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TEUFELSJÄGER: Die 14. Kompilation: „Diese Kompilation beinhaltet die Bände 71 bis 80 der laufenden Serie!“
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eBook781 Seiten10 Stunden

TEUFELSJÄGER: Die 14. Kompilation: „Diese Kompilation beinhaltet die Bände 71 bis 80 der laufenden Serie!“

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Über dieses E-Book

TEUFELSJÄGER: Die 14. Kompilation

  1. A. Hary (Hrsg.): „Diese Kompilation beinhaltet die Bände 71 bis 80 der laufenden Serie!“

 

Enthalten in dieser Sammlung:

 

71/72 »Höllenterror in Wessex« Dirk Taeger / »Das Grauen von Tanger« Jack Raymond

73/74 »Diener des Satans« Robert Gruber / »Die schwarze Macht« W. A. Hary

75/76 »Donnerhammer« / »Engel der Rache« W. A. Hary

77/78 »Am Ende aller Tage« / »Die rechte Hand des Teufels« W. A. Hary

79/80 »Der Zorn Afrikas« / »Mit den Waffen des Bösen« W. A. Hary

 

Die Serie TEUFELSJÄGER Mark Tate erschien bei Kelter im Jahr 2002 in 20 Bänden und dreht sich rund um Teufelsjäger Mark Tate. Bis Band 20 wurde sie von HARY-PRODUCTION neu aufgelegt und ab Band 21 nahtlos fortgesetzt! Jeder Band  ist jederzeit nachbestellbar.

 

Nähere Angaben zum Autor siehe auf Wikipedia unter dem Suchbegriff Wilfried A. Hary!

 

Urheberrechte am Grundkonzept zu Beginn der Serie Teufelsjäger Mark Tate: Wilfried A. Hary!

 

Copyright Realisierung und Folgekonzept aller Erscheinungsformen (einschließlich eBook, Print und Hörbuch)

by HARY-PRODUCTION

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum6. Aug. 2023
ISBN9783755449003
TEUFELSJÄGER: Die 14. Kompilation: „Diese Kompilation beinhaltet die Bände 71 bis 80 der laufenden Serie!“

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    Buchvorschau

    TEUFELSJÄGER - Wilfried A. Hary

    TEUFELSJÄGER: Die 14. Kompilation

    TEUFELSJÄGER:

    Die 14.

    Kompilation

    W. A. Hary (Hrsg.)

    Impressum:

    Diese Kompilation beinhaltet Bände aus der laufenden Serie rund um Mark Tate, natürlich für das Buchformat optimiert.

    Alleinige Urheberrechte an der Serie: Wilfried A. Hary

    Copyright Realisierung und Folgekonzept aller Erscheinungsformen

    (einschließlich eBook, Print und Hörbuch) by www.haryproduction.de

    Copyright dieser Fassung 2018 by www.HARYPRODUCTION.de

    Canadastr. 30 * D66482 Zweibrücken

    Telefon: 06332481150

    eMail: wah@HaryPro.de

    Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung jedweder Art nur mit schriftlicher Genehmigung von HaryProduction.

    Covergestaltung: Anistasius

    Die Serie TEUFELSJÄGER Mark Tate erschien bei Kelter im Jahr 2002 in 20 Bänden und dreht sich rund um Teufelsjäger Mark Tate. Bis Band 20 wurde sie von HARY-PRODUCTION neu aufgelegt und ab Band 21 nahtlos fortgesetzt! Jeder Band ist jederzeit nachbestellbar.

    Es ist kein Wunder, dass sich Kompilationen, also Sammlungen von mehreren Büchern und Texten in einem einzigen Band vereint, immer größerer Beliebtheit erfreuen. Immerhin bieten sie eine Fülle von Lesestoff für einen kleineren Geldbeutel. Unsere Kompilationen gibt es für jede Serie, und darin sind die Romane und Texte in ihrer richtigen Reihenfolge geordnet, so dass jeder seine Lieblingsserie nach Belieben zusammenstellen und sie am Ende vollständig besitzen kann. Sowohl als eBook, erhältlich über wirklich alle relevante Plattformen, als auch (natürlich!) als gedruckte Bücher, ebenfalls über alle maßgeblichen Plattformen erhältlich.

    Wie zum Beispiel dieser Band aus der Serie rund um Mark Tate:

    TEUFELSJÄGER: Die 14. Kompilation

    W. A. Hary (Hrsg.): „Diese Kompilation beinhaltet die Bände 71 bis 80 der laufenden Serie!"

    Enthalten in dieser Sammlung:

    71/72 »Höllenterror in Wessex« Dirk Taeger / »Das Grauen von Tanger« Jack Raymond

    73/74 »Diener des Satans« Robert Gruber / »Die schwarze Macht« W. A. Hary

    75/76 »Donnerhammer« / »Engel der Rache« W. A. Hary

    77/78 »Am Ende aller Tage« / »Die rechte Hand des Teufels« W. A. Hary

    79/80 »Der Zorn Afrikas« / »Mit den Waffen des Bösen« W. A. Hary

    Die Bände 71/72 bis 79/80

    Teufelsjäger 071

    Dirk Taeger

     Höllenterror in Wessex

    Wie letztes Mal schon erwähnt: In unserem mehrbändigen Zyklus kommen nach meiner Einleitung als W. A. Hary (siehe Band 68: Asmodis) ausnahmsweise einmal nur Gastautoren zu Wort. Bis einschließlich Band 73. Alle insgesamt sechs Bände lassen ausnahmsweise einmal May Harris berichten, anstelle von Mark Tate. Falls den Lesern diese Abwechslung gefällt, können wir das gern wiederholen.

    Aber freut euch nun mit mir über den Beitrag von Dirk Taeger, mit dem ich auch schon anderes gemeinsam geschrieben habe!

