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Tajo@Bruns_LLC: Das Herz des Löwen
Tajo@Bruns_LLC: Das Herz des Löwen
Tajo@Bruns_LLC: Das Herz des Löwen
eBook365 Seiten6 Stunden

Tajo@Bruns_LLC: Das Herz des Löwen

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Über dieses E-Book

Der Informatiker Marc Nowack wird unvermittelt in die geheimnisvolle und fremdartige Welt der Gestaltwandler hineingezogen: Sein neuer Kunde Tajo Bruns entpuppt sich als Alpha-Löwe eines Rudels, das sich im nordhessischen Reinhardswald niedergelassen hat. Als Tajo spurlos verschwindet, hilft Marc dessen Familie, ihn zu finden und aus den Reihen seiner Feinde zu befreien. Doch die Attentate auf die Löwen hören nicht auf und sie sehen sich bald einer Gefahr gegenüber, der sie nur gemeinsam begegnen können. Jetzt ist Tajo auf einmal auf die Hilfe eines einfachen, gewöhnlichen Menschen angewiesen, von dem er aber auch nicht seine Pfoten lassen kann …
SpracheDeutsch
Herausgeberdead soft verlag
Erscheinungsdatum29. Apr. 2014
ISBN9783944737478
Tajo@Bruns_LLC: Das Herz des Löwen

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    Buchvorschau

    Tajo@Bruns_LLC - Bianca Nias

    Bianca Nias

    Tajo@Bruns_LLC

    Das Herz des Löwen

    Impressum

    © dead soft verlag, Mettingen 2014

    http://www.deadsoft.de

    © the author

    Cover: Toni Kuklik

    Bildrechte:

    © George Mayer – Fotolia.com

    © Eric Isselée – Fotolia.com

    1. Auflage

    ISBN 978-3-944737-46-1 (print)

    ISBN 978-3-944737-47-8 (epub)

    Für meinen Mann –

    meine Stütze, meine Pannenhilfe

    und die Liebe meines Lebens.

    Und für Barbara und Katja –

    Beste Freunde –

    und danke für die Infizierung mit dem J.B.-Fieber…

    Tajo@Bruns_LLC

    Das Herz des Löwen

    1. Kapitel

     Marc betrat das große Bürogebäude in der Frankfurter City und war dankbar, dass die Klimaanlage bestens funktionierte und die Schwüle der Großstadt verdrängte. Er atmete auf und fächerte sich mit seiner Aktenmappe ein wenig kühle Luft zu. Die Eleganz der mit Marmor ausgekleideten Eingangshalle beeindruckte ihn immer wieder aufs Neue. Er nickte dem Pförtner, der hinter dem Tresen saß, zu und fuhr mit dem Fahrstuhl in den fünfzehnten Stock.

    Seine Uhr zeigte, dass er bis zum Meeting noch eine Stunde Zeit hatte. Er war überpünktlich und noch vor der Sekretärin im Büro. Im Kopf ging er seine Präsentation durch. Hatte er nichts vergessen? Nein, er war sich sicher. Er hatte sich umfassend vorbereitet, außerdem beherrschte er sein Fachgebiet wie kein anderer seiner Kollegen.

    Marc war Computerfachmann und hatte sich mit seinen 28 Jahren bereits einen Namen in der Informatiker-Branche von Frankfurt gemacht. Er war direkt von der Universität in Gießen aus von „Witherspoon & Partner angeworben worden, da er den Abschluss als Jahrgangsbester und mit Auszeichnung bestanden hatte. Sein Studium hatte er im Schnelldurchlauf und ohne große Anstrengungen innerhalb von drei Jahren abgeschlossen – kein Wunder, denn dabei hatten die Professoren eher noch etwas von ihm lernen können, als umgekehrt. Es hatte ihm nichts ausgemacht, bei seinen Kommilitonen als „Nerd abgestempelt zu werden. Er empfand dies eher als eine Auszeichnung. Seit seinem 14. Lebensjahr hatte er nichts anderes im Kopf gehabt, als Computer. Seine selbstgeschriebenen Programme zur Entschlüsselung von Passwörtern hatten es ihm leicht gemacht, Firewalls zu umgehen und sich in firmeneigene Rechner zu hacken. Eine seiner Jugendsünden war dafür verantwortlich, dass sämtliche Drucker im Frankfurter Flughafen plötzlich anfingen, Dateien und Listen zu drucken, ohne dass sie vom Personal gestoppt werden konnten. Die Aufregung war groß gewesen und er war zum Glück unentdeckt geblieben. Das Unternehmen des Frankfurter Flughafens, die Fraport, bezifferte anschließend den angerichteten Schaden auf mehrere Hunderttausend Euro, was ihm im Nachhinein ein äußerst schlechtes Gewissen beschert hatte. Damals hatte er sich geschworen, seine Talente nur noch für die „gute Sache" einzusetzen.

