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Das Charlotte-Prequel: zu DIE METAMORPHEN VON CADIZ
Das Charlotte-Prequel: zu DIE METAMORPHEN VON CADIZ
Das Charlotte-Prequel: zu DIE METAMORPHEN VON CADIZ
eBook200 Seiten2 Stunden

Das Charlotte-Prequel: zu DIE METAMORPHEN VON CADIZ

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Über dieses E-Book

Für drei Dreizehnjährige, die in Charlotte, North Carolina, dieselbe Klasse an der West Charlotte High School besuchen, nähern sich die Sommerferien und plötzlich gibt es Neuigkeiten, die für unverhoffte Aufregung sorgen:
Peter Huttons Cousin Tim Evans soll nach Mexiko "verschickt" werden und die Gründe scheinen so mysteriös wie das Ziel der Verschickung, ein Ort namens Cadíss, den alle zu kennen scheinen.
Unklar ist auch, was Peters Mutter Heather Rosslyn Hutton mit ihm plant? Wird er mit seinem Vater zum Angeln fahren müssen? Vor allem aber: Was ist mit Evie?
Am liebsten würde Peter die Sache auf der Stelle mit Evie selbst bereden, der gemeinsamen einzigen besten Freundin der Cousins, denn mit Tim ist das gerade nicht möglich: Die beiden sind zurzeit nämlich zerstritten und das ausgerechnet wegen Evie, die ihrerseits in letzter Zeit ein seltsam gespanntes Verhältnis zu der Spanischlehrerin der drei, Miss Jane Moray, zu haben scheint.
Miss Moray ist erst seit wenigen Monaten an der Schule und sie hat ein Angebot für die Freunde, das der Geschichte eine dramatische Wendung geben und das Leben aller auf den Kopf stellen wird.
SpracheDeutsch
HerausgeberXinXii
Erscheinungsdatum5. Sept. 2020
ISBN9783962466121
Das Charlotte-Prequel: zu DIE METAMORPHEN VON CADIZ

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    Buchvorschau

    Das Charlotte-Prequel - Karl Thoennissen

    Das Charlotte-Prequel

    zu

    DIE METAMORPHEN VON CADIZ

    KARL THOENNISSEN

    Copyright © 2020 Karl Thoennissen

    aquamarine, Rosstraße 1, 52064 Aachen

    © Cover Equipo Colón

    Alle Rechte vorbehalten

    Imprint: Independently published

    ISBN: 978-3-96246-612-1

    Verlag GD Publishing Ltd. & Co KG, Berlin

    E-Book Distribution: XinXii

    www.xinxii.com

    Inhalt

    Nach Cadíss

    Wo liegt das?

    Evie

    Eine Insel

    Mit Miss Moray ans Ende der Welt

    Für Claudia

    Juni 2020

    Das Folgende ereignete sich

    an einem Junisonntag,

    etwa 2007 oder 2008,

    zwei Wochen vor den dramatischen Geschehnissen,

    die in

    DIE METAMORPHEN VON CADIZ

    beschrieben werden.

    Nach Cadíss

    „Linn schickt Timmy in den Ferien nach Mexiko!"

    Ms. Huttons energische Stimme schallte unüberhörbar durch das sonnendurchflutete Haus.

    Keine Antwort. Sonntägliche Stille drinnen wie draußen.

    Sie wiederholte ihre Nachricht mit größerem Nachdruck:

    „Linsey schickt ihren Timmy in den Ferien nach Mexiko, nach Cadíss!"

    Einen Moment lang war es, als hielte jetzt ringsherum alles mit ihr gemeinsam die Luft an, um auf eine Reaktion zu lauschen.

    Aber von ihrem Mann, für den diese Neuigkeit über ihre Schwester Linsey und ihren Neffen Timothy Evans, ihrem Ton nach zu urteilen, bestimmt gewesen war, kam auch jetzt kein Lebenszeichen.

    Sie wusste, er war im Bad im oberen Stock des zweigeschossigen Hauses, denn sie hatte ihn gerade geräuschvoll hineinstapfen und die Tür schließen gehört (deshalb hatte sie ja gerufen), und das Bad lag gleich an der Treppe, die von der Diele hochführte. Sie konnte also davon ausgehen, dass er sie gehört hatte.

