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Trust me - reine Vertrauenssache
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eBook398 Seiten6 Stunden

Trust me - reine Vertrauenssache

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Über dieses E-Book

Die Grausamkeit der aktuellen Mordserie erschüttert selbst die altgedienten Detectives des Morddezernats.
Brian Clifton ist entsetzt, als eines der Opfer eine unheimliche Ähnlichkeit zu seinem Freund James aufweist. Und es verdichten sich die Beweise, die auf James als Mörder hindeuten
Schon seit Langem verhält sich James ausweichend. Und da ist noch dieses unbedeutende Detail, das er vor Brian verschweigt: Er ist ein spielsüchtiger Drogendealer.
James ist wahrscheinlich nicht der beste Freund der Welt, aber er bittet Brian, ihm zu glauben, dass er kein Mörder ist. Wer allerdings auch immer den Abzug betätigt hat, will die Sache zweifellos zu Ende bringen, und Brian ist der Einzige, dem James zutraut, ihn zu beschützen.
Aber wie viel ist Brian bereit zu riskieren, um einen Mann zu schützen, den er anscheinend nicht einmal kennt?
SpracheDeutsch
Herausgeberdead soft verlag
Erscheinungsdatum28. Jan. 2018
ISBN9783960891840
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    Buchvorschau

    Trust me - reine Vertrauenssache - L.A. Witt

    L. A. Witt

    Trust me – reine Vertrauenssache

    Aus dem Englischen von Lena Seidel

    Impressum

    © dead soft verlag, Mettingen 2018

    http://www.deadsoft.de

    © the author

    Titel der Originalausgabe: Trust me

    Übersetzung: Lena Seidel

    Cover: Irene Repp

    http://www.daylinart.webnode.com

    Bildrechte:

    © rdgraphe – fotolia.de

    © VladOrlov – shutterstock.com

    1. Auflage

    ISBN 978-3-96089-183-3

    ISBN 978-3-96089-184-0 (epub)

    Inhalt:

    Die Grausamkeit der aktuellen Mordserie erschüttert selbst die altgedienten Detectives des Morddezernats.

    Brian Clifton ist entsetzt, als eines der Opfer eine unheimliche Ähnlichkeit zu seinem Freund James aufweist. Und es verdichten sich die Beweise, die auf James als Mörder hindeuten

    Schon seit Langem verhält sich James ausweichend. Und da ist noch dieses unbedeutende Detail, das er vor Brian verschweigt: Er ist ein spielsüchtiger Drogendealer.

    James ist wahrscheinlich nicht der beste Freund der Welt, aber er bittet Brian, ihm zu glauben, dass er kein Mörder ist. Wer allerdings auch immer den Abzug betätigt hat, will die Sache zweifellos zu Ende bringen, und Brian ist der Einzige, dem James zutraut, ihn zu beschützen.

    Aber wie viel ist Brian bereit zu riskieren, um einen Mann zu schützen, den er anscheinend nicht einmal kennt?

    Kapitel 1

    „Hier ist James. Sorry, ich kann gerade nicht ans Telefon gehen, aber hinterlass mir eine Nachricht und ich rufe dich zurück." Piep.

    Ich fluchte unterdrückt und warf mein Handy in den Getränkehalter. Am Morgen hatte er mir eine Voicemail aufgesprochen, in der er fragte, ob wir abends ausgehen wollten, und mich bat, ihn zurückzurufen. Und nun ging er schon den ganzen verdammten Tag nicht an sein Telefon.

    Seufzend ließ ich meinen Kopf gegen die Nackenstütze fallen. Ich hätte gerne behauptet, dass ihm das nicht ähnlich sah, aber in letzter Zeit tat es das. Die ersten paar Monate, in denen wir uns getroffen hatten, war alles prima gewesen. Doch während der vergangenen drei Monate hatte sich das geändert. Es gab lange Abschnitte, in denen sein Handy zu den seltsamsten Zeiten abgeschaltet war, egal ob tagsüber oder nachts. Anrufe oder SMS kamen erst nach Stunden, besonders dann, wenn er gebeten wurde, mich sofort anzurufen. Bei Plänen kam unweigerlich etwas dazwischen. Bei Voicemails hatte er dummerweise keine Gelegenheit, sie zu beantworten, bis ich anrief, was ganz zufällig immer dann passierte, wenn er gerade mich anrufen wollte.

