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Jugurtha - die Geißel Roms: Gesamtausgabe: Episode 1-12 in einem Buch
Jugurtha - die Geißel Roms: Gesamtausgabe: Episode 1-12 in einem Buch
Jugurtha - die Geißel Roms: Gesamtausgabe: Episode 1-12 in einem Buch
eBook595 Seiten7 Stunden

Jugurtha - die Geißel Roms: Gesamtausgabe: Episode 1-12 in einem Buch

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Über dieses E-Book

Die große historische Römer-Saga von Pete Hackett!

Blutig, authentisch, packend!

Als im Osten ein gelber Schein über dem Horizont den Sonnenaufgang ankündigte, brachen wir auf. Jugurtha hatte darauf bestanden, dass ich ihn und die kleine Schar, die er ausgewählt hatte, begleitete. Über dem Fluss hingen weiße Nebelschwaden, der Mond stand als dünne Sichel im Südwesten, die Sterne verblassten und die ersten Vögel begrüßten mit ihrem Gezwitscher den Tagesanbruch.

Wir waren vierzehn Reiter. Bewaffnet war ein jeder von uns mit dem Krummschwert, einem Dolch, einer kurzen Lanze sowie Pfeilen und Bogen. Falls es zu einem Kampf kam, hatte jeder zu seinem Schutz einen kleinen, runden Schild am Sattel hängen.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum27. Juni 2019
ISBN9783739699288
Jugurtha - die Geißel Roms: Gesamtausgabe: Episode 1-12 in einem Buch

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    Buchvorschau

    Jugurtha - die Geißel Roms - Pete Hackett

    Jugurtha, die Geißel Roms

    Historisches Serial - Gesamtausgabe

    von Pete Hackett

    Der Umfang dieses Buchs entspricht 555 Taschenbuchseiten.

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

    © by Author

    © dieser Ausgabe 2017 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen.

    Alle Rechte vorbehalten.

    www.AlfredBekker.de

    postmaster@alfredbekker.de

    Prolog

    Liebe Leser, ich möchte Ihnen die Geschichte meines Herrn und Freundes Jugurtha erzählen. Geboren wurde er im Jahre 593 ab urbe condita (nach Gründung Roms – n.G.R.) als Sohn des Herrschers von Numidien, dessen Name Micipsa war. Schon bei seiner Geburt war klar, dass er niemals einen Anspruch auf den numidischen Thron erheben konnte, da er lediglich mit einer von Micipsas Nebenfrauen gezeugt worden war. Den Königsthron sollten sich nach des Königs Tod seine legitimen Söhne Adherbal und Hiempsal teilen.

    Im Gegensatz zu Adherbal und Hiempsal war Jugurtha beim numidische Volk außerordentlich beliebt, was dem König natürlich nicht verborgen blieb. Und das Volk forderte, dass Jugurtha den beiden legitimen Söhnen des Herrschers ebenbürtig sein sollte. Also adoptierte ihn König Micipsas. Aber, um weitergehende Forderungen seines Volkes zu unterbinden, die zum Nachteil seiner rechtmäßigen Erben gereichen hätten können, entfernte er Jugurtha gewissermaßen aus dem Rampenlicht der Öffentlichkeit, indem er ihn in die römische Provinz Hispania schickte, damit er mit einer numidischen Kavallerieeinheit den Kampf der Römer unter Scipio Aemilianus gegen die Keltiberer unter ihrem Anführer Avarus unterstützte.

    Das war darauf zurückzuführen, dass es sich bei unserem Land um ein römisches Vasallenkönigreich handelte und es der Kontrolle des Imperium Romanum unterstand. Es verfügte lediglich über eingeschränkte Eigenständigkeit, das heißt, König Micipsa durfte keine eigene Außenpolitik betreiben und war verpflichtet, dem Römischen Reich im Krieg Beistand zu leisten.

    König Micipsa schlug zwei Fliegen mit einer Klappe. Zum einen stand er zu seiner Verpflichtung den Römern gegenüber, zum anderen nahm er Jugurtha aus dem Blickfeld des öffentlichen Interesses.

    Jugurtha bestand darauf, dass ich ihn begleitete. Mein Name ist Gulupsa, und ich war im selben Jahr geboren wie Jugurtha. Ich war im Königspalast in Cirta aufgewachsen, weil mein Vater, sein Name war Gaupsal, ein enger Vertrauter von König Micipsa war. Als Jugurtha und ich im Jahre 619 nach Gründung Roms in der Provinz Hispania eintrafen, waren wir beide sechsundzwanzig Jahre alt.

    Die Stadt lag auf einem Plateau zwischen zwei Flüssen, die ihr Bett in tiefe Schluchten gegraben hatten, und die Römer waren nach monatelanger Belagerung nahe daran, aufzugeben, denn die Stadt erwies sich für sie als uneinnehmbar. Doch damit wollte sich Scipio Aemilianus unter keinen Umständen abfinden, er wollte den Ruhm, Numantia in die Knie gezwungen zu haben, auf jeden Fall für sich beanspruchen. Ihm stand ein Heer von 40.000 Mann zur Verfügung, die Stadt konnte lediglich 4.000 Verteidiger aufbieten.

    Die Römer hatten eine zusammenhängende Kette von Schanzen – es handelte sich um sieben Lager -, um die Stadt errichtet, um Ausfälle der Kelten zu verhindern und sich vor ihren Angriffen zu schützen. Diese Kette wurde von einem weiteren Befestigungsring eingeschlossen, der verhindern sollte, dass mögliche Entsatzheere den Belagerern in den Rücken fallen konnten.

    Außerdem hatte man Wasser angestaut und Wachtürme errichtet, sodass die Stadt hermetisch gegen die Außenwelt abgeschlossen war.

    Jugurtha war voller Tatendrang. Er wollte die Sympathie, die ihm das numidische Volk entgegenbrachte, vertiefen, sich der Dankbarkeit einflussreicher Römer versichern, vor allem aber wollte er seinem Vater beweisen, dass er der beste Mann aus dem numidischen Königshaus war und dass Numidien niemals auf ihn verzichten würde können. Und er war fester denn je ambitioniert, eines Tages den Thron in Cirta, der Hauptstadt Numidiens, zu besteigen und die Nachfolge Micipsas anzutreten.

    Jugurtha war hochintelligent, besaß Charisma, war dank seiner Abstammung sehr reich, und – er war skrupellos. Lange Zeit waren ihm die Römer und die Götter wohlgesinnt.

