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Jonathan@Bruns_LLC: Löwengebrüll
Jonathan@Bruns_LLC: Löwengebrüll
Jonathan@Bruns_LLC: Löwengebrüll
eBook303 Seiten5 Stunden

Jonathan@Bruns_LLC: Löwengebrüll

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Über dieses E-Book

Die Löwen aus dem Reinhardswald sind wieder da!
Nicht nur seine neue Rolle als Alpha-Löwe macht Jon zu schaffen, sondern auch Devons Verschwinden. Der schwarze Wolf hat sich scheinbar in Luft aufgelöst. Als wäre das nicht schon schlimm genug, übt plötzlich der kleine Löwe Luke eine Anziehungskraft auf ihn aus, der er sich nicht entziehen kann. Und das, obwohl Luke das Gegenteil von dem ist, was Jon eigentlich begehrt. Viel zu klein und schmächtig für einen Löwen, zudem schüchtern und unsicher, steht Luke am untersten Ende der Rangfolge in der Familie.
Alles scheint Jon über den Kopf zu wachsen, als auch Tajos natürlicher Herrschaftsinstinkt mit aller Macht zurückkehrt und er ungewollt die wichtigste Entscheidung seines Lebens treffen muss: das Rudel, Devon oder Luke
SpracheDeutsch
Herausgeberdead soft verlag
Erscheinungsdatum18. Nov. 2014
ISBN9783944737713
Jonathan@Bruns_LLC: Löwengebrüll

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    Buchvorschau

    Jonathan@Bruns_LLC - Bianca Nias

    Bianca Nias

    Jonathan@Bruns_LLC

    Löwengebrüll

    Teil 2 der Bruns LLC

    Impressum

    © dead soft verlag, Mettingen 2014

    http://www.deadsoft.de

    © the author

    Cover: Toni Kuklik

    Bildrechte:

    © Eric Isselée – fotolia.com

    © George Mayer – fotolia.com

    1. Auflage

    ISBN 978-3-944737-70-6 (print)

    ISBN 978-3-944737-71-3 (epub)

    Widmung

    Diesen zweiten Band der Bruns-LLC widme ich meinen Lesern, die mich mit ihren positiven Reaktionen zu „Tajo@Bruns_LLC" bestärkt, motiviert und weiter angetrieben haben (insbesondere meine neuen, liebgewonnen Facebook-Freunde) und allen, die schon sehnsüchtig auf die Fortsetzung gewartet haben!

    Mein besonderer Dank gilt Simon für seine Unterstützung und Toni (TK Arts) für die wunderschöne Gestaltung des Covers.

    Was bisher geschah:

    Marc Nowack ist ein begnadeter Informatiker aus Frankfurt am Main. Er bekommt von seinem Arbeitgeber die Chance, ein großes Projekt eigenverantwortlich abzuwickeln: Er soll die neue Firmenzentrale der „Bruns LLC", einer amerikanischen Sicherheitsfirma, die sich im hessischen Reinhardswald niedergelassen hat, mit Hard- und Software ausstatten und die benötigten Programme vor Ort entwickeln und auf deren Server schreiben. Marc freut sich über diese berufliche Herausforderung, auch wenn ihm das erste Meeting mit Tajo Bruns, dem riesengroßen und wortkargen Geschäftsführer, so richtig unter die Haut gegangen ist.

    Marc reist in den hessischen Norden und lernt Keyla und Jon Bruns, die jüngeren und viel zugänglicheren Geschwister von Tajo, kennen und freundet sich mit beiden an. Die drei Geschwister verbergen vor Marc, dass sie ein ganz besonderes Geheimnis hüten: Sie gehören der Rasse der Gestaltwandler an, die zwischen ihrer menschlichen und einer tierischen Form wechseln können. Tajo, Jon und Keyla sind zu einem Teil Löwen. Alle Gestaltwandler halten von jeher ihre besondere Abstammung und ihre Gaben vor den Menschen geheim, um von diesen nicht ausgenutzt und ausgerottet zu werden.

