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Krachgeschichten
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eBook193 Seiten2 Stunden

Krachgeschichten

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Über dieses E-Book

"Die Achtziger waren das beste Jahrzehnt der Welt – so als leidlich akneversehrter Gitarrist einer völlig unbekannten Metaltruppe aus der niedersächsischen Tiefebene."

Wo auch immer die Gitarren tief hängen, Hörner zum Himmel zeigen und Köpfe im Takt nicken, ist Frank Schäfer nicht weit.
"Krachgeschichten" versammelt komische Anekdoten, böse Polemiken und dicke Hasslatten, aber auch zu Herzen gehende Ehrenrettungen und seelenvolle Reminiszenzen an die wilden Anfangstage des Hard Rocks und des Heavy Metals – und gibt damit einen umfassenden Einblick in eine schwarz gewandete, wild grimassierende, ziemlich splissgeschädigte Szene.
SpracheDeutsch
HerausgeberZweitausendeins
Erscheinungsdatum5. Aug. 2021
ISBN9783963181283
Krachgeschichten
Autor

Frank Schäfer

Since 1995 Frank Schäfer has been employed as a forensic scientist at the Forensic Institute of the German Federal Criminal Police Office (Bundeskriminalamt, “BKA”). A forensic expert in the areas of fire debris analysis and fire scene examination, he also acts as a forensic contact person for cases involving radio nuclear material. His experience includes serving with the Drug Section of the BKA, where he was responsible for a Research and Development programme. His current position is as deputy leader of the fire section of the BKA Forensic Science Institute. Frank Schäfer received his diploma in chemistry and his doctoral degree in nuclear and analytical chemistry from the Johannes-Gutenberg-University of Mainz (Germany).

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    Buchvorschau

    Krachgeschichten - Frank Schäfer

    Inhaltsverzeichnis

    Nötes of a Dirty Old Fan

    Calm down! Fill up! Bang on!

    Der Lärm der Arbeiterklasse

    Wir spielen Wacken nach

    Der Neue

    Vergesst Woodstock!

    Verzerrte Riffs, in Reihe geschaltet

    Ein grandioser Blödsinn

    Der Drachenmann

    Die Tartarus-Taktik oder Grummeln gegen Covid

    Luzifers Hammer

    Zwei Minuten bis Mitternacht

    Vater und Sohn

    Wie bei uns damals

    Das Überlebensgroße

    Zu klein

    Jetzt wird ausgetrunken

    Geht doch

    Die hellste Laterne

    Dritter Frühling

    Die besten zweieinhalb Minuten der Achtzigerjahre

    Nacktlaufen im Kleinwalsertal

    In den Freistunden

    Ein Abtrünniger

    Natural Born Punk

    Die Ochsentour

    Nicht schön, aber selten

    Norbert

    Lob der Bushaltestelle

    SLAAAAYYYYER

    Weiße Strähnen

    Nö Sleep till Nörgelbuff

    Schnarchologe mit Traumtourette

    Die Rückkehr des Katastrophismus

    Drei Atü

    In guter Gesellschaft

    Schmutziges Spiel

    Den Bach runter

    Aus allen Löchern

    Die Schlange beißt sich in den Schwanz

    Extra Käse

    Am Riemen reißen

    Die Welt braucht Iron Maiden

    Denkt an den Joker

    Das Konzept der Familie

    Härter als Motörhead

    Alle hassen Wacken

    Kategorischer Imperativ

    Das beste Jahrzehnt

    Ausgerechnet die Ohren

    Eins für Malcolm Young

    Ohne Kanonendonner

    Wo die wilden Kerle wohnen

    Vertrauensbildende Maßnahmen

    Frénésie und Kettenfett

    Krosse Kerle

    Nötes of a Dirty Old Fan

    Die ewige Faszination verzerrter Riffs. Ich war selber Gitarrist in einer Metal-Band und immer angetan von der Massivität, dem physischen Druck, der entsteht, wenn (mindestens) zwei Menschen synchron einen Riff schrubben. Über voll aufgedrehte Marshalls, versteht sich. Das löst bis heute Euphorie in mir aus.