    Doch er forderte das Schicksal heraus. Und sein Schicksal war eng mit dem meinen verbunden.

    Episode 1: Die Belagerung von Numantia

    Das Jahr 619 n.G.R. endete und Lucius Calpurnius Piso Frugi sowie Publius Mucius Scaevola wurden vom römischen Volks für ein Jahr zu Konsuln gewählt.

    Seit über einem halben Jahr lagen wir nun schon vor Numantia. Es war Frühling, die Natur begann sich wieder grün zu verfärben und die Zugvögel waren aus Afrika zurückgekehrt. Den ganzen Tag über hatten die Katapulte der Römer mit Gesteinsbrocken und Brandsätzen die Stadt beschossen. Da aber der Fluss Durius (das war der Name des Flusses Duero in der Antike) mitten durch Numantia floss, hatten die Stadtbewohner ausreichend Wasser zur Verfügung, um Brände unverzüglich zu löschen.

    Als die Nacht anbrach, wurde der Beschuss der Stadt eingestellt. In den Lagern der römischen Legionäre und der verbündeten Truppenverbände wurden Feuer angefacht, die Wachen wurden verstärkt, um Ausbruchsversuche zu vereiteln, die Legionäre und ihre Verbündeten holten sich ihr Essen ab. Für die Zubereitung der Mahlzeiten waren die Männer und Frauen zuständig, die zum Tross gehörten und die an den Kampfhandlungen nicht beteiligt wurden.

    Schließlich hatten wir unser Essen hinuntergeschlungen. Wir saßen in einem Kreis um das niedrige Feuer herum, das mitten in dem großen Zelt brannte, in dem Jugurtha untergebracht war. Wenn ich sage ‚wir’, dann ist die Rede von unserem Feldherrn, Jugurtha also, von mir und fünf Offizieren unserer Reiterei. Die lodernden Flammen des Feuers warfen Licht- und Schattenreflexe gegen die Zeltwände, auf den Boden und über unsere Gestalten, das Feuer spiegelte sich in den Augen der Männer wider. Manchmal knackte ein Stück Holz in der glühenden Hitze.

    „Lange werden die Krieger in Numantia nicht mehr standhalten, meinte Jugurtha, indes er versonnen in die Flammen starrte. „Die Stadt ist von jeglichem Nachschub abgeschnitten, und Hilfe von außen hat sie kaum zu erwarten. Selbst wenn es uns nicht gelingt, sie kämpfend einzunehmen – der Hunger wird Avarus dazu treiben, aufzugeben.

    „Ja, das wird so sein, pflichtete einer der Unterführer Jugurtha bei. „Wenn man alles glauben darf, was uns an Nachrichten aus der Stadt erreicht, dann haben die Stadtbewohner bereits so ziemlich alle Haustiere geschlachtet, um sich und die in der Stadt stationierten Krieger zu ernähren.

    „Dann ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis sie sich gegenseitig auffressen!", stieß ein anderer der Unterführer hervor.

    „Ja, und schließlich werden sie kapitulieren, knurrte Jugurtha. „Es ist eine reiche Stadt. Wir werden große Beute machen, und wir werden den Ruhm, sie erobert zu haben, auch für uns in Anspruch nehmen können.

    Vor dem Zelt waren Stimmen zu hören. Gleich darauf erschien einer der Wächter und sagte: „Ein Bote des römischen Feldherrn Scipio Aemilianus möchte dich sprechen, Herr. Er sagt, es sei wichtig."

    „Lass ihn eintreten, gebot Jugurtha. Der Wächter verschwand wieder nach draußen, und gleich darauf betrat der Legionär das Zelt. Er legte die rechte Faust gegen die Brust, neigte den Kopf und sagte: „Mich schickt der Befehlshaber der römischen Truppen und all ihrer Verbündeten in der Provinz Hispania, Publius Cornelius Scipio Aemilianus. Er bittet dich, Jugurtha, Sohn des Micipsa von Numidien, dich unverzüglich in die Kommandantur zu begeben, um an einer Lagebesprechung teilzunehmen. Während er sprach, hatte er die Hand sinken lassen.

    „Bestell dem Feldherrn, dass ich mich zusammen mit meinem Vertrauten sofort auf den Weg mache, sagte Jugurtha. „Die Götter mögen mit ihm sein.

    „Auch dich mögen die Götter behüten", versetzte der Bote, legte wieder die Faust gegen den Brustpanzer, verneigte sich und verließ das Zelt. Gleich darauf erklangen trommelnden Hufschläge, die verrieten, dass er seinen Weg fortsetzte, um weitere Führer der vor Numantia versammelten Truppen zu informieren.

    Jugurtha erhob sich und sein Blick heftete sich auf mich. „Gehen wir, stieß er hervor. „Es ist niemals gut, einen einflussreichen Römer warten zu lassen.

    Während ich mich auf die Beine kämpfte, legte ein Diener Jugurtha ein weich gegerbtes Gepardenfell um die breiten, muskulösen Schultern. Ein anderer reichte ihm seinen Gürtel mit dem reich verzierten Krummschwert.

    Da es ein schönes Stück Weg bis zum Hauptlager mit der Kommandantur war, nahmen wir die Pferde. Die belagerte Stadt lag im Mond- und Sternenlicht, überragt von den Wachtürmen, die sich in regelmäßigen Abständen über die Wehren erhoben. Die Dunkelheit mutete bedrohlich und unheilvoll an. Aus einem Lager in der Nähe waren verworrene Geräusche zu vernehmen; Stimmendurcheinander, Gelächter, Grölen und Johlen, manchmal das girrende Lachen einer Hure, von denen etliche mit dem Tross reisten und die den Kämpfern das Leben ein wenig freudiger gestalten sollten.

    Dumpf pochten die Hufe unserer Pferde. Ein süßlicher Geruch schwängerte die Nacht – es war der Geruch der erwachten Natur nach einem strengen Winter. Von irgendwoher erklang der schauerliche Ruf einer Eule. Er galt als schlechtes Vorzeichen und ich verspürte einen leichten Schauder.

    Das Hauptlager mutete an wie eine kleine Stadt. Es war rechteckig angelegt worden und besaß zwei Hauptstraßen, genannt Via Principalis und Via Praetoria, die in einem rechten Winkel zueinander verliefen. An den Enden der Straßen gab es zwei bewachte Tore, nämlich das Haupttor Porta Praetoria sowie das hintere Tor Porta Decumana. Dort, wo sich die beiden Hauptstraßen kreuzten, befanden sich das Forum und die Kommandantur. Ein Erdwall friedete das gesamte Lager ein. Die Erde hierfür stammte aus einem etwa einen Meter tiefen Graben, die nach innen aufgeschichtet und deren Außenseite mit Rasenziegeln abgedeckt worden war. Auf der Krone dieses etwa einen guten halben Meter hohen Erdwalls waren Pila Muralia (Schanzpfähle aus zugespitzten Eichenbalken) eingegraben und mit Seilen verbunden worden, so dass ein über einen Meter hoher Palisadenzaun entstanden war.