    Ich rieb mir über die Augen. Es war ja nicht so, dass ich ein Mann mit hohen Erwartungen war. Ich verlangte nicht, dass er nach meiner Pfeife tanzte. Aber irgendetwas an seinem Schweigen und den kryptischen Erklärungen passte nicht zusammen. Ich fragte mich, ob mein Verdacht daher kam, dass ich ein gebranntes Kind war, oder war es einfach die Gewohnheit eines Detectives des Morddezernats, dessen ganzer Job sich darum drehte, die kleinen Geschichten und Details herauszupicken, die zeigten, dass jemand log?

    Was auch immer der Fall war, mit leerem Magen auf dem Parkplatz des Diners zu sitzen brachte mich nicht weiter, die Verfehlungen meiner anderen Hälfte zu begreifen. Vor mich hin fluchend stieg ich aus dem Auto und ging hinein.

    Mein Partner, Max Kessler, hatte sich bereits auf einen Barhocker gesetzt und Kaffee bestellt.

    Er schob eine der drei Tassen zu mir. „Schon wieder Probleme mit deinem Freund?"

    „Ja. Ich setzte mich, zog ein paar Zuckerpäckchen aus dem Keramikhalter neben dem Serviettenspender. „Woher weißt du das?

    Er lachte. „Wer sonst kotzt dich so an, dass du bereit bist, dein Handy durch ein Fenster zu werfen, obwohl wir eigentlich ein entspanntes Abendessen haben wollten?"

    „Punkt für dich. Ich presste meine Kiefer aufeinander. „Ja, ich habe immer noch Probleme mit ihm. Max war einer der wenigen Typen in der Einheit, die wussten, dass ich schwul war, und es störte ihn nicht im Geringsten. Er hatte mich zu unzähligen Grillpartys mit seiner Familie eingeladen, und wen auch immer ich zu der Zeit traf, war stets willkommen gewesen. Noch ein Grund, warum wir schon so lange so gut zusammenarbeiteten.

    „Wann wirst du ihm endlich einen Arschtritt geben? Max beäugte mich über den Rand seiner Tasse. „Wenn er dich so unglücklich macht …

    „Wenn er nicht mit einer verdammt guten Entschuldigung kommt, sagte ich, während ich Sahne in meinen Kaffee rührte, „ist er heute Abend Geschichte. Ich bin damit fertig.

    Max hob eine Augenbraue, entgegnete aber nichts. Ich konnte ihm seine Skepsis nicht verübeln. Wie oft hatte ich das in den letzten Wochen gesagt? Sogar ich selbst glaubte mir nicht mehr.

    Die Lokaltür ging auf und Max schaute hoch.

    „Ach, da ist er ja." Er winkte, und ich musste mich nicht umdrehen, um zu wissen, wer sich uns angeschlossen hatte.

    Eine Sekunde später glitt Andrew Carmichael auf den Hocker neben mir. „Die Verspätung tut mir leid. Die Krankengymnastik hat länger gedauert. Schon wieder."

    „Mach dir deswegen keine Gedanken, sagte ich. „Wir sind selber gerade erst angekommen. Wie geht’s dem Arm?

    Er warf einen finsteren Blick auf seinen Arm, der in einer Schlinge lag. „Wird langsam besser. Mit der Betonung auf ‚langsam‘, nicht auf ‚besser‘."

    „Könnte schlimmer sein." Max schob Andrew die dritte Tasse Kaffee zu.

    „Könnte es", erwiderte Andrew.

    „Obwohl ich noch immer nicht glauben kann, dass du nach der ganzen Zeit nach wie vor die Schlinge tragen musst", meinte Max.

    „Ach, das kommt von den Chirurgen letzte Woche. Sie mussten ihn ein weiteres Mal aufschneiden und …"

    „Das will ich vor dem Essen gar nicht wissen", stieß Max hervor und hob die Hand.

    Andrew lachte. „Du willst die blutigen Details nicht hören?"

    „Nein, danke."

    „Du hast für deinen Job einen reichlich empfindlichen Magen, findest du nicht?"

    „Ich kann damit umgehen, es ist nur kein ausgesprochen appetitanregendes Thema vor dem Essen, vielen Dank auch. Max deutete auf Andrews verletzten Arm. „Weißt du schon, wann du wieder voll einsatzbereit bist?

    Andrew zuckte mit einer Schulter. „Sechs Monate? Ein Jahr? Wer weiß? Es ist jetzt zwar besser, weil sie etwas von dem Narbengewebe herausschneiden konnten, aber …"

    Max erschauderte. „Ugh, Mann, ich beneide dich nicht."

    „Tust du nicht? Andrew grinste. „Komm schon, jeder will eine beschissene Kriegsverletzung.

    „Kriegsverletzungen sind schön und gut, sagte Max. „Aber dafür den Arm nicht mehr benutzen können? Nein, danke.

