Sweetwater-Ranch: G.F. Barner 116 – Western
Von G.F. Barner
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Über dieses E-Book
G. F. Barner ist legendär wie kaum ein anderer. Seine Vita zeichnet einen imposanten Erfolgsweg, wie er nur selten beschritten wurde. Als Western-Autor wurde er eine Institution. G. F. Barner wurde als Naturtalent entdeckt und dann als Schriftsteller berühmt. Seine Leser schwärmen von Romanen wie "Torlans letzter Ritt", "Sturm über Montana" und ganz besonders "Revolver-Jane". Der Western war für ihn ein Lebenselixier, und doch besitzt er auch in anderen Genres bemerkenswerte Popularität.
»Hätten wir ihn nur…«, sagt Dan Berry, der Storebesitzer, und macht danach eine kleine Pause. »Hätten wir ihn nur aufgehängt. Dann würde er nicht kommen.«
Der Mann neben ihm wendet den Blick und sieht zur Schule hinüber.
Sie stehen beide auf dem Vorbau von Carters Saloon, haben die Schule vor sich und warten auf den Glockenschlag, mit dem Mildred Keegan den Unterricht beenden wird. Sie läutet jetzt die Schulstunden ab, die Kinder werden herauskommen.
»Du sagst es«, erwidert Lasco, der Barbier, der seine spanische Herkunft niemals ganz verleugnen kann. »Er wird kommen und wieder lächeln, wie damals, das betrunkene…«
Die Glocke bimmelt.
Sie wenden die Köpfe und sehen auf das kleine Haus, in dem die Langtons wohnen.
Bei dem Gebimmel ist es nicht anders als an den anderen über tausend Tagen, die vergangen sind: Die Tür geht auf, Mrs. Langton kommt heraus und hat das Tuch, trotz der Hitze, um die Schultern gelegt. Es ist ein schwarzes Tuch. Und, wie immer, wirkt die Frau düster und verschlossen.
Dabei hat sie früher gelacht.
»Dieses Sch…«, sagte der Barbier Lasco heiser und wischt sich mit dem Taschentuch über die wenigen Haare, die noch auf seinem Kopf verblieben sind. »Warum tun wir nichts? Warum stehen wir da und warten, bis dieser Lump kommt und es noch einmal macht? Ein verdammter, schmutziger Mörder. Nun gut, wir haben mehr Mörder in dieser Stadt gehabt. Und wenn sie sich gegenseitig umbringen, dann ist es ihre Sache, aber das – das hat noch keiner getan.«
»Er hat ihn ja nicht umgebracht«, sagt Berry leise. »Umgebracht nicht.«
»Was
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Sweetwater-Ranch - G.F. Barner
G.F. Barner
– 116–
Sweetwater-Ranch
Zum Teufel mit der Bassett-Bande
G. F. Barner
»Hätten wir ihn nur…«, sagt Dan Berry, der Storebesitzer, und macht danach eine kleine Pause. »Hätten wir ihn nur aufgehängt. Dann würde er nicht kommen.«
Der Mann neben ihm wendet den Blick und sieht zur Schule hinüber.
Sie stehen beide auf dem Vorbau von Carters Saloon, haben die Schule vor sich und warten auf den Glockenschlag, mit dem Mildred Keegan den Unterricht beenden wird. Sie läutet jetzt die Schulstunden ab, die Kinder werden herauskommen.
»Du sagst es«, erwidert Lasco, der Barbier, der seine spanische Herkunft niemals ganz verleugnen kann. »Er wird kommen und wieder lächeln, wie damals, das betrunkene…«
Die Glocke bimmelt.
Sie wenden die Köpfe und sehen auf das kleine Haus, in dem die Langtons wohnen.
Bei dem Gebimmel ist es nicht anders als an den anderen über tausend Tagen, die vergangen sind: Die Tür geht auf, Mrs. Langton kommt heraus und hat das Tuch, trotz der Hitze, um die Schultern gelegt. Es ist ein schwarzes Tuch. Und, wie immer, wirkt die Frau düster und verschlossen.
Dabei hat sie früher gelacht.