    Ich könnte jetzt küchenpsychologisch werden und vermuten, dass ich als Modernisierungsangekränkelter aus der unübersichtlichen Realität in etwas flüchte, das feste Strukturen hat, die noch dazu von den Musikern absolut beherrscht werden. Technisches Können gehört ja unbedingt zum Metal. Die Musik etabliert also ein Stück Ordnung in der Unordnung, verschafft mir ein Gefühl von Kontrolle. Metal rules! Man kann sich das so hinrationalisieren und ist doch kein Stück näher dran an diesem wohligen Gefühl zwischen den beiden Schulterblättern, das sich bei mir vor allem dann einstellt, wenn die Band auf den Punkt kommt und der Riff rund läuft.

    Die Plattensammlung meines großen Bruders war der Ausgangspunkt. Ein Eldorado. Er hatte alles: Kiss, Black Sabbath, Led Zeppelin, Sweet, Nazareth und vor allem Thin Lizzys »Live and Dangerous«. Aber bald gab es auch andere Bands, meine eigenen Entdeckungen, und die waren lauter, wilder, härter, jünger – Motörhead, Accept, Iron Maiden, Saxon. Ich konnte also gegen ihn anstinken – tat das dann auch.

    Es gibt das Klischee vom »Kulirocker« (Frank Bröker), dem gescheiterten Musiker, der die großen Schlachten nicht mehr auf der Bühne austrägt, sondern am Schreibtisch. Eine tragische Gestalt.

    Nun, ich will es mal mit Neal Pollack formulieren, der in seinem wunderbaren Buch »Never Mind The Pollacks« die stahlharte Wahrheit auszusprechen wagt: »Ganz oben in der Rangliste der Künste steht die Rockkritik. Im Idealfall übertrifft die Kritik die Musik, denn im Idealfall handelt es sich um Musik, verbunden mit Literatur.«

    Der große Musikschreiber Lester Bangs hat dieses Konzept vorbildlich in die Tat umgesetzt. Bei einem Konzert der J. Geils Band stellte man ihm einen Tisch mit seiner Smith-Corona-Schreibmaschine auf die Bühne. Gestärkt von ein paar Fläschchen Romilar-Hustensaft, tippte er im Takt die Kritik zum Konzert noch während des Vollzugs. Natürlich wurde die Schreibmaschine mit einem Mikro abgenommen.

    »Auf dem Höhepunkt des Stücks zog ich sogar ein Townshend/Alice-Cooper-mäßiges Destructotheater ab«, schrieb er später, »ich stand auf und stieß die Schreibmaschine mitsamt der Bank um. Dann sprang ich so lange darauf herum, bis sie in Stücke krachte, zumindest in zwei. Das fühlte sich gut an, irgendwie befreiend.«

    Fantastische Idee – ich würde den Teufel tun, ihm das nachmachen zu wollen.

    Auch auf Hustensaft nicht. Sagt Feigling!

    Ein anderer großer Musikkritiker, Greil Marcus, hat über Lester Bangs geschrieben, es sei ja wohl erstaunlich, dass der beste Schriftsteller Amerikas bloß Plattenkritiken geschrieben habe. Genau, auch Texte über Musik können Literatur sein. Das hat mir immer eingeleuchtet. Und das muss zumindest als Prätention bei jedem ernst zu nehmenden Musikkritiker eine Rolle spielen. Das ist die einzige Möglichkeit, wie man Musikkritik heute überhaupt noch ernsthaft betreiben kann. Sie verliert seit Jahrzehnten an Einfluss, zumindest als Geschmacksbildungsinstanz und als merkantiler Reaktionsbeschleuniger. Die Plattenfirmen brauchen den Kritiker nicht mehr, jedenfalls nicht mehr so wie früher. Na und? Deshalb soll man es nicht mehr machen? Im Gegenteil, wer es ernst meint, fängt jetzt erst richtig an.

    Man muss sich den Spaß halt leisten können … Bei mäzenatischem Interesse scheuen Sie sich bitte nicht, mit mir Kontakt aufzunehmen.

    Wo wir gerade bei den Defiziten sind. Mir fehlt vieles. Aber was mir prinzipiell abgeht, ist missionarischer Eifer. Wenn jemand mit meinen Urteilen nicht übereinstimmt, können wir gerne trotzdem Freunde bleiben. »Die Welt ist groß genug«, schrieb H. G. Wells, »dass wir beide darin Unrecht haben können.« Es würde mich sogar weitaus mehr freuen, wenn der Leser Texte goutierte, deren Wertungen er nicht teilt. Nur so kann ich sicher sein, dass er nicht bloß von der Bestätigung des eigenen Geschmacks gebauchpinselt ist.