    „Du kennst nicht mal die Hälfte, murmelte Andrew in seinen Kaffee, während er Zucker hineinschüttete. Er wurde mehr und mehr Experte darin, seine linke Hand für solche Aufgaben zu benutzen, aber noch war es für ihn nicht natürlich. Er legte den Löffel neben die Tasse und fragte: „So, was gibt es Neues auf den Straßen?

    „Gleiche Scheiße, anderer Tag", antwortete ich.

    „Er fragte nach den Straßen, nicht nach deinem Liebesleben", erwiderte Max.

    Andrew hob den Kopf. „Himmel, Brian, sag mir nicht, dass du immer noch Probleme mit James hast."

    „Ich habe noch Probleme mit James."

    Andrews Augenbrauen zogen sich in einem mitfühlenden Ausdruck zusammen. „Du weißt, dass ich denke, dass er dich in irgendwas mit reinzieht. Ich meine, bei allem, was du mir erzählt hast, würde es mich wundern, wenn er niemanden nebenbei hätte."

    „Ich weiß, ja", sagte ich leise.

    „Glaubst du wirklich, dass er einen anderen Kerl fickt?", fragte Max.

    Ich zuckte zusammen. „Vielleicht. Entweder das oder eine Frau."

    „Ich wusste nicht, dass er zweigleisig fährt", entgegnete Max.

    „Ich bin ziemlich sicher, dass es nicht so ist, aber ganz ehrlich, ich weiß gar nichts mehr. Ich seufzte. „Aber wenn es so ist und er das als Ausrede benutzt, um mich zu betrügen …

    Andrew schnaubte. „Falls er die Karte ausspielt, setze ich Nick auf ihn an. Nichts pisst ihn mehr als Betrüger, die sich auf eine bisexuelle Entschuldigung rausreden. Im Ernst."

    Andrews Freund war so bisexuell wie der Tag lang war, aber es gab keinen Mann und keine Frau, die seine Aufmerksamkeit von Andrew ablenken konnte. Trotz der Spannungen zwischen ihnen seit ihren jeweiligen Verletzungen beneidete ich die beiden. Ich wusste nicht, ob sie einfach so verliebt waren oder sich schlicht und ergreifend nur weigerten, irgendetwas als normal anzusehen, nachdem sie sich beinahe verloren hatten. Aber obwohl sie sich ständig in den Haaren hatten, war ihre Beziehung das, wonach ich mich sehnte, ob nun mit James oder sonst wem. Sie hatten bereits zuvor ihre Leben füreinander riskiert und würden es ohne Zögern wieder tun.

    „Nun, sagte ich, „ich weiß doch gar nicht, ob er mich betrügt oder nicht. Vielleicht tut er es nicht. Der Teufel weiß, was er treibt.

    Andrew schüttelte den Kopf. „Ich scherze nicht, Mann, und wenn er dir solche Kopfschmerzen verursacht, solltest du ihn loswerden."

    „Er hat recht, Brian, warf Max ein. „Du hast schon genug Stress. Von allen Menschen brauchst gerade du diese Scheiße nicht, besonders zurzeit.

    Abwesend rührte ich meinen Kaffee um, sagte aber nichts. Sie hatten Recht. Ich wusste, dass sie Recht hatten. Gott wusste, warum ich an James festhielt. Nachdem ich das Thema mit den beiden in den letzten Monaten ein dutzend Mal durchgekaut hatte, gingen mir allmählich die Rechtfertigungen aus. Die Tatsache, dass er meine beiden besten Freunde nach all dieser Zeit nicht einmal getroffen hatte – keiner von uns hatte die Freunde oder Familie des anderen kennengelernt – war eine der vielen Schwachstellen in der Rüstung unserer Beziehung. Ich hatte Treffen vorgeschlafen, er hatte gezögert, und jedes Mal, wenn er genug nachgegeben hatte, hatte er in letzter Minute einen Grund gefunden abzusagen.

    Oh, nein, ich wurde nicht verarscht.

    Der einzige Grund, warum ich noch bei ihm war, war dieser irre Sex, und selbst der wurde weniger und weniger. Zumindest für mich. Wahrscheinlich hatte er viel davon.

    „Es würde schon helfen, wenn ich ihn erreichen könnte. Ich legte den Löffel neben meine Kaffeetasse. „Es ist schwer, dem Kerl in den Arsch zu treten, wenn ich nicht einmal mit ihm reden kann.

    Andrew zuckte die Schultern. „Dann hör auf, ihn anzurufen. Hör auf, seine Anrufe anzunehmen, blockier seine Nummer und so weiter."