    Tajo kann sein Interesse an Marc, das er seit ihrer ersten Begegnung verspürt, nicht leugnen. Er fühlt sich zu dem kleinen Menschen mit dem umwerfend klaren Verstand und den schokoladenbraunen Augen hingezogen. Bei einem Zusammentreffen an einem einsam gelegenen Waldsee kann er seine animalische Seite nicht länger zügeln und stellt fest, dass Marc genauso heiß auf ihn reagiert. Marc ist es hingegen eher peinlich, gleich am ersten Abend mit dem attraktiven Kunden im Bett gelandet zu sein und versucht daher, Tajo nach ihrer Liebesnacht auf Abstand zu halten. So ganz gelingt es in den nächsten Tagen und Wochen aber beiden nicht, die Finger voneinander zu lassen.

    Marc kommt dank der hochwertigen Hardware viel schneller mit seinem Auftrag voran, als es ihm lieb ist. Ihn irritiert allerdings der hohe technische Standard von Bruns LLC, der ihn an Agentenfilme erinnert. Zudem hört er zufällig ein Gespräch der Brüder, dass ein Freund der Bruns im Irak vermisst wird. Er hilft ihnen, den Computer mittels eines selbst geschriebenen Programms die Satellitenbilder nach einem versteckten Camp im Irak absuchen zu lassen. Als er nahe bei Tajo steht, entdeckt er, wie sich dessen Augen unnatürlich verändern und sich zu großen gelben Löwenaugen transformieren und verlangt eine Erklärung. Tajo steht vor der Entscheidung, Marc in die Geheimnisse der Gestaltwandler einzuweihen und ihn damit für immer an sich und seine Familie zu binden, oder aber ihn mit einer Lügengeschichte gehen zu lassen. Er entscheidet sich schweren Herzens für Letzteres. Marc fährt enttäuscht und deprimiert nach Frankfurt zurück. Er leidet unter der Trennung und versinkt in Liebeskummer.

    Einige Tage später steht Jon völlig aufgelöst vor seiner Tür und bittet ihn um Hilfe. Tajo ist nach einer Befreiungsaktion im Irak verschwunden und er braucht Marc als Computerspezialisten in seinem Team, um seinen Bruder wieder zu finden. Jon bleibt keine andere Wahl, als Marc in das „Familiengeheimnis einzuweihen, der unvermittelt in eine verrückte und unglaubliche Welt von Wesen hineingezogen wird, die ihre eigenen Werte und Moralvorstellungen haben. Seine Liebe zu Tajo ist Marc jedoch wichtiger als die „körperlichen Besonderheiten seines Freundes und so lässt er sich ohne Zögern auf das Abenteuer ein. Jon ruft ein Team aus unterschiedlichen Gestaltwandlern zusammen und gemeinsam gelingt es ihnen, Tajo zu orten und zu befreien. Dieser ist schwer verletzt, kommt aber nach und nach wieder zu sich und dank Marcs Unterstützung und Hartnäckigkeit befindet sich der griesgrämige Löwe, dem seine Verletzung psychisch schwer zusetzt, bald auf dem Weg der Besserung. Ein Handgranatenattentat, dem die beiden nur mit viel Glück entkommen, zeigt ihnen, dass Tajo immer noch in Gefahr ist und ihm jemand gezielt nach dem Leben trachtet. Sie beschließen, zusammen mit Jon und Keyla nach Südafrika zu ihren Eltern zu fliegen, um Tajo aus der Schusslinie zu bekommen, bis er wieder völlig gesund ist. Marc wird von den Eltern Alexander und Linda Bruns freundlich aufgenommen und ist fasziniert von der fremdartigen Wüstenlandschaft von Northern Cape, einer Region im nordwestlichen Teil des Landes.

    Jon trifft dort auf Devon McMattock, einem Wolf und Freund aus Schulzeiten, der eigentlich den Auftrag hat, die Bruns auszuspionieren. Zwischen ihnen knistert es gewaltig, obwohl (oder gerade weil) beide dominant veranlagt sind. Über Devon und seinen per Mail erteilten Auftrag findet Marc heraus, wer hinter den Anschlägen auf Tajos Leben steckt: Shirkou Soran, ein kurdischer Berglöwe, der sich offenbar mit der russischen Wolfs-Familie Petrov zusammengetan hat, um die ideologisch verhassten westlichen Gestaltwandler anzugreifen und zu vernichten. Er will sich und seiner Rasse zur Weltherrschaft verhelfen und die gewöhnlichen Menschen unterwerfen.