»Dieses Sch…«, sagte der Barbier Lasco heiser und wischt sich mit dem Taschentuch über die wenigen Haare, die noch auf seinem Kopf verblieben sind. »Warum tun wir nichts? Warum stehen wir da und warten, bis dieser Lump kommt und es noch einmal macht? Ein verdammter, schmutziger Mörder. Nun gut, wir haben mehr Mörder in dieser Stadt gehabt. Und wenn sie sich gegenseitig umbringen, dann ist es ihre Sache, aber das – das hat noch keiner getan.«
»Er hat ihn ja nicht umgebracht«, sagt Berry leise. »Umgebracht nicht.«
»Was ist das denn anders als umbringen, wie?« erkundigt sich Lasco grimmig. »Du kannst einen umbringen, ohne ihn zu töten. Du kannst ihn so verdammt fertigmachen, daß er verrückt wird und praktisch tot ist. Das hat er auch gemacht, der Lump. Und niemand unternimmt was, keiner stellt sich ihm in den Weg, wenn er kommt. Warum lassen wir uns das gefallen, warum denn? Weil wir alle feige sind.«
»Du hast recht, wir sind feige.«
Der Mann steht hinter ihnen. Carter ist mit zwei anderen aus seinem Saloon gekommen.
Jetzt sind es fünf, die der Frau nachblicken.
Aus der Schule kommen die Kinder, sie lachen und springen.
Ely in Nevada hat nicht viele Einwohner.
Darum sind es auch nur wenige Kinder, vielleicht vierzig, die die Schulbank drücken. Die Kinder stürmen aus der Schule, sie haben Leinentaschen oder die Bücher mit den Federkästen einfach so unter den Armen. Auf Carter kommen Sohn und Tochter zu, beide springend und lachend.
»Hallo, Pa, können wir baden?«
»Sicher, sicher«, sagt Carter heiser. »Aber fragt erst Mutter, verstanden?«
Die beiden Kinder verschwinden hinter der Tür. Die anderen sind auch fast alle von der Straße. Nur Benjamin Crittenden kommt mit seinen Büchern langsamer durch die kleinere Pforte vom Schulvorhof, dessen Sand von den Kindern zertrampelt ist.
Ben Crittenden ist nun zwölf Jahre alt und der beste Schüler in der ganzen Schule. Er ist ein stiller Junge, der nur manchmal lustig wie die anderen ist.
»Der Streber«, sagt Vic Carters Sohn noch aus der Tür, ehe er verschwindet. »Der geht natürlich wieder langsam und wartet. Dieser Streber!«
Niemand weiß, daß Benjamin Crittenden einmal Senator von Nevada werden soll, aber das schlaueste Kind dieser Schule ist Ben jetzt schon.
»Er wird wohl auf ihn warten, was?« fragt Carter Berry leise. »Auch wenn mein Vater Sheriff wäre, aber so hochnäsig brauchte der Bengel nicht zu sein!«
»Hochnäsig?« fragte Berry. »Ich glaube nicht, daß er hochnäsig ist, der denkt nur zuviel, der Junge. Das ist ein Grübler, ich sage euch, aus dem wird noch mal was.«
»Sie kommt!«
Das sagte Berry.
Die Frau kommt rückwärts aus dem Schulraum. Ihr schwarzes Tuch macht sie noch düsterer als sonst. Oder kommt es den Leuten nur so vor?
Mrs. Wyatt Langton geht rückwärts. Und jeder weiß, warum sie rückwärts geht.
In diesem Augenblick kommt der Rollstuhl, den Old Sam Eldridge für die Langtons gekauft hat. Der Stuhl blitzt und sieht noch immer wie neu aus. Die schönen Nickelfelgen der drei Räder funkeln.
Aber das Gesicht des Jungen ist wie immer bleich.
Seine Augen sind müde und seine mageren Hände, die mageren Arme, die aus der Jacke hervorsehen, liegen auf der Decke, mit der seine Beine umhüllt sind. Es ist eine feine Decke. Und die Bücher sind auch besser eingebunden als die der anderen Kinder. Dem Jungen fehlt es an nichts, nur an einer Sache:
Er kann seine Beine nicht mehr gebrauchen!
Der kleine Adam Langton lebt, aber sein Leben ist eine Qual für ihn und manche, die ihn so sehen müssen, sicher auch für seine Eltern.
Er wird immer gelähmt bleiben. Kein Arzt kann ihm helfen. Er kann nicht laufen, obwohl ihm der alte Eldridge die besten Ärzte verschafft hat, obwohl man ihn zweimal operiert hat und sie sogar mit der Mutter und Klein-Adam nach Salt Lake City gefahren sind.
Man mag von den Mormonen sagen, was man will, eines jedoch steht fest, das wissen alle: Die Mormonen haben die besten Ärzte.
Doch keiner hat Klein-Adam helfen können.
*
Und so wie heute, so schafft ihn seine Mutter jeden Vormittag zur Schule und bringt ihn nach dem Ende des Unterrichts wieder nach Hause. Manchmal steht sein Stuhl vorn auf dem Gehsteig vor dem Haus, manchmal schiebt sich der Junge auch allein ein Stück über die Straße, wenn kein Reiter zu sehen ist.