    „Genau. Max neigte den Kopf. „Okay, ich bin nicht gerade Dr. Phil, und du weißt, dass ich mich normalerweise nicht in dein Privatleben einmische, aber die Spielereien dieses Mistkerls beeinflussen deine Fähigkeiten im Job. Er muss weg.

    Ich schürzte die Lippen und fuhr mir über die Stirn. „Gott, ich brauche diese Scheiße nicht."

    „Nein, tust du nicht", erwiderte Andrew.

    Das war eine Untertreibung. In der Stadt gab es seit Monaten eine grausige, eskalierende Welle von Verbrechen, und das Letzte, das ein Detective des Morddezernats brauchte, um diese verdammten Fälle zu lösen, war die Ablenkung durch einen schürzenjagenden Freund.

    Ich stieß den Atem aus und schüttelte den Kopf. „Na, ich gehe nach der Arbeit zu ihm. Aber jetzt brauche ich etwas zu Essen, bevor ich meine Faust durch irgendetwas ramme." Es war beinahe sechs Uhr abends, und wir hatten erst jetzt ein paar Minuten Zeit gefunden, um einen Bissen zu essen.

    Max lachte. „Wir haben das Frühstück wieder ausfallen lassen, stimmt’s?"

    „Ich hatte es eilig."

    „Uh-huh. Er sah mich an, dann lachte er. „Muss ich Anna bitten, sich um dich zu kümmern, wie sie sich um mich kümmert?

    „Oh, nein, das ist dein Ding, nicht meines." Ich gluckste. „Du bist derjenige, der eine Frau mit einer eisernen Faust geheiratet hat."

    „Komm schon, so schlimm ist sie nicht."

    Natürlich ist sie das nicht. Ich sah Andrew an. „Übrigens, wie geht’s dir mit deiner besseren Hälfte?

    Er lachte halbherzig. „Gleiche Scheiße, anderer Tag."

    Ich zog eine Braue hoch. „Alles in Ordnung?"

    Mit einer abweisenden Geste sagte er: „Wir sind dabei, Probleme auszubügeln. So ist es schon eine Weile."

    „Guter Gott, sagte Max mit schiefem Grinsen. „Jedes Mal, wenn ich mir sage, dass es Schwule leicht haben, weil sie nicht mit Frauen klarkommen müssen, muss ich gerade euch beiden zuhören.

    Andrew lachte. „Sagt der Mann, der mit einem Pitbull verheiratet ist."

    „Einem Schmusepitbull", warf ich ein.

    Max gluckste. Er wollte noch etwas sagen, doch das Klingeln seines Handys unterbrach ihn und er nahm ab. „Kessler." Pause. Er versteifte sich und ich kannte diese Änderung seiner Haltung gut. Er sah mich an und nickte leicht.

    Ich stöhnte. Ich würde heute nichts zu essen bekommen, verdammt noch mal. Zu Andrew sagte ich: „Sieht aus, als müssten wir verschwinden."

    „Mach dir keine Gedanken. Ich bezahle den Kaffee."

    „Super. Wenn wir uns das nächste Mal sehen, zahle ich es dir zurück."

    „Stress dich nicht. Wir sehen uns auf dem Revier."

    Auf dem Weg zu meinem Auto hämmerte mein Herz. Adrenalin schoss durch meinen Körper, wie immer, wenn wir zu einem Tatort fuhren. Ich war in meiner Karriere zu unzähligen Morden gerufen worden, aber ich wusste nie, was mich erwartete. Es konnte alles sein, von einem Haus mit einem erstochenen Opfer bis hin zu einem mit verstümmelten Leichen gefüllten Schließfach. Ich konnte nicht sagen, dass es in diesem Job nie einen langweiligen Moment gab – allein die unendliche Menge an Schreibkram stellte sicher, dass solche zur Genüge vorkamen – aber es mangelte auch nicht an Chaos.

    „Wir sind etwa zehn Minuten vom Tatort entfernt, sagte Max zu der Stimme am anderen Ende der Leitung. „Wir sind auf dem Weg. Er schob sein Handy in die Tasche. „Mehrfacher Mord in Masontown. Ein Club an der Jackson und Sechsten."

    „Natürlich ist es Masontown. Ich fuhr aus dem Parkplatz und wendete. Dieses Gebiet, der etwa eine Meile lange „schlechte Teil der Stadt, war der Mittelpunkt massiver Drogenprobleme. In den letzten drei Monaten hatte es dort mehr Blutvergießen gegeben als im Rest der Stadt im gesamten vergangenen Jahr. Vor einem knappen Jahr hatte sich ein größerer Drogenring eingenistet und nun gab es Revierkämpfe zwischen den drei restlichen Banden. Obwohl mich Rauschgiftdelikte nichts angingen, war ich in letzter Zeit wegen der Mordfälle immer öfter in dem Viertel.

