Meine Freundin sieht das anders
Von Unni Drougge
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Buchvorschau
Meine Freundin sieht das anders - Unni Drougge
dann!«
Telefongespräch zwischen Annie und Hillevi, 7. März, 11:45
»Hallo, du undankbare Trine! Hier ist Annie. Letzte Nacht hast du dich bei meinem Anrufbeantworter über dein Luxusproblem beklagt. Daß du einen Mann hast.«
»Jaaa! Im Moment beneide ich dich wirklich, schließlich brauchst du dich nicht mit einer besseren Hälfte herumzuschlagen ... Stiiiiillll, Kinder! Ich telefoniere. Meine Güte, Kinder verkneifen sich wirklich nichts...«
»Ja, und ich auch nicht. Ich habe mir schon mehrere Abende in dieser Woche nichts verkniffen. Bin durch die Gemeinde gezogen. Zuletzt diese Nacht. Und nicht ein einziges brauchbares Männchen hab ich erlegen können. Die Wüste der Sünde scheint total ausgedörrt zu sein. Kannst du dir vorstellen, wie lange ich jetzt schon unberührt bin? Ein halbes Jahr bald, seit der Katastrophe mit diesem deutschen Trübsalbläser, du weißt schon.«
»Das war der mit den Klorollen?«
»Ja, im Volksmund auch Kloheini genannt. Seine stundenlangen Exzesse im Badezimmer hätten mich fast um den Verstand gebracht. Wie manisch hat er aus den Klopapierrollen im Regal ganz sorgfältig immer neue Formationen gebaut, und jedesmal, wenn ich hineinwollte, hab ich eine Ladung davon auf die Birne gekriegt...«
»Ja, das hast du mir alles ausführlich erzählt.«
»Und nicht mal vögeln konnte er richtig...«
»Nein, ich weiß noch, wie du erzählt hast, daß er die Menge der Stöße pro Minute mit festem Blick auf den Wekker gezählt hat, wir brauchen das nicht noch mal durchzugehen. Aber du landest ja immer bei so schrillen Typen!«
»Ich lande? Es sind doch nur schrille Typen im Umlauf. Und die landen bei mir! Wann hast du zuletzt eine Botanisierrunde gemacht? Aber du hast das ja nicht nötig. Dein Märchenprinz bleibt zu Haus bei Weib und Kind. Also, halt du die Klappe. Was ein Single von siebenunddreißig Jahren sich bieten lassen muß, sind die Trottel, die vor die Tür gesetzt worden oder übriggeblieben sind.«
»Ach was. Du weißt offenbar nicht, was Ich mir bieten lassen muß. Ich wäre sogar froh, wenn er nicht so oft zu Hause wäre. Denk doch nur an die Abendzeitungen. Darin vergräbt er sich, hält sie sich als Schild gegen die Umwelt vor, während ich Essen koche. Ich hasse die Abendpresse! Ich würde ihm diese bescheuerten Zeitungen schrecklich gern wie eine Narrenkappe um den Schädel wickeln, der gerade kahl wird. Und nach dem Essen kommt die Fernbedienung an die Reihe. Die hält er dann den ganzen Abend krampfhaft fest. Und er zappt wie besessen zwischen den Sendern herum, ich habe richtig Lust, die Satellitenschüssel abzumontieren und wie einen Riesenfrisbee über den See segeln zu lassen.«
»Hmm, ja, sicher. Jetzt weiß ich auch wieder, wie es war, verheiratet zu sein. Aber immerhin ist dir das Vögeln garantiert.«
»Das ist doch gerade das Schlimme. Wenn ER will. Ich kann es kaum ertragen, daß er mich anfaßt. Ich kriege eine Gänsehaut, wenn seine Hand unter der Decke angeschlichen kommt. Nein, sei froh, daß dir das erspart bleibt.«
»Das sagst du nur, weil du weißt, daß du es kriegen kannst, wenn du willst.«
