mann nur noch seltsamer erscheinen.

    Die schmuddelige Perücke umgab seinen Kopf wie ein Kranz, was den Kontrast zum roten Gesicht und der blauen Nase noch deutlicher machte.

    Nat bekam einen Stoß und stolperte auf den kleinen Mann zu. Der sah Nat interessiert an, dann drehte er sich um und kletterte auf die Bank. Seine Beine waren so kurz, dass die Füße in der Luft hingen. Mit Mühe gelang es ihm, die verschränkten Arme auf den massiven Holztisch zu legen.

    „Los, komm schon. Setz dich hin, die Sache wird wohl nicht allzu lange dauern."

    Nat schob sich auf die Bank und hob zu einer Erwiderung an, da öffnete sich die Tür zum Zuschauerraum.

    Durch die Tür trat Nats Onkel, Torstaf Bringhom, der Kaufmann. Nat atmete auf, jetzt würde der Alptraum bald ein Ende haben.

    Sein Onkel war ein großer schwerer Mann, dem man ansah, dass er sich nicht vor ehrlicher Arbeit fürchtete. Er hatte starke Arme und einen massigen Oberkörper. Das gute Leben der letzten Jahre hatte einige kleine Polster auf seine Hüften gezaubert, aber die Spuren in seinem furchigen Gesicht machten deutlich, dass er schon andere Zeiten gesehen hatte.

    Er blickte sich kurz um, dann sah er Nat mit strengem Blick an und runzelte die Stirn.

    Nat wollte aufspringen, aber zwei seiner Wächter waren hinter ihn getreten und packten ihn hart an den Schultern. Sie drückten ihn auf die Bank zurück und seine, auf den Rücken gebundenen Arme wurden schmerzhaft gegen die Lehne der Bank gepresst.

    Der kleine Mann neben ihm schaute die beiden Männer interessiert an. Dann wandte er sich an Nat.

    „Mein Name ist Cyrrus Lohnees, ich bin dein Verteidiger in dieser Verhandlung. Obwohl es aus meiner Sicht nur wenig zu verteidigen gibt. Man hat Dich von der Mauer gezogen, als Du versucht hast den Garten zu verlassen, zu dem Du eigentlich keinen Zutritt haben durftest. Da machen die Richter kein großes Aufheben. Ich vermute, man wird Dich ohne viel Federlesen verurteilen."

    Nat brach der Schweiß aus, in Sekunden klebte ihm sein Hemd am Rücken.

    „Was soll das heißen, ich denke du sollst mich verteidigen…!?!"

    „Sicher. Cyrrus Lohness nickte. „Dann sag mir, wo ich bei meiner Zusammenfassung gerade eben falsch lag…?

    Ein schmales Grinsen überzog sein dickes Gesicht.

    Bevor Nat ihm antworten konnte, öffnete sich eine Tür an der Wand hinter dem Richtertisch und ein Mann in weiter schwarzer Robe betrat den Raum. Er blickte sich einmal mit ernsten Gesichtsausdruck um. Dunkle Augen in einem asketisch schmalen Gesicht schienen jede Bewegung im Raum wahr zu nehmen.

    Dann nahm er Platz und sah hinunter auf Nat, der schwitzend auf der Bank hockte.

    Ohne weitere Worte winkte der Richter den hinter Nat stehenden Wächtern zu. Die beiden rissen Nat hoch und führten ihn zu einem flachen, an drei Seiten von einem Geländer umgrenzten Podest vor dem Richtertisch.

    „Angeklagter!" Die erhöhte Position und das ehrfurchtgebietende Gehabe des Richters standen in einem krassen Gegensatz zu seiner fisteligen Stimme, mit der er die Stille im Raum durchbrach.

    Trotz der angespannten Situation konnte Nat sich ein kleines Grinsen nicht verkneifen. Der Richter sah das Zucken der Mundwinkel, und seine ohnehin düstere Stimmung schien sich noch weiter zu verfinstern.

    „Ihr seid in den Garten seiner Hochherrschaften, des Königs und der Königin eingedrungen und habt versucht, euch in den Büschen zu verstecken. Offensichtlich habt ihr beabsichtigt, Mitgliedern des Königshauses Schaden zuzufügen oder euch den weiblichen Bewohnern des Schlosses auf unerlaubte Art und Weise zu nähern."