    Just in dieses Innehalten hinein begann Jack Hutton – als habe er nach dem finalen Akzent auf „Cadíss" noch einmal tief Luft geholt – seiner neuerdings liebsten Leidenschaft zu frönen und die hohe Schule des Solo-a-cappella-Gesangs bei gleichzeitiger elektrischer Trockenrasur zu praktizieren.

    Auf einen Schlag erzeugten seine Stimmbänder und sein antiker elektrischer Rasierer („ein Erbstück von meinem Dad-Gott-hab-ihn-selig") in dem abgeschlossenen Resonanzraum des Badezimmers einen solchen Lärm, dass von nun an auch physikalisch ausgeschlossen war, dass weitere Verlautbarungen seiner Ehefrau sein Ohr würden erreichen können.

    Ms. Hutton jedenfalls verwarf sofort den spontanen Impuls, die wenigen Schritte aus der Küche, wo sie mit der Zubereitung des Frühstücks beschäftigt war, in die Diele zu tun, um da ihre Verlautbarung zu wiederholen, und ein zufriedenes Lächeln zeichnete sich stattdessen auf ihr Gesicht: Er hatte sie gehört! Das Einsetzen seines Gesangs und der grässlichen Höllenmaschine gleich im Anschluss an ihren zweiten Ruf waren ihr Beweis genug: Sie kannte ihren Jack, ihre Nachricht hatte ihr Ziel erreicht.

    Wäre Ms. Hutton doch in die Diele gegangen, hätte sie allerdings etwas sehen können, das ihr im Augenblick durchaus ungelegen gekommen wäre, da es ganz und gar nicht in ihren momentanen Fokus gepasst hätte.

    Dass nämlich ihre Neuigkeit bei einer Person zumindest ihre sofortige und nachhaltige Wirkung keineswegs verfehlt hatte – um es gelinde auszudrücken! –, und zwar bei der einzigen Person im Haus, die sich erwartbarerweise überhaupt für Neuigkeiten bezüglich Timothy Evans interessieren konnte, und diese Person war bereits bei Ms. Huttons erstem Ausruf wie angewurzelt, zur Salzsäule erstarrt sozusagen, auf der Treppe stehen geblieben: Peter, der 13-jährige Sohn der Huttons.

    Seit dem Aufwachen hatte Peter mit diesem Sonntag ohne Pläne und ohne Freunde gehadert, der eine grandios elende Fortsetzung des gestrigen verlorenen Samstags ohne Pläne und ohne Freunde zu werden versprach. Noch mehr haderte er mit sich selbst, weil ihm weder eine zündende Alternative zu dem dummerweise ersatzlos gestrichenen Ausflug zum Mountain Island Lake einfallen wollte noch ein Weg, den Streit aus der Welt zu schaffen, der die Ursache für diese Streichung war und der seit Freitag seine Stimmung verdarb.

    So hatte er sich schließlich in entsprechend gedämpfter Stimmung aufgemacht, um zum sonntäglichen Frühstücksappell anzutreten, übrigens ausgehfertig angezogen und nicht ohne wie beiläufig (man konnte ja nie wissen, ob man es nicht doch einmal brauchen könnte!), und gegen seine Gewohnheit, sein Handy einzustecken.

    Er war gerade kurz davor, nach einem übertrieben langsamen Abstieg in Superzeitlupe das Ende der Treppe zu erreichen, als ihn völlig unvorbereitet, man möchte sagen: ungeschützt die unerhörte Neuigkeit von der Verschickung seines einzigen ihm bekannten Cousins, seines nächsten Nachbarn, ewigen Klassenkameraden, Teamgefährten, Sparrings- und Doppelpartners, leibhaftigen Schattens und – plötzlich bekam dies eine ganz neue und äußerst drängende Bedeutung – derzeit heftig mit ihm zerstrittenen besten Freundes Tim traf.

    Kaum dass ihm der Gedanke durch den Kopf geschossen war, er könnte in seiner partiellen geistigen Abwesenheit etwas falsch verstanden oder sich vielleicht sogar eingebildet haben, da ereilte auch schon der zweite Ruf seiner Mutter sein mittlerweile in höchste Alarmbereitschaft versetztes Hörzentrum mit nicht mehr misszuverstehender Deutlichkeit: Linsey schickt ihren Timmy in den Ferien nach Mexiko, nach Cadíss!