    Das Job-Angebot von Charles Witherspoon war daher sehr verlockend für ihn gewesen. Der Engländer hatte vor über fünfzehn Jahren die Firma gegründet und sich mit variablen IT-Sicherheitskonzepten einen Namen gemacht. Seine handverlesenen Angestellten waren die Besten, wenn es darum ging, Computer vor unbefugten Zugriffen zu schützen, sodass selbst die Bundesregierung und mehrere Landesbehörden ihre Systeme von seiner Firma hatten sichern lassen. Bei verschiedenen Großprojekten hatte Marc sich bereits als Teammitglied auszeichnen können, wobei sein blitzschneller Verstand so manchen Kunden beeindruckt hatte. Er wusste, sein Chef schätzte besonders seine Spontanität und seine Redegewandtheit. Und nun sollte er zum ersten Mal einen Kunden allein betreuen und das Projekt eigenverantwortlich abwickeln. Marc war sich bewusst, welche Herausforderung das war, aber er fühlte sich bereit, den Job zu machen.

    Im Büro angekommen, überprüfte er im Konferenzraum, ob dort alles vorbereitet war und die Technik funktionierte. Er ließ den Beamer warmlaufen und fuhr seinen Laptop hoch, um die Präsentation noch ein letztes Mal durchzugehen. Da erschien auch die Sekretärin, um ihm bei den letzten Vorbereitungen zu helfen. Sie stellte kalte Getränke und Gebäck bereit und kochte Kaffee.

    Alles war perfekt. Mochten sich andere über seinen Hang zum Perfektionismus und über seine penible Genauigkeit amüsieren – für ihn waren diese Dinge lebenswichtig und garantierten den erwünschten Erfolg.

    Zwanzig Minuten vor dem Termin traf sein Chef, Charles Witherspoon, ein.

    Marc hatte kurz Zeit, um auf die Toilette zu verschwinden und sich frisch zu machen. Er spritzte sich ein wenig kaltes Wasser ins Gesicht, trocknete sich ab und war bemüht, trotz der nun langsam ansteigenden Nervosität, die ein solches Meeting immer in ihm auslöste, einen kühlen Kopf zu bewahren. Hastig fuhr er sich durch sein dunkelbraunes Haar.

    Er schnitt sich selbst eine Grimasse und fragte sich, wie so oft, wie er auf andere Leute wirken musste. Bekanntermaßen war der erste Eindruck auf den Kunden unglaublich wichtig. Aber er war bloß ein Durchschnittstyp. Durchschnittliche 1,80 m groß, durchschnittliche Figur, durchschnittliches Gesicht. In einer Menschenmasse ging er unbemerkt unter. Gerne wäre er etwas sportlicher, jedoch würde er dazu mehr trainieren müssen. Aber leider hatte er viel zu wenig Zeit, lediglich ab und zu joggte er am Mainufer entlang, um einen Ausgleich von seinem Bürojob zu bekommen.

    Er zog seine geschmackvoll gestreifte Krawatte zurecht und zupfte noch einen Fussel von seinem grauen Armani-Anzug. Das gute Stück hatte einen großen Teil seines Gehaltes verschlungen, doch er vermittelte ihm ein Stück Sicherheit und erhöhte sein Selbstbewusstsein im Umgang mit den Multi-Millionären und Vertretern großer Firmen, die mittlerweile zu seiner Kundschaft gehörten.

    Er sah sich im Spiegel an und atmete tief durch. Dann fühlte er sich gerüstet. Besser als er konnte sich niemand auf ein Projekt vorbereiten. Schließlich hatte er nichts dem Zufall überlassen.

    Entschlossen betrat er den Konferenzraum und stellte fest, dass sein Kunde schon eingetroffen war.

    Es überraschte ihn, dass von der Firma „Bruns Limited Liability Company nur eine Person gekommen war. Meistens wurden mehrere Geschäftsführer und IT-Spezialisten der Kundenfirma entsandt, um die Verträge mit „Witherspoon & Partner auszuhandeln.

    Marc musterte den Mann, der sich von dem Clubsessel erhob und sich ihm nun zuwandte. Zuerst fiel ihm dessen riesige Größe auf, bestimmt über zwei Meter. Breite, muskulöse Schultern spannten sich unter dem weißen Hemd. Das Jackett hatte der Besucher bereits abgelegt und über den nächsten Stuhl gehängt.