    Die hohe und nasale Stimme und das verkniffene Gesicht des Richters ließen die Vorwürfe, die gegen Nat gerichtet wurden unbedeutend erscheinen.

    „Euer Ehren …;" Nat bekam einen Tritt in die Kniekehle, der ihn einknicken ließ. Da er sich mit den gefesselten Händen nicht abstützen konnte, prallte sein Kinn auf das Geländer des Podests. Seine Zähne knallten aufeinander wie eine zuschnappende Bärenfalle und er sah für einen kurzen Moment Sterne.

    „Du sprichst nur, wenn der ehrenwerte Richter Dir das Wort erteilt, ist das klar?!?" brummte der hinter ihm stehende Wärter Nat ins Ohr und zog ihn wieder auf die Füße.

    Nat taumelte noch einen Moment, dann hatte er sein Gleichgewicht wieder gefunden. Sein Unterkiefer pochte und im Mund schmeckte er Blut, weil er sich auf die Zunge gebissen hatte. Er schluckte das Blut hinunter und sah wieder zu dem Richter hin.

    Hier traf ihn nur ein mitleidsloser Blick. Ein weiterer schneller Blick zu seinem Verteidiger zeigte Nat, dass dieser entspannt auf der Bank saß und das Geschehen bedingt interessiert verfolgte.

    „Habt ihr etwas zu eurer Verteidigung vorzubringen …? Nat zögerte, da traf ihn ein leichter Schlag auf den Hinterkopf. „Der Richter hat Dich was gefragt!

    Nat war versucht sich umzudrehen und dem hinter ihm stehenden Mann einen Tritt zu verpassen. Aber erstens hätte er das wohl nicht geschafft, bevor die Wärter ihn überwältigt hatten. Und außerdem hätte das vor dem Richter keinen guten Eindruck gemacht.

    Nat erhob die Stimme und schaute zum Richtertisch hinauf „Ehrenwerter Richter:" Sicherheitshalber übernahm er die Anrede, die auch der Wärter verwendet hatte. Da er keinen weiteren Schlag erhielt, schien er zumindest hier richtig zu liegen.

    „Ehrenwerter Richter, ich bin hereingelegt worden."

    „Sooo!?!" Der Richter hob eine Augenbraue, eine Fähigkeit, die übrigens nur verhältnismäßig wenige Menschen besitzen. Dies verlieh seinem Blick etwas Zweifelndes und Abschätzendes.

    „Man hat mich dazu überredet in den Garten hinein zu gehen. Man hat mir gesagt, dass dies nicht schlimm sei. Ich wollte mich dort nur kurz umsehen und dann wieder rausklettern. Leider hat mein Helfer mich hereingelegt. Er hat gleich als ich im Garten war die Leiter weggenommen und laut nach der Wache gerufen."

    Nats Stimme überschlug sich fast, als er versuchte den Richter von der Beteiligung Luptus’ und seinem Verschulden zu überzeugen. Und davon, dass er selber, Nat, nur ein Opfer der Umstände war.

    Der Richter sah interessiert auf Nat herab. „Und wie heißt dieser Helfer? Und warum hat er euch geholfen?"

    „Sein Name ist Luptus und er ist der Kammerjäger hier im Schloss und der Festung. Warum er mir geholfen hat, weiß ich nicht genau." Nat versuchte sich an das Gespräch am Vorabend zu erinnern.

    „Er wollte eigentlich selber gern mal in Garten, am liebsten, wenn die Königin und ihre Hofdamen dort lustwandeln. Aber da er es selber bisher nicht geschafft hatte, wollte er sich wenigstens von jemandem beschreiben lassen, wie es dort war… und … ääähh…!"

    Nat erkannte bei jedem weiteren Wort, wie unglaubwürdig das alles eigentlich klang. Warum war ihm das nicht letzte Nacht bereits aufgefallen?

    Der Richter schüttelte abschätzig den Kopf. „So einen Unsinn habe ich ja noch nie gehört. Er sah zu den Wächtern hin. „Ist euch der Kammerjäger Luptus bekannt?