    Euer W. A. Hary

    1

    Kathleen schaute sich nervös um. Hatte sie da nicht ein Geräusch gehört? Nein, sie musste sich geirrt haben. Da war nichts. Zumindest hoffte sie das. Sie blickte zum Mond hinauf. Viel war von dem Himmelsgestirn nicht zu sehen. Wolkenfetzen zogen vor seiner bleichen Gestalt vorbei.

    Kathleen beschleunigte ihre Schritte. Wieso hatte sie auch diesen Weg gewählt? Sie hätte lieber den Umweg entlang der Hauptstraße nehmen sollen. Doch es war schon spät gewesen und sie wollte so schnell wie möglich nach Hause. Dieser Hohlweg führte entlang des Waldes und der Felder, war kürzer, allerdings auch unbeleuchtet. Zudem benutzte um diese Uhrzeit ihn niemand mehr. Bis auf Kathleen.

    Ab morgen würde sie den Umweg nehmen, beschloss sie. Kathleen jobbte in einem Pub außerhalb Alfingtons. Wenn sie Spätdienst hatte, wie heute, dann nahm sie den Spätbus - und kam danach hier vorbei, um nach Hause zu gelangen.

    Äste knackten. Kathleen sackte das Herz in die Hose. Was war das? Sie blieb stehen. Da, schon wieder das Knacken von Ästen. Es kam aus dem Wald, zu ihrer Linken...

    Kathleen war nicht ängstlich, doch diese Situation jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Angestrengt versuchte sie, die Ursache der Geräusche zu ermitteln. Doch so sehr sie sich bemühte, in dieser dunklen Nacht etwas zu erspähen, sie sah nichts... Doch, da war etwas.

    Ein Paar leuchtender Augen starrten sie an. Es waren keine menschlichen, sie sahen mehr wie Katzenaugen aus. Eine längliche Iris in einer runden, phosphoreszierenden Pupille. Schon atmete Kathleen auf. Sie hatte schon befürchtet, dass irgendein Perverser sie auflauern würde. Vor einer streunenden Wildkatze brauchte sie jedoch keine Angst zu haben.

    Schon wollte sie sich wieder abwenden, als aus dem einen Paar glühender Augen zwei, dann drei, dann vier wurden.

    Fasziniert sah Kathleen zu, bis es über ein Dutzend Augenpaare waren. Ihre Faszination schlug schnell in ein Gefühl der Beklommenheit um, als sie ein tiefes Grollen wahrnahm. Es dauerte einen Augenblick, bis sie realisierte, dass das Grollen von diesen Wesen mit den Augen kam. Und das Grollen wurde garantiert nicht von Katzen ausgestoßen. Doch welche Wesen konnten solch ein tiefes Geräusch hervorbringen? Kathleen sollte es einen Moment später erfahren...

    Ein Augenpaar sprang aus dem Unterholz hervor und landete auf dem Weg. Kathleen stieß einen hohen Schrei aus. Das, was sie sah, schien einem Albtraum entsprungen zu sein. Nie und nimmer konnte solch ein Ding - ja, Ding! - in Wahrheit existieren.

    Jedoch - es existierte. Und es kam näher.

    Das Wesen öffnet sein Maul und rasiermesser­scharfe Zähne blinkten kurz im Mondlicht auf.

    Kathleen wandte sich um und floh von diesem Ort. Sie sah nicht mehr, wie noch andere Wesen auf den Pfad sprangen. Es blieben ihr nur noch Sekunden, bis der Tod über sie kam. Noch wusste sie nicht, dass es kein Entkommen vor diesen Wesen gab. Augenblicklich hatten sie diese eingeholt, sprangen sie von hinten an und rissen sie um. Ihre Schreie verstummten schnell unter den mörderischen Bissen.

    Kathleen war das erste Opfer dieser Höllenwesen in Wessex. Sie würde nicht das letzte bleiben...

    *

    »Ja, wer ist da?« Ich lauschte angestrengt in die Telefonhörermuschel.

    »May, bist du das? Ich bin's, Susan.«

    Ich saß in meiner Woh­nung in London. Gerade war ich dabei gewesen, mir einen Tee zu machen, als das Telefon schellte. »Ach, du bist es. Wie geht es dir?« Ich hatte zunächst Susans Stimme nicht erkannt. Es war gerade mal drei Uhr nachmittags. Eine ungewöhnliche Zeit für Susan, anzurufen. Für gewöhnlich telefonierten wir beiden nur an Wochenenden miteinander.

    Sofort spürte ich, dass etwas Ungewöhnliches vor­gefallen sein musste. Dazu brauchte ich nicht auf meine Hexenkräfte zurückzugrei­fen, weibliche Intuition reichte dafür vollkommen aus. Mein Verdacht bestätigte sich, als ich ein leises Weinen aus dem Telefonhörer wahrnahm.

    »Was ist los, Susan?« fragte ich besorgt.

    »John ist verschwun­den.« Das war das einzige, was ich zu hören bekam. Dann nur wieder das Schluchzen meiner Freundin. Ich war bestürzt. Ich hatte tatsächlich Recht gehabt: etwas Schreckliches war vorgefal­len.

    »Beruhige dich erst einmal, Susan«, riet ich ihr. »Und dann erzählst du mir, was vorgefallen ist. Ich muss jede Einzelheit wissen.«

    Das Schluchzen auf der anderen Seite der Leitung wurde leise, dann hörte ich ein leises. »Okay, May. Hilfst du mir denn?«

    »Ja, selbstverständlich, doch zuerst muss ich wissen, was vorgefallen ist.«

    Langsam schien sich Susan zu beruhigen und begann zu erzählen.

    »Es war vor einer Woche. Kathleen Richards, eine Frau aus dem Dorf, wurde auf dem Weg nach Hause bestialisch ermordet. Man fand ihren Leichnam, oder besser, was davon übrig geblieben war, in der Nähe des Waldes. Die Polizei vermutet ein Sexualverbrechen, aber sie ist sich nicht sicher, da der Leichnam durch wilde Tiere zu stark zerstört worden war.