    Marc fühlte, wie sich ein dicker Klumpen in seinem Magen bildete, sein Kopf war plötzlich wie leergefegt. Nur seine Beine gehorchten zum Glück problemlos und trugen ihn wie ferngesteuert durch den Konferenzraum. Scheiße, war er nervös!

    Sein Gegenüber hatte mittelbraunes Haar, das von dunklen, fast schwarzen Strähnen durchzogen war, und das ihm locker und in leichten Wellen bis über den Hemdkragen fiel. Marcs rasche Musterung seines Gesichtes mit den markanten Wangenknochen und dem eckigen Kinn wurde schnell von den goldbraunen Augen abgelenkt. Diese Augen hefteten sich an seinen Blick und schienen ihn magnetisch anzuziehen. Vielleicht lag es an der ungewöhnlich hellen und bernsteinähnlichen Farbe, dass Marc sich von seinem eigentlichen Vorhaben, den Gast förmlich zu begrüßen, ablenken ließ und stattdessen wortlos die ausgestreckte Hand ergriff.

    Für den Bruchteil einer Sekunde hatte er die Befürchtung, von der riesigen Hand, in der seine eigene praktisch verschwand, zerquetscht zu werden und war eher erstaunt, dass der Händedruck angemessen ausfiel. Seine Überraschung musste sich in seinem Gesicht widergespiegelt haben, da der Gast leicht spöttisch lächelnd eine Augenbraue hob und ihn abwartend ansah.

    Sein Chef Witherspoon war es, der Marc auf den Boden zurückholte, indem er beide miteinander bekannt machte.

    „Dies ist Marc Nowack, unser bester Systemanalytiker. Er wird Ihnen jetzt unsere Produkte und unser Angebot für Ihre Firma vorstellen. Marc, ich darf Ihnen Mr. Tajo Bruns von ‚Bruns LLC‘ aus Miami vorstellen. Er ist der Geschäftsführer und Verantwortliche für die neue Betriebsstätte hier in Deutschland."

    „Good morning, Mr. Bruns, nice to meet you." Marc wechselte aus Höflichkeit in die Landessprache seines Gastes über und versuchte gleichzeitig, seine Selbstsicherheit, die er angesichts des Hünen eingebüßt hatte, wiederzufinden.

    „Es freut mich ebenfalls, Sie kennenzulernen, aber bleiben wir bei der deutschen Sprache", gab dieser freundlich, aber knapp und deutlich zurück.

    Marc lächelte. Ihm fiel auf, wie sein Gegenüber die Worte ein wenig dehnte und das „r dabei etwas verwischte. „In Ordnung, gerne. Ihrem Akzent nach stammen Sie aber nicht aus Amerika, nicht wahr?

    „Nein, ich habe südafrikanische Wurzeln. Tajo Bruns musterte Marc und wandte sich dann Mr. Witherspoon zu. „Können wir bitte beginnen, ich habe wenig Zeit.

    Witherspoon warf Marc einen auffordernden Blick zu und beeilte sich, ihm mit wenigen Worten die Leitung des Gespräches zu übergeben, damit er sich anschließend zurücklehnen und aus den fachlichen Besprechungen heraushalten konnte.

    Marc gefiel die Art, in der Tajo Bruns sein Anliegen ohne viel Aufheben darlegte und auf den üblichen Smalltalk verzichtete. Er startete daher ohne Umschweife seine Präsentation, kürzte sogar extra hier und dort ein wenig ab und brachte das Angebot seines Arbeitgebers gewohnt souverän auf den Punkt: Witherspoon & Partner würde die neue Firmenzentrale der „Bruns LLC" mit der benötigten Hardware inklusive eines eigenen Servers ausrüsten und die Software vor Ort konzipieren und aufspielen. Diese Handhabung würde höchste Sicherheit garantieren, da es sich bei der Software um ein Unikat handelte, das nicht per Datenträger oder gar über das Web verschickt, sondern direkt auf die Rechner geschrieben wurde. Für einen Pauschalpreis von 2,5 Millionen Euro würde seine Firma auch ihn selbst als Informatiker und Systembetreuer zur uneingeschränkten Verfügung stellen, damit die Installation insgesamt nicht mehr als drei oder vier Wochen dauern würde.

    Tajo Bruns hatte ihm während des Vortrages aufmerksam zugehört und ihn dabei keine Sekunde aus den Augen gelassen. Marc bemühte sich, die Konzentration auf seine Präsentation zu richten und die Souveränität in seiner Stimme zu behalten. Er war erleichtert, als ihm das gelang und er nach außen hin professionell und sachlich wirkte.

