Rettungskreuzer Ikarus 85: Duell mit dem Unbekannten
Von Frederic Brake und Timo Kümmel
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Über dieses E-Book
Der offizielle Auftrag der beiden Kirchenmänner lautet, Eclair IV für die Interessen ihrer Kirche zu gewinnen, bevor anderen Verbünden dies gelingt. Gleichzeitig aber sind sie in geheimer Mission unterwegs.
Vor Ort jedoch muss man feststellen, dass vor ihnen ein Vertreter des Multimperiums im System eingetroffen ist. Und diesem ist es bereits gelungen, ein Netz aus Intrigen im Palast des Herrscherhauses zu spinnen …
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Buchvorschau
Rettungskreuzer Ikarus 85 - Frederic Brake
Impressum
Eine Veröffentlichung des
Atlantis-Verlages, Stolberg
April 2022
Alle Rechte vorbehalten.
© Dirk van den Boom & Thorsten Pankau
Druck: Schaltungsdienst Lange, Berlin
Titelbild und Umschlaggestaltung: Timo Kümmel
Endlektorat: André Piotrowski
ISBN der Paperback-Ausgabe: 978-3-86402-833-5
ISBN der E-Book-Ausgabe (EPUB): 978-3-86402-834-2
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Prolog
Der Rettungskreuzer Ikarus des Freien Raumcorps wird dafür eingesetzt, in der besiedelten Galaxis sowie jenseits ihrer Grenzen all jenen zu helfen, die sich zu weit vorgewagt haben, denen ein Unglück zugestoßen ist oder die anderweitig dringend der Hilfe bedürfen. Die Ikarus und ihre Schwesterschiffe sind dabei oft die letzte Hoffnung bei Havarien, Katastrophen oder gar planetenweiten Seuchen. Die Crew der Ikarus unter ihrem Kommandanten Roderick Sentenza wird dabei mit Situationen konfrontiert, bei denen Nervenstärke und Disziplin alleine nicht mehr ausreichen. Man muss schon ein wenig verrückt sein, um diesen Dienst machen zu können – denn es sind wilde Zeiten …
Nuncan Dux haute ein weiteres Mal mit dem Verzehrhammer dorthin, wo er den Hauptnervenknoten der Burungu-Gurke vermutete.
»Bleib endlich still liegen, verflixtes Ding!«, murmelte er.
Die Gurke tat ihm den Gefallen und öffnete jetzt auch ihren Schatzsack, sodass Nuncan an den süßen Kern der Frucht gelangen konnte. Zumindest hoffte er, dass er das war. Nicht nur, dass ihm das der Besitzer des Skizar Quaba so versprochen hatte.
Seit den Erlebnissen auf der Guter Glaube und dem mehr als knappen Überleben war Nuncans Lust darauf, gutes Essen aus allen Teilen des erforschten Weltraums zu probieren, zentraler Bestandteil seiner Gesamtgenesung geworden, nicht nur der körperlichen.
Nuncan legte den Hammer weg und griff nach dem in einer Schabspitze zulaufenden Burungu-Löffel. Vorsichtig setze er an und kratze einen ersten, kleinen Span vom Kern der Gurke ab. Er roch daran. Ein Aroma nach Früchten, nach allen Früchten, die er je gekostet hatte, stieg in seine Nase. Er streckte seine Zunge vor und tastete damit den Fruchtspan ab.
»Bei den Alten Völkern!«
Süße explodierte förmlich auf seiner Zunge. Sie war nicht einfach zuckerig oder wie Honig. Sie war …
»Die Essenz von Süße. Ein unvergleichlicher Geschmack«, sagte eine Stimme schräg hinter Nuncan.
Vor Schreck verschluckte er sich an dem Gurkenstück und hustete wild los.
»Na, na, na. Vorsicht, mein Freund«, sagte die Stimme und etwas Hartes schlug Nuncan auf den Rücken.
»Thorpa?«, stieß Nuncan zwischen zwei keuchenden Atemzügen hervor, ehe er wieder hustete. Thorpa trat in sein Sichtfeld und stellte eine Tasse Tee vor Nuncan ab.
»Trink das, Nuncan.«
Nuncan griff nach dem Gefäß und stürzte es gierig hinunter. Er hustete noch zweimal, dann war der Spuk vorbei.
Thorpa nickte ihm zu.
»Burunguweg. Ein Tee aus den Blättern der Gurke und das Einzige, was das Fruchtfleisch schnell genug auflösen kann. Du bist nicht der Erste, dem es buchstäblich schon einmal im Halse stecken geblieben ist, die Burungu-Gurke zu essen. Wer liest schon Warnhinweise?«
Nuncan blickte verwirrt zu Thorpa.
»Ja, mir auch. Ich dachte, ich bringe dir prophylaktisch einen Tee mit. Aber, bitte, lass dich nicht aufhalten. An der Luft wird die Frucht schnell schal und ungenießbar. Und das wäre bei ihrem Preis doch jammerschade«, sagte das Baumwesen.
Nuncan blickte ihn skeptisch an, nahm dann aber doch einen weiteren Bissen. Diesmal wusste er, was ihn erwartete, und der Eindruck war auch nicht mehr ganz so intensiv. Dennoch hatte er nie vorher so etwas gegessen. Es war, als wüsste die Frucht, wie sie nur für ihn am besten zu schmecken hatte. »Das ist außergewöhnlich«, sagte er schmatzend und machte sich weiter über die Gurke her.
Thorpa wartete, bis Nuncan den Löffel weglegte, sich in seinem Sessel zurücklehnte und glücklich lächelte. »Die Burungu-Gurke ist wahrscheinlich das ungewöhnlichste Gemüse der Galaxis«, kommentierte Thorpa.