    Wir gaben uns den Wachposten bei der Porta Praetoria zu erkennen und durften passieren. Im Schritttempo trugen uns die Pferde die Lagerstraße hinunter und schließlich erreichten wir das Forum mit der Kommandantur. Hierbei handelte es sich um ein großes Zelt, in dem auch das Fahnenheiligtum, in dem der Legionsadler aufbewahrt wurde, untergebracht war sowie die Legionskasse gelagert wurde.

    Auch hier standen zwei römische Legionäre als Wachposten. Wir saßen ab, übergaben die Pferde zwei Knechten, die sofort herbeigeeilt waren, und betraten das Zelt, in dem vier Feuer in eisernen Becken für ausreichend Licht sorgten. An einem großen, rechteckigen Tisch saßen bereits mehrere Offiziere des römischen Heeres und auch einige Feldherren verbündeter Truppen. Am Stirnende des Tisches hatte Scipio Aemilianus Platz genommen, der im Jahr zuvor – unter Umgehung gesetzlicher Vorschriften - zum Konsul gewählt worden und somit bis zum Jahresende erster Feldherr aller römischen Legionen gewesen war.

    Es handelte sich um einen zweiundfünfzigjährigen Mann mit scharf geschnittenen Gesichtszügen, der eine bemerkenswerte Karriere hinter sich hatte. Nachdem Rom im Jahre 604 n.G.R. Karthago zum dritten Mal den Krieg erklärt hatte, zeichnete sich Scipio Aemilianus wiederholt durch seinen Scharfsinn und seine Tapferkeit aus, sodass man ihn zwei Jahre später zum Konsul – es handelte sich um sein erstes Konsulat - wählte, obwohl er das gesetzlich vorgeschriebene Mindestalter noch nicht erreicht hatte. Der römische Senat war daran interessiert, dass er das oberste Kommando im Dritten Punischen Krieg übernehmen konnte.

    Er eroberte Karthago und zerstörte es bis auf die Grundmauern, was ihm anlässlich seiner Rückkehr nach Rom einen außergewöhnlichen Triumphzug zuteil werden ließ.

    Publius Cornelius Scipio Aemilianus, so sein voller Name, dem man den Beinamen ‚Africanus’ verliehen hatte, war in jeder Beziehung ein Aristokrat. Er vermittelte Autorität, strahlte aber auch ein hohes Maß an Ruhe aus, verlieh Sicherheit und man fasste sofort Vertrauen zu ihm.

    Während ich einen Schritt zurückblieb, legte Jugurtha die rechte Faust gegen die Brust und grüßte: „Salve, mein Feldherr. Mögen dir die Götter wohlwollend gesinnt sein."

    Scipio Aemilianus lächelte und erwiderte: „Es reicht, wenn mir Mars, der Gott des Krieges, wohl gesinnt ist. Setz dich zu uns an den Tisch, Jugurtha. Dein Begleiter soll bei seinesgleichen warten."

    Auf einigen Fellen in einer Ecke des Zeltes saßen bereits einige Männer. Auf diese Gruppe deutete der Konsul. Für mich war das das Zeichen, mich zu diesen Männern zu begeben und auf einem der Felle niederzulassen.

    ‚Meinesgleichen’ waren die persönlichen Vertrauten oder Leibwächter der verschiedenen Truppenbefehlshaber, die Scipio Aemilianus zu sich zitiert hatte.

    Es dauerte noch einige Zeit, dann traf auch der letzte der hochrangigen Offiziere ein und Scipio Aemilianus begann zu sprechen: „Avarus, der Befehlshaber in Numantia, scheint aktiv zu werden." Der Konsul sprach mit präziser Stimme, die jenen zwingenden Klang inne hatte, wie ihn nur die Stimme eines Mannes haben konnte, der es gewöhnt ist, Befehle zu erteilen, anzutreiben, zu fordern, anzuordnen, zu überwachen, zu loben und zu tadeln.

    Scipio warf einem der Männer einen auffordernden Blick zu. Ich kannte ihn. Sein Name war Gaius Marius, er war ungefähr Mitte zwanzig, und ich wusste, dass er vom Land kam und dem Ritterstand entstammte. Seine Familie war politisch nie in Erscheinung getreten. Doch während der Belagerung von Numantia hatte Marius sich mehrmals ausgezeichnet und sich die Anerkennung sowie den Respekt Scipios erworben.

    Nun erhob er sich und rief: „Ein Überläufer hat uns berichtet, dass Avarus vor drei Nächten einen Mann losgeschickt hat, der bei den Arevakern und Vaccäern eine Armee ausheben soll, mit der er uns in den Rücken fallen, uns ablenken und den Verteidigern der Stadt einen Ausfall ermöglichen möchte. Der Name des Kriegers, den Avarus ausgesandt hat, ist Rhetogenes, und er soll einer der tapfersten und besten Krieger der Kelten in Numantia sein."

    „Wie konnte dieser Rhetogenes unsere Wachen überwinden?", fragte Jugurtha leicht befremdet.

    „Er benutzte als Fluchtweg den Fluss, versetzte Marius und fügte nach einer kurzen Pause hinzu: „Er muss ein ausgesprochen guter Schwimmer und Taucher sein. Anders ist es nicht zu erklären, dass er von unseren Wachposten auf den Türmen zu beiden Seiten des Flusses nicht bemerkt wurde.

    „Er ist in der Zwischenzeit sicher schon über alle Berge, gab Jugurtha zu bedenken. „Wir werden also abwarten müssen, ob es ihm gelingt, genügend Krieger zu gewinnen, mit denen er es wagen kann, Avarus’ Plan in die Tat umzusetzen. Da Rhetogenes ein sehr durchtriebener Bursche zu sein scheint, heißt es für uns, die Augen offenzuhalten.

    „Das ist mir zu unsicher, sagte nun Scipio Aemilianus und hielt den Blick auf Jugurtha gerichtet. „Wir müssen den Versuch dieses Rhetogenes, ein Entsatzheer auf die Beine zu stellen, im Keim ersticken.