    Obwohl er auf einem Clubsessel saß, schien der Südafrikaner fast so groß wie Marc zu sein, der ihm gegenüber am Laptop stand. Während Witherspoon sich gemütlich im Sessel zurücklehnte, wirkte Bruns’ Haltung angespannt. Er saß kerzengerade, fast lauernd auf der Sesselkante. Tatsächlich sprang er, nachdem Marc geendet hatte, sofort auf und reichte ihm und Mr. Witherspoon die Hand: „Danke. Das Angebot entspricht unseren Anforderungen, wir nehmen es an. Bitte schicken Sie die Vertragsunterlagen zu unserem Büro in Holzhausen."

    Damit verließ er den Konferenzraum.

    ***

    Tajo atmete auf, als er das klimatisierte Gebäude verließ und ihn die schwüle Hitze wie eine warme Decke umfing. Er fühlte sich in diesen Räumen, in denen man kein Fenster öffnen konnte und kalte Luft aus der Klimaanlage kam, einfach nicht wohl.

    Er löste seine Krawatte und knöpfte sein Hemd ein wenig auf. Okay, jetzt ging es ihm deutlich besser, auch wenn er sich in seinem maßgeschneiderten Anzug immer noch unwahrscheinlich eingeengt und dämlich fühlte. Er zog das Jackett aus und warf es auf den Beifahrersitz des schwarzen Porsche Cayenne, der auf dem Kundenparkplatz der Firma auf ihn wartete.

    Tajo wuchtete sich in den ledernen Sitz und startete den Motor. Er war froh, den Geländewagen seines Bruders Jon genommen zu haben. Sein eigenes Auto, ein Hummer, war für die deutschen Städte einfach zu groß und zu unpraktisch, da er fast zwei Parklücken ausfüllte.

    Er fuhr auf dem kürzesten Weg aus der Stadt hinaus und fühlte sich erst ein wenig freier, als er die Häuserschluchten hinter sich lassen konnte und das hessische Bergland vor sich sah. Auf der zweistündigen Fahrt in den nördlich gelegenen Reinhardswald, den sie als Stützpunkt ihrer Firma auserkoren hatten, hatte er ausreichend Gelegenheit, das Meeting noch einmal Revue passieren zu lassen.

    Der Angestellte, der den Auftrag erledigen sollte, hatte ihm auf Anhieb gefallen. Seine wachen, braunen Augen hatten eine ungewöhnlich hohe Intelligenz verraten. Trotzdem wirkte er nicht trocken oder langweilig. Marc war jung, dynamisch und nicht so leicht zu erschrecken, wie er schmunzelnd feststellte. ‚Der Junge hat gute Nerven‘, dachte er, ‚denn sonst hätte ich ihn wesentlich mehr eingeschüchtert.’

    Für Tajo war es normal, dass die Leute in seiner Gegenwart anfingen zu stottern, den Faden verloren, sich tausendfach entschuldigten und angesichts seiner Präsenz ziemlich schnell die Hosen voll hatten. Selbst die unterentwickelten Sinne der „gewöhnlichen Menschen" reagierten unbewusst und instinktiv auf ihn. Sein bloßes Auftauchen löste in der Regel bereits Fluchtreflexe aus.

    Er war ein Raubtier — im wahrsten Sinne des Wortes. Er und seine Geschwister Jon und Keyla gehörten einem Löwenrudel von Gestaltwandlern an, deren Ursprung heute nicht mehr nachvollziehbar war. Tajo war überzeugt, dass sich ihre Rasse neben der menschlichen Rasse bereits vor Jahrtausenden entwickelt und über die ganze Welt verbreitet hatte. Dank ihrer guten Tarnung und ihrer Anpassungsfähigkeit hatten sie bis heute unbemerkt neben den Menschen existieren können.

    Aufgewachsen in Südafrika war er nach seinem Wirtschaftsstudium in Florida heimisch geworden. Aber die dortige Nähe zu einem anderen Löwenrudel hatte ihn und seine beiden Geschwister bewogen, in das von Gestaltwandlern bisher dünn besiedelte Deutschland ‚auszuwandern‘.

    Nach außen hin hatte ihre Firma „Bruns LLC" bereits weltweit einen guten Namen in der Sicherheitsbranche. Hochrangige Politiker und Wirtschaftsbosse ließen sich von ihnen hinsichtlich der Alarmanlagen ihrer Privathäuser und Firmen beraten.

