Korridorium – der SciFi-Fraktor: Erzählungen, Storys, Miniaturen
Von Cory d'Or
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Über dieses E-Book
Diese Fortsetzungsgeschichte und weitere SciFi-Storys und –Miniaturen, ursprünglich im Rahmen eines temporären Blogs und "fraktalen Romans" veröffentlicht, sind hier in einer Auswahl der besten 34 Science-Fiction-Kurzgeschichten aus dem "Korridorium" versammelt – zusammen mit dem unveröffentlichten SciFi-Hörspiel "Turillas Tanz".
(Käufer des Buchs erhalten Link und Passwort zur archivierten Originalversion des Blogs "Korridorium" mit sämtlichen 398 Texten und den dazugehörigen Soundtracks von Tychonian Soundworks.)
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Rezensionen für Korridorium – der SciFi-Fraktor
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Buchvorschau
Korridorium – der SciFi-Fraktor - Cory d'Or
Vorwort
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1/398
11.11.11
Ich betrete den Korridor …
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»Ich betrete den Korridor …« Dieser unscheinbare Satz war am elften November 2011 der Startschuss für das in vielerlei Hinsicht außergewöhnliche literarische Blog Korridorium.de.
Von diesem Tag an veröffentlichte Cory d’Or Tag für Tag weitere Beiträge: Storys, Fabeln, Offenbarungen, Einwürfe, Glossen und miteinander verwobene Fortsetzungsgeschichten – alle mit dem gleichen Anfangssatz und begleitet von einem Soundtrack passender Länge, komponiert und produziert von Tychonian Soundworks.
Zum angekündigten Ende des Projekts am zwölften Dezember 2012 waren es insgesamt 398 Blogeinträge, darunter auch so ausgefallene wie ein QR-Code, eine Infografik und ein Filmnachspann.
Was anfangs wie eine wilde und genreübergreifende Mischung von Prosa-Miniaturen und Kurzgeschichten wirkt, entfaltet sich Tag für Tag, Kapitel für Kapitel, zu einem Kaleidoskop aus Themen, Figuren, Orten, popkulturellen und historischen Verweisen, Selbstbezüglichkeiten und Erzählperspektiven, dessen einzelne Facetten mit der Zeit verborgene Querverbindungen offenbaren und sich zu einer großen, »pluridimensionalen« Geschichte entfalten – durchsuchbar mit Hilfe einer Reihe von Kategorien und Keywords (wobei Tags wie »Nous« und »K.« in den eingebauten FAQs des Blogs näher erläutert wurden).
Ein zentrales Datum im Korridorium ist der 21/12/12, das angebliche Ende des Maya-Kalenders. Und das Ende der Welt? Zumindest wurde an diesem Tag das Blog, bis dahin kostenlos für jedermann zugänglich, von Cory d’Or abgeschaltet. In einer der Fortsetzungsgeschichten ist dieses Datum gleichzeitig der Beginn einer neuen Ära für die Menschheit und der Anfang eines Weltraumabenteuers, das eine Xeno-Linguistin auf eine kosmische Reise mit fantastischen Begegnungen der dritten Art führt. Zu Begegnungen ganz anderer Art kommt es zwischenzeitlich auch im Zimmer 27 eines kleinen Landhotels. Aber lesen Sie selbst!
Dieses E-Book präsentiert Ihnen – in einer handverlesenen Auswahl aus den 398 Kapiteln des Blogromans – die in das Korridorium eingebetteten Science-Fiction-Storys in chronologischer Reihenfolge. Als Bonus ist das bislang unveröffentlichte Science-Fiction-Hörspiel Turillas Tanz angefügt.
Exklusiv für Sie als Leser eines Korridorium-E-Books erhalten Sie im Nachwort das Passwort für das Original: eine archivierte Version des gesamten fraktalen Blogromans mit allen zwischen dem 11/11/11 und dem 21/12/12 veröffentlichen Texten von Cory d’Or – inklusive der externen Links unter vielen der »Korridore« sowie aller 398 Soundtracks zu den Texten, exklusiv für das Korridorium komponiert und produziert von Tychonian Soundworks.
Weitere E-Books mit (Fortsetzungs-)Geschichten aus dem fraktalen Blogroman:
• Korridorium – ein pluridimensionaler Thriller
• Korridorium – Zeitgeistfrakturen
• Korridorium – Storys aus dem Labyrinth
• Korridorium – Mythenwege, Märchenpfade
• Korridorium – fraktale Romanzen
• Korridorium – magische Abenteuer
• Korridorium – letzte Erkenntnisse
Die acht Korridorium-E-Books, mit Cory d’Ors freundlicher Genehmigung als E-Book-Reihe herausgegeben von Margret Phlippen, enthalten insgesamt 328 der originalen 398 Kapitel des Blogs (mit – aus inhaltlichen Gründen – sieben Dopplungen) sowie sieben bislang unveröffentlichte Bonus-»Korridore« aus der Feder von Cory d’Or, Texte, die es aus unterschiedlichen Gründen zwischen dem 11.11.11 und dem 12.12.12 nicht ins Blog geschafft haben.
21/398
1.12.11
Ich betrete den Korridor. Dies ist der letzte, der noch nicht sterilisiert ist, zeigt mir das Display meines Skaphanderärmels an – gleich werden diese vermaledeiten Kxax in meinem Schiff Geschichte sein! Ich greife meinen Zapper fester, während ich die Schatten in den Korridorecken scanne. Ein scharfer Schmerz fährt mir in den linken Knöchel. Der Stachel eines Kxax hat den Skaphander perforiert. Ich ziele mit meinem Zapper. Der sengende Blast zerschmirgelt zwar nicht allein den Angreifer, sondern mein halbes linken Bein gleich mit – aber das Aliensekret ist schneller: das diabolische Gift des Kxax hat bereits mein Herz erreicht. Ich kannte das Risiko, weiß, dass man mich als Held feiern wird. Schade, dass ich nichts mehr davon haben werde.
31/398
11.12.11
Ich betrete den Korridor, das Tablett mit den zwei Mahlzeiten in der Hand. Es ist Coq au Vin und duftet köstlich.
Unser Gast möchte, dass ich um fünf Minuten nach Mitternacht serviere. Es ist ein netter älterer Herr mit grauen Bartstoppeln, der bereits alles im Voraus bezahlt hat. »K. K. Koriander« hat er auf den Meldezettel geschrieben und sich gleich mehrfach versichert, dass die Rezeption in unserem kleinen Landhotel auch wirklich rund um die Uhr besetzt und der Zimmerservice absolut pünktlich ist. Die nächtliche Rezeptionistin und der Zimmerservice, das bin ich, und es ist genau fünf nach Mitternacht. Ich klopfe an die Tür von Zimmer Nr. 27.
Die Tür öffnet sich: »Kommen Sie herein. Das riecht ja köstlich.« Herr Koriander ist nicht allein. Es sitzt ein junger Mann dort, vielleicht dreißig Jahre alt. Er trägt einen Anzug, und sein Haar ist ein wenig verstrubbelt.
Herr Koriander weist auf den Tisch. Ich stelle ihnen die Teller hin, lege Besteck und Servietten hinzu und gieße zwei Gläser stilles Tafelwasser ein. Der junge Mann lächelt mir zu. Mir ist etwas seltsam zumute. Wie ist er hier hereingekommen? Ich stand doch die ganze Zeit an der Rezeption. Oder kam er gerade in den Minuten, in denen ich in der Küche war und den Coq au vin holte?
»Bleiben Sie bitte«, meint Herr Koriander zu mir, »falls wir noch etwas benötigen sollten.« Ich nicke und trete neben das Bett. Sollte um diese Zeit unerwarteterweise jemand etwas von mir wollen, gibt es dafür einen Rufknopf an der Rezeption.
Die beiden Männer prosten sich mit dem Wasser zu, und während sich der junge Mann heißhungrig auf sein Hähnchen stürzt, stellt ihm der ältere Fragen. Sie unterhalten sich auf Englisch, und Herr Korianders Gast ist offenbar Amerikaner. Es geht, soweit ich das verstehe, um den Mars und irgendwelche Lebewesen dort.
»Tweerl?«, fragt Herr Koriander, oder zumindest klingt es so. Der junge Mann lacht und meint, Menschen können das nicht aussprechen, also er selbst auch nicht. Herr Koriander jedenfalls ist ganz interessiert an etwas, dass er nicht-menschliches Bewusstsein nennt. Es ist sehr seltsam, was die beiden da reden – der junge Mann, der immer wieder fertigkaut und schluckt, bevor er antwortet, und Herr Koriander, der überhaupt nicht isst, sondern sich in ein kleines Büchlein Notizen macht.
Sie reden über das Wesen mit dem unaussprechlichen Namen, als stünde es im Raum. Herr Koriander will wissen, wie es sich entwickeln konnte, und was mit den anderen »Thots« ist. Ich bin ganz verwirrt, denn einerseits scheinen sie über eine Art Vogel zu reden – »beak« heißt doch »Schnabel«, oder? –, andererseits über einen ägyptischen Gott, der den alten Ägyptern das Schreiben und Lesen beigebracht haben soll.
Der junge Mann wirft den letzten abgenagten Knochen zurück auf den Teller und wischt sich die Hände an der Serviette.
»Ich hätte gerne noch über die Venus mit Ihnen gesprochen«, meint Herr Koriander bedauernd, »und die intelligenten Pflanzen dort.« Mir scheint ziemlich verschroben, über was die beiden sich da mitten in der Nacht unterhalten. Der junge Mann zuckt mit den Schultern. »Yummie«, sagt er und wischt sich über die Lippen, was wohl heißen soll, dass es ihm geschmeckt hat.
Herr Koriander wendet sich mir zu: »Wir sind dann fertig. Sie können abräumen.« Das tue ich. Das Wasser lasse ich ihnen stehen.
Eigenartig, denke ich, als ich mit unserem alterschwachen Aufzug nach unten fahre. »Tweerl« geht mir noch einmal durch den Kopf. Was immer es ist, es muss ein sehr eigenartiges Wesen sein, das ganz anders denkt als normale Menschen. Aber normale Menschen waren das ja nicht gerade, die beiden.
Kurze Zeit später tritt Herr Koriander zu mir an den Counter und gibt mir seinen Zimmerschlüssel. »Möchten Sie noch ausgehen?«, frage ich verwirrt, denn hier im Dorf liegt um diese Zeit alles im tiefen Schlaf. Doch Herr Koriander möchte auschecken. Er legt mir ein großzügiges Trinkgeld hin. Ich bedanke mich und blicke ihm verwundert hinterher. Es ist kurz nach eins in der Nacht.
Und erst dann fällt mir der junge Amerikaner ein. Aber irgendwie weiß ich schon, dass er nicht mehr im Hotel ist. Er wird auf die gleiche Weise verschwunden sein, wie er aufgetaucht ist.
Der Coq au vin, den Herr Koriander nicht angerührt hatte, schmeckt jedenfalls auch kalt noch überaus köstlich.
[Unter der originalen Blog-Veröffentlichung des obenstehenden Textes gibt es einen externen Link zu Informationen über den Science-Fiction-Autor Stanley G. Weinbaum († 1935). Sämtliche externen Links des Korridoriums finden Sie in der archivierten Version; s. Nachwort. Anm. d. Hrsg.]
