Seewölfe - Piraten der Weltmeere 472: In Ketten
Von Fred McMason
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Rezensionen für Seewölfe - Piraten der Weltmeere 472
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Buchvorschau
Seewölfe - Piraten der Weltmeere 472 - Fred McMason
9
1.
6. Mai 1595 – Bermudas.
Vier spanische Schatzgaleonen waren in der Riffzone auf der Westseite der Bermudas gestrandet und leckgeschlagen. Sie saßen unverrückbar fest auf den messerscharfen Korallen.
Die Strandung war auf einen Navigationsfehler zurückzuführen, weil der spanische Verbandsführer irrtümlich angenommen hatte, sich noch mindestens zehn Meilen querab von den „Inseln des Teufels" zu befinden.
Drei weitere spanische Galeonen waren damit beschäftigt, die Mannschaften von den gestrandeten Schiffen abzubergen.
Für die Spanier war das ein herber Verlust. Hinzu kam noch die Tatsache, daß sie bei dieser Aktion von drei englischen Schiffen belauert wurden. Das waren die „Isabella, „Eiliger Drache über den Wassern
und die Karavelle „Chubasco" unter Ben Brightons Kommando. Man hatte den Dons gestattet, nur die Leute abzubergen, die Schatzgüter aber unangetastet zu lassen, denn diesen unverhofften Reichtum wollte der Bund der Korsaren rupfen.
Zur Zeit lag die „Isabella" mit der Steuerbordseite längsseits einer spanischen Galeone, um die es viel Aufregung gegeben hatte.
An Bord hatte sich der ehrenwerte feiste Gouverneur von Kuba, Don Antonio de Quintanilla, befunden. Don Juan de Alcazar hatte den Dicken erkannt.
Damit war den Seewölfen ein Kerl in die Hände gefallen, der es faustdick hinter den Schlitzohren hatte. Dieser Fang war mehr als Gold wert, und wenn Don Juan den Dicken nicht erkannt hätte, wäre der unbemerkt durchgeschlüpft und nach Spanien gelangt.
Jetzt war die Spanienreise des fetten Halunken beendet. Hasard hatte sich den Kerl von Bord der Handelsgaleone geholt, nachdem der Dicke heimtückisch und hinterhältig auf ihn geschossen hatte.
Der Kapitän der spanischen Galeone sah Hasard bewundernd an. Er hatte Respekt vor diesem schwarzhaarigen Riesen mit dem silbergrauen Schläfenhaar und konnte sich nicht verkneifen, diesen Mann immer wieder von der Seite zu mustern. Das war ein Gesicht, wie er es noch nie gesehen hatte. Kühn, scharfgeschnitten, geprägt von Leiden und Verzicht, Stolz, Unbeugsamkeit und Energie, mit einer wilden Narbe und eisblauen Augen. Dieser Mann war ein Kavalier, das zeigten sein Benehmen und seine Ritterlichkeit, denn er hatte ihnen versprochen, daß sie ungehindert weitersegeln könnten, sobald sie die letzten Schiffbrüchigen abgeborgen hätten.
Nur diesen dicken Kerl hatte er sich ausbedungen und geholt – den Gouverneur von Kuba, der sich als „reicher Bürger" nach Spanien eingeschifft hatte.
Jetzt stand dieser „reiche Bürger auf dem Achterdeck der „Isabella
, hatte von Hasard kräftige Maulschellen bezogen und wurde nun von Big Old Shane im eisenharten Griff gehalten. Shane stand hinter dem Dicken und hatte ihm die Arme im schmerzhaften Griff nach hinten zusammengebogen.
Auf der spanischen Galeone standen Mannschaften und Offiziere wie erstarrt. Keiner rührte sich. Fast alle blickten auf das Achterdeck der „Isabella".
Hasard drehte sich um und zeigte Ben Brighton auf der „Chubasco klar. Das hieß so viel, daß sie den geldgierigen, korrupten und intriganten Fettsack vereinnahmt hätten. Die Karavelle lag Steuerbord achteraus von der „Isabella
auf Beobachtungsposition zwischen den vier gestrandeten Handelsgaleonen, während „Eiliger Drache" unter dem Wikinger Thorfin Njal querab an Backbord dümpelte. Die Schiffe hatten Treibanker gesetzt, um nicht das Schicksal der vier Galeonen zu teilen und in die gefährlichen Riffe zu geraten.
Hasard nickte dem immer noch stramm an Deck stehenden spanischen Kapitän freundlich zu.
„Mast- und Schotbruch, sagte er. „Und herzlichen Dank für den netten reichen Bürger. Ich bin sicher, daß er nie mehr nach Spanien gelangen wird.
Der Don verbeugte und bedankte sich höflich.
„Wir legen jetzt ab, sagte Hasard. „Was ich Ihnen versprochen habe, gilt selbstverständlich. Sobald Sie mit dem Abbergen der Leute fertig sind, können Sie weitersegeln. Denken Sie daran, sich etwas weiter westlich zu halten, wenn Sie auf Heimatkurs sind. Diese Ecke ist bei Nebel oder Dunkelheit sehr gefährlich.