    Der unmittelbar danach einsetzende fürchterliche Gesang seines Vaters, den er gerade hinter sich ins Bad gehen gehört hatte (und der ihn gar nicht bemerkt zu haben schien, denn er hatte ihn nicht gegrüßt – war es Peter in seiner trüben Stimmung gelungen, sich unsichtbar zu machen?), war dann der endgültige Beweis, dass er weder träumte noch phantasierte.

    So etwas konnte ein Mensch mit funktionierendem musikalischem Empfinden sich nicht ausdenken. Und Peter war im Unterschied zu seinem Vater („Die Musikalität hat er nicht von dir, Mr. Hutton!", pflegte seine Mutter in der ihr eigenen direkten Art gerne klarzustellen) ausgesprochen musikalisch.

    „Linsey schickt ihren Timmy in den Ferien nach Mexiko, nach Cadíss!", hallte es in ihm nach und Rumms!, hockte er sich unwillkürlich da, wo er gerade stand, auf die Treppe: Die Druckwellen von Ms. Huttons double tap hatten mit leichter Verzögerung seinen Kortex und seine leere Magengrube erreicht und der Sonntag hatte damit zwar immer noch keinen Plan, aber jedenfalls ein Thema, das ihm fürs Erste ausreichende und dringliche Beschäftigung versprach.

    Tim fuhr irgendwohin! Peter führte sich das Gehörte jetzt systematisch vor Augen, während er die Handflächen fest auf die Stufe drückte, auf der er saß. Nein, genauer: Tim wurde verschickt! Zu welchem unklaren Zweck auch immer, das war vorerst genauso nebensächlich wie das Ziel der Verschickung, Mexiko, wichtig war nur eines: Mit Tim passierte etwas – und dieses Unbekannte geschah ohne ihn, Peter!?

    Schlimmer: Von ihm, Peter, war überhaupt nicht die Rede!? Unglaublich! Er existierte gar nicht! Sie informierte ja auch seinen Vater, nicht ihn!

    Diese Erkenntnis überstieg überfallartig Peters Fassungsvermögen. Das sprengte definitiv das etablierte Koordinatensystem von Familistan, wie sein Cousin und er manchmal mit resigniertem Spott das Herrschaftsgebiet ihrer Mütter, der Rosslyn-Schwestern, nannten.

    Nicht dass er sich spontan darum gerissen hätte, ebenfalls nach Mexiko verschickt zu werden, Gott bewahre, zumal die Umstände und Hintergründe ja völlig im Dunkeln lagen. Aber die Einzelheiten interessierten gar nicht, Mexiko, Marokko, Mars, Madagaskar, egal! Hier geschah gerade etwas Unerhörtes und an eherne Grundsätze Rührendes: Eine solche Ungleichbehandlung verstieß in eklatanter Weise gegen das wichtigste die Cousins betreffende Grundprinzip der beiden Häuser Rosslyn-Hutton und Rosslyn-Evans. So etwas war schlechterdings nicht vorgesehen in der Welt, wie Peter sie kannte und die weitestgehend, das hieß: in allen wirklich wichtigen Punkten und Belangen, organisiert, gestaltet und gesteuert war nach den Vorstellungen und Vorgaben der Schwestern Linsey und Heather Rosslyn, ihrer Mütter!

    Für Tim und Peter hatte es in dieser Mütterwelt, so weit sie zurückdenken konnten, immer ein erstes und oberstes Gebot gegeben, das ihr Leben auf unentrinnbare Weise geprägt hatte: Immer beide und beide immer gleich, immer zusammen!

    Deshalb lag es eigentlich außerhalb des Möglichen, ja des Vorstellbaren, dass seine Tante Linsey ihren Timmy verschicken, versenden oder was auch immer könnte und seine Mutter Heather ihren Peter nicht sogleich dazu gesteckt hätte. Gerade seine Mutter als die noch militantere Verfechterin des Rosslynismus hätte niemals zugelassen, dass nur einer von beiden etwas machte, geschweige denn, dass ausgerechnet ihr Peter derjenige sein sollte, der nicht mit von der Partie war. Unvorstellbar.