    Auf der eher inoffiziellen Ebene waren sie für andere Gestaltwandler als Privatdetektive tätig und erledigten für sie auch verdeckte und teils gefährliche Aufträge. Die Gesetze, die die Menschen festlegten, galten unter den Gestaltwandlern nicht und so operierten sie ähnlich einer Spezialeinheit mit allen Freiheiten. Sie wurden hinzugerufen, wenn andere Gestaltwandler vermisst wurden, Einbrüche, Diebstähle oder andere Straftaten in ihren Reihen aufzuklären waren oder wenn die Geheimhaltung ihrer Art gefährdet war, was als schlimmstes Vergehen galt. In einem solchen Fall hatten sie sogar das Recht, zu töten – auch wenn sie hiervon nur im absoluten Notfall und äußerst ungern Gebrauch machten.

    Tajo schaltete die Klimaanlage aus, öffnete die Fenster und genoss den Fahrtwind. Er freute sich auf die Abgeschiedenheit ihres neuen Domizils, um endlich aus den Klamotten rauszukommen.

    2. Kapitel

    Am folgenden Montag machte sich Marc mit etwas gemischten Gefühlen auf den Weg in den hessischen Norden. Der Auftritt des Geschäftsführers von Bruns LLC war schon sehr merkwürdig gewesen. Trotzdem war er aufgeregt, seinen bislang größten Auftrag allein in Angriff nehmen zu dürfen. Bei diesem Projekt konnte er seine Qualitäten endlich richtig beweisen. Die Verträge zwischen beiden Firmen waren letzte Woche noch in Windeseile unterschrieben und letzte Details der Kundenwünsche problemlos geregelt worden.

    Die Hardware wurde vom Hersteller direkt geliefert und Marc sollte auch bereits deren Aufbau und Installation übernehmen. Da der Firmensitz weit außerhalb der nächsten Ortschaft lag, war er froh, für die nächsten Wochen ein Zimmer von seinem Auftraggeber zur Verfügung gestellt zu bekommen. ‚Wenigstens habe ich mir das tägliche Pendeln zwischen Hotel und Firma gespart‘, dachte er. ‚Was müssen die sich aber auch so weit ab vom Schuss ansiedeln?‘

    Je weiter er hinter Gießen und Marburg in den ländlichen Raum kam, umso mehr vermisste er die Großstadt, deren Annehmlichkeiten und kurze Wege. Allerdings war er beeindruckt, als er das Anwesen der Firma erreichte. Der ehemalige Bauernhof lag idyllisch nahe dem Waldrand, umgeben von weitläufigen Wiesen und Äckern. Die Weidezäune waren im amerikanischen Stil aus weiß gestrichenen Holzlatten gezimmert. Er wunderte sich, dass weit und breit weder Pferde noch Kühe auf den Wiesen zu sehen waren. Das Gras war hüfthoch gewachsen und machte einen vertrockneten, vergilbten Eindruck.

    Die u-förmig angesiedelten Gebäude waren frisch saniert, überall roch es nach Farbe und Holz. Eine typisch amerikanische Holzveranda, die ebenfalls sehr neu aussah, erstreckte sich über die gesamte Breite des Haupthauses, das die Stirnseite des Hofes einnahm.

    Vor dem ehemaligen Stall, der wohl als Büro umgebaut worden war, stand ein Lastwagen der Computerfirma. Zwei Fahrer luden gerade massenweise Kartons mit Hardware aus und stapelten diese im Hof. Außer diesen beiden waren nur zwei Katzen, die sich in der Sonne räkelten, und eine kleine Schar von sechs Gänsen, die schnatternd herumliefen, zu sehen.

    Als Marc seinen Wagen auf dem geräumigen Hof parkte und ausstieg, kam eine junge Frau mit langen blonden Haaren aus dem Haupthaus geeilt. Sie trug ein sonnengelbes ärmelloses Kleid, das bis knapp über ihre Knie reichte und ihre schlanke, sportliche Figur und ihre tiefe Sonnenbräune vorteilhaft zur Geltung brachte. Sie schien nicht älter als Anfang zwanzig zu sein und lächelte ihm entgegen.

    „Hallo, Sie müssen Marc Nowack sein, es freut mich, Sie kennenzulernen. Ich hoffe, Sie hatten eine gute Anfahrt?" Als sie vor Marc stand, musste er sogar ein wenig zu ihr aufblicken. Obwohl sie nur flache Sandalen trug, war sie ein Stück größer als er.

    „Ja, vielen Dank, es freut mich ebenso. Sie sind bestimmt Keyla Bruns?"