Der Don verbeugte sich erneut mit Grandezza.
„Ich habe mir jedes Ihrer Worte gemerkt, versicherte er. „Möge der Herr im Himmel immer die Hand schützend über Sie halten. Es war mir eine Ehre, Señor.
Smoky und Sam Roskill lösten die Leinen. Die „Isabella" setzte sich langsam ab, um auf Warteposition zu gehen, bis die drei intakten Galeonen mit den Mannschaften Fahrt aufnahmen und verschwanden.
Danach sollten die gestrandeten Schiffe ausgenommen werden. Was sich in deren Frachträumen an Reichtümern befand, war mehr als genug, um die Bäuche aller drei Schiffe zu füllen und sie bis an die Luken vollzustopfen.
Wenn das erledigt war, dann wollten sie sich die „Inseln des Teufels", wie die Bermudas genannt wurden, einmal in aller Ruhe ansehen.
Jetzt war aber erst einmal der fette Bastard an der Reihe, dem sie soviel Ärger zu verdanken hatten, und der augenblicklich eine recht klägliche und jammervolle Figur abgab.
Außer Don Juan kannte keiner den feisten Kerl persönlich. Sie hatten nur über Arne von Manteuffel über ihn erfahren und über Don Juan, der es sich zum Ziel gesetzt hatte, den Gouverneurs-Bastard vor ein Gericht in Spanien zu bringen, um seine Machenschaften aufzudecken.
Jetzt braucht er nicht mehr nach Spanien, überlegte Hasard. Er war sich auch noch nicht darüber im klaren, wie er mit dem Halunken verfahren sollte. Er hätte diesen Kerl gern an die Rah geknüpft, aber das war ihm zu billig.
Kalt betrachtete er den Wabbelpudding in seiner kostbaren Kleidung, die jetzt allerdings ziemlich lädiert war, seit er mit dem Seewolf aneinandergeraten war.
Dieser geldgierige Hundesohn hatte dem Bund der Korsaren ganz erheblich zugesetzt. Zuletzt durch den Angriff auf die Schlangen-Insel, ohne daß er wußte, daß diese Insel untergegangen war und nicht mehr existierte. Eine ganze Flotte hatte er dafür ausgerüstet.
Shane hielt den Kerl immer noch fest. Hin und wieder quiekte der Dicke wie ein überfressenes Ferkel, wenn der Exschmied etwas fester zupackte. Dann verzog sich sein wabbeliges Gesicht zu einer schmerzerfüllten Grimasse, die Tränensäcke hingen ihm bis über die Wangen.
Aber Don Antonio erschrak fast zu Tode, als er seinen Bezwinger jetzt näher in Augenschein nahm. Vorher hatte er ihn kaum sehen können, denn da war es in der Achterkammer reichlich turbulent zugegangen. Ihm hatte der Schädel von den vielen Maulschellen gedröhnt, und Tränen waren aus seinen Augen geflossen.
Er riß den Mund auf, doch er brachte vor Schreck und Staunen keinen einzigen Ton heraus.
Dieser Mann ist doch Arne von Manteuffel, überlegte er wie betäubt. Jener deutsche Kaufherr, dem er es in seiner „großen Güte" gestattet hatte, eine Faktorei in Havanna zu eröffnen. Natürlich hatte der deutsche Kaufherr dafür kräftig bezahlen müssen, aber das war jetzt Nebensache, darüber dachte Don Antonio auch nicht weiter nach. Er konnte die Leute ohnehin nicht alle zählen, die ihn schmieren mußten, um eine Genehmigung zu erhalten.
Er würgte an einem dicken Kloß, während er weiter zu dem Mann stierte.
Nein, er war es offensichtlich doch nicht. Der deutsche Kaufherr war etwas jünger und hatte blonde Haare. Aber dieser Kerl hier hatte eine geradezu verblüffende und unwahrscheinliche Ähnlichkeit mit ihm.
Aber er war schwarzhaarig und wirkte älter. Das mochte an seinen silbergrauen Schläfenhaaren liegen. Und eine verwegen aussehende Narbe hatte er auch im Gesicht. Das war ja sehr merkwürdig, daß sich zwei Menschen so ähnelten.
Don Antonio klappte endlich die Futterluke zu. Er war immer noch total verwirrt und hatte nicht die geringste Ahnung, was die Kerle von ihm wollten. Dieser schwarzhaarige Riese hatte ihm auch zwei Säcke mit erlesenen Perlen abgenommen, die ein Vermögen wert waren. Jetzt lagen die beiden Säcke unbeachtet auf den Planken.
Hasard musterte Don Antonio seinerseits kalt und geringschätzig.
Er wußte sehr genau, was im Schädel dieses dicken unangenehmen Kerls ablief. Der rätselte erst einmal herum, weil er mit der Ähnlichkeit nicht fertig wurde. Die Verblüffung war ihm deutlich anzusehen. Immer wieder scheint er mich mit Arne zu vergleichen, dachte Hasard innerlich