»Obst, wolltest du sagen«, erwiderte Nuncan.
»Nein. Biologisch gesehen, ist es ein Gemüse. Zumindest der Teil, der nicht von Nerven durchzogen ist.«
Nuncan verzog das Gesicht. »Musstest du mich daran erinnern?«, fragte er.
»Die Nerven sind das Besondere. Durch sie, also durch die Zellen im Fruchtkern, entsteht erst dieses Geschmackserlebnis. Jeder schmeckt etwas anderes. Kohlenstoffbasierte Lebewesen Süße und Früchte, Methanatmer vielleicht Ammoniak und sonstige wiederum etwas ganz anderes.«
»Wie auch immer. Es war ein unvergesslicher Genuss.«
»Ja und nein. Warte, bis du sie verdaut hast.«
Nuncan runzelte die Stirn. »Wieso?«, fragte er lauernd.
Thorpa wedelte mit den an Zweige erinnernden Gliedmaßen. Eine Geste, die er sich von den Menschen abgeschaut hatte.
»Du wirst es feststellen. Und ich möchte dir die Überraschung nicht nehmen«, sagte er und fügte ein freundliches, leises Lachen hinzu.
»Na toll, jetzt werde ich mich tagelang fragen, was diese Andeutung sollte. Vielen Dank, mein Freund.«
Thorpa sah auf die Uhr, die über der Bar des Restaurants hing.
»Heute Abend. So in etwa fünfeinhalb Stunden. Du musst dich also nicht tagelang damit beschäftigen. Ich verspreche dir, es wird nichts Schlimmes, du wirst sehen. Oder riechen.«
»Jetzt hör doch mit diesen Andeutungen auf und erzähl mir, was passiert«, verlangte Nuncan, doch Thorpa schwieg zu dem Thema.
»Wie geht es dir heute?«, fragte er stattdessen.
Nuncan schmollte ein wenig, doch dann siegte sein freundliches Wesen.
»So weit ganz gut. Körperlich ist wieder alles topfit, sagt Dr. Anande. Er war gar nicht glücklich, als Wernö sich und mich selbst aus der Krankenstation entlassen hat.«
»Da verstehe ich ihn. Normalerweise gehen seine Gäste erst, wenn sie wieder vollständig gesund sind oder auf einen Hospitalplaneten verlegt werden müssen. Du scheinst auch nicht glücklich darüber zu sein. Hatte die Selbstentlassung mit eurem Glauben zu tun?«
Nuncan kannte die Eigenheiten des Pentakka mittlerweile und nahm ihm die persönliche Fragerei nicht übel.
Thorpa war Xenopsychologe und konnte nicht aus seiner Borke. Fremde Kulturen und Wesen faszinierten ihn, mehr noch als ihre Artefakte, die das Baumwesen mit Wonne sammelte und die auch Nuncan Bewunderung und Erstaunen abgerungen hatten, als er Thorpas Kollektion das erste Mal hatte sehen dürfen.
»Nein, hat es nicht. Wernö Tallandar lässt sich ungern in die Karten schauen, selbst von mir, der ich ja eigentlich sein Adept bin. Priester der Galaktischen Kirche müssen wohl so sein.«
»Ihr macht ein großes Geheimnis um eure internen Belange. Zumindest ist sein Verhalten für Fremde wie mich schwer einzuschätzen, obwohl ich Erfahrung mit der Galaktischen Kirche habe.«
Nuncan verschränkte die Arme vor der Brust. »Möchtest du mich aushorchen, Freund Thorpa?«, fragte er.
»Nein, natürlich nicht. Verzeih, wenn ich dich mit meinen Fragen bedrängt haben sollte. Es ist nur so, dass die Galaktische Kirche dem Anschein nach omnipräsent im bekannten Raum ist, aber man nur wenig über ihre Interna weiß. Und naturgemäß fasziniert mich alles, was fremd und geheimnisvoll ist.«
Nuncan nahm die Arme herunter.
»Die Kirche hat in der Tat ein paar Geheimnisse«, sagte er mit leiser Stimme und zwinkerte dabei verschwörerisch.
»Hast du etwas im Auge?«, fragte Thorpa.
* * *Das Universelle ist um uns. Es ist um uns. Das Universelle verbindet uns. Es gibt uns Leben und nimmt uns nach unserem Tod zu sich. Es liebt nicht und es hasst nicht. Es richtet nicht und es belohnt nicht. Das Universelle ist alles.
Unablässig sagte Wernö Tallandar das Gebet im Geiste auf. Die stete Wiederholung ließ ihn langsam in einen Zustand der tiefen Meditation übergehen, die ihm die notwendige Ruhe verschaffte, um die Ereignisse auf der Guter Glaube zu verarbeiten. Immer wieder schreckte er nachts aus einem Albtraum hoch. Manchmal saß er auf der Brücke des Schiffes, schwitzend in seinem Strahlenschutzanzug, gepeinigt von den Schmerzen seiner Verletzungen und dem Verlangen nach einer weiteren Injektion des Aufputschmittels, das ihn bei Bewusstsein hielt.
Er starrte in das grelle Licht der Materiescheibe um das Schwarze Loch, das das Raumschiff und alle darin fast verschlungen hatte. Die Röntgenstrahlung, die von diesem Monster im All ausging, fraß sich in ihn hinein und er spürte, wie seine Zellen nach und nach abstarben.
Dann wieder träumte er, Nuncan wäre abgetrieben worden und unrettbar verloren. Und manchmal träumte er von Sonja DiMersi, die ihn und Nuncan unter Einsatz ihres