    Dieses Buch versammelt Texte, deren frühe Fassungen teilweise bereits in Zeitungen und Zeitschriften erschienen sind, im »Rock Hard« und im »Rolling Stone«, in der »Neuen Zürcher Zeitung«, im »Neuen Deutschland« und bei »Zeit Online«, vor allem aber in der »jungen Welt« und auf der »Wahrheit«-Seite der »taz«. Es tragen also einige Menschen durchaus eine gewisse Mitschuld an ihrem Entstehen.

    Beschwerden bitte an Birgit Fuß, Maik Brüggemeyer, Arne Willander, Max Gösche, Sebastian Zabel, Michael Saager, Alexander Reich, Christof Meueler, Peter Merg, Rabea Weihser, Jirka Grahl, Ueli Bernays, Michael Ringel, René Hamann, Christian Bartel, Boris Kaiser, Ronny Bittner und Holger Stratmann.

    Liebeserklärungen und Dankadressen bitte an mich (nur ernst gemeinte Zuschriften).

    Calm down! Fill up! Bang on!

    Es herrscht eine solide ausgelassene, beim Landeanflug schon nicht mehr ganz unverprollte Stimmung im Malle-Bomber. Der größte Kegeltrupp der Welt hat wieder mal seine Vereinstracht übergeworfen, Hauptsache schwarz, um sich für einen Tausender aufwärts – und es geht durchaus noch steil aufwärts, wenn man möchte – bei ordentlicher Beschallung die Lampe anzuknipsen. Das spanisch-deutsche Trinker-Elysium ist nur die erste Station. Im Hafen wartet schon die TUI-Kampfschluckerfregatte der Luxusklasse mit dem leicht vergeigten Namen Mein Schiff 2. Aber was sind schon Namen, wenn die Bewaffnung stimmt. Neben dem darüber hinaus üblichen Schweinkram gehen 27.000 Liter Fassbier und 45.000 Dosen Beck’s mit an Bord auf die bereits fünfte Full Metal Cruise. Das sind die Basics. Zahlen, die für Beruhigung sorgen unter den Anwesenden. Man ist fürs Erste versorgt.

    Der Metalhead an und für sich hat ja schnell mal Langeweile und versucht sich entsprechend zu wappnen. So sieht man ihn in der erstbesten Flughafentränke erst mal ein paar Dosen nachfassen. »Für die Schlange vorm Check-in-Schalter«, erzählt mir ein alter Full-Metal-Cruisader mit ernstem Blick. Er hat in der Vergangenheit schon Stunden vorm Schiff gestanden, trocken, gestrandet, von allem Lebensmut verlassen, dabei war die Rettung doch so nah. In diesem Jahr aber geht alles ganz schnell. Zu schnell. Folglich müssen die fünf Halben großzügig an die Mitreisenden verteilt und in Gargantuaschlucken verkostet werden, weil nichts Flüssiges mit an Bord darf. Wir quälen uns etwas, aber es hat nie jemand gesagt, dass es leicht werden würde. Es kommen fünf Tage voll harter Arbeit auf mich zu, das weiß ich jetzt.

    Zunächst mal auspacken und den Cruise Bag inspizieren. GeloRevoice-Halstabletten, Ohrstöpsel, Präservativ und Kotztüte (»Calm down! Fill up! Bang on!«), einmal mehr die Basics. Währenddessen wird über die Bordsprechanlage nach einem »schwarzen Samsonite« gefahndet. Man möge doch bitte noch einmal genauer nachschauen, ob man nicht einen gewissen Kofferüberschuss in der Kabine zu verzeichnen habe. Wer ihn zurückgibt, bleibt straffrei, soll das wohl unterm Strich heißen.

    Der Ton an Bord ist die ganze Zeit über so euphemistisch und herzlich. Das Servicepersonal – 43 Nationen, fünf Religionen, das Bild bestimmen jedoch vor allem Filipinos und Indonesier – inszeniert diese große Kumpanei ziemlich gekonnt. Etwaige Differenzen werden mit Blick auf den Gehaltscheck locker weggelächelt. Wir befinden uns auf einer Multi-Kulti-Lächel-Oase, und was auch immer man dagegen einwenden wollte, es hebt trotzdem die Laune. Es gibt keinen Gast an Bord, der sich dem wirklich entziehen könnte. Die meisten Mitreisenden sind denn auch Wiederholungstäter, wie die vielen Erinnerungs-Shirts an vergangene Kreuzfahrten beweisen.