»Aber ich will nicht. Nicht mit ihm. Du dagegen kannst doch zulangen, wann immer du Lust hast. Du hast ein ganzes Büfett zur Auswahl!«
»Jetzt geht das wieder los. Ein Büfett aus alten Resten, bei dem andere schon munter abgeräumt haben. Oder unreife Primeursorten, bei denen sich einem der Magen zusammenzieht. Die Wichser schwirren mit flackerndem Blick herum und riechen nicht mal gut. Ich würde so gerne Lust verspüren, Hillevi. Aber ich komme mir vor wie ein trockener Fussel. Ich will, daß mein Fleisch wieder pulsiert.«
»Du willst ein Problem, gib es doch zu. Dein Leben gleitet zu glatt dahin.«
»Na gut. Ich habe einen tollen Job, meine Kinder sind brav, und meine Wohnung gefällt mir. Aber abends spät, wenn die Kinder in ihren Bettchen schlummern, dann kommt die große Frage: Soll das alles gewesen sein? Neihein! Ich will abgelenkt werden! Ich will mich verlieben!«
»Dir geht es zu gut, Herzchen.«
»Du bist hier diejenige, der es zu gut geht.«
(Keuchen) »Mückchen zündet gerade die Vorhänge an, und Kuschel hab ich seit einer Stunde nicht mehr gesehen, ich muß das Feuer löschen und nachsehen, ob Kuschel nicht ins Wasser gefallen ist. Bis demnächst, tschüs!«
»Ja, ja, selber tschüs!« (Seufzen)
Telefongespräch zwischen Annie und Hillevi, 8. März, 10:03
»Hallöchen, Big Mama!«
»Öööh, Momentchen. Kuschel sitzt auf dem Pott, und ich muß ihm den Hintern abwischen. (Pause mit Kindergeschrei und laufendem Wasserhahn) Unfug ... so. Verdammt, jetzt hat er wieder Durchfall. Sind sicher diese Grippesorten und die antibiotikaresistenten Streptokokken, mit denen die Kindergartenkinder heute um sich werfen. Oder kann es von den Pralinen kommen, die John gestern abend mitgebracht hat? Weintrauben ... Ist dir das übrigens schon mal aufgefallen, Annie? Wenn Kinder Weintrauben essen, dann kommen die als Rosinen wieder zum Vorschein. Aber wenn man ihnen Rosinen gibt, verwandeln die sich in Trauben. Als ich neulich Kuschel den Hintern abgewischt habe, lagen echte Trauben im Topf.«
»Bitte, erspar mir die Details! Ich sitze hier bei der fünften Tasse Kaffee auf nüchternen Magen und möchte mich mit meinem sauren Mageninhalt ebensowenig bekannt machen wie mit den Abfallprodukten deines Sohnes. Weißt du, was heute für ein Tag ist, oder ist dir die Kinderkacke zu Kopf gestiegen?«
»Was heute für ein Tag ist? Ein normaler Montag, nehme ich an. Ich hab noch nicht mal das Frühstücksgeschirr weggeräumt. Müüüüückchen! Nicht mit der Butter rumschmieren! Ooooh, jetzt muß ich mit ihr ins Badezimmer, sonst stinkt sie nach ranziger Butter, und dann will John sie nicht auf den Schoß nehmen, wenn er von seiner Golfrunde zurückkommt...«
»Aber Hillevi! Reiß dich zusammen, zum Teufel. Du bist doch total eingebacken in diese banale Soße...«
»Nicht nur eingebacken. Sondern auch eingelegt. Ich hab gestern alle Pralinen gefressen, die die Kinder übriggelassen hatten, und das waren viele, das kann ich dir sagen. Wenn ich jetzt auf die Waage gehe, bricht die garantiert zuammen. Kannst du begreifen, daß man von einer einzigen Schachtel Pralinen drei Kilo zunehmen kann? Das ist mir letzte Woche passiert, als...«