    „Stimmt genau, ich bin Tajos und Jons kleine Schwester. Das Wort ‚kleine‘ betonte sie dabei grinsend. „Die zwei ziehen mich jedenfalls immer gerne damit auf. Sie zwinkerte ihm zu.

    Marc lachte. Ihre offene und herzliche Art gefiel ihm und nahm ihm augenblicklich die Anspannung. Allerdings straffte er sich wieder in dem Moment, als Tajo aus dem Haus kam. Dieser trug nichts weiter als khakifarbene Shorts, ein graues Tanktop mit dem Schriftzug der ‚University of Miami‘, Laufschuhe und eine Kaffeetasse in der Hand.

    „Guten Morgen Mr. Bruns", begrüßte Marc ihn höflich.

    „Hallo, Marc, da sind Sie ja. Sehr pünktlich, prima. Bitte nennen Sie mich doch Tajo." Er hielt ihm die Hand hin und Marc fühlte sich mit einem Mal wieder unsicher und nervös. Er hoffte, dass seine Hand, die er zur Begrüßung reichte, nicht allzu feucht war, schließlich konnte er sie schlecht noch vorher an der Hose abwischen. Zudem fühlte er sich angesichts der legeren Kleidung seiner Auftraggeber mit seinem standardmäßigen Anzug total ‚overdressed‘.

    „Zeig doch unserem Gast zuerst einmal sein Zimmer, damit er sich ein wenig frisch machen kann, wandte sich Keyla an ihren Bruder. Anscheinend waren Marcs Gedanken auf seinem Gesicht lesbar, denn sie fügte hinzu: „Ziehen Sie sich ruhig etwas Bequemes an, Marc, Sie müssen doch gleich noch die ganzen Kisten mit der Hardware auspacken.

    Tajo war an seinen Kofferraum herangetreten und hatte mit verblüffender Leichtigkeit den schweren Koffer herausgehoben. Da er in der anderen noch seine Kaffeetasse trug, deutete er Marc mit einer Kopfbewegung an, die Laptoptasche zu nehmen und wandte sich wortlos dem Haus zu.

    Marc lächelte Keyla noch höflich zu und folgte Tajo zögernd.

    Auf dem Weg ins Haus hatte er Gelegenheit, den muskulösen Oberkörper und den knackigen Hintern seines Kunden ausgiebig zu begutachten, ohne dass dieser hiervon etwas bemerken konnte.

    ‚Ohne Anabolika bekommt man solche „Mr. Universum"-Ausmaße doch gar nicht hin‘, dachte er bei sich und bewunderte das Spiel der definierten Rückenmuskeln. Sein Blick wanderte weiter nach unten zu den muskelbepackten Schenkeln. Allein die Waden waren eine Augenweide und bestimmt dicker als seine eigenen Oberschenkel.

    Als sich Tajo am Hauseingang zu ihm umdrehte, um ihm höflich die Tür aufzuhalten, musste Marc schlucken und sich beeilen, den sicher verträumten Gesichtsausdruck in eine unverbindlich lächelnde Miene zu verwandeln. Aber offenbar war er hierbei nicht schnell genug gewesen, denn Tajo zog amüsiert einen Mundwinkel hoch und musterte ihn aufmerksam.

    Peinlich berührt wandte sich Marc ab und trat ein. Er hatte das Gefühl, beim ungehörigen Starren ertappt worden zu sein und seine Verlegenheit ließ ihm das Blut in den Kopf schießen. Bestimmt war er jetzt knallrot angelaufen.

    Die kühle, geräumige Wohndiele war modern, in hellem Holz und in freundlichen gelben und orangen Farben gehalten. Tajo steuerte die breite Treppe an, die ins Obergeschoss führte. Oben ging rechts und links jeweils ein langer Flur ab. Marc bekam nun ein großes, gemütlich eingerichtetes Zimmer mit eigenem Bad zugewiesen.

    „In einer Stunde auf der Terrasse", war Tajos kurze Order. Dann war er allein.

    ‚Ob dieser Mann auch mal eine Unterhaltung zustande bringt, die aus mehr als einem Satz besteht?‘ Marc schmunzelte. Was für ein Typ! Keine überflüssigen Worte, keine unbedachten Bewegungen. Tajo Bruns kam ihm vor, wie eine Maschine. Aber vielleicht musste man so sein, wenn man in der Sicherheitsbranche tätig war? Marc hatte bislang niemanden kennengelernt, der mit Tajo Bruns vergleichbar war. Aber egal, es galt hier schließlich nur, einen guten Job zu machen. Was er persönlich von seinem Auftraggeber hielt, war dabei nebensächlich.