    Die Bruns sammeln gleichgesinnte Freunde um sich und Devon begibt sich wieder hinter die feindlichen Linien, um ihnen zu helfen und um Zeitpunkt und Stärke eines drohenden Angriffes herauszufinden.

    Bei einem Überfall kommt Marc nur knapp mit dem Leben davon und Tajo merkt, dass er ohne ihn nicht mehr leben kann. Beide stellen sich nun gemeinsam der Bedrohung durch den kurdischen Puma entgegen.

    1. Kapitel

    Die aufgehende Morgensonne tauchte das karge Wüstenland des Northern Cape in orangerote Farben. Die Stille der Nacht wich den leisen und immer lauter werdenden Stimmen der Vögel, die erwachten und den neuen Sommertag mit ihrem Gesang begrüßten.

    Tajo drehte sich brummend im Bett herum und verfluchte sein feines Gehör, das jede noch so weit entfernte Vogelstimme wahrnahm und einen weiteren Schlaf unmöglich machte. Er blinzelte und richtete sich langsam auf. Etwas stimmte hier nicht. Ganz und gar nicht. Etwas fehlte. Die Bettseite neben ihm war kalt – und leer.

    Marc war nicht da.

    „Marc?" Seine Stimme klang etwas rau und er räusperte sich. Keine Antwort. Sofort war er hellwach und sah sich suchend um. Marcs Klamotten, die er ihm gestern Abend noch eigenhändig ausgezogen und achtlos vor das Bett hatte fallen lassen, lagen nicht mehr verstreut herum. Das Zimmer war aufgeräumt – und er war vollkommen allein. Wo war er hin, ohne ihm Bescheid zu sagen? Das hatte er doch noch nie getan, ohne ihn aufzustehen! Ohne das gemeinsame Aufwachen mit ausgiebigem Kuscheln und ein wenig Sex zu genießen! Mal mehr, mal weniger in dieser Reihenfolge.

    War etwas passiert? Und wieso hatte er es nicht mitbekommen, dass Marc aufgestanden war? Einen so tiefen Schlaf hatte er eigentlich nicht. Anscheinend hatte sich sein Freund klammheimlich davongestohlen. Aber warum? Wenn er jetzt irgendeine Dummheit beging … nein, ausgeschlossen, dafür war Marc zu clever. Wahrscheinlich hatte er etwas vor ihm zu verbergen. Na warte, das würde er sofort herausfinden.

    Mit einer fließenden Bewegung sprang er auf, sein Puls schoss sofort in die Höhe. Sein verletztes Bein zwickte und protestierte kurz, aber er beachtete den leichten Schmerz nicht. Schnell schlüpfte er in seine Shorts und zog ein Hemd über. Mit den Knöpfen hielt er sich erst gar nicht auf und auch die Schuhe ließ er einfach stehen – falls er sich blitzartig verwandeln musste, um noch schneller zu sein, wären sie sowieso nur hinderlich.

    Er stürmte aus dem Poolhaus und rannte fast in Jon hinein, der augenscheinlich gerade schwimmen gehen wollte.

    „Wo ist er?", schnauzte er seinen kleinen Bruder unbeherrscht an.

    Jon grinste nur leicht über seine offenkundig miese Laune. „Wenn du Marc suchst - er ist vor einer knappen Stunde mit den Kleinen raus in die Wüste zum Spielen", erwiderte er völlig unbekümmert.

    „Er ist … was?", brüllte Tajo außer sich vor Zorn. Das wurde ja immer schlimmer! Er drehte auf dem Absatz um und lief aus dem gepflegten Garten in die angrenzende Wüste hinaus. Kurz blieb er stehen, um die Witterung aufzunehmen.

    War Marc jetzt völlig durchgeknallt? Wie konnte er sich und seine kleinen Schwestern nur so in Gefahr bringen? Ihre Feinde lauerten nur darauf, ihn oder ein anderes Mitglied der Familie alleine zu erwischen und kalt zu machen, und er lief mit den Kindern einfach aus dem Schutz des Hauses heraus? Nur, um zu spielen?

    Mit seinen menschlichen Sinnen konnte er die Richtung, in die sie gegangen waren, nicht eindeutig erkennen. Er zögerte nicht, sondern zog kurzerhand seine Kleidung wieder aus, warf sie achtlos auf die staubige Erde und verwandelte sich in den Löwen, der er war.