    Fragend fixierte Jugurtha den Feldherrn.

    Scipio Aemilianus fuhr fort: „Ich meine, es darf gar nicht erst soweit kommen, dass sich ein Entsatzheer bildet."

    Der Schimmer des Begreifens lief über Jugurthas scharf geschnittenes Gesicht, das von einer großen, leicht gekrümmten Nase und dunklen, stechenden Augen beherrscht wurde. „Ich verstehe. Rhetogenes muss abgefangen werden, ehe er aktiv wird."

    „So ist es, stieß nun wieder Marius hervor, und er unterstrich die drei Worte mit mehrmaligem Nicken. „Wir wissen von unserem Informanten, dass er sich bei einem Bauern namens Belenus, der etwa drei Meilen südlich der Stadt am Fluss seinen Hof bewirtschaftet, ein Pferd beschaffen wollte.

    „Er ist längst beritten und irgendwo im Land unterwegs", gab ein anderer der am Tisch Sitzenden, ein Centurio, zu bedenken.

    „Sicher, versetzte Marius. „Aber er wird dem Bauern verraten haben, zu welcher Ansiedlung ihn sein nächster Weg führen wird, in der er sich erhofft, Kämpfer rekrutieren zu können.

    „Wir müssen lediglich die Zunge des Bauern lockern, mischte sich Scipio Aemilianus wieder ein. „Und diese Aufgabe sowie die Ausschaltung dieses Rhetogenes möchte ich gerne in deine Hände geben, Jugurtha. Der Grund hierfür ist ein ganz einfacher. Du verfügst über die besten Reiter unserer Armee, ihr seid auf euren Pferden schnell wie der Wind.

    „Wenn es dein Wunsch ist, mein Feldherr, dann werde ich meine besten Reiter und Kämpfer hinter Rhetogenes herschicken. Sie werden zu verhindern wissen, dass der Kelte ein Heer aufstellt, das uns gefährlich werden kann."

    „Die Angelegenheit ist viel zu wichtig, als dass ich sie irgendeinem deiner Offiziere überlassen möchte, Jughurtha, gab Scipio Aemilianus zu verstehen. „Ich wünsche, dass du die Angelegenheit selbst in die Hand nimmst.

    Jugurthas Gesicht verschloss sich kaum wahrnehmbar, er presste einen Moment die Lippen zusammen, und in seinen Augen blitzte Zorn. Doch er behielt die Gewalt über seine Gefühle und antwortete: „Ich sehe es als besondere Ehre an, mein Feldherr, dass du mich persönlich mit dieser Mission betraust."

    „Nein, versetzte Scipio und schürzte die Lippen. „Es ärgert dich, dass du einen Auftrag erfüllen sollst, der deiner Meinung nach unter deiner Würde ist. Doch du darfst eines nicht vergessen, Jugurtha: Wir führen seit über zwanzig Jahren Krieg gegen die keltiberischen Stämme Hispanias, die sich gegen die Besetzung ihrer Gebiete durch uns Römer wehrten. Es ist uns auch gelungen, das gesamte Land – abgesehen von Numantia – römischer Hoheit zu unterwerfen und es zu einer römischen Provinz zu machen. Aber es ist nicht so, dass die Kelten damit glücklich sind. Sie hassen uns Römer und würden uns gerne wieder los sein. Ich will damit sagen, dass uns im ganzen Land Feindseligkeit entgegengebracht wird, und so schließe ich nicht aus, dass Rhetogenes Verbündete findet, die ihm den Rücken freihalten. Daher muss die Aufgabe, den Plan Avarus’ und seines besten Kriegers, dieses Rhetogenes, zu durchkreuzen, in absolut verantwortungsvolle Hände gegeben werden. Und der Mann, der dies zu meiner vollen Zufriedenheit erledigen kann, bist du, Jugurtha. Vom Gelingen der Mission hängt viel – sehr viel ab. Ich denke, du verstehst.

    Jugurtha erhob sich, legte die rechte Hand flach gegen seine Brust und deutete eine Verneigung an. „Als ich eben erklärte, mein Feldherr, dass ich mich geehrt fühle, dann war das kein Lippenbekenntnis, sondern ich meinte es genauso, wie ich es sagte. Bei den Göttern – ich werde dich nicht enttäuschen."

    „Ich weiß, dass ich mich auf dich verlassen kann", erklärte Scipio Aemilianus und fixierte Jugurtha dabei durchdringend, als versuchte er in dessen Zügen zu lesen. Ich war mir nicht sicher, ob seine Worte ehrlich gemeint waren. Aber ich hatte auch Jugurthas Bekenntnis vernommen und wusste nur zu gut, dass diese Worte geheuchelt waren. Aber Jugurtha war viel zu schlau, um sich durch Widerrede oder gar Ungehorsam die Missgunst des Feldherrn zuzuziehen. Er verfolgte ehrgeizige Pläne, und um sie umzusetzen, musste er sich der Gunst einflussreicher Römer versichern. Und das wichtigste Bindeglied zwischen ihm und dem römischen Senat war im Moment Scipio Aemilianus.

    „Wir werden bei Sonnenaufgang aufbrechen", sagte Jugurtha.

    „Schalte Rhetogenes aus, rief Scipio eindringlich, „und verhindere, dass viele römische Legionäre und Krieger unserer Verbündeten – auch Krieger aus Numidien – den Tod finden. Rom wird es dir danken, die Kunde von deiner Heldentat wird deinen Vater und sein Volk erreichen und man wird dir huldigen und den Namen Jugurtha preisen.

    1

    Als im Osten ein gelber Schein über dem Horizont den Sonnenaufgang ankündigte, brachen wir auf. Jugurtha hatte darauf bestanden, dass ich ihn und die kleine Schar, die er ausgewählt hatte, begleitete. Über dem Fluss hingen weiße Nebelschwaden, der Mond stand als dünne Sichel im Südwesten, die Sterne verblassten und die ersten Vögel begrüßten mit ihrem Gezwitscher den Tagesanbruch.

    Wir waren vierzehn Reiter. Bewaffnet war ein jeder von uns mit dem Krummschwert, einem Dolch, einer kurzen Lanze sowie Pfeilen und Bogen. Falls es zu einem Kampf kam, hatte jeder zu seinem Schutz einen kleinen, runden Schild am Sattel hängen.