    Dann, vor drei Tagen, verschwand ein Schäfer. Man fand seine herrenlose Herde, von ihm jedoch keinerlei Spur. Vor zwei Tagen wurde dann ein Ornithologe, der jeden Sommer hier nach Alfington kommt, vermisst. Gestern sind zwei Mädchen nach einer Radtour durch den Wald nicht mehr aufgetaucht. Und heute... heute...«

    Ich spürte, wie schwer es Susan fiel, darüber zu reden. Ich konnte es ihr jedoch nicht ersparen. Wenn ich ihr wirklich helfen sollte, dann musste ich soviel Informationen bekommen, wie nur möglich.

    »...und heute morgen ist John einfach spurlos ver­schwunden.«

    Erneut schüttelte ein Weinkrampf meine Freundin. Ich wünschte mir, bei ihr zu sein, um sie direkt trösten zu können. Ich fühlte mich am Telefon ziemlich hilflos.

    »Was heißt: einfach ver­schwunden?«, hakte ich nach.

    »Er wollte heute morgen zum Joggen hinaus, dann ist er einfach nicht wieder gekommen.«

    »Was hast du dann gemacht?«

    »Ich habe die Polizei gerufen. Seit dem Verschwin­den der beiden Mädchen hat sogar Scotland Yard Beamte hierher geschickt.«

    Ich war zunächst beruhigt. Susan hatte genau das Richtige getan. Wenn schon Scotland Yard da war, dann musste es sich um eine große Sache handeln. Die Ermittler konnten Susan erst einmal besser helfen als ich, die hier in London saß.

    »Was hat die Polizei gesagt?«, wollte ich von ihr wissen.

    »Sie haben sofort eine Suche eingeleitet. Das ist jetzt drei Stunden her. Bis jetzt haben sie ihn nicht gefunden. Oh, May, ich habe solche Angst um ihn...«

    Bevor Susan wieder in Tränen ausbrechen konnte, versicherte ich ihr, dass ich nach Alfington kommen würde, um ihr zu helfen. »Allerdings dauert das noch etwas«, sagte ich ihr. »Ich muss noch einige Sachen zusammensuchen. Bis heute Abend werde ich aber bei dir sein.«

    Ich spürte förmlich, wie Susan wieder Hoffnung durch mein Versprechen fand. Ich hoffte nur, ich würde ihren Erwartungen gerecht werden. »Bis nach­her also. Und mache dir nicht so viele Sorgen. Scotland Yard weiß, was es tut. Sie werden John sicherlich finden, bis ich in Alfington eintroffen bin.«

    Ich legte auf. Einen Moment brauchte ich, um zu verdauen, was sich soeben gehört hatte.

    Susan war wirklich eine gute Freundin von mir. Wir kannten uns bereits seit ewigen Zeiten und hatten uns nur während meiner Ehe mit Edgar Harris aus den Augen verloren. Inzwischen trafen wir uns wieder und ein paar Mal im Monat telefonierten wir miteinander. Es war gut, eine Freundin wie Susan zu haben. Es hatte mir sogar meine Ehe mit Edgar etwas erleichtert, obwohl er da­mals jeglichen Kontakt unterbunden hatte. Aber ich hatte immer gewusst: Susan war auf meiner Seite!

    Mit Schaudern musste ich an diese schreckliche Zeit zurückdenken. An eine Zeit, in der mein teuflischer Ehemann meine Hexenkräfte mit Hilfe einer magischen Brille bannte. Dann brachte er meine Eltern um und zwang mich, ihn zu ermorden. Sein Plan war es, als Toter wiederzukehren und sich mit mir zu vereinen, denn nichts ist stärker als die Bindung zwischen Mörder und Opfer. Da ich eine weiße Hexe bin, hätte er so nahezu ultimative Macht erlangt. Mir gelang es jedoch rechtzeitig zu fliehen. Auf meiner Flucht traf ich Mark Tate, den Teufelsjäger. Mark half mir gegen den Dämon, zu dem mein Mann mittlerweile geworden war. Es gelang uns, ihn zu besiegen. Ich war von diesem Fluch befreit worden. So wie die Schicksalswege nun mal sind, verliebte ich mich in Mark und er sich in mich. Seit jenem Tag sind wir ein Paar.

    Gerade jetzt war Mark in der jenseitigen Sphäre mit Namen ORAN verschollen. Ich wusste nicht, ob er überhaupt noch am Leben war, vertraute jedoch auf mein beinahe untrügliches Gefühl, dass ich ihn wiedersehen würde. Bloß: Wann?

    Ich starrte das Telefon an. Es brachte nichts, sich über Mark Gedanken zu machen. Er konnte mir im Moment nicht helfen - und ich ihm nicht. Eine halbe Stunde später hatte ich einen kleinen Koffer gepackt und unseren gemeinsamen Freunden Bescheid gesagt, damit sie sich nicht unnötig Sorgen um mich machten. Mit mehr als einer Woche Aufenthalt in Alfington rechnete ich sowieso nicht. Falls Mark inzwischen wieder auftauchen sollte, würden sie mir Bescheid geben. Entweder sollte bis dahin die Polizei Susans Freund gefunden haben - oder ich, falls dämonische Einflüsse am Werk waren.

    2

    Ich brauchte fast zwei Stunden, um den hek­tischen Stadtverkehr Londons hinter mir zu lassen. Jetzt ließ der Verkehr es endlich zu, ein bisschen Gas zu geben. Ich hatte Susan versprochen, so schnell wie möglich bei ihr zu sein und das Versprechen wollte ich auch halten.

    Stetig bewegte ich mich auf der M3 Richtung Westen. Hinter Basingstoke bog ich auf die A303 ab. Nach einer weiteren Stunde hatte ich Wessex erreicht. Mir fiel wieder ein, was ich in der Schule darüber gelernt hatte. Wessex ist der Name eines alten Königreiches. Der erste König von Wessex war Cedric, der im fünften Jahrhundert nach Christus lebte. Im 9. Jahrhundert übernahm Wessex eine zentrale Rolle im neu geeinten England. Wessex war und ist sozusagen das Herz Englands. Und genau durch diese historische Landschaft fuhr ich jetzt. Mein Ziel war Alfington, ein kleines Dörfchen im Devon County gelegen.