    Sogleich stürmten sämtliche Gerüche und Geräusche der Umgebung tausendfach verstärkt und in der gewohnten Schärfe auf ihn ein. Er sog die Luft tief in seine feine Nase und filterte Marcs Geruch, den er wie keinen zweiten kannte, sofort und untrügerisch heraus.

    Jetzt konnte er mühelos die Richtung orten, in die Marc mit Tess und Carla gelaufen war. Die beiden Mädchen waren in Löwengestalt unterwegs, das erkannte er an dem schwachen, aber leicht wildtierartigen Körpergeruch der Kinder.

    Er schoss in die Ebene hinaus, immer der feinen Duftspur nach. Weit und breit war niemand zu sehen, aber er verließ sich auf seinen ausgezeichneten Spürsinn, der ihm die Richtung wies. Nach gut drei Kilometern erreichte er eine kleine Felsformation, die bis an das Wasserloch, das von den Wildtieren der Region zum Trinken genutzt wurde, heranreichte.

    Da sah er ihn. Marc stand auf einer kleinen Anhöhe, von der aus die Gegend gut zu überblicken war. Um seine schmalen Hüften hatte er seinen Pistolengürtel geschnallt und in seinem unverletzten linken Arm ruhte ein Gewehr. Er sah Tajo schon von Weitem kommen und blickte ihm entspannt entgegen.

    Tajo drosselte sein Tempo. Sein Zorn verrauchte schlagartig und wich dem bekannten Flattern in seiner Magengegend, das ihn noch immer überkam, sobald er seinen Freund ansah. Sein braunes Haar war vom Wind leicht zerzaust und fiel ihm ungeordnet in die Stirn, sein Cowboyhut, den er als Schutz vor der sengenden afrikanischen Sonne mitgenommen hatte, lag neben ihm. In den kurzen Cargohosen und dem karierten Hemd, die sonnengebräunte Arme und Beine freiließen, sah er umwerfend gut aus. Sein rechter Arm war noch immer bandagiert, aber seine Verletzung heilte und Keyla hatte bereits die Fäden entfernen können.

    Vor allem seine selbstbewusste Körperhaltung ließ Tajo ein Wort durch den Kopf schießen: Jäger. Kein Opfer, keine Beute, sondern einer von seinesgleichen. Das Raubtier in ihm nahm achtungsvoll Haltung an und er sah das liebevolle Funkeln in Marcs Augen, als er ihm entgegenblickte. Ein Blick aus diesen braunen Augen – und er schmolz dahin wie Butter in der Sonne. Mist, er konnte ihm nicht einmal lange böse sein, ihn so erschreckt zu haben. Im Gegenteil, sein ganzer Körper summte vor Stolz, als er dachte: meiner.

    Er sprang mit einem eleganten Satz an seine Seite und rieb zur Begrüßung den Kopf an Marcs Bauch. Worte brauchten beide nicht, um sich zu verstehen. Marc schob die Hand in seine noch viel zu kurze Mähne, strich zärtlich hindurch, beugte sich hinunter und drückte ihm einen Kuss auf die breite Löwennase.

    „Ich wollte dich nicht wecken, murmelte er leise, „aber die Kinder haben keine Ruhe gegeben.

    Jetzt sah Tajo, dass die kleinen Löwenmädchen ein paar Meter weiter mit einer Schildkröte spielten und vergeblich versuchten, sie zu knacken. Das tellergroße Tier hatte sich fest in seinen Panzer zurückgezogen und hielt allen Versuchen der Kinder, an es heranzukommen, mühelos stand.

    Im Schatten eines nahen Busches lagen sein Vater Alexander und seine Schwester Anna in Löwengestalt, völlig entspannt. Sie beobachteten die Mädchen aus halb geschlossenen Augen, warfen ihm einen bedeutungsvollen Blick zu und dösten weiter. Tajo schnaubte erleichtert auf.

    „Hast du geglaubt, ich wäre allein hier draußen unterwegs?", fragte Marc belustigt.