    Der Morgen war kühl, die Luft frisch und der Tag versprach klar und warm zu werden. Jugurtha und ich ritten an der Spitze. Die Hufe pochten rhythmisch, das Pochen vermischte sich mit dem Prusten und Schnauben der Pferde sowie dem leisen Klirren der Gebissketten. Wir mussten drei Meilen (mille passus = 1,48176 km) den Fluss hinunter. Das Wasser glitzerte im ersten Licht des Tages wie verflüssigte Bonze.

    Wir ritten in Schweigen versunken. Nachdem wir die sogenannte Contravallation, den äußeren Verteidigungsgürtel gegen Angriffe von außen, verlassen hatten, ließen wir die Pferde traben. Es wurde heller, die Natur gewann an Farbe, auf den Gräsern sah man den Tau glitzern.

    Die Sonne hatte sich schließlich über den Horizont erhoben, das Grau des Himmels war einem samtigen Blau gewichen, die Wärme nahm zu, erste Mücken stürzten sich auf uns, um uns und die Pferde zu quälen. Je weiter wir uns vom Lager entfernten, desto vorsichtiger wurden wir. Wie Scipio Aemilianus richtig bemerkt hatte: In diesem Land hatten wir nur Feinde. Die Römer hatten es sich mit Waffengewalt unterworfen, und nun unterjochten sie es. Die Steuern, die die Bevölkerung zu zahlen hatte, waren hoch. Wer nicht zahlte – aus welchen Gründen auch immer -, wurde drakonisch bestraft.

    Die Gefahr, überfallen und brutal erschlagen zu werden, war allgegenwärtig.

    Das Land war hügelig und das Blickfeld begrenzt. Unsere Augen waren dennoch unablässig in Bewegung. Wir blieben aber ungeschoren und schließlich lag das Gehöft vor uns. Auf Jugurthas Befehl hin parierten wir die Pferde und beobachteten das Anwesen. Die Tiere tänzelten unruhig unter uns, prusteten und scharrten mit den Hufen. Eines der Tiere wieherte.

    Von dem Bauernhof ging ein friedfertiger Eindruck aus. Aus dem Rauchabzug in dem mit Schilf gedeckten Dach des langgezogenen Wohnhauses stieg dunkler Holzrauch. Auf einer Koppel weideten ein halbes Dutzend Kühe, in einem Pferch waren einige Ziegen und Schafe untergebracht, im Hof badeten Hühner im Staub oder staksten nach Futter pickend herum.

    Von den Bewohnern war nichts zu sehen.

    „Reiten wir hin!, stieß Jugurtha im jähen Entschluss hervor. „Nehmt aber eure Schilder zur Hand und zieht die Schwerter. Wir wissen nicht, was uns erwartet.

    Er war argwöhnisch. In einem Land voller hasserfüllter Gegner konnte jeder Fehler tödliche Folgen haben. Daher war äußerste Vorsicht geboten.

    Wir nahmen unsere Schilder und zogen die Schwerter. Die Pferde lenkten wir mit den Schenkeln. Voll Anspannung ritten wir auf die Gebäude zu. Und jetzt erst schien man uns zu bemerken. Jemand brüllte voller Entsetzen: „Da kommen Reiter näher! Es sind Berber! Bewaffnet euch!"

    Wahrscheinlich hielt man uns für eine streunende Bande von Räubern und Mördern, von denen eine ganze Reihe das Land unsicher machte.

    Natürlich waren wir aufgrund unseres Äußeren schon von weitem als Menschen berbischer Abstammung zu erkennen. Jeder von uns trug eine schwarze, am Saum mit farbigen Fäden bestickte Hose, ein langes, ebenfalls schwarzes und bis zu den Knöcheln reichendes Übergewand sowie einen Gesichtsschleier, der unseren Mund verdeckte. Unsere Kopfbedeckung waren Turbane.

    Als wir zwischen zwei Ställen hindurch in den Hof ritten, hatten sich die Bewohner in den verschiedenen Gebäuden verschanzt.

    Der Hof war groß und staubig. Gackernd flohen die Hühner. Wir trieben die Pferde auseinander und bildeten eine Formation, die sich nach allen Seiten decken und gegebenenfalls auch verteidigen konnte.

    Wir wurden in einer Sprache angerufen, die keiner von uns verstand.

    „Kommt aus euren Verstecken und zeigt euch!", gebot Jugurtha in lateinischer Sprache, die er sehr gut beherrschte.

    Und in dieser Sprache antwortete ihm nun auch ein Mann. „Wer seid ihr?, fragte er. „Falls ihr hier seid, um uns zu berauben, so ist das sinnlos. Die Römer haben uns alles weggenommen, wir haben selbst noch kaum etwas zum Leben. Bei uns gibt es nichts zu holen – allenfalls unser Leben.

    „Wir verfolgen einen Mann, erwiderte Jugurtha. „Sein Name ist Rhetogenes.

    „Nie gehört den Namen!", behauptete der Mann im Wohnhaus. Er musste neben einer der leeren Fensterhöhlungen stehen, denn seine Worte waren klar und deutlich zu hören.

    „Wir gehören zur Armee des Militärtribuns Scipio Aemilianus, erklärte Jugurtha. „Sicher ist dir bekannt, dass jedwede feindselige Handlung gegen Angehörige Roms mit dem Tode bestraft wird. Dem Tod fällt überdies jeder anheim, der Feinde Roms unterstützt. Also sei vernünftig, komm aus dem Haus und beantworte meine Fragen.

    „Ich glaube dir kein Wort, versetzte der Bauer. „Verschwindet. Wir sind hier fast zwei Dutzend Männer und Frauen und wir lassen uns von euch räuberischem Gesindel nicht einschüchtern. Auch für Räuberei verhängen die römischen Blutsauger die Todesstrafe. Seht also lieber zu, dass ihr keiner römischen Patrouille in die Hände fallt und lasst uns in Ruhe.

    „Ich bin Jugurtha, der Sohn des Königs Micipsa von Numidien, und Feldherr der in der römischen Provinz Hispania stationierten numidischen Krieger. In meiner Eigenschaft als Gesandter des Militärtribuns Scipio Aemilianus gebiete ich dir, sofort aus dem Haus zu kommen und mir Rede und Antwort zu stehen. Wir wissen, dass sich Rhetogenes bei dir ein Pferd besorgt hat. Lügen ist also sinnlos und du schadest dir damit nur."

    „Hier hast du meine Antwort!", brüllte der Bauer. Im Fenster zeigte sich eine schemenhafte Gestalt und das Schwirren einer zurückschnellenden Bogensehne war zu vernehmen. Blitzartig, geradezu instinktiv riss Jugurtha den Schild hoch vor seine Brust und sein Gesicht, und mit einem trockenen Schlag bohrte sich ein Pfeil in das Hartholz von etwas mehr als einem Fingerbreit (röm. Längenmaß, genannt digitus = 18,522 mm) Stärke.