    ***

    Marc hatte geduscht, ausgepackt und ein schwarzes T-Shirt angezogen. Nur zu Shorts konnte er sich nicht entschließen und so griff er zu einer Jeans. Er schlüpfte in Turnschuhe und machte sich auf den Weg.

    Auf der Veranda fand er Tajo, der sich lässig gegen das Holzgeländer lehnte und geduldig auf ihn wartete. „Kommen Sie, ich zeige Ihnen das Nebengebäude. Dort befinden sich der Besprechungsraum und auch die geplante Computerzentrale." Mit einer höflichen Geste bedeutete er Marc, voranzugehen und wies ihm den Weg zu dem Nachbargebäude.

    Marc war beeindruckt. Die Deckenhöhe des ehemaligen Stalles von nahezu fünf Metern und die grob gezimmerten Deckenbalken waren bei der Renovierung erhalten geblieben. Zur Hofseite hin waren bodentiefe Fenster eingelassen worden, die die Räume tagsüber wohl mit Licht überfluteten. Große Jalousien, die offenbar elektrisch gesteuert wurden, schützten aber nun vor der Sonneneinstrahlung und ließen den Raum trotz der sommerlichen Hitze angenehm kühl erscheinen.

    Der angrenzende Besprechungsraum hatte die Ausmaße des Konferenzraumes seiner Firma und war mit der modernsten Kommunikationstechnik, Beamer, Leinwand und allem, was dazugehörte, ausgerüstet. Der ovale Tisch mit einer massiven Platte aus schwarzem Rauchglas bot für mindestens fünfzehn Personen Platz.

    Die Computerzentrale war bereits mit einem riesigen freistehenden Pult, das an ein Raketenkontrollzentrum der NASA erinnerte, und mit mehreren Schreibtischen und Aktenschränken möbliert und wartete nur noch auf die Rechner, Monitore und Drucker.

    Sie begannen, die Kartons mit den Geräten auszupacken und diese an den dafür vorgesehenen Plätzen aufzustellen. Schweigend arbeiteten sie Hand in Hand. Marc war froh, Tajos Hilfe zu haben, da einige der Geräte bleischwer waren. Allein hätte er das nicht geschafft. Vor allem die Montage des riesigen Bildschirms an der seitlichen Wand, der eine Diagonale von fast drei Metern hatte, hätte ihn vor eine unlösbare Aufgabe gestellt. Tajo hielt ihn allerdings ohne große Mühen fest, bis Marc die Schrauben der Halterung festgedreht hatte.

    Der Bildschirm war ein Touchscreen. Marc hatte einen solchen bisher nur in amerikanischen Fernsehserien gesehen und er konnte sich nicht verkneifen, seine Begeisterung hierfür zu zeigen.

    „Mann, was für ein geiles Teil", entfuhr es ihm.

    Tajo lächelte zustimmend und schien sich über die jungenhafte Bewunderung zu freuen.

    ***

    Um die Verkabelung des Bildschirms nach unten zum Motherboard des Rechners zu ziehen und diesen anzuschließen, krabbelte Marc unter den Tisch.

    „Schieben Sie bitte das Kabel ein wenig weiter zu mir runter? Ich komme hier noch nicht ganz ran", ertönte es gedämpft von unterhalb der Tischplatte.

    Tajo trat ein wenig näher heran und bekam einen trockenen Mund. Marc kniete vor ihm und hantierte unter dem Tisch mit den vielen Kabeln herum. Er hatte damit eine glänzende Aussicht auf den in Jeans verpackten, hübsch gerundeten Hintern, der sich ihm entgegen streckte. Er wusste ja, dass Jeans an einem Männerhintern verdammt gut aussehen konnten. Und das, was er hier vor sich sah, war unglaublich gut.

    Er räusperte sich, da er befürchtete, dass seine Stimme rau klang. „Hmmh, ja … hier ist das Kabel, geht es so?"

    „Noch ein kleines Stück weiter …"

    Tajo musste sich über Marc stellen und über die Tischplatte recken, um das Kabel von oben zu erwischen und noch ein wenig weiter runter zu schieben. Marcs T-Shirt war mittlerweile hochgerutscht und so berührten Tajos nackte Beine die bloße Haut an den Seiten seines Rückens.

    Beide durchfuhr es wie ein Stromschlag und sie versuchten, einander auszuweichen. Was allerdings nicht möglich war, da sie das Kabel nach wie vor festhalten mussten. Tajo bemerkte zu seinem Entsetzen, dass er hart wurde.