    Tajo schüttelte halbherzig den Kopf, auch wenn er genau wusste, dass Marc ihm diese kleine Lüge sowieso nicht abkaufte. Das würde er Jon heimzahlen. Der Witzbold hätte ihm gleich sagen können, dass ihr Vater und ihre Schwester auch noch mitgegangen waren. Was dachte er sich eigentlich dabei, ihn so zu erschrecken? Er rief sich in Erinnerung, dass er Jon zwar nicht danach gefragt hatte. Aber trotzdem glaubte er, dass Jon das mit Absicht getan hatte. In Gedanken malte er sich bereits aus, dass er ihn dafür aus Rache zumindest einmal in den Pool werfen würde.

    Die Kinder hatten zwischenzeitlich den Versuch aufgegeben, die Schildkröte zu fressen. Auf der Suche nach einem neuen Ziel schlichen sie sich nun an eine Giraffe heran, die in einiger Entfernung an einem Baum knabberte. Marc seufzte leicht genervt auf.

    „Sind alle Löwenjungen so?, fragte er. „Ständig suchen sie etwas Neues zum Angreifen und haben nur Unsinn im Kopf.

    Tajo nickte und ließ sich entspannt auf die Hinterbeine nieder. Ja, die zwei Mädchen waren immer so wild. Aber er hätte mal Anna erleben sollen, als sie in diesem Alter war. Die hatte sich und ihre Zwillingsschwester Keyla ständig in Schwierigkeiten gebracht.

    Die Giraffe hatte die kleinen Löwinnen natürlich schon längst gesehen und wahrgenommen, dass die Erwachsenen nicht auf der Jagd waren. Die Kleinen waren ihr zwar lästig, stellten aber keine Gefahr dar. Mit ihren langen Beinen und den starken Hufen konnte sie ziemlich heftig zutreten, im schlimmsten Fall sogar einen Löwen töten. Aber die Kinder mussten ihre eigenen Erfahrungen sammeln und die Erwachsenen ließen sie auch gewähren, solange keine echte Lebensgefahr bestand.

    Tess duckte sich nahe an den Boden und schlich langsam näher, während ihre Schwester Carla versuchte, sich unbemerkt auf die andere Seite der Giraffe zu stehlen. Diese behielt dank ihrer guten Rundumsicht beide Löwinnen im Auge und legte genervt die Ohren an, als Tess einen Angriff wagte. Die Giraffe schlug majestätisch mit dem Kopf und stampfte warnend mit den Vorderhufen auf. Doch Tess ließ sich davon nicht beeindrucken und sprang dicht hinter sie, um das riesige Tier an den Hinterbeinen zu erwischen. Plötzlich keilte die Giraffe nach hinten aus und ihr Huf verfehlte Tess’ Kopf nur um Haaresbreite. Die kleine Löwin sprang erschrocken zur Seite und purzelte kopfüber ins hohe Gras.

    Marc hielt hörbar die Luft an und entsicherte mit einer fließenden Bewegung das Gewehr. Aber Tajo schob sich vor ihn und hielt ihn auf. Es war gar nicht nötig, so heftig zu reagieren. Die Zwillingsmädchen hatten bereits genug von dem Jagdspiel und tobten zu ihrem Vater hinüber, um sich ungestüm auf ihn zu werfen und ihm ins Ohr zu beißen. Marc musste sich wirklich in Gelassenheit üben und den Kindern mehr zutrauen.

    Alexander ließ den Angriff seiner zwei Jüngsten gutmütig über sich ergehen und brummte schicksalsergeben. Anna kam hinzu und leckte Tess liebevoll über den Kopf. Sofort wurde auch die große Schwester ins Spiel einbezogen und musste einige Attacken aushalten.

    Marc hatte sich wieder entspannt und das Gewehr gesichert. Er ließ sich aufatmend auf dem Boden nieder, lehnte sich mit der Schulter an Tajo und fuhr sich mit einer müden Geste durch sein Gesicht. Tajo musterte ihn besorgt. Hatte er schon wieder schlecht geschlafen? Diese verdammten Alpträume. Deutlich waren dunkle Ringe unter seinen Augen zu sehen und tiefe Furchen hatten sich in seine Mundwinkel gegraben. Augenblicklich verwandelte Tajo sich in seine menschliche Gestalt, um mit ihm reden zu können. Er setzte sich neben seinen Freund auf den harten Boden und breitete die Arme aus. Marc war durch seine plötzliche Bewegung ein wenig aus dem Gleichgewicht geraten und warf ihm einen strafenden Blick zu, ließ sich dann aber bereitwillig in die feste Umarmung sinken.

    „Ich will jetzt aber nicht reden", brummte er missmutig.

    „Du musst aber darüber reden. Ich glaube nicht, dass es dir hilft, wenn du alles in dich hineinfrisst", erwiderte Tajo leise. Wie ein Mantra wiederholte er die Worte, die er in den letzten Tagen immer und immer wieder zu ihm gesagt hatte.

    „Wir haben bereits stundenlang darüber gesprochen und trotzdem wache ich jede Nacht schweißgebadet auf. Ich spüre den Druck auf meiner Brust, die Zähne an meinem Arm, das Blut in meinem Gesicht … und dann habe ich das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen." Marc hielt inne und versteifte sich.

    Tajo verstärkte seinen Griff um Marcs Schultern und schob sein Gesicht in seinen Nacken. Er schnurrte leise und küsste ihn auf seine Lieblingsstelle, die weiche Haut seiner Halsbeuge. Mmh, Marc roch einfach zu gut. Zum Anbeißen.

    „Ich weiß, flüsterte er nun beruhigend und knabberte zärtlich an Marcs Hals. Zufrieden spürte er an seinen Lippen, als sich an dieser Stelle sofort eine Gänsehaut ausbreitete und Marc leicht schauderte. „Es wird Zeit brauchen, bis du das verarbeitet hast. Gib dir selbst die Zeit, setz’ dich nicht so unter Druck.

    „Ich bin mir mittlerweile nicht mehr sicher, ob wir ständig darüber reden sollten. Am liebsten würde ich es einfach nur vergessen, aber … es ist immer da. Marc stöhnte ungehalten auf. Seine Finger gruben sich angespannt in den weichen Sandboden der Wüste. „Die Erinnerung ist immer präsent. Jede Minute an jedem gottverdammten Tag. Ein Schatten, eine Bewegung in den Büschen und ich fange an zu zittern.

    Tajo schwieg nachdenklich. Er fühlte den Schmerz seines Freundes, als wäre es sein eigener. Aber wie sollte er ihm nur helfen?

    „Wenn du wenigstens die Beruhigungsmittel nehmen würdest, die Keyla dir gegeben hat ...", versuchte er es erneut, wie so oft in den vergangenen Tagen.

    „Oh nein. Das kommt gar nicht infrage, wehrte Marc hastig ab. „Ich nehme so ein Zeug nicht. Dann schlafe ich lieber schlecht.

    „Sie sind aber rein pflanzlich", rechtfertigte sich Tajo schnell.

    „Curare ist auch rein pflanzlich", erwiderte Marc sauer.

    Tajo gab es auf. Er konnte ihm auf diesem Weg anscheinend nicht helfen. Marc spielte gedankenverloren mit einem kleinen Stein und drehte ihn in seinen Händen. Tajo sah, dass sie leicht zitterten. Oh Mann, seine Hilflosigkeit gegenüber Marcs Elend machte ihn echt fertig.

    „Die Mädchen helfen mir, sagte Marc plötzlich leise. „Sie lenken mich ab. Wenn ich mit ihnen zusammen bin, kann ich mich etwas entspannen. Sie fordern ständig meine Aufmerksamkeit und dann muss ich nicht mehr an … an diese Sache denken.

    „Sie lieben dich", stellte Tajo fest und sah zu seinen kleinen Schwestern hinüber, die sich knurrend um einen Ast stritten. Er lächelte. Sie waren aber auch wirklich süß.

    „Ich mag Kinder. Du auch?", fragte Marc.

    Tajo hatte den unsicheren Unterton seiner Stimme vernommen, auch wenn Marc versucht hatte, ihn zu verbergen.

    „Ja, ich mag Kinder. Wie alle Löwen. Je größer ein Rudel ist, umso bedeutungsvoller und mächtiger ist es." Er schob den Gedanken, dass er und Marc niemals eigene Kinder haben würden, schnell beiseite. Das war auch wirklich nicht wichtig. Wenn er nur mit Marc zusammen sein konnte, war ihm die Größe und die Bedeutung seines Rudels völlig egal.