    Und dann ging alles blitzschnell. Wir sprangen von den Pferden und rannten auf die Türen und Tore der verschiedenen Gebäude zu, in denen sich möglicherweise Menschen versteckt hielten. Ich folgte Jugurtha zum Wohnhaus, durch dessen Fenster unser Anführer beschossen worden war. Die Tür war nur aus ungehobelten, groben Bohlen zusammengenagelt worden. Hinter uns erhob sich wildes Geschrei, Schritte trampelten, ein langgezogener, gellender Aufschrei mischte sich hinein. Jugurtha warf sich mit seinem ganzen Gewicht gegen die Türfüllung und sie flog krachend nach innen auf. Vom eigenen Schwung getrieben platzte Jugurtha wie von einem Katapult geschleudert in den Raum. Ein Mann stürzte ihm entgegen, in der Hand ein Langschwert, den Arm zum Schlag erhoben. Geschickt wich Jugurtha dem Schlag aus, und mit dem nächsten Atemzug rammte er dem Angreifer sein Schwert mit einer derartigen Wucht in den Leib und durchbohrte ihn, dass die Klinge aus dem Rücken eine ganze Elle weit herausschaute.

    Mit einem Ruck riss Jugurtha das Schwert wieder heraus.

    Ich hatte mich in der Zwischenzeit an meinem Herrn vorbeigedrängt und widmete mich einem jungen Burschen, der geduckt vor einer Frau und zwei Kindern stand und eine Axt in der Hand hielt. Seine Augen flackerten, seine Mundwinkel zuckten, jeder Zug seines bleichen Gesichts verriet Angst.

    „Lass die Axt fallen", kommandierte ich und streckte den Arm mit dem Schwert aus, sodass die Spitze der Klinge seinen Kehlkopf berührte.

    Der Bauer lag reglos am Boden, unter seinem Körper bildete sich eine Lache dunklen Blutes. Jugurtha stieg über ihn hinweg und trat von der Seite an den jungen Burschen heran, der sich nicht entscheiden konnte, ob er meine Anweisung befolgen oder angreifen sollte. Trotz seiner Furcht wirkte er sprungbereit und lauernd. Ein Mann in seiner Situation war unberechenbar, wenn ihn die Panik übermannte. Möglicherweise reagierte er wie ein in die Enge getriebenes Raubtier.

    Vom Hof erklang Geschrei.

    „Tu, was er sagt, stieß Jugurtha hervor. „Wir wollen euch nicht töten. Sag uns, was wir wissen wollen, und wir reiten weiter, ohne euch ein Haar gekrümmt zu haben.

    „Mein Vater … Der Junge sagte es auf Latein, seine Stimme brach. „Ist er tot?

    In den Augen der Frau an der Wand las ich namenloses Entsetzen. Ihre Lippen bebten, ihre Nasenflügel vibrierten. Sie mochte Mitte dreißig sein, sah aber vorgealtert und verbraucht aus. Sicher war ihr in ihrem bisherigen Leben nichts geschenkt worden.

    „Er hat es sich selbst zuzuschreiben, knurrte Jugurtha. Und an mich gewandt befahl er: „Schaff sie nach draußen. Wir werden sie zum Sprechen bringen.

    Ich verstärkte den Druck mit der Schwertspitze am Hals des Jungen etwas und schrie den Burschen an: „Weg mit der Axt! Oder muss ich dich töten?"

    Die Frau sagte etwas in ihrer Sprache, und nun öffnete sich die Hand des Burschen und die Axt fiel auf den gestampften Lehmboden.

    „Und nun geht hinaus!", gebot ich.

    Sie setzten sich in Bewegung.

    Es handelte sich – entgegen der Behauptung des Bauern - lediglich um vier Männer und fünf Frauen, die unsere Krieger aus ihren Verstecken getrieben hatten. Sie standen mitten im Hof und wurden von unseren Leuten in Schach gehalten. Die Frau, die beiden Kinder und der junge Bursche gesellten sich ihnen hinzu. Jugurtha und ich traten vor die kleine Gruppe hin: „Wohin hat sich Rhetogenes gewandt?", fragte Jugurtha eindringlich und sein Blick hatte sich regelrecht am Gesicht der Frau verkrallt, die wir im Wohnhaus angetroffen hatten.

    „Wir wissen es nicht", erwiderte sie mit unsicherer Stimme und in einem absolut schlechten Latein, dabei irrte ihr Blick ab und jedem war klar, dass sie log.

    „Na schön, knurrte Jugurtha. „Schlagt ihm den Kopf ab. Er wies mit dem Kinn auf den jungen Burschen, den wir im Haus mit der Axt angetroffen hatten.

    Sofort packten zwei unserer Krieger den Jungen, zerrten ihn von den anderen weg, drückten ihn nieder, sodass er im Staub kniete, und drückten seinen Kopf nach unten. Ein dritter unserer Männer trat hinzu, stellte sich neben den Heranwachsenden und hob die Hand mit dem Schwert, dessen Klinge im Sonnenschein blitzte.

    „Nein!, keuchte die Frau und fiel auf die Knie nieder, legte die Hände flach aneinander und hob sie in einer flehentlichen Geste. „Verschont meinen Sohn. Bei unserem Allvater Dagda (bei den Kelten der Vater aller Götter) – ich bitte dich, Herr, lass meinen Sohn am Leben. Reicht es nicht, dass du meinen Gatten getötet hast?

    „Warte, gebot Jugurtha dem Krieger mit dem zum Zuschlagen erhobenen Schwert, dann heftete er seinen Blick auf die Frau, deren Züge nun von Verzweiflung geprägt waren. „Wohin hat sich Rhetogenes gewandt? Beeile dich mit der Antwort, Frau. Wenn ich nicke, verliert dein Sohn den Kopf. Und meine Geduld hat Grenzen.

    „Er ist nach Segontia geritten und möchte dort Krieger rekrutieren, die mit ihm nach Numantia marschieren sollen. Von Segonita aus sollen Boten in die anderen Städte der Arevaker sowie zu den Stämmen der Vaccäer, der Beller, der Lusitanen, Galiciern und Lusonen eilen, um Krieger zu mobilisieren."