    »Betreutes Festival« hat Holger Hübner, Ideengeber und Mitveranstalter der Cruise, den Spaß mal genannt. Entsprechend hoch ist die Alte-Säcke-Dichte. Das Durchschnittsalter liege bei 41, pfeifen die Möwen von der Reling. »Kommt mir ehrlich gesagt höher vor«, grinst die PR-Managerin mich unverschämt an, wohlwissend, dass meine Alterskohorte den Schnitt ziemlich versaut.

    Jetzt kommt erst mal die leidige Pflicht. Keiner zweifelt an der Notwendigkeit der Seenotrettungsübung, sie ist obligatorisch – und geht völlig in die Hose. Trotz vieler Schweigefüchse und großem Gezische allenthalben ist der Metal-Mob nicht mehr zu bändigen. Auch das Niveau hat etwas gelitten unter dem ersten Run auf die Flüssigvorräte. Die bedauernswerte Vorturnerin ist überfordert. Spätestens als ihr beim Ausprobieren der Trillerpfeife an der Schwimmweste eine eigens dafür mitgebrachte Clowns-Hupe antwortet, ist allen klar: Wenn hier etwas passieren sollte, die Metalheads werden mit Mann und Maus absaufen – und zwar ganz unmetaphorisch. Egal.

    Zwei Tage später jedoch, als vor Gibraltar Fünfmeterbrecher die Gläser vom Tisch rutschen lassen und mancher seine Tüte füllt, setzt bei dem einen oder anderen ein Umdenken ein. Schließlich meldet sich Käpt’n Omar sogar persönlich zu Wort und erklärt die Reise für beendet. Ist es so ernst? Wir sitzen gerade im Surf & Turf und wollen ein Steak bestellen. Man sieht Überraschung in den Augen der Verantwortlichen, eine PR-Dame hält sich schützend die Speisekarte vor die Brust, eine andere rät, ausnahmsweise mal auf Low-Carb zu pfeifen und tüchtig Brot zu essen, das helfe gegen Poseidons Rache.

    Es entpuppt sich dann aber alles sehr schnell als kleiner Versprecher des charmant radebrechenden Schiffsführers. Die Reise geht weiter, allerdings nicht nach Gibraltar, der Wellengang ist zu schwer, um hier gefahrlos in den Hafen einzulaufen. Wir drehen bei und nehmen Kurs auf Málaga. In der Küche fallen noch ein paar Teller aus dem Schrank, aber dann kommen auch schon die Steaks – und frische Brotkörbe.

    Musikalisch beginnt jede Cruise mit einer kitschigen Auslaufhymne, die den Fans allemal eine Entenpelle zaubert. »We’re living in our world of plenty / And sail the seven seas / We came together here / To celebrate the steel …« Danach tun sich für ein Halbstündchen die Höllenpforten auf und ein Mann verrichtet sein akustisches Zerstörungswerk, dem selbst mancher hartgesottene, stumpfgesoffene Eisenschädel nicht gewachsen ist. Mambo Kurt mit seiner Bontempi-Truhe orgelt sich durch dumpfes Stimmungsliedgut und kommt sich dabei so cool und campy vor, dass selbst friedfertige Menschen nach etwas Großem, Schwerem Ausschau halten. Natürlich soll das ironisch sein, aber auch ironischer Scheißdreck ist immer noch Scheißdreck, zumal wenn er so dermaßen offensichtlich ironisch daherkommt. Leider hat sich der Mann mittlerweile zu einer Art Horror-Maskottchen der Cruise hinaufgejölt, ich plädiere daher für ein hübsches Paar Mafia-Stiefel, wenn er sich wieder mal an Bord schleicht.

    Danach ballern Dog Eat Dog los und haben mit ihrer spröden Legierung aus Hardcore, Metal und Hip-Hop erfreulich leichtes Spiel. Klar, alles ist besser als Kurt, aber es zeigt doch auch, dass solche Crossover-Elaborate nicht mehr für Verstörung sorgen, sondern mittlerweile selbst historisiert und kanonisiert sind und sogar von der True-Metal-Gemeinde gut gefunden werden können. John Connor feuert seine Rhymes

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