    „Es wäre schön, Kinder zu haben", fuhr Marc fort und sah bedrückt zu Boden.

    „Das werden wir auch, versuchte er Marc aufzumuntern. „Na ja, zumindest, wenn Keyla sich einen Mann sucht und bei uns ihren Nachwuchs großziehen möchte, fügte er hinzu, als er Marcs erstaunten Seitenblick auffing. „Bislang hat sie aber mit ihrem Studium noch alle Hände voll zu tun, jetzt ist es zu früh dafür."

    Marc schaute versonnen zu den Kindern hinüber. „Sie sind großartig, die zwei. Auf der einen Seite kleine Prinzessinnen, die Teepartys mit ihren Puppen abhalten und bei Hafergrütze angewidert das Gesicht verziehen. Auf der anderen Seite sind sie wilde junge Löwen, die unerschrocken die Welt entdecken."

    Tajo lachte amüsiert auf. „So siehst du sie? Ja, das stimmt. Aber sei froh, dass du sie nicht kennengelernt hast, als sie noch kleiner waren. Da waren sie ziemlich bissig."

    „Das kann ich mir vorstellen." Marc schmunzelte leise.

    Tajo registrierte erleichtert, dass sich sein Freund bereits wieder deutlich entspannt hatte. Marc erhob sich und drückte sich den Cowboyhut auf seinen Kopf. „Was hältst du von einem großen Frühstück? Ich will anschließend gleich an den Computer, um nachzusehen, was es Neues gibt."

    Tajo nickte begeistert und verwandelte sich blitzartig, sodass Marc einen schnellen Satz zur Seite machen musste, um nicht umgeworfen zu werden. Marc lachte ausgelassen und stieß ihn tadelnd an der Schulter an. „Hey, pass doch auf! Immer wenn ich etwas vom Essen sage, haust du mich fast aus den Schuhen!"

    Tajo zwinkerte Marc belustigt zu. Frühstücken gehörte nun mal zu seinen Lieblingsbeschäftigungen. Manchmal hatte sein Freund wirklich gute Ideen.

    Gemeinsam begab sich das kleine Rudel auf den Heimweg.

    ***

    Jon hatte bereits den Computer in Beschlag genommen und Devons E-Mail-Konto geöffnet. Dort waren jedoch schon seit Tagen keine neuen Nachrichten hinterlegt und keine Aktivitäten des schwarzen Wolfes erkennbar. Niedergeschlagen schob Jon beide Hände in seine Mähne und stöhnte enttäuscht auf. Was sollte er tun? Was konnte er überhaupt machen? Die Warterei machte ihn langsam rasend. Das Letzte, was er von Devon übermittelt bekam, war, dass dieser nach Prag gereist war, um Kontakt zu anderen Hintermännern rund um Shirkou Sorans Netzwerk aufzunehmen.

    Danach verlor sich seine Spur. Er hatte sich völlig in Luft aufgelöst, selbst Marc konnte nicht feststellen, in welchem Hotel er abgestiegen war oder welche Reisewege er gewählt hatte.

    Jon wusste nicht mehr weiter, aber er hatte das Gefühl, etwas tun zu müssen. Nicht nur hier rumzusitzen und auf Nachrichten zu warten, sondern aktiv etwas zu unternehmen. Nur was? Nicht zum ersten Mal überlegte er, Devon hinterher zu fahren und ihn aufzuspüren.

    Wenn er nur einen kleinen Anhaltspunkt hätte, wo er war! Dann wäre er hier schon längst weg. Jon fuhr den PC hinunter und sah nochmals seine Kreditkartenabrechnungen durch. Da Devon seine Karte besaß, hatten sie zuletzt auch über die Kartenbelastungen seine Wege verfolgen können. Aber nein, auch hierüber hatte der Wolf keine Nachricht hinterlassen. Fluchend schmiss er die Belege in den Ablagekorb des Schreibtisches. Was dachte sich Devon dabei, ihn einfach so im Ungewissen zu lassen?

    Als Marc hereinkam, erhob er sich schnell und machte sich nicht die Mühe, seine verdrossene Miene zu verbergen.

    „Noch immer nichts?", fragte Marc und legte verständnisvoll eine Hand auf seinen Arm.

    Jon schüttelte den Kopf und schob sich wortlos an

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