    Wenn ich jeden Tatort einordnen müsste, den ich während meiner Dienstzeit betreten hatte, befanden sich die meisten der Top Ten der grausigsten in dieser Gegend. Drei dieser Morde geschahen in den vergangenen Monaten und die Tatortreiniger in ihren Schutzanzügen waren noch immer damit beschäftigt, bei einem davon die Wände und Böden zu putzen. Zwei Detectives und drei Streifenbeamte waren zurückgetreten oder versetzt worden. Ein Undercover war ermordet worden. Ein anderer befand sich immer noch auf Reha nach einer fast tödlichen Verwundung. Der Chief hatte beinahe alle Knöpfe gedrückt, um die Undercover-Leute aus der Schusslinie zu bekommen, aber die, deren Tarnung noch funktionierte, hatten darauf bestanden, weiterzumachen. Trotz des Risikos waren sie nahe daran, die Drogenringe zu sprengen.

    Um ihretwillen hoffte ich, dass sie Recht behielten.

    Einige Straßen vom Tatort entfernt kam uns ein Rettungswagen mit schreiender Sirene entgegen.  Einen Block weiter schoss der nächste an uns vorbei, die blinkenden Lichter wurden von unzähligen „Zu Verkaufen und „Zu Vermieten-Schildern in den Fenstern von Geschäfts- und Wohnhäusern reflektiert. Ich konnte es den Geschäftsleuten und Bewohnern nicht verübeln, dass sie das Viertel lieber im Möbelwagen statt im Krankenwagen hinter sich lassen werden wollten.

    „Ich habe das Gefühl, das wird übel", sagte Max.

    „Es geht schließlich um Masontown. Ich sah in den Rückspiegel. „Damit ist das wohl eine sichere Wette.

    Es brauchte nicht viel, um festzustellen, dass wir den richtigen Club gefunden hatten. Nach Einbruch der Dunkelheit wäre diese Lichtshow der Wahnsinn gewesen. Vor dem Club hatten sich mindestens ein Dutzend Blinklichter versammelt, einige blau, die meisten rot.

    Das Bisschen von der Straße, das nicht von Notfallfahrzeugen besetzt war, wurde von Nachrichtenwagen eingenommen. Verdammte Geier. Ich hatte sie nie gemocht, aber ich hatte eine regelrechte Allergie gegen die Medien entwickelt, seit ihr unersättliches Bedürfnis nach sensationellen Schlagzeilen Andrews Freund lange genug im Scheinwerferlicht gehalten hatte, damit ein Stalker sie beide finden und beinahe töten konnte.

    Ich parkte neben einem der Nachrichtenwagen, wir stiegen aus und kämpften uns unseren Weg durch die versammelte Menge. Wir waren in Zivil unterwegs, sodass einige Zuschauer uns davon abzuhalten versuchten, ihnen die Sicht auf das Blutbad zu versperren. Ein kurzer Blick auf unsere Dienstmarken reichte jedoch, um sie aus dem Weg zu bekommen.

    Barrikaden und gelbes Polizeiband trennten den unheimlich normal wirkenden Gehweg von den Zuschauern. Mehrere Streifenbeamte hielten die Leute zurück und vergewisserten sich, dass niemand die Grenze übertrat, der nicht das Recht hatte, in diesen Club zu gehen.

    Beim Anblick unserer Marken hob ein uniformierter Beamter das gelbe Band hoch, um uns darunter hindurch zu lassen. Als wir auf der anderen Seite standen und sicher vor den neugierigen Ohren der unbeteiligten Beobachter waren, streckte er eine Hand aus. „Officer Rowland."

    „Detectives Kessler und Clifton, stellte Max uns knapp vor. „Was wissen wir bis jetzt?

    „Sieht aus, als wäre eine verdeckte Operation schief gegangen, erklärte Rowland. „Dealer und Undercovcers. War nicht schön.

    Max und ich tauschten Blicke.

    „Opfer?", fragte ich.

    Der Officer atmete durch. „Zwei verletzte Polizisten, ein toter. Vier tote Zivilisten und einige mit verschiedenen Verletzungen."

    Mein Magen drehte sich um. „Himmel." Wir waren in letzter Zeit zu einigen blutigen Tatorten gerufen worden, aber das hier war eine andere Nummer.

    Max senkte die Stimme, als er fragte: „Die Cops, haben Sie ihre Namen?"