    Ich machte mir wirklich Sorgen um Susan. Je näher ich ihr kam, desto sicherer wurde ich, dass übernatürliche Kräfte hier am Werk waren. Mochte es meine Bestimmung als weiße Hexe sein, oder einfach nur Zufall, jedenfalls bekam ich es nie mit normalen Fällen zu tun, eben so wenig wie Mark Tate.

    Ich hoffte nur, ich käme auch ohne den Schavall aus, jenem seltsamen Amulett, dem große Zauberkräfte inne wohnen. Er war genauso wie Mark verschollen...

    Endlich kam ich an die Ausfahrt zu Ottery St. Mary. Ein Dorf, das nur zwei Meilen von Alfington entfernt lag. Zehn Minuten später fuhr ich endlich in die Hofeinfahrt zu Susans Haus. Sie und John hatten sich das alte Bauernhaus vor zwei Jahren gekauft und es nach ihren Wünschen umgebaut. Es war zu einem schnuckeligen Heim geworden, in dem ich mich auch wohl fühlte.

    Ich schaute auf die Uhr. Es war bereits nach acht Uhr. Ich hatte länger gebraucht als erwartet. Wiederum hatte der Verkehr in London mir einen Strich durch die Rechnung gemacht.

    Susan hatte wohl den Wagen gehört, jedenfalls ging das Licht über der Eingangstür an und sie erschien auf dem Absatz. Ich war schon ausgestiegen und hob meinen Koffer gerade aus dem Auto.

    »Oh May!« Sofort kam Susan zu mir und umarmte mich. Dabei heulte sie herzergreifend. Es war mir sofort klar, dass Susan am Ende ihrer Kräfte war. Als wir zurück in ihr Haus gingen, stützte ich sie mehr, als dass sie alleine ging.

    »Komm, wir setzten uns erst einmal in die Küche und ich mache uns einen Tee«, schlug ich vor.

    Susan nickte. Sie war offensichtlich froh, dass ich endlich eingetroffen war. Keine Viertelstunde später saßen wir beide vor je einer dampfenden Tasse Darjeeling. Ich forderte Susan auf, mir nochmals die Geschichte von Johns Verschwinden und dem Tod dieser Kathleen Richards zu erzählen. Sie konnte mir allerdings nichts Neues berichten.

    »Oh, May. Ich habe solche Angst, dass John auch getötet worden ist. Vielleicht liegt seine Leiche irgendwo zerfetzt im Wald, oder er ist schwer verletzt und braucht Hilfe...«

    »Mach dich doch nicht verrückt, Susan«, versuchte ich sie zu beruhigen. »Die Polizei hätte ihn bestimmt schon gefunden, wenn er verletzt im Wald läge.«

    »Aber, das haben sie noch nicht.«

    »Die Polizei tut, was sie kann. Du hast doch selber gesagt, dass Scotland Yard Beamte her geschickt hat. Sie werden John finden.«

    Susan schlug die Hände vors Gesicht. »Ich hoffe nur, er lebt noch, wenn sie ihn finden.«

    Es war offensichtlich, wie Susan unter dieser Ungewissheit litt. Ich überredete sie, ins Bett zu gehen und sich auszuruhen. Sie ließ sich nur unter der Bedingung dazu ein, dass ich am nächsten Morgen mit der Polizei sprechen würde. Ich versprach es ihr. Es würde sowieso keinen Sinn machen, neben der Polizei zu ermitteln. Möglicherweise konn­te ich Ermittlungsergebnisse für meine Arbeit verwenden.

    Nachdem ich Susan ins Bett gebracht und ihr ein leichtes Beruhigungsmittel verabreicht hatte, wartete ich noch, bis sie eingeschlafen war. Dann machte ich mich zu meiner wichtigsten Informationsquelle auf; jedenfalls, wenn es um Ermittlungen ging: den örtlichen Pub.

    *

    Langsam neigte sich die Sonne dem Horizont entgegen. In einer Stunde würde sie dahinter verschwunden sein. Tiefrot leuchtete das Land unter ihren letzten Strahlen.

    »Wir hätten in der letzten Ortschaft ein Zimmer nehmen sollen«, jammerte die junge Frau, die in Begleitung des ebenso jungen Mannes war. Beide waren unschwer als Rucksacktouristen auszumachen. Robuste Hosen steckten in Wan­derstiefel. Beide hatten Jack Wolfskin Jacken an: er in blau-schwarz, sie in rot-schwarz. Große 60 Liter Rücksäcke trugen beide auf ihren Rücken.

    »Ich dachte, wir wollten Abenteuerurlaub machen, Birgit. Dazu gehört es nicht, dass man in einer Gaststätte übernachtet.« Jürgen war der Name des jungen Man­nes. Er sprach Deutsch mit seiner Gefährtin. Beide stam­mten aus Deutschland. Sie waren Studenten und hatten sich an der Universität Freiburg kennen gelernt. Nun waren sie im dritten Semester. Birgit studierte Anglistik und Jürgen Elektrotechnik. Beide hatten sich vor einem Jahr auf der Uni-Party lieben gelernt. Dieses Jahr hatten sie beschlossen, gemeinsam in den Urlaub zu fahren. Birgit hatte den Urlaubsort ausgesucht. Natürlich England. Sie war noch nie im Südwesten gewesen und so wollte sie Wessex erkunden.

    Jürgen durfte hingegen die Reiseart auswählen. So hatte er sich für einen Rucksackurlaub entschieden. Birgit war nicht gerade begeistert gewesen, aber versprochen war versprochen.

    So stapfte Birgit nun hinter Jürgen her und bedauerte es nicht schon in Ottery St. Mary auf ein richtiges Bett bestanden zu haben.

