Der Alphornpalast: Prosa aus dem Nachlass
Von Kurt Marti und Franz Hohler
()
Über dieses E-Book
Wie aktuell Martis Werk ist, zeigen die Themen der Prosa-Skizzen: Sie handeln von Oligarchen und Diktaturen, von Klimaveränderungen, Global Players und von staatlicher Kontrolle, die Leben, Bewegung und Entdeckerfreude erstickt. Sie handeln von Menschengruppen, von grausamen Kindern, die einen hilflosen, schwachen Kameraden quälen. Sie handeln von Tod und Einsamkeit, von der Frage, wo der Wahnsinn beginnt und aufhört, vom Zusammenfließen der Seelen und von der Frage, ob er tatsächlich existiere, der geheimnisvolle Alphornpalast. Es sind "stille Boten", diese Erzählungen, in denen aber unvermittelt etwas auftauchen kann, was diese Ruhe stört.
Mehr von Kurt Marti lesen
Läuten und eintreten bitte: Ein Lesebuch im Jahreslauf Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGottesbefragungen: Ausgewählte Predigten Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenTal des Schweigens: Walliser Geschichten über Parteifilz, Kirche, Medien und Justiz Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Riesin: Eine Nachforschung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHannis Äpfel: Gedichte aus dem Nachlass Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Ähnlich wie Der Alphornpalast
Ähnliche E-Books
Seine Exzellenz der Automat Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKobolz: Grotesken Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIn der Fremdenlegion (Autobiographie) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Mann, der Donnerstag war (Politthriller): Politischer Abenteuerroman zwischen Wahrheit und Fiktion Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Mann, der Donnerstag war Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Leiden des jungen Jerusalem: Historischer Roman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIn der Fremdenlegion (Autobiografische Erzählung) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIn der Fremdenlegion Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Mann, der Donnerstag war - Ein Komplott anarchistischer Terroristen: Politischer Abenteuerroman Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Seine Exzellenz der Android: Ein phantastisch-satirischer Roman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenRheinufer Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Mann, der Donnerstag war: Politischer Abenteuerroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenG. K. Chesterton: Gesammelte Werke Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGilbert Keith Chesterton: Gesammelte Werke Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenVerdi: Roman der Oper Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGesammelte Werke: Romane + Kriminalgeschichten + Essay Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Erben des Boccaccio Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWalther Kabel: Gesammelte Kriminalromane und Detektivgeschichten: Vier Tote, Das graue Gespenst, Die Liebespost, Der Ring der Borgia, Der hüpfende Teufel… Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIs' ja SAGENhaft! Norddeutsche Sagen voll verulkt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Traum der Lady Gulbranor Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMindanao: Der Pate von Altona I Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenXaver Stielers Tod: Kriminalroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Mädchen aus der Feenwelt; oder, Der Bauer als Millionär Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie schwarzen Brüder. III. (of 3) Eine abentheuerliche Geschichte Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenNebel am Montmartre Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenXaver Stielers Tod Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGalerie der unterhaltendsten Geister- und Zaubergeschichten: (Sammelband: Band 1-3) Galerie der unterhaltendsten Geister- und Zaubergeschichten. [1826] Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAloha Vera und die feine Flora: 23 kurze Geschichten aus Osnabrück Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenCaspar Hauser oder die Trägheit des Herzens: Band 11 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Fiktion für Sie
Wo die Liebe ist, da ist auch Gott: Erzählungen Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Reckless 4. Auf silberner Fährte Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAnal Genial Sex-Geschichten: Erotik-Geschichten ab 18 unzensiert deutsch Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIntimes Geständnis: Erotik-Geschichten ab 18 unzensiert deutsch Hardcore Sex-Geschichten Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenTabu: Sexgeschichten - Heiss und Obszön: Erotik-Geschichten ab 18 unzensiert deutsch Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDresden: Roman einer Familie Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBe Dirty! - erotische Sexgeschichten: Erotikroman für Erwachsene ab 18 Jahren | unzensiert | deutsch Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Karl Kraus lernt Dummdeutsch: Oder Neue Worte für eine neue Welt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHeiße Sexgeschichten: Ich liebe Sex: Sex und Erotik ab 18 Jahre Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Das Reich Gottes Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenJede Fremdsprache sofort sprechen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenArturos Insel Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Radetzkymarsch Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Wie man die Frauen verführt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEin fliegender Vogel blickt nie zurück: Die Freiheit nach dem Loslassen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAusweitung der Kampfzone Bewertung: 3 von 5 Sternen3/5Der große Gatsby Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Das Tagebuch des Verführers Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Duft von Schokolade (eBook) Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Dämmer und Aufruhr: Roman der frühen Jahre Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEin Zimmer für sich allein Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Stadt ohne Juden Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAmerika Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Der Graf von Monte Christo Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5I Love Dick Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Hotel Berlin Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSchwarze Befriedigung: Erotischer Roman Bewertung: 2 von 5 Sternen2/5Das achte Leben (Für Brilka) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSunrise: Erzählung Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Die Katze und der General Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Rezensionen für Der Alphornpalast
0 Bewertungen0 Rezensionen
Buchvorschau
Der Alphornpalast - Kurt Marti
Impressum
Schreckmomente
Vorwort
Es kann ganz harmlos anfangen, mitten im Alltäglichen. Eine kleine Abweichung vom Gewohnten lässt uns ein zweites Mal hinblicken. Ein Witwer, der seine Haushaltabfälle seit dem Tod seiner Frau unauffällig in einen öffentlichen Abfalleimer drückt. Kennen wir ihn? Der laut vor sich hersprechende Straßenprediger, der im Gehen die Weltkatastrophe verkündet. Haben wir ihn nicht auch schon gesehen und waren erleichtert, als er in einer Seitengasse verschwand? Und wenn einer vor einem Demonstrationszug stehen bleibt und von einem alten Bekannten zum Mitgehen aufgefordert wird? Ein kleines Erschrecken über die Bresche, die in die Normalität geschlagen wird, und das Leben geht weiter.
Weniger harmlos: Ein Gestürzter, der in der Tiefe einer Schlucht gefunden und gerettet wird, aber die Frage, wie er heiße, nicht beantworten kann, ein Sonnenanbeter, der in der Mittagshitze eine endlose Felsentreppe hinaufsteigt und von dem, was er hört, bevor er zusammenbricht, überwältigt wird, ein Bub, der von andern Buben gefoltert wird – oft geht es nicht um den kleinen Schrecken, sondern um den großen, um Leben und Tod.
Aber oft geht es auch um Augenblicke, in denen etwas passiert, das nicht in unsere Welt gehört. Zar Alexander der Zweite reitet an einer Touristengruppe in Finnland vorbei. Ein korrekt gekleideter Mann springt aus einem Zeppelin auf einen Tannenwipfel, klettert hinunter und erkundigt sich bei den Leuten, die aus ihren Häusern gerannt kommen, nach dem Alphornpalast. Ein Schalter für Antworten, vor dem die Menschen Schlange stehen, wird überraschend geschlossen. Für die Dauer einer Buchseite betreten wir eine Schaubude des Surrealen.
Die wenigen Ich-Texte: Schreckmomente. Der Pass des Erzählers enthält seine richtigen Personalien, aber ein vollkommen anderes Foto, und der Grenzübertritt wird ihm verweigert. Eine geistesgestörte Frau bittet den Erzähler in ihren Garten, um ihm blaue Ameisen zu zeigen. Dieser Wahnidee wegen wird sie in die psychiatrische Klinik eingewiesen. Bloß: der Erzähler hat die blauen Ameisen auch gesehen.
Nie können wir uns sicher fühlen, wir, die wir mit beiden Beinen auf dem Boden stehen. Auf welchem Boden? Sind wir nicht zweifelsfrei in Hilterfingen gesehen worden, wo wir schon lang nicht mehr waren?
Immer trifft Kurt Martis Suchscheinwerfer auf ein Stück verfremdetes Leben.
Aber war da nicht noch etwas? Die Hoffnung auf etwas, das das Leben ganz macht? Die Suche danach gehört ebenso zum Menschen wie das Verirren im »Lebenslabyrinth«. In den Alphornpalast hat ein Blitz eingeschlagen, hören wir von einem, der drin war und mit verbundener Hand von der Notfallstation nach Hause kommt. Gesehen hat er kaum etwas, geschweige denn Alphörner gehört. In einem Gespräch vernehmen wir bloß, dass der Türsteher dieses Palastes der wortmächtige Prediger Pater Basilius Paraburi sein soll. Ein kleines Augenzwinkern des Autors, war doch Paraburi der Titel eines seiner früheren Werke, einer »Sprachtraube«, in der Sätze vorkamen wie »Niedergefahren zur Hölle, aufgefahren zum Himmel – sonst aber ging Jesus zu Fuss«. Jetzt hütet der verstummte Sprachgewaltige also nur noch einen Palast, dessen Inneres niemand kennt.
Wer sich in dieser Welt bewegt, kann in ihr nicht wirklich behaust sein. Dem Menschen, der versucht, dem Leben auf die Spur zu kommen, gibt Kurt Marti den Namen Herr Fremd. Für ihn gleicht die Welt einem Schauspiel, das in einer unverständlichen Sprache gespielt wird. Wenn Herr Fremd unterwegs ist, gehen seine Gedanken andere Wege als die Füße, und die Gedanken sind die eines Philosophen und Aphoristikers. »Die Seelenvögel verschwinden, die Seelenärzte vermehren sich«, geht ihm durch den Kopf, oder angesichts des rasenden Tempos, in dem sich das Sonnensystem durchs Weltall fortbewegt, fragt er sich: »Ist Leben ein Bremsprodukt, eine List der Schöpfung vielleicht, um wenigstens auf diesem Planeten Raum zu schaffen für ruhiges Werden und Wachsen?« Und immer, wenn Herr Fremd auftaucht, »um weiterhin seiner Gewohnheit, dem Leben, zu obliegen«, möchte man sich ihm eine Weile lang unbemerkt anschließen, denn das, was er von sich sagt, traf auch auf den Zeitgenossen Kurt Marti zu: »Nach wie vor aber weigere ich mich, im sozialen Theater die Rolle des Außenseiters oder gar eines Sonderlings zu spielen.«
Er hat uns dieses eigenartige Buch hinterlassen, das uns einlädt, dem Schrecken standzuhalten und seinen Füssen und seinen Gedanken zu folgen. Wer weiss, wohin sie uns führen? Vielleicht in einen Alphornpalast.
Franz Hohler
Der Alphornpalast I
Begegnungen
Meerleuchten, finnisch
Eine steife Brise drückt die Grashalme auf der Insel zu Boden. Silbern leuchtet, blendet das Meer. Und wer galoppierte da eben vorbei, hoch aufgerichtet auf dampfendem Pferd? Zar Alexander der Zweite, belehrt ein rüstiger Greis, der überraschenderweise Deutsch versteht und sogar spricht, die kleine Touristengruppe. Angesichts des Reiters hat er ehrfürchtig die Mütze abgenommen, stülpt sie jetzt wieder über seine weisse Mähne. Im Glauben, er habe sich einen kleinen Scherz erlaubt, lachen die Touristen, lachen überaus freundlich. Doch ergrimmt wendet er sich ab, stapft schimpfend davon. Was sagt er? fragen die betretenen Touristen einander. Niemand versteht Finnisch. Merkwürdiges Land, bemerkt eine Frau, die sich wegen des starken Windes den gelben Schal als Kopftuch umgebunden hatte, in Turku oben stand auf einmal Lenin vor uns – fast scheint es, als würde selbst in dieser schnell vergessenden Zeit die Vergangenheit hierzulande nicht vergehen.
Der Alphornpalast
Aus lockerem