    ‚Oh my God!‘ Er atmete tief durch, um seine Erregung abzudämpfen. Ohne Erfolg. Ein Blick in die reflektierende Oberfläche des Monitors vor ihm zeigte, dass seine Augen funkelten und kurz davor waren, sich in gelbe Löwenaugen zu transformieren.

    Sofort schloss er die Augen und versuchte, Puls und Atemfrequenz zu beruhigen. Seine guten Ohren verrieten ihm, dass Marc sekundenlang erstarrte, bevor er sich wieder an dem Stecker zu schaffen machte. Tajo nutzte die Zeit, um sich wieder in den Griff zu bekommen.

    Viel zu schnell hatte Marc den Stecker befestigt und rutschte unter der Tischplatte hervor.

    Tajo hatte bereits seine Hand ausgestreckt, um ihm hoch zu helfen. Allerdings war Marc wohl nicht auf den Schwung vorbereitet gewesen, mit dem er nach oben gezogen wurde, und kam leicht taumelnd auf die Füße. Automatisch hielt Tajo ihn fest und griff mit der anderen Hand nach Marcs Hosenbund.

    Marc zog scharf die Luft ein und bekam einen hochroten Kopf, wie Tajo erregt bemerkte. Seine Finger steckten teilweise in Marcs Hose und sein Handrücken berührte dabei die weiche, warme Haut seines Bauches.

    ‚Lecker!‘, dachte er und war versucht, die Hand tiefer zu schieben. Aber nein, das wäre jetzt wirklich zu aufdringlich, selbst für ihn.

    Bevor sie sich voneinander lösen konnten, hörten sie ein Räuspern von der Tür her und fuhren wie ertappt auseinander.

    Im Türrahmen stand sein jüngerer Bruder Jon. Zur unpassendsten Zeit – wie immer.

    Jon lächelte beiden zu. „Keyla schickt mich, euch zu holen. Das Essen ist fertig."

    Tajo schaute verwundert auf die Uhr. Er hatte gar nicht bemerkt, wie die Zeit verstrichen war. Mittlerweile war es Abend geworden. Allerdings machte sich jetzt ein richtiger „Löwenhunger" bemerkbar.

    Schnell machte er die beiden miteinander bekannt. „Jon – Marc. Marc – Jon, mein kleiner Bruder." Eilig verließ er die Zentrale. Wäre schade, wenn das Essen kalt wurde.

    Hinter seinem Rücken lachte Marc hell auf. „Marc Nowack von Witherspoon und Partner. Ist Ihr Bruder immer so schnell?"

    „Ja, vor allem, wenn es ums Essen geht", hörte er Jon gerade vergnügt antworten, als er mit großen Schritten in den Hof einbog. Er schnaufte ungehalten. Als ob das stimmen würde!

    ***

    Sie trafen sich im Esszimmer des Hauses an einem reichlich gedeckten Tisch. Marc hatte bereits beim Eintreten in das Haus einen köstlichen Geruch wahrgenommen, der ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ. Er staunte nun über die Berge von Steaks, die sich dampfend auf einer Platte stapelten. Keyla schien eine begeisterte und hervorragende Köchin zu sein. Als Beilage reichte sie Brot, Salat und Folienkartoffeln.

    „Die Computer, die Sie bestellt haben, sind echt spitzenklasse", lobte er, als sie am Tisch saßen und ordentlich zulangten.

    „Ich habe mich zuvor informiert und nur Geräte gekauft, die technisch auf dem allerneusten Stand sind", antwortete Jon und häufte sich einen Berg Kartoffeln auf den Teller. Er begann ein anregendes Gespräch mit Marc und dieser merkte schnell, dass der jüngere Bruns ganz anders gestrickt war als sein großer, wortkarger Bruder. Jon hatte gerade seinen ‚Master of Business Administration‘ abgelegt. Er lachte gerne, neckte seine Schwester und erzählte Marc viele Anekdoten aus seiner Zeit als Student in Miami und in München.

    Es war ein angenehmer Abend und Marc begann, sich im Hause der Bruns wohlzufühlen. Später hätte er jedoch nicht sagen können, wer all die Steaks auf der Fleischplatte verdrückt hatte, so schnell, wie sie sich leerte.

    Nach dem Essen stand er höflich auf und half Keyla beim Abräumen des Tisches und, da er sowieso nichts Besseres zu tun hatte, auch noch beim Spülmaschine einräumen und Küche reinigen. Beide unterhielten sich dabei prächtig und Marc konnte sich in Keylas

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