    Seit sie auf der Welt waren, hatten Tim und er alles, aber buchstäblich alles gemeinsam gemacht, mit der Ausnahme, dass sie nicht gemeinsam auf dieselbe gekommen waren, sondern nur fast. Um ein paar Minuten aus dem Gleichschritt (eigentlich also ein Fehlstart!) und tatsächlich ein paar Meter voneinander entfernt, im selben Kreissaal zwar, aber getrennt durch einen Sichtschutz.

    Auf diesem hatten die gegen ihren Willen zur Anwesenheit verpflichteten Väter bestanden (wie sie sich seither rühmten!), die in dem Glauben lebten, sich hier ausnahmsweise einmal durchgesetzt zu haben: So zumindest lautete ihre eigene naive Legende, wobei sie ihren Einfluss eindeutig überschätzten oder aufbauschten, denn es war in Wirklichkeit natürlich das in diesem Punkt unbeirrbar stoische Krankenhauspersonal gewesen, das den Kapriolen der gebärenden Rosslyn-Schwestern, die sich in den Kopf gesetzt hatten, ihr perfektes Timing dadurch zu krönen, dass sie während der Geburten Händchen hielten, mit einem Machtwort ein Ende gesetzt hatte.

    Diese beinahe Gleichzeitigkeit ihrer Geburt jedoch, nicht mehr als eine Laune des Schicksals (was ihre Mütter vehement bestritten, denn sie hatten das ja geplant!), bot den Schwestern die perfekte Grundlage dafür, Tim und Peter zu behandeln (die beiden empfanden es als zur Schau stellen), als seien sie gleichaltrige Brüder, ein Naturphänomen, für dessen Bezeichnung bekanntlich normalerweise der Begriff Zwillinge Verwendung findet.

    Ihre Mütter, die selbst nichts lieber als Zwillinge gewesen wären (aber immerhin dasselbe Geburtsjahr hatten, weil sie im für Geschwister kürzest möglichen Abstand innerhalb eines Kalenderjahres zur Welt gekommen waren), hatten seit frühester Kindheit ihr Projekt der wesensmäßigen Zwillingsschwestern betrieben, zu dem etwa gehörte, regelmäßig gegenüber Menschen, die es nicht besser wissen konnten, den Eindruck zu erwecken, sie seien tatsächlich Zwillinge.

    Das gemeinsame Geburtserlebnis war der Triumph ihrer gelebten Zwillingsschaft und bestärkte sie darin, ihren Traum in ihren Söhnen umso überzeugter weiterzuleben und die beiden als einen neuen, von ihnen geschaffenen Sonderfall des Phänomens zu betrachten: Um zwei-eiige Seelen-Zwillinge, die zwar keine Brüder waren und die unterschiedliche Väter und, nun ja, eben auch verschiedene Mütter hatten, die aber nicht nur fast Zwillingsschwestern waren, sondern damit leibhaftige Zwillingsmütter geworden waren.

    Um das Ganze vollends zur Farce zu machen, sahen Tim und Peter sich nicht im Geringsten ähnlich (im Unterschied zu ihren vorbildlichen Müttern, die sich tatsächlich sehr glichen und die im Laufe der Zeit eine Außenstehenden nicht nachvollziehbare Meisterschaft darin entwickelt hatten, ihre Ähnlichkeit nach Belieben zu kalibrieren): Eine weitere Laune des Schicksals nämlich (Tim sprach seinem positiv gestimmten Naturell gemäß von „ausgleichender Gerechtigkeit") hatte dafür gesorgt, dass die Cousins äußerlich keinerlei Rosslyn-Merkmale aufwiesen, sondern ihren respektiven Vätern Jack Hutton und Bob Evans wie aus dem Gesicht geschnitten waren, ein optischer Geburtsfehler sozusagen, wie er allerdings in den besten Zwillingsfamilien vorkommen kann und der von den Müttern denn auch geflissentlich übersehen und mit umso unerbittlicherer Gleichmacherei bekämpft wurde.