    Der Wächter, der Nat in die Kniekehle getreten hatte nickte. „Ja ehrenwerter Richter, dieser Mann arbeitet tatsächlich in der Festung."

    Nat atmete auf.

    „Allerdings hat er schon aufgrund seines Berufs als Kammerjäger freien Zugang zu allen Bereichen des Schlosses und der Festung. Es gibt keinen Grund, warum er einen Helfer brauchen sollte, um in den Garten zu kommen."

    Die Miene des Richters verfinsterte sich endgültig. Nat brach erneut der Schweiß aus.

    Er sah sich Hilfe suchend nach seinem Verteidiger um. Der saß zurückgelehnt mit geschlossenen Augen auf der Bank und schien zu schlafen.

    „Ich denke, unter diesen Umständen kann ich darauf verzichten, den Kammerjäger als Zeugen vorzuladen. Daher können wir jetzt zu den Plädoyers des Verteidigers und des Anklägers kommen." Der Richter schaute auffordernd zu den beiden Männern auf den Bänken hinüber.

    Der Ankläger stand auf, fixierte Nat mit böser Miene und räusperte sich.

    „Ich fordere für den Angeklagten die Todesstrafe. Seine Absichten sind unklar, es ist nicht auszuschließen, dass er der königlichen Familie schweren Schaden zufügen wollte. Außerdem sollten wir ein Exempel für die Unantastbarkeit des Schlosses und seiner Bewohner statuieren."

    Der falkengesichtige Mann ließ sich auf die Bank fallen. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen!

    Nat wurden die Knie weich. Das konnte doch alles nicht wahr sein. Wann würde die Tür aufgehen und jemand sagen, dass alles nur ein großer Scherz war, um ihm einen Denkzettel zu verpassen.

    Er schaute fassungslos zu seinem Verteidiger hinüber.

    Der kleine dicke Mann erhob sich schwerfällig.

    „Ehrenwertes Gericht. Ich finde, man sollte meinem Mandanten zugutehalten, dass er seine Tat nie bestritten hat." Cyrrus Lohness zog ein großes buntes Taschentuch aus der Tasche und wischte sich über sein Vollmondgesicht.

    „Es wurde auch kein Schaden angerichtet. Und ob die Absicht des Angeklagten…, er zeigte bei diesen Worten mit einer müden Geste auf Nat „… wirklich darin lag, den Bewohnern des Schlosses Schaden zuzufügen ist doch sehr fraglich!

    Nat nickte eifrig und schaute Beifall heischend zum Richter hinauf.

    „Ich stimme jedoch meinem Vorredner zu, dass die Unantastbarkeit des Schlosses verdeutlicht werden sollte. Ich würde daher für lebenslange Zwangsarbeit in den Steinbrüchen plädieren!"

    Nat erstarrte. Schwarze Flecken tanzten vor seinen Augen und das Blut rauschte laut in seinen Ohren. Lebenslange Zwangsarbeit!?! Todesstrafe!?! Aber warum, wofür – und wieso er?

    Wie durch einen Schleier sah er den Richter, der sich langsam von seinem Stuhl erhob und sich über den Richtertisch vorbeugte.

    Mit kalten, mitleidslosen Augen blickte er auf Nat.

    „Ich habe die Plädoyers zur Kenntnis genommen. Für mich ist die Sachlage eindeutig, hier ist eine weitere Überlegung nicht notwendig."

    Mit einer abrupten Bewegung richtete er sich zu voller Größe auf und sah mit starrem Blick auf die gegenüberliegende Wand des Gerichtssaals.

    „Aufgrund der Befugnis, die mir von seiner Majestät, Prilip dem IV. verliehen wurde und vertrauend auf die Gnade der Götter, verurteile ich euch … er blickte auf den Tisch vor sich. Auf dem dort liegenden Schriftstück stand nicht einmal der Name des Angeklagten. „äääh … Angeklagter, zum Tode durch den Strang. Er machte eine kurze Pause

    „Ihr sollt am Halse aufgehängt werden, bis dass der Tod

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