    „In Segonita sind doch römische Legionäre stationiert, gab Jugurtha mit Zweifeln in der Stimme zu verstehen. „Kaum anzunehmen, dass dieser Rhetogenes die Stirn besitzt, sich in die Höhle des Löwen zu wagen. Wenn er dabei ertappt wird, dass er zum Schaden Roms tätig ist, wirft man ihn den Hunden zum Fraß vor.

    „Ja, pflichtete die Frau bei, „Segonita ist von den Römern besetzt, wie alle anderen Städte auch. Dennoch will Rhetogenes alles daran setzen, um ein großes Heer auf die Beine zu stellen, das die Legionen und ihre Verbündeten vor Numantia vernichten soll.

    „Und ihr habt ihm für dieses verbrecherische Vorhaben Unterstützung gewährt, indem ihr ihm ein Pferd und Ausrüstung überlassen habt. Das ist ein todeswürdiges Verbrechen."

    „Wir wurden nicht gefragt, Herr, murmelte die Frau mit brüchiger Stimme. „Mein Mann hat ihm das Pferd, den Sattel, Zaumzeug und Proviant gegeben. Und den hast du bereits bestraft.

    Jugurtha dachte kurz nach, dann knurrte er: „Na schön, ich lasse noch einmal Gnade vor Recht ergehen und schone euer Leben. Lasst es euch zur Lehre gereichen. Ein weiteres Mal kommt ihr nicht so billig weg."

    Er gab den beiden Kriegern, die den Jungen zu Boden drückten, ein Zeichen, und sie ließen ihn los und traten zurück. Der Mann, der als Henker fungieren sollte, ließ die Hand mit dem Schwert sinken. Jugurtha rief: „Auf die Pferde! Wir reiten nach Segonita."

    2

    Kaum, dass wir außer Sichtweite des Gehöfts waren, zerrte Jugurtha sein Pferd in den Stand, und als auch der Rest des Trupps die Tiere pariert hatte, rief er: „Sie hat uns angelogen. Ich denke, dass sie sofort ihren Sohn losschickt, damit dieser Rhetogenes einholt und ihn darüber informiert, dass wir seinen Plan kennen und ihn verfolgen. Wir beobachten den Hof, und wenn ich mit meinem Verdacht richtig liege, folgen wir dem Burschen. Er wird uns zu Rhetogenes führen."

    Während wir lagerten, beobachteten zwei unserer Männer den Bauernhof, und tatsächlich meldeten sie schon nach kurzer Zeit, dass ein Reiter im Galopp das Gehöft verlassen hatte. Wir warfen uns in die Sättel und folgten ihm. Sein Pferd hatte im hohen Gras deutliche Spuren hinterlassen. Das Terrain war überdies hügelig und dicht mit Strauchwerk bestückt, sodass es uns nicht schwer fiel, ungesehen zu bleiben. Es gab jedenfalls keinen Hinweis darauf, dass uns der Reiter bemerkt hatte.

    Nach einer guten Stunde etwa stießen wir auf einen kleinen Weiler, der aus vier Bauernhöfen bestand. Sie muteten an wie ausgestorben, aber daran, dass in den Koppeln und Pferchen Nutztiere weideten, konnten wir erkennen, dass diese kleine Ansiedlung bewohnt war.

    Wir schwärmten aus und nahmen auf Jugurthas Geheiß hin die Schilde und Schwerter zur Hand. Es konnte ein Hinterhalt sein. Im Schritttempo näherten wir uns den ärmlich wirkenden Gebäuden. Als war fast heran waren, traten hinter den Häusern, Ställen, Scheunen und Schuppen Männer hervor; sie waren langhaarig und bärtig, meistens von hochgewachsener, kräftiger Gestalt. Es waren mehr als ein Dutzend, Junge und Alte, und drei von ihnen hielten ein Schwert in der Faust. Die anderen hatten sich mit Dreschflegeln, Mistgabeln oder einfach nur armdicken, soliden Knüppeln bewaffnet.

    Die Mienen waren von einer grimmigen Entschlossenheit geprägt.

    Ohne ein Wort zu verlieren begannen sie zu laufen, und als sie sich uns auf wenige Schritte genähert hatten, begannen sie schrille, aggressive Schreie auszustoßen, die uns wahrscheinlich erschrecken oder verunsichern sollten.

    „Macht sie nieder!", brüllte Jugurtha und spornte sein Pferd an. Das blinkende Schwert schwingend ritt er einen der Angreifer nieder und als ihm ein zweiter in die Quere kam, spaltete er ihm den Schädel.

    Ich schlug mit dem Schwert eine Mistgabel zur Seite, deren Zinken auf meine Brust zustießen, trat nach dem Burschen, der sie mit beiden Händen hielt, und als er stürzte, sprang ich vom Pferd und rammte ihm die scharfe Klinge in den Leib. Aber da sah ich aus den Augenwinkeln einen weiteren Gegner heranspringen, riss das Schwert aus dem zuckenden Leib und wandte mich dem Burschen zu. Er schwang einen soliden Knüppel und hätte mir sicher den Schädel zertrümmert, wenn ich mich nicht im letzten Moment zur Seite geworfen hätte. Aber da donnerte schon Jugurtha auf seinem Pferd heran und enthauptete ihn mit einem wilden Streich. Ein Schwall Blut ergoss sich über mich.

    Pferde wieherten, Männer brüllten, die Schwerter klirrten. Die Bauern kämpften zwar wie besessen, aber wir waren im Zweikampf ausgebildet, und so hatten sie keine echte Chance. Es dauerte nur wenige Minuten, dann hatten wir sie niedergekämpft. Nur noch drei von ihnen waren am Leben, und auch sie waren ziemlich übel verletzt worden.

    Einer von ihnen sprach Latein. Jugurtha ging bei ihm in die Hocke, ich blieb hinter unserem Anführer stehen, sodass mein Schatten auf ihn und den verwundeten Kelten fiel. Der Mann atmete rasselnd, sein Gesicht war mit dem Blut seiner Gefährten besudelt, das Blut vermischte sich auf seiner Haut mit seinem Schweiß.

    „Warum habt ihr uns angegriffen?", fragte Jugurtha.

    Ich wurde abgelenkt, denn jetzt zeigten sich bei den Höfen Frauen und Kinder. Zaghaft näherten sie sich. Ich sah bleiche Gesichter, schreckensgeweitete Augen und zuckende Lippen.

    „Wir – wir wollten euch daran hindern, dem Sohn des Belenus zu folgen", erwiderte der Kelte mit schwacher, kaum verständlicher Stimme. In seinen Augen wütete der Schmerz, in seinem von Wind, Sonne und Regen gegerbten Gesicht zuckten die Muskeln. Mit jedem seiner Herzschläge pulsierte Blut aus der Wunde in seiner rechten Brustseite.