    Bis vor zwei Jahren, als sie auf die West Charlotte High School wechselten, hatten die Cousins sogar die gleiche Kleidung tragen müssen. Dabei waren sie sich schon als kleine Kinder in ihren Zwillingskostümen grotesk vorgekommen und wer sie später todsicher vergrätzen wollte, brauchte nur eins der Fotoalben hervorzukramen, wo sie auf Hunderten von Schnappschüssen als modische Dubletten verewigt waren, meist mit dem wenig begeisterten bis leicht missmutigen Gesichtsausdruck, den man von teuren Models kennt. Sie hatten tatsächlich ausgesehen, oder treffender, sie waren von ihren Müttern regelmäßig ausstaffiert „wie verdammte Zwillinge", wie Tim es auf den Punkt brachte.

    Vollends nervend war, dass ihnen sehr früh bewusst war, dass praktisch jeder um sie herum wusste, dass das alles nur Maskerade und eine fixe Idee ihrer Mütter war, als deren willenlose, öffentlich vorgeführte Kleiderpuppen sie sich fühlten.

    Dies galt vor allem für die Grundschule, wo natürlich jeder seit der ersten Klasse wusste, dass sie keine Zwillinge, sondern Cousins waren, denn fast alle kamen aus demselben Stadtteil von Charlotte. Manche kannten Tim und Peter seit dem Kindergarten und hatten den Rosslyn-Spleen schon da kennengelernt.

    Entsprechend hassten sie es – und vor allem Tim pflegte dies wenn nötig deutlich zum Ausdruck zu bringen –, wenn jemand auf dem Schulhof hinter ihrem Rücken tuschelte und sie etwa als „die falschen Zwillinge" verspottete. Allerdings machte das niemand ein zweites Mal. Die Mütter konnten noch so viel Phantasie und Ehrgeiz in die Ausstattung der beiden investieren, Tim hatte sehr bald dafür gesorgt, dass ihr Zwillingsornat den Status des weißen Elefanten im Klassenzimmer hatte.

    Was die Rosslyn-Schwestern in ihrer eigenen Schulzeit (die sie übrigens trotz der Zugehörigkeit zu verschiedenen Schuljahrgängen in derselben Klasse verbracht hatten, da es ihnen gelungen war, mit einer Sondergenehmigung für die jüngere Schwester Linsey gleichzeitig eingeschult zu werden) so erfolgreich betrieben hatten, nämlich wegen ihrer gleichen Kleidung, gleichen Frisuren und gleichen Gestik und Mimik von vielen (vor allem von allen neuen Lehrern) für die Zwillinge gehalten zu werden, die sie gerne sein wollten, das versuchten sie bei ihren kleinen unvollkommenen Klonen zu wiederholen und verschrieben ihnen dieselben Rezepte, die sie vormals selbst mit Erfolg und Begeisterung befolgt hatten.

    Dumm nur, dass Begeisterung das Letzte war, das Tim und Peter bei dem Gedanken an das Rosslyn´sche Zwillingsprojekt in den Sinn gekommen wäre. Sie entwickelten – und das war ihre größte echte Gemeinsamkeit – die gleiche Aversion gegen die verordnete Gleichmacherei und vielleicht lag in der aufgezwungenen Gleichartigkeit der Ursprung für ihr gleichermaßen ausgeprägtes Bedürfnis nach Unabhängigkeit und Eigenständigkeit.

    Der nach langem zähem Kampf erfolgreiche Protest gegen den mütterlichen Uniformzwang war ihr erstes wirkliches Emanzipationserlebnis und dieser Erfolg, ihr erster Sieg über ihre Mütter, hatte sie witzigerweise tatsächlich enger zusammengeschweißt – wenn das die Rosslyns gewusst hätten!

    „Garantiert wissen sie es und reiben sich zufrieden die Hände", hatte Peter mit gespielter Resignation vermutet.

    Das Diktat der Gemeinsamkeit, gemeinsame Schule, gemeinsame Ferien, gemeinsame Reisen, gemeinsame Arztbesuche, gemeinsame Sportvereine, gemeinsame Einkäufe gleicher Klamotten, gleiche oder sogar gemeinsame Spielzeuge, gemeinsame Musikstunden, war so weit gegangen, dass Peter irgendwann der Verdacht kam – wie er einmal, nur halb im Spaß, Evie erzählt

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