Denn jedesmal, wenn ein Reiter kommt, Pferde auftauchen, die einen Wagen ziehen, dann wird der Junge steif vor Schreck und wagt es nicht, sich zu bewegen.
Und jeder weiß, daß er sich immer daran erinnern wird. Solange er lebt, wird die Erinnerung in ihm bleiben.
Zwei Reiter auf ihren Pferden – er in der Mitte der Straße.
Dort steht er, acht Jahre alt, klein, mager, dürr.
Und das Pferd kommt, die Frau schreit, doch der Junge kann nicht laufen. Er steht still, mitten auf der Fahrbahn, und das Pferd rennt über ihn hinweg.
Eine Staubwolke, ein Schrei und leises Wimmern. Zwei Pferde, die aus der Stadt jagen und eine Kanne mit Petroleum, die ausläuft und einen Fleck auf der Fahrbahn hinterläßt.
Seine Mutter hat den Jungen abends gegen neun Uhr noch schnell zu Berry geschickt, um Petroleum zu holen. Die Kanne liegt da, und der Junge liegt da mit gebrochenen Beinen. Die Reiter sind fort, doch die Frau hat den Mann erkannt, ein halbes Dutzend Leute haben den Mann erkannt, der immer freundlich zu jedermann gewesen ist. Sicher ein harter Mann, aber auch ein gutmütiger und freundlicher Bursche, der weggeritten ist, ohne sich um den Jungen zu kümmern.
Jetzt kommt die Frau mit dem Rollstuhl heran. Sie, eine schmale, verhärmte und sehr still gewordene Frau, schiebt ihn über den Gehsteig.
Der Junge sitzt im Rollstuhl und hält seine Bücher fest. Er ist ein guter Schüler, das stimmt. Aber immer, wenn die anderen tollen und springen, dann sieht er nur aus großen, dunklen Augen zu.
Wyatt Langton, der Schneider, denkt an seinen Jungen. Er kann die Straße ein Stück einsehen und seine Frau mit dem Rollstuhl kommen sehen. Manchmal hat er den Wunsch, aus der Haut zu fahren, wenn sie den Jungen zu sehr verwöhnt.
Niemand weiß so gut wie er, daß der Junge nicht davon gesund werden kann, wenn man ihm dauernd seine Hilfsbedürftigkeit zeigt. Er muß selbständiger werden, er muß an die frische Luft.
Wie der Junge aussieht, denkt er. Zwölf Jahre alt ist er nun und wird von ihr gefüttert. Sie schneidet ihm das Brot in Stücke, sie ist immer um ihn. Na ja, lange sehe ich mir das nicht mehr an!
*
Sheriff Crittenden hört seine Frau durch das offene Küchenfenster mit der Nachbarin reden. Er faßt sich an den Schnurrbart. Diese Bewegung macht seine ganze Nervosität deutlich. Immer, wenn Crittenden nervös wird, dann zupft er sich am Schnurrbart. Er blickt ziemlich finster in den Spiegel.
»Hallo!« sagt er grollend in die Küche hinein. »Mary, ist das Essen bald soweit?«
»Ja doch, James«, antwortete sie. »Meine Liebe, mein Fleisch brennt an, fürchte ich. Nun, wir werden es ja sehen, wie?«
Wir werden es sehen, denkt James Crittenden und beißt sich auf die Barthaare. Teufel, wir werden es sehen. Und ich stecke mittendrin. Ob der Alte kommt und ihn abholt? Ich weiß nicht, ich bin nicht sicher, aber der alte Wayne Flynn wird kommen, wie ich ihn kenne.
»James?« fragt seine Frau und gießt Wasser in den Topf nach, daß es zischt. »Meinst du wirklich, der traut sich her?«
»Was heißt – der?«, fragt Crittenden bissig. »Läßt über die Rederei mit der klatschsüchtigen Nachbarin noch das Fleisch anbrennen, aber wenn unsereins mal drei Minuten später vom Kartenspiel nach Hause kommt, dann ist der Teufel los. Das Gesetz Mose müßte noch bestehen!«
»Du mit deinem Gesetz Mose! Ich frage dich, ob der es wagen wird, und du redest vom Gesetz Mose! Könnte dir so passen, deine Frau zu – na, du weißt schon. Außerdem ist das Fleisch nicht angebrannt. – Kommt der Kerl nun?«
»Clay ist kein Kerl«, erwiderte James Crittenden grimmig. »Ich bitte dich, daran zu denken, daß ich ohne ihn wahrscheinlich tot wäre, und du keinen Braten mehr im