»Stöööhn! Heute ist der 8. März, genauer gesagt, der internationale Frauentag. Je davon gehört? Oder sind deine Fettzellen zu einer einzigen großen Gefängniszelle geworden? Erinnerst du dich nicht mehr an unsere muntere Jugend, als wir am 8. März zu Demos gegangen sind und gefordert haben, daß...«
»Wir wollten keine Krümel, sondern die ganze verdammte Bäckerei! Ja, seufz. Aber die habe ich ja gekriegt. Eine Bäckerei, in der ich jeden Tag herummampfe. Heute morgen habe ich schon drei Croissants gefressen ... Nein! Ich habe ein Blech Zimtbrötchen im Backofen vergessen, bleib mal einen Moment dran! (Pause, Stöhnen) Das ist zum Teufel gegangen. Die Brötchen kann ich jetzt als Grillkohle verwenden. Typisch!«
»Wie gut, Hillevi, dann brauchst du dir doch keine weiteren Kalorien einzutrichtern! Ich wollte dich fragen, ob du Lust hast, dir eine ungeheuer interessante britische Feministin anzuhören, die heute abend...«
»Wann denn? Aia baia, Kuschel! Rühr die brötchen nicht an! Ach, übrigens ... ist Kohle nicht gut gegen Durchfall? Wo waren wir noch gleich ... Ja, sicher, ja, wann spricht diese Feministin? (Schrilles Geschrei im Hintergrund) O nein, jetzt hat er sich verbrannt. Kann ich dich zurückrufen?«
»Vergiß es. Vergiß, daß ich überhaupt gefragt habe, ob du dich vom heimischen Herd losreißen kannst. Bis dann.«
E-Mail von Annie an Hillevi, 13. März, 15:28
Liebes Housewife!
Hast du je daran gedacht, deine Kinder in eine Krippe zu schicken? Wir können doch fast nie ein Gespräch führen, das nicht unterbrochen wird. Obwohl ich mit dir über jede Menge reden will, wo wir uns doch schon so lange kennen. Deshalb finde ich, wir sollten ab jetzt mailen. Dann lesen und schreiben wir, wenn wir gerade ungestört sind.
Und jetzt, Hillevi ... jetzt habe ich es immerhin geschafft. Du weißt schon, diese Diesel-Kampagne, die ich mitgestaltet habe, die mit ihrer brutalen Ironie solches Aufsehen erregt hat und die ich im Fernsehen und in der Presse verteidigen mußte. Diese Kampagne ist bei den jungen Leuten seit ihrer Absetzung Kult geworden. Und eben hatten wir mit dem ganzen Büro eine Konferenz. Eine schwimmende Konferenz auf der Finnlandfähre, weil Jalle, der Chef, du weißt schon, alles Volkstümliche toll findet. Aber egal, da saßen wir also nach dem Essen in der Bar, und mir fielen zwei junge Dachse in den Zwanzigern auf, die uns in immer engeren Runden umkreisten, bis einer sich dann endlich ein Herz faßte und fragte, ob ich ich sei, sozusagen, und das mußte ich ja zugeben. Also lud ich sie ein, sich zu uns zu setzen; zu mir und Jalle und einem Projektleiter aus dem Büro. Ich bestellte für jeden der Jungen einen Drink, und sie wollten über die Diesel-Kampagne sprechen, die sie einfach suuuuupergeil fanden. Ich hatte schon einen sitzen und beschloß, mich geschmeichelt zu fühlen, und deshalb habe ich die jungen Kavaliere einfach auf die Tanzfläche gezerrt. Sie waren so niedlich, Hillevi! Der eine war blond und der andere schwarz, und ich war für sie sozusagen ein Star. Sie waren meine Groupies, und die ganze Kiste war natürlich total bescheuert. Jalle faßte sich an die Stirn, als ich mit den Knaben im Schlepptau in meine Kabine abgezogen bin.
Da habe ich dem Leckerbissen befohlen,