    Der Officer schürzte die Lippen, dann atmete er durch die Nase aus. „Alles Undercover Detectives. Er blätterte das Notizbuch durch, das er in der Hand hielt. „Rick Paulson hatte einige geringfügige Verletzungen, und John Kellys Zustand ist ernst. Vince Gray war bereits tot, als wir ankamen.

    Max zuckte zusammen. Ich drückte seine Schulter sanft und sah ihn mitfühlend an. Er und Gray waren länger befreundet gewesen als ich und Max es waren.

    Nach einem Augenblick atmete er durch und wir sahen uns an. Er nickte leicht, die klassische Max Kessler Ich bin okay-Geste, und ich ließ seine Schulter los.

    „Was ist mit Zeugen?", wollte er von Rowland wissen.

    „Keine überlebenden Augenzeugen, entgegnete dieser. „Der Schusswechsel fand in der VIP-Lounge statt. Anscheinend gab es eine Art Meeting und irgendetwas ging schief. Als ein Schütze jemanden durch den Küchenbereich verfolgte, wurden einige Unbeteiligte getroffen. Was bedeutet, dass jeder, der etwas gesehen haben könnte, weg, verwundet oder tot ist. Einige der Detectives waren nicht in der Lounge, als es losging. Sie kamen aber gerade rechtzeitig, um ein paar Schüsse abzubekommen und den Schützen mit einem Zeugen aus der Hintertür rennen zu sehen.

    „Wir sehen uns das an", sagte Max.

    Ohne ein Wort folgte ich ihm hinein.

    Kapitel 2

    Der Club war hochwertiger als die meisten anderen Lokale in der Gegend, und er war ein bekannter Treffpunkt für Dealer, Zuhälter und jeden anderen, der sich in dieser brutalen Gesellschaft eine Nacht hinter Samtseilen leisten konnte. Hochprozentiger Schnaps floss über den Tischen, darunter wechselten Geldstapel und weißes Pulver die Besitzer. Mit der richtigen Kombination aus Bargeld und einem Zwinkern konnten die Kellnerinnen gezwungen werden, einen Kunden in der Toilette oder in der Gasse hinter dem Club zu treffen. Der Ort erschien schick und hübsch, aber diese Illusion war nur oberflächlich.

    Die VIP-Lounge wurde durch einen schmalen Gang vom Rest des Clubs abgetrennt. Auf der anderen Seite befand sich ein weiterer Gang, der zur Küche führte. Der Raum bekam durch gedimmte Beleuchtung eine intime Atmosphäre, die wenigen Sessel und Hocker waren mit dunkelrotem Leder bezogen. Ich hatte von den verdeckten Ermittlern bereits gehört, was hier alles ablief. Ein ehemaliger Detective hatte mir bei einem Bier erzählt, dass er innerhalb einer Stunde Zeuge eines Heiratsantrags und einer Verhandlung für einen Auftragsmord geworden war.

    Und jetzt? Die Lounge sah wie ein verdammtes Schlachtfeld aus. Entweder hatte hier eine Schießerei oder ein beschissenes Massaker stattgefunden. Aber nachdem sich an jeder Wand Einschusslöcher und Blutflecken befanden und zerbrochenes Glas im ganzen Raum verteilt lag, war es wohl das Erstere.

    Der metallische, allzu vertraute Geruch von Blut – einer ganzen Menge Blut – biss in der Nase und überlagerte die verblassenden Aromen von Fett, Brot und Gewürzen, die durch die offenstehende Tür zwischen der Lounge und der Küche drangen, ebenso wie den Geruch nach Schießpulver und Blei.

    Drei forensische Fotografen krochen im Raum herum und dokumentierten jedes noch so kleine Detail, das sich als bedeutsam erweisen konnte. Nummerierte Plastikschilder standen neben Nussschalen, Blutspritzern, zerbrochenem Glas und umgekippten Möbeln. Die Leichen blieben, wo sie hingefallen waren, und schufen makabre Formen unter blutigen Laken, während sie auf den Leichenbeschauer warteten. Eine Pistole lag unter einem Laken neben einer toten Hand. Neben einem Hocker, nur Zentimeter von einer Leiche entfernt, befand sich ein fallengelassenes Magazin, bei der sich mir die Nackenhaare sträubten. Was auch immer hier geschehen war, jemandem war die Munition ausgegangen und er hatte die Zeit gebraucht – und gehabt – um nachzuladen.

    Blut bedeckte ein halbgegessenes Sandwich und ein verlassenes Bierglas neben einem zusammengesackten, leichentuchbedeckten Körper. Das war etwas, das mich immer durchdrehen ließ – Essen an Tatorten. Es war eine dieser unheimlichen Erinnerungen daran, dass das Leben etwas fast Normales gewesen war, bevor die Hölle losgebrach. Für die gekrümmte Person unter dem blutbefleckten Laken hatte dieser Tag wahrscheinlich wie jeder andere begonnen. Die meisten Leute bestellten kein Sandwich, wenn sie wussten, dass sie ermordet werden sollten.

    Max kniete sich neben einen der Körper, um ihn sich näher ansehen zu können. Ich folgte dem Klang von Stimmen aus der Lounge, wobei ich auf einen Zeugen hoffte, der mir die Ereignisse erklären konnte, die die Lounge in ein Blutbad verwandelt hatten. 

    Mein Partner und ich teilten uns oft an Mordschauplätzen auf. Einer von uns kontrollierte den unmittelbaren Tatort, während der Andere die weniger offensichtlichen Stellen nach Spuren untersuchte: weggeworfene Waffen, blutige Kleidung, die in Schränke gestopft worden war, Blutspritzer in Badewannen und Waschbeckenabflüssen.

    In der Küche traf ich auf Andrews Freund, Nick Swain. Er arbeitete als Sanitäter, und da die Feuerwache, in der er stationiert war, beklagenswert unterbesetzt war, war es nie eine Überraschung für mich, auf ihn zu treffen, wenn es an einem Tatort noch Überlebende gab. Mit einem Klemmbrett in der Hand lehnte er an der Tür. Die Augenbrauen hochgezogen, schrieb er abwechselnd auf das Brett und warf einen Blick auf seinen Partner, der jemanden mit einer kleinen Verletzung versorgte.

    „Hey", sprach ich ihn an.

    Er schaute auf. „Oh, hey, Brian."

    „Es könnte sein, dass ich ihn brauche, wenn ihr fertig seid. Ich nickte zu dem Patienten. „Klingt nicht so, als bekämen wir viele Zeugen.

    „Er wird nicht sehr hilfreich sein. Er ist in zerbrochenes Glas gefallen, als ein Cop den Schützen durch die Küche verfolgte. Er hat nicht viel gesehen oder gehört."

    „Ich brauche trotzdem alles, was ich bekommen kann, entgegnete ich. „Selbst wenn es nur die Anzahl von Schüssen ist, die er gehört hat.

    Nick nickte. „Leon ist fast fertig mit ihm. Die Verletzungen sind nicht schlimm, wir werden ihn nicht mitnehmen."

    „Wie ernst waren die anderen Verletzungen? Konntest du ein paar davon sehen?"

    „Paulson war bei Bewusstsein und klar. Die Blutung war nicht wild und unter Kontrolle, aber er zeigte einige Anzeichen eines Schocks. Trotzdem sollte er wieder auf die Beine kommen."

    „Also habe ich zumindest einen weiteren zuverlässigen Zeugen, der noch lebt."

    „Zwei, wenn Kelly durchkommt", sagte Nick leise. „Und ich meine wenn. Er verzog das Gesicht. „Er ist in wirklich schlechter Verfassung.

    Ich bedeutete ihm, einen Schritt von Leon und dem Patienten weg zu machen, damit wir außer Hörweite waren. „Wie schlimm ist es?"

    „Massive Brustverletzung. Ich konnte nur einen Blick auf ihn werfen, während ich die Verletzten selektierte, also kenne ich das wirkliche Ausmaß nicht, aber … Er schüttelte erneut den Kopf. „Wenn ich von dem Blutverlust und den Vitalwerten ausgehe, steht es nicht gut um ihn.

    „Himmel. Trug er keine Weste?"

    „Die hätte ihm auch nicht geholfen."

    „Panzerbrechende Munition?"

    Nick nickte. „Trotzdem lebte er noch, als sie gingen. Also ist alles möglich."

    „Gut zu wissen. Meine eigene Weste ließ meine Haut kribbeln. Manchmal waren diese Dinger entnervend nutzlos. „Ich lasse dich wieder an die Arbeit gehen.

    „Ja, ebenfalls."

    Ich klopfte ihm auf die Schultern und untersuchte den Club weiter. Während ich meine Runde machte, traf ich Detective Kent Avery, der an einer verlassenen Bar lehnte. In den vergangenen Monaten hatte er als verdeckter Ermittler gearbeitet, aber ich hatte ihn schon ein paar Mal im Revier gesehen. Allerdings sah er jetzt reichlich anders aus, vor allem mit dem ganzen Blut auf seinem Hemd.

    Während er mit dem Daumen über sein Handydisplay strich, waren seine Hände bemerkenswert ruhig und er atmete langsam und gleichmäßig. Äußerlich schien er völlig entspannt, aber ich bezweifelte nicht, dass er durch den Wind war und es nur nicht zeigte. Ich war überrascht, dass niemand bei ihm war, um ihm Fragen zu stellen oder sich zu vergewissern, dass er in Ordnung war.

    Ich näherte mich vorsichtig. „Avery?"

    Er sah mich an und nickte vage, als er mich erkannte. „Clifton. Lange nicht gesehen."

    „Wäre mir unter anderen Umständen auch lieber gewesen. Ich streckte meine Hand aus. „Wie geht’s dir?

    „Ich hatte schon bessere Tage. Er ignorierte mein Angebot zu einem Händedruck und stieß sich von der Bar ab. „Wenn du Fragen hast, ich habe bereits alles beantwortet.

    Ich ließ meine Hand sinken. „Hey, ich wollte nur sehen, wie es dir geht."

    „Mein Partner ist mit drei Kugeln im Leib auf dem Weg ins Krankenhaus. Wie denkst du, geht es mir?" Damit drehte er sich um und stolzierte davon. Als ich ihn beobachtete, wie er den Flur entlangging und in die Gasse hinter dem Club verschwand, war ich gleichzeitig verdutzt über die Feindseligkeit und fühlte mit ihm mit. Er und sein Partner waren sich so nahe wie ich und Max. Wenn man kurz davor stand, jemanden zu verlieren, der einem den Rücken gedeckt hatte, sollte jemand dafür bezahlen.

    Was mich dazu brachte, mich zu fragen, warum er noch immer hier war. Aber es gab nichts, was er für Johnny tun konnte. Vielleicht brauchte er die Ablenkung der Arbeit. Wir waren alle bekannt dafür, uns in unsere Arbeit zu stürzen, um dem Stress und dem Trauma zu entkommen, obwohl ich mir nicht sicher war, ob ich an seiner Stelle tatsächlich hier geblieben wäre.

    Ich erschauderte und ging in die Lounge zurück. Für einen Moment nahm ich die Szene in mich auf und versuchte mir vorzustellen, was passiert war.

    Ein Einschussloch, verspritztes Blut und eine lange Schliere an der Wand führten meinen Blick zu einem der Körper. Ein anderer Körper lag über einem Hocker. Etwa einen Meter entfernt befand sich ein weiterer, der zwischen einem Sessel und einer Seitentür zusammengebrochen war. Darüber hing ein Johnny Walker Spiegel, der zwei blutige Spinnennetzsprünge um Schusslöcher herum aufwies, etwa dreißig Zentimeter auseinander.

    Die Kugeln waren offensichtlich aus verschiedenen Richtungen gekommen, sodass ich auf die Ballistik warten musste, die ein Diagramm der Flugbahnen erstellte, damit ich die Puzzleteile zusammensetzen konnte. Zeugenaussagen würden helfen. Bisher hatten wir nur einen potenziell zuverlässigen Zeugen. Nachdem Averys Partner erschossen worden war, standen die Chancen gut, dass Avery in der Nähe, wenn nicht sogar im Raum gewesen war. Wie er es geschafft hatte, sich keine Kugel einzufangen, wusste ich nicht, aber Gott sei Dank war wenigstens jemand unverletzt entkommen.

    Das konnte seine Feindseligkeit auch erklären. Die Schuld des Überlebenden war etwas Seltsames und wahrscheinlich wollte er verhindern, dass ihn jemand darum bat, die Augenblicke, in denen sein Partner angeschossen worden war, während er unverletzt blieb, noch einmal zu durchleben. Ich musste ihm trotzdem einige Fragen stellen und er wusste das auch, aber es gab keinen Grund, warum ich ihm nicht erst Zeit geben sollte, durchzuschnaufen. Vielleicht konnte ich es versuchen, nachdem er ein paar Zigaretten geraucht hatte und Max und ich ihn irgendwohin gebracht hatten, wo nicht Detective Kellys Blut auf dem ganzen Boden verteilt war.

    Jetzt war es erst an der Zeit, den Tatort selbst zu untersuchen.

    „Hast du was gefunden?", fragte Max und schaute von einem der zwei Körper neben dem Hocker auf, als ich die Lounge betrat.

    „Bisher nicht. Ich zog mir ein Paar Handschuhe an. „Avery ist ganz schön mitgenommen. Er ist nach draußen gegangen und ich glaube, ich werde ein wenig später nochmal mit ihm reden.

    „Gute Idee."

    „Was ist mit dir? Irgendetwas Interessantes?"

    Er schüttelte den Kopf. „Wenn

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