36/398
16.12.11
Ich betrete den Korridor, der einmal ein Abluftrohr gewesen ist, um zum mehrstöckigen Einkaufsviertel zu gelangen, das wir ins Tai He Dian, in die Halle der Höchsten Harmonie, gebaut haben. Hier leben, auf viele Ebenen verteilt, Millionen von uns. Die jungen Menschen hier in den Straßen und auf den geschwungenen Brücken sehen mich mit einer gewissen Ehrfurcht an: ein Greis. Sie mögen ahnen, dass ich ein Relikt bin und zur allerersten Generation der Neuen Chinesen gehöre, den Pionieren des Großen Umbaus. Der Gedanke, die Verbotene Stadt könne Platz für knapp drei Milliarden von uns bieten, rückte damals in den Bereich der technischen Umsetzbarkeit, und tatsächlich gehörte ich damals zu den Wissenschaftlern, die dem Nationalen Volkskongress vorschlugen, unser Volk zu verkleinern, um die Ressourcen unseres Kontinents zu schonen und unserem Volk eine lange und glückliche Zukunft im Wohlstand zu ermöglichen.
Auch wenn wir das Projekt eines Neuen China mit großem Ernst und akribischer Sorgfalt zu Ende gebracht haben, bin ich heute nicht mehr sicher, ob die großangelegte Miniaturisierung eine gute Idee war. Zwar verbrauchen wir jetzt – nur noch ein Dreißigstel unserer ursprünglichen Größe messend – nicht mehr als knapp ein Hundertstel der vorherigen Ressourcen. Dennoch ist unser Plan, mit gutem Beispiel voranzugehen und zum ehrenhaften Vorbild für die anderen Völker der Welt zu werden, nicht aufgegangen. Aus dem Riesenreich China haben wir, wenn auch mit den ehrenhaftesten Absichten, ein Zwergenreich gemacht. Einmal ganz abgesehen von dem Rattenproblem, das wir, auch wenn es vertuscht wird, hier in der Verbotenen Stadt haben und vor dem uns auch nicht unsere 13844 antiken geschnitzten Drachen bewahren: Nicht nur, dass sich kein anderes Land unserem Gemeinsamen Marsch Zur Wahren Größe anschließen mochte – man achtet uns nicht mehr und nimmt uns nicht mehr für voll. In den Augen der Welt sind wir Chinesen zu einem unbedeutenden und bestenfalls niedlichen Kuriosum geschrumpft.
70/398
19.1.12
Ich betrete den Korridor. Oder vielleicht sollte ich angesichts der fehlenden Schwerkraft besser sagen: Ich schwebe in eine der Speichen unserer Raumstation hinein. Hier lagern unsere Archäologen die Artefakte einer Zivilisation halbwegs intelligenter Wesen, die sich offenbar selbst vernichtet haben. Was genau auf diesem Planeten geschehen ist, bleibt derzeit Gegenstand der Spekulation, da wir die Schrift der Aliens noch nicht entziffert haben. Sie besiedelten den gesamten Planeten, und fast überall fanden unsere Wissenschaftler ihre mit Motoren und Rädern versehenen Metallpanzerungen, die sie offenbar industriell anfertigten. Dass sie sich bevorzugt damit auf der Oberfläche ihres Planeten umherbewegten, führen unsere Forscher in einer ersten Arbeitshypothese auf eine übertriebene Angst vor Meteoriten zurück – zu ihrer Vernichtung muss allerdings etwas anderes geführt haben.
83/398
1.2.12
Ich betrete den Korridor und beeile mich, rechtzeitig zu Zimmer Nr. 27 zu gelangen. Herr Koriander, unser Gast, legt Wert darauf, dass ihm das Essen – wieder ist es Coq au vin, eine Spezialität unseres Hauses – pünktlich um fünf Minuten nach Mitternacht serviert wird. Heute hat Pascal, der Koch, ein wenig getrödelt, und ich muss es ausbaden. Doch Herr Koriander, der mir die Tür aufmacht, scheint nicht böse zu sein, dass ich mich ein wenig verspätet habe. Wieder ist er nicht allein. Es sitzt ein älterer Herr dort, mit erstem Gesicht und dichtem schwarzem Haar, der ein wenig steif und unsicher wirkt.
Ich serviere beiden ihre Mahlzeit und gieße jedem ein Glas stilles Tafelwasser ein, so, wie es Herr Koriander wünscht. »Bitte bleiben Sie doch«, bietet