    „Was ist sein Ziel?"

    „Er – er will Rhetogenes warnen."

    „Zu wem reitet Rhetogenes?"

    „Er – er wollte nach … nach …" Die Stimme des Verwundeten brach und nur noch unverständliches Gemurmel kam über seine trockenen, rissigen Lippen.

    Jetzt waren auch die Frauen und Kinder heran, einige unserer Leute aber umstellten sie und einer gebot ihnen, sich auf den Boden zu setzen. Sie gehorchten. Leises Weinen war zu hören.

    „Wohin wollte er?", fragte Jugurtha mit Nachdruck in der Stimme. Er rüttelte den Verletzten leicht, doch der schien ihn nicht mehr wahrzunehmen. Er bäumte sich auf, ein Röcheln stieg in seiner Brust empor und erstickte in seiner Kehle, haltlos fiel er zurück und seine Augen brachen.

    Die beiden anderen Verwundeten verstanden kein Latein, und unsere Sprache schon gar nicht. Dasselbe galt für die Frauen. Wir erfuhren also nicht, wo wir Rhetogenes suchen mussten.

    Jugurtha ließ die beiden Überlebenden des Kampfes, der uns aufgezwungen worden war, töten, wir brannten den Weiler nieder, um ein Exempel zu statuieren und entschlossen uns, weiterhin der Spur des jungen Belenus zu folgen.

    Das Leben der Frauen und Kinder hatten wir verschont. Wir konnten sie auch nicht mit uns nehmen, um sie zu versklaven, denn sie wären uns nur ein Klotz am Bein gewesen.

    3

    Am Abend erreichten wir einen Fluss, und an seinem Ufer verloren wir die Spur. Wir lagerten. Die Dunkelheit kam schnell. Es war eine klare, kühle Nacht und am Himmel flimmerten Myriaden von Sternen.

    Ich lag neben Jugurtha in eine dünne Decke gehüllt am Boden. Wir konnten uns einigermaßen sicher fühlen, denn wir hatten Wachen aufgestellt. Die Pferde hatten wir am Ufergebüsch angebunden, und zwar so, dass sie sowohl grasen als auch saufen konnten.

    Tiefe, gleichmäßige Atemzüge und auch leises Schnarchen verrieten mir, dass die Krieger, die lang ausgestreckt um uns herum lagen, schliefen. Als ich einmal zu Jugurtha hinüberschaute, sah ich seine Augen im Sternenlicht glitzern. Er hatte sie also geöffnet, was bedeutete, dass er wach war.

    „Warum schläfst du nicht?", fragte ich leise.

    „Ich denke nach", bekam ich als Antwort.

    „Worüber?"

    „Ich frage mich, was wir tun, wenn es uns nicht mehr gelingt, die Spur des Knaben aufzunehmen."

    „Darüber habe ich auch schon nachgedacht, erklärte ich und wälzte mich auf die Seite, sodass ich ihn sah, ohne den Kopf drehen zu müssen. „Darum schlage ich vor, dass wir trotz allem nach Segonita ziehen und die Besatzer dort informieren, dass im Land etwas im Gange ist, dass möglicherweise eine Armee von Keltiberern ausgehoben wird, die den Belagerungsring um Numantia sprengen soll. Von Segonita aus sollen Boten die anderen Garnisonen aufsuchen und sie alarmieren. Uns bleibt dann nichts anderes übrig, als umzukehren und abzuwarten.

    „Scipio Aemilianus wird von mir enttäuscht sein, verlieh Jugurtha seiner Befürchtung Ausdruck. „Es wird meinen Ruf schädigen.

    „Warum hast du so große Furcht davor, bei den Römern in Ungunsten zu fallen?", fragte ich, einer jähen Eingebung folgend. Es war in der Tat so: Jugurtha tat alles, um in den Augen der Römer Glanz und Gloria zu verbreiten, und das Schlimmste für ihn war wohl, dass der Eindruck entstehen könnte, er hätte in irgendeiner Hinsicht versagt.

    „Ich denke, dass ich die Römer noch brauche, erwiderte Jugurtha nach kurzer Überlegung. „Darum muss ich mir ihre Sympathien sichern. Männer wie Scipio Aemilianus können eines Tages sehr wichtig für mich sein. Mein Vater ist alt – seine Brüder, mit denen er sich die Herrschaft teilte, sind bereits gestorben. Wenn auch mein Vater stirbt, wird die Herrschaft wieder drei Brüdern obliegen – nämlich Adherbal, Hiempsal und mir. Wobei die beiden einiges dagegen haben werden, dass ich als illegitimer Sohn Micipsas ihnen gleichgestellt werde.

    „Der König hat dich adoptiert, wandte ich ein. „Damit stehst du im Rang eines legitimen Thronfolgers.

    „Adherbal und Hiempsal haben das nie akzeptiert. Da sie den König jedoch fürchten wagen sie jedoch nicht, dies zu verlautbaren. Sobald aber Micipsas tot sein wird …"

    Den Rest ließ Jugurtha offen, doch ich konnte mir an fünf Fingern abzählen, was sein Schweigen zum Ausdruck brachte.

    Mir lag die Frage auf der Zunge, ob er dann den Spieß umzudrehen wollte, insofern, als er Adherbal und Hiempsal auszuschalten gedachte und sich hierfür die Rückendeckung der Römer sichern musste. Aber Jugurtha und ich waren nicht nur Freunde. Er war mein Herr, und wenn ich mir ihm gegenüber auch Dinge herausnehmen durfte, die anderen verwehrt waren, so musste ich dennoch akribisch darauf achten, ihn nicht zu verärgern. Sich den Zorn seines Herrn zuzuziehen konnte schnell den Kopf kosten.

    In dieser Nacht konnte keiner von uns ahnen, dass bis zu König Micipsas Tod noch fünfzehn Jahre ins Land ziehen sollten. Eine lange Zeit, in der Jugurthas Pläne reifen und sich verfestigen würden. Der Tod des Königs sollte schließlich den Auftakt zu einem Drama darstellen, das Numidien und auch Rom viele blutige Jahre bescheren würde.

    Nach einer Zeit des Schweigens sagte Jugurtha: „Dein Vorschlag ist gut. Wir ziehen morgen weiter nach Segonita."

    Als der Tag anbrach, saßen wir wieder auf den Pferden. Stunde um Stunde zogen wir durch

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