    Jürgen hatte wohl ihren Unmut bemerkt, so schlug er großzügig vor: »Dort drüben am Waldrand bauen wir unser Zelt auf. Morgen übernachten wir dann in einem richtigen Bett, okay?«

    Birgit schenkte ihm ein Lächeln, das ihm für diesen Vorschlag eine besondere Belohnung versprach. Sie hatte einfach keine Lust mehr, auf einer Isomatte zu liegen. So stapfte sie weiter. Der Waldrand war nicht mehr weit und nach Regen sah es auch nicht aus.

    Eine Stunde später wurde es dunkel. Jürgen hatte das Zelt aufgebaut, wie er es immer tat. Birgit hatte sich um das Essen gekümmert. Wie so oft gab es Spaghetti. Na, auch wenn die äußeren Umstände nicht so nach ihrem Geschmack waren, der Urlaub machte ihr dennoch Spaß. Es war einfach was anderes als Sprachurlaub in London oder eine Pauschalreise nach Mallorca.

    Vielleicht war es das, was sie an Jürgen so liebte: seine Ungezwungenheit. Sie hätte sich nie getraut, nur mit einem Rucksack und einem Zelt durch Wessex zu reisen. Auch, wenn sie ab und zu sich etwas beschwerte, musste sie sich dennoch eingestehen, dass es ihr gefiel. Allerdings freute sie sich auf ein richtiges Bett ebenso. Diese Nacht würde sie noch im Zelt überstehen.

    Sie wusste nicht, dass es ihre letzte sein würde... für immer.

    *

    Alfington war nicht groß. Mit seinen fünfhundert Einwohnern kam der Ort gerade mal mit einem Pub aus. Der war nun wiederum nicht schwer zu finden, lag er doch direkt an der Hauptstraße, die den Ort durchschnitt. Es war bereits halb Zehn durch, als ich den Knights Inn betrat.

    Tabakrauch vermischt mit Biergeruch schlug mir entgegen. Der typische Duft eines britischen Pubs eben. Das Knights Inn war ziemlich voll, für einen Wochentag jedenfalls. Offensichtlich ließen die Geschehnisse die Menschen das Verlangen nach Gesellschaft spüren. Ich suchte mir einen Weg zur Theke und bestellte einen Cidre, bezahlte ihn und zog mich in eine Ecke zurück, um die Anwesenden zu beobachten.

    Sofort fielen mir die zwei Männer in dunklem Zwirn auf. Sie unterschieden sich von den Dorfbewohnern wie der Tag von der Nacht. Die Einheimischen trugen zumeist abgetragene Cordhosen zu Tweedjacken, oder einfache Kleider. Junge Leute waren kaum zu sehen. Vielleicht gab es noch eine andere Vergnügungsmöglichkeit für die Jugend in Alfington. Es konnte auch sein, dass sie in die nächste Stadt fuhren, da dort der Pub möglicherweise mehr im Trend lag.

    Wie auch immer, ich beschloss mich zunächst nicht um die Leute vom Yard zu kümmern. Dazu hatte ich morgen noch genug Zeit. Manchmal wussten die einfachen Leute besser Bescheid, als die Polizei.

    Ich musste mich noch nicht einmal selber darum kümmern, um ins Gespräch zu kommen. Junge, schlanke Blondinen, oder einfach Frauen ohne Begleitung scheinen bei manchen Männern zu allen Zeiten einen gewissen Jagdinstinkt auszulösen.

    »Darf ich Ihnen etwas ausgeben?« wurde ich angesprochen. Es war ein großer, strohköpfige Mann, Ende dreißig, der mich angesprochen hatte. Offenbar ein Bauer, oder Landarbeiter, wie ich aus den schmutzigen Fingernägeln ersehen konnte. Na ja, immerhin ein Anfang.

    »Warum nicht?« Ich hielt ihm mein leeres Cidre-Glas hin. Mit einem schiefen Grinsen nahm er es und verschwand Richtung Theke. Wenig später kam er zurück.

    »Was macht so eine hübsche Frau in Alfington?« fragte er, während er mir das Glas reichte.

    »Danke. Ich habe von diesem Mord gehört. Ich will wissen, wer das war«, fiel ich sogleich mit der Tür ins Haus.

    Für einen Moment stutzte mein Gegenüber, dann fasste er sich wieder. »Sind Sie eine Journalistin?«

    »Nein.«

    »Eine Schnüfflerin - ähm... ich meine Privatdetektivin.«

    Ich lachte leise auf. »So etwas ähnliches. Ich untersuche seltsame Fälle und will ein Buch darüber schreiben.«

    So nah an der Wahrheit, fiel ein bisschen Flunkern gar nicht auf. Er schien mir die Erklärung abzunehmen.

    »Da sind Sie in Alfington gerade richtig, Miss...?«

    »Nennen Sie mich ruhig May.«

    »Angenehm. Ich bin Bob.«

    Wir prosteten uns zu.

    »Na, dann erzählen Sie mir doch mal, was hier so passiert ist«, forderte ich ihn auf.

    Verschwörerisch beugte sich Bob zu mir hinüber. »Erwähnen Sie mich dann auch in Ihrem Buch?«

    »Sicher, sicher«, log ich ihm vor.

    »Also, wo soll ich an­fangen?«

    »Am besten vorne.«

    »Na, dann hören Sie mal zu...«

    Ich war gespannt, was er mir zu erzählen hatte.

    *

    Voll und rund stand der Mond am Himmel. Zu dieser Stunde war die beste Jagdzeit. Es wurde Zeit, die Bestien herauszulassen. Sie wurden schon ganz unruhig. Er konnte es von hier oben hören. Forsch schritt er die Treppen hinab. Unten angekommen blickte er kurz durch das kleine Fenster, das mitten in der Tür eingelassen war.

    Ja, seine Ahnung hatte ihn nicht getrogen. Die Biester wieselten unruhig hin und her. Es waren keine Bestien, die man lange einsperren konnte. Sie mussten ihren natürlichen Jagdinstinkt ausleben, sonst wür­den sie wahnsinnig werden.

    Neben der Tür hing eine Kette hinab. Sie war gut einfettet und glänzte im kaltem Licht der Petroleumlampen, die das Gewölbe in ein mattes Licht tauchten.

    Er griff zur Kette und zog langsam daran. Kein Laut war zu hören, doch die Biester wurden unruhig. Sie hatten so feine Ohren, dass sie das leiseste Geräusch, selbst außerhalb des men­schlichen Wahrnehmungsvermögens erfassen konnten.

    Ja, seine kleinen Biester wussten, dass jetzt ihre Zeit gekommen war. Ein Tor öffnete sich, durch die Kettenbewegung ausgelöst, an der Stirnseite des Stalles.

    Sobald die Öffnung groß genug war, stoben die Bestien heraus, nahmen dabei keine Rücksicht auf Artgenossen. Kurz kam es zu einem Geknäul am Durchschlupf. Dann waren alle draußen.

    »Gute Jagd, meine Tierchen. Und bringt euch Vorrat mit«, wünschte ihnen die Gestalt. Dann stieg sie die Treppen wieder herauf. Es würde eine Weile dauern, bis seine Biester mit Beute zurückkämen...

    3

    Etwas hatte sie wach werden lassen. Verschlafen blickte sich Birgit um und sah... nichts. Sie brauchte einen Moment sich zu orientieren. Jetzt sah sie das fahle Licht des Vollmondes durch das Zelt scheinen. Neben ihr schnarchte Jürgen friedlich in seinem Rucksack.

    Birgit wusste nicht, was sie hatte erwachen lassen. Normalerweise hatte sie keinen leichten Schlaf. Womöglich war es diese ungewohnte Umgebung, die sie unruhig schlafen ließ. Irritiert schloss sie wieder die Augen, doch der Schlaf kam nicht. Dafür hörte sie plötzlich ein Schnüffeln.

    Erschrocken setzte sie sich auf. War das etwa ein Tier?

    Es war ganz nah. Jetzt vermeinte sie sogar einen Schatten am Zelt vorbeischleichen zu sehen. Sie war sich jedoch nicht ganz sicher. Ein unheimliches Gefühl überkam sie. Was wäre, wenn ein Wolf oder so da draußen war. Gab es in Wessex überhaupt noch, oder schon wieder, Wölfe? Sie wusste es nicht.

    Da war es wieder. Ja, es war ein Schleichen und ein Schnüffeln. Langsam bekam Birgit Angst.

    Sie blickte auf Jürgen hinab. Er schien überhaupt nichts mitzubekommen.

    »Jürgen, Jürgen, wach auf.« Sie rüttelte ihn.

    »Was ist denn los, Birgit?« bekam sie seine verschlafene Antwort zu hören.

    »Da draußen ist etwas, Jürgen. Hörst du es denn nicht?« Während Birgit sprach, rüttelte sie ihn weiter.

    Jürgen setzte sich auf und rieb sich die Augen. »Wird wohl ein Fuchs oder ein Wildschwein sein«, meinte er. »Kein Grund zur Panik, die verschwinden schon wieder.«

    »Nein, das ist kein Wildschwein, hör doch mal.« Birgit klang schon fast panisch. Vielleicht reagierte sie über, doch sie hatte wirklich Angst.

    Natürlich war in den drauffolgenden Sekunden nichts zu hören. So war das eben mit dem Vorführeffekt.

    »Na siehst du«, sagte Jürgen und legte ein Arm um sie. »Da ist nichts. Lege dich wieder hin. Manchmal hört man seltsame Sachen im Wald, wo nichts ist.«

    Jürgens Worte sollten sie beruhigen, doch sie taten es nicht. Auch sein Arm vertrieb ihre Angst nicht. Sie war keine hysterische Zicke. Sie wusste, was sie gehört hatte.

    Schon wollte sie sich trotz ihrer unbestimmten Angst wieder hinlegen, als das Schnüffeln wieder zu hören war. Diesmal lauter und viel näher, zudem mussten dort draußen nun mehr als ein Tier sein.

    Sie sah Jürgens verdutztes Gesicht, dennoch sagte sie triumphierend: »Na, hörst du das jetzt auch?«

    Allerdings hielt ihr Triumphgefühl nicht lange an. Die Geräusche klangen noch unheimlicher und bedrohlicher als zuvor.

    »Das sind keine Füchse oder Wildschweine«, gestand Jürgen ein.

    »Wölfe?«, fragte Birgit unsicher.

    Jürgen lauschte dem Schnüffeln, das jetzt ganz deutlich durch die Zeltwand drang. Er nickte bedächtig. »Möglicherweise.« Er klang nicht sicher. Birgit bemerkte es. War sie zunächst froh, nicht alleine zu sein, jedoch wuchs ihre Zuversicht nicht mit Jürgens Unsicherheit. »Was machen wir jetzt?« fragte sie unsicher.

    Jürgens schaute sie an. Ihm war anzumerken, dass er sich auch nicht wohl in seiner Haut fühlte. »Ich werde nachsehen gehen.«

    Sofort spürte Birgit, welches Unheil mit diesen Worten heraufbeschworen wurde. »Geh bitte nicht, Jürgen«, bat sie ihn.

    »Wieso nicht?« Seine Stimme hatte an Festigkeit gewonnen.

    »Ich habe kein gutes Gefühl dabei. Bleib lieber hier, Jürgen.«

    »Es wird nur irgendein harmloses Tier sein. Ich gehe nur kurz raus und vertreibe es. Dann können wir beruhigt weiterschlafen.«

    Birgit war nicht überzeugt. In ihrer Vorstellung lauerte da draußen eine Bestie, die nur darauf wartete, dass sie herauskämen.

    Jürgen stand auf. »Du brauchst wirklich keine Angst zu haben. Ich bin gleich wieder da.« Er beugte sich vornüber und hob seine Taschenlampe auf.

    Birgits ungutes Gefühl wurde immer stärker, gleichzeitig spürte sie wieder ihre unbestimmte Angst, die ihr wie ein kalter Kloß im Magen lag.

    »Bleib bitte hier, Jürgen. Ich habe wirklich Angst, dass dir etwas geschehen könnte.«

    »Du brauchst keine Angst zu haben. Ich bin gleich wieder da.«

    Jürgen zog den Reißverschluss am Eingang hoch und verschwand im Dunklen. Birgit sah, wie der Strahl seiner Taschenlampe durch die Nacht schnitt. Dann hörte sie seine Schritte, wie er um das Zelt ging.

    Angespannt wartete sie, was passieren mochte. Sie traute sich kaum zu atmen. Sie hatte fürchterliche Angst um Jürgen. Da draußen war etwas. Etwas, auf jeden Fall war es kein Tier. Dessen war sich Birgit mittlerweile sicher. Es musste etwas Fürchterliches sein.

    »Nein...!« Der Schrei durchbrach die Stille, die sich um das Zelt herabgesenkt hatte.

    Sofort schreckte Birgit auf. Das war Jürgen. Was war geschehen? Bestürzt lauschte sie.

    »Nein! Weg von mir! Lasst mich in Ruhe!« Jürgen klang panisch. Jetzt hörte Birgit, wie er sich dem Zelt näherte. Was war da draußen nur los?

    Da hörte sie einen schrecklichen, schmerzhaften Schrei, zugleich war die Luft mit einem infernalischen Fauchen erfüllt. Ein Körper schlug mit einem dumpfen Schlag auf den Waldboden auf. Dann war für Sekunden Stille. Das nächste, was Birgit hörte, ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Es war ein Gurgeln, verbunden mit einem Reißen, so... so als würde jemandem die Kehle durchgebissen werden.

    »Jürgen!« Birgit schrie den Namen ihres Freundes. Immer und immer wieder. Sie bekam einfach keine Antwort von ihm. Was mochte ihm zugestoßen sein? Ein wildes Tier hatte ihn mit Sicherheit nicht angegriffen. Was war es dann gewesen?

    Birgits Schreien hatte sich mittlerweile in ein leises Schluchzen verwandelt. Sie war nahe daran in Ohnmacht zu fallen. Jürgen war tot, das spürte sie. Umgebracht von einer Präsenz des Bösen. Sie spürte es jetzt deutlich. Wo waren sie beide da nur hereingeraten?

    Birgit schlug die Hände vors Gesicht. Sie konnte nicht mehr denken. Sie war leer, einfach nur leer.

    Da! Was war das?

    Das Schnüffeln hatte wieder begonnen. Kreatürliche Angst überfiel sie. Kamen diese Dämonen, oder was es immer war, um sie jetzt zu holen?

    Birgit schüttelte ihre Lähmung ab. Diese Dämonen hatten Jürgen ermordet. Bei ihr würden sie es nicht schaffen, das schwor sie sich. Die Menschen sollten erfahren, was sich für ein Höllenterror hier in Wessex abspielte.

    Sie nahm ihren ganzen Mut zusammen und schoss aus dem Zelt. Ohne nach links oder rechts zu schauen, rannte sie einfach los. Sie wusste nicht wohin. Es war egal, nur weg, weg von diesen Dämonen.

    Zunächst dachte sie, sie hätte sie abgeschüttelt. Hoffnung keimte in ihr auf, dem Schrecken entronnen zu sein. Dieser Hoffnungsschimmer wurde jäh zerstört, als sie hinter sich ein Hecheln aus vielen Kehlen hörte. Es klang, als wären alle Höllenhunde hinter ihr her und es klang böse.

    Birgit beschleunigte ihre Schritte noch. Sie wollte sich nicht umdrehen, nicht sehen, was sie da verfolgte. Ihre Lungen brannten. Doch sie wollte nicht aufgeben. Das würde ihren sicheren Tod bedeuten.

    Birgit spürte, wie sich ihr Fuß in etwas verfing. Sie hob vom Boden ab, hatte einen Augenblick das Gefühl zu schweben. Dann schlug sie auf den Boden auf. Reisig und Blätter dämpfen glücklicherweise ihren Aufprall. Ihr Gesicht wurde in den Mulch des Waldbodens gedrückt. Doch, ob man von Glück sprechen konnte, wusste Birgit nicht. Sie hatte sich nichts gebrochen, doch das Hecheln war direkt hinter ihrem Rücken. Die Dämonen hatten sie eingeholt!

    Mit zugekniffenen Augen wartete sie ab, dass sie angefallen würde. Ein, zwei, drei Sekunden verstrichen. Nichts geschah! Nur das Hecheln schien nun von allen Seiten zu kommen.

    Was sollte sie machen? Sie konnte doch nicht ewig hier liegen. Modergeruch stieg in ihre Nase und noch etwas anderes. Es war ein Geruch nach Eisen. »So riecht doch... Blut«, dachte sie furchtsam.

    Sie blieb liegen. Das Gesicht weiter in den Boden gepresst, als ob sie so die Realität verneinen könnte. Wäre da das Hechel nicht gewesen, dann wäre es ihr vielleicht gelungen.

    Die Zeit verging. Birgit wusste nicht, wie lange sie schon so dalag. Eine Minute, fünf Minuten, eine halbe Stunde?

    Sie würde verrückt werden, wenn sie noch länger hier liegen bliebe. Dieses gräuliche Hecheln nahm ihr den Verstand. Mit einem Schrei drehte sie sich um, nichts ahnend, was sie erwartete.

    Der Schrei erstarb auf ihren Lippen, riss ab wie von einem Sturm verweht. Sie sah zunächst, worüber sie gestolpert war.

    Es war Jürgen...

    Offenbar hatten die Dämonen sie zurück zum Zelt gehetzt. Nun lag sie direkt vor Jürgen, oder besser gesagt, vor dem, was von ihm noch übriggeblieben war.

    Sein Körper war aufgerissen, man konnte einen Teil des Magens und auch der Leber sehen. Der Kopf war nur noch durch ein paar Sehnen mit dem Körper verbunden. Leere Augenhöhlen wirkten wie schwarze Löcher in seinem entstellten Gesicht. Direkt neben ihr lag ein abgerissener Arm. Blutige Hautfetzen hingen an der Rissstelle herab. Sie sah, dass der Knochen glatt durchtrennt war. Das Kno­chenmark schimmerte gelb­lich und kontrastreich zum dunkelroten Muskelfleisch.

    Birgit war zu geschockt, um all dies wirklich wahr zu nehmen. Ohne Atemreflex wäre sie erstickt.

    Nur sehr langsam drang das Hecheln der Dämonen in ihre Ohren. Sie brauchte eine Weile, bis ihr Gehirn die Informationen vom Trommelfell bewusst verarbeitete.

    Birgit hob lahm den Kopf. Nun würde sie sehen, was Jürgen getötet und sie verfolgt hatte.

    Sie standen um sie herum. Es mochten vier oder fünf Dämonen sein. Es waren Kreaturen, wie sie Birgit noch nie gesehen hatte. Hatte sie Jürgens schrecklicher Tod sie geschockt? Das, was sie jetzt sah, ließ sie endgültig in den Irrsinn abgleiten. Ihr Gehirn versagte ihr den weiteren Dienst. Es wollte nicht verarbeiten, was die Augen ihm lieferten. Birgit hatte gewusst, dass Dämonen sie verfolgten. Auch, wenn sie nun in ihrer Vermutung bestätigt wurde. Ein Trost war das nicht.

    Die Dämonen kamen näher. Feuchte, dünne Zungen suchten sie. Birgit spürte, wie ihr schwarz vor Augen wurde, dann verlor sie endgültig das Bewusstsein.

    Es war ein gnädiger Akt, den ihr Körper ihr gestattete. Wusste er doch nicht, dass alles, was Birgit bisher erlebt hatte, nichts im Vergleich zu dem war, was ihr noch bevorstand.

    Die Dämonen ließen von ihr ab, nachdem sie das Bewusstsein verloren hatte. Sie labten sich noch eine Weile an den toten Körper Jürgens, dann wandten sie sich wieder Birgit zu.

    Eins dieser Wesen nahm die Frau zwischen seine Klauen. Dann schleppte er sie fort.

    Es dauerte noch fast eine Stunde, bis sich die nachtaktiven Tiere des Waldes wieder trauten, diesen Teil des Forstes zu betreten.

    4

    Missmutig blickte ich Bob an, während ich an meinem Cidre nippte. Dieser Bob war als Informationsquelle eine ziemliche Niete. Er konnte mir auch nicht mehr über den Mord an Kathleen Richards oder das spurlose Verschwinden von fünf Menschen berichten, als ich bereits wusste. Vermutlich wollte er nur mit mir ins Gespräch kommen und sich wichtig machen. Mir ist durchaus bewusst, dass ich für manche attraktiv bin. Nur die wenigsten Männer wissen um den einzigen Mann, den es in meinem Leben gibt und das ist Mark Tate, der Teufelsjäger.

    Hätte ich Bob erzählt, ich wäre eine weißmagische Hexe, er hätte nur gestaunt und mich nicht für voll genommen.

    »Machen Sie sich denn gar keine Notizen?«

    Ich wurde aus meine Gedanken gerissen.

    »Für Ihr Buch, meine ich?«

    »Nein, ich habe ein gutes Gedächtnis«, beschied ich ihm. »Allerdings war alles, was Sie bisher berichtet haben, nicht gerade neu für mich.« Ich hatte keine Lust, noch mehr Zeit mit ihm zu verschwenden. Die Wahrheit ist manchmal das beste Mittel, Leute los zu werden.

    Er schaute mich verdutzt an, dann bekamen seine Augen einen enttäuschten Blick. »Wollen Sie etwa die Geschichte mit den Ungeheuern hören?«

    »Ja!« Das hörte sich schon interessanter an. Möglicherweise wusste Bob doch mehr als ich dachte.

    »Na, dann lassen Sie sich den Quatsch von jemand anderem erzählen. Einen guten Abend noch.«

    Offenbar hatte ich ihn in seiner männlichen Ehre gekränkt. Er verließ die Theke und setzte sich zu ein paar Einheimischen am Tisch. Die begrüßten ihn mit höh­nischen Mienen. Dann redeten sie auf ihn ein. Ich konnte mir schon vorstellen, was da geredet wurde.

    Wenn Bob etwas über angebliche Ungeheuer wusste, dann war er bestimmt nicht der einzige. Es sei denn, er hatte nur geprahlt.

    Ich blickte mich um. Die zwei Männer vom Yard saßen immer noch allein am Tisch und tranken von ihrem Ale. Wieso nicht jetzt, sagte ich mir. Irgendwann musste ich ja mit der Polizei reden und ein anderer Gesprächspartner zeichnete sich im Moment nicht ab.

    Ich nahm mein Cidre-Glas und begab mich zu dem Tisch.

    »Mein Name ist May Harris«, stellte ich mich vor. »Darf ich mich setzen?«

    Die beiden Yard Beamten schauten mich im ersten Moment verdutzt an. »Falls Sie eine Information für uns haben, dann kommen Sie bitte morgen früh vorbei«, beschied mich der Ältere von den beiden.

    Ich dachte an Tab Furlong, seines Zeichens selber Chefinspector beim Yard - und entschied mich dagegen, ihn gegenüber den beiden zu nennen. Nein, das würde vielleicht das Gegenteil von dem bewirken, was ich damit hätte erreichen wollen. Es musste anders gehen...

    »Im Gegenteil. Ich suche Informationen.« Ohne auf die Aufforderung zu warten, setzte ich mich. Die beiden Beamten blickten sich an. Offenbar hatte ich ihr Interesse geweckt.

    »Um es vorab zu sagen: Ich bin keine Journalistin. Susan Brown, die Verlobte des verschwundene John Manson, ist eine Freundin von mir.«

    »Und dann meinen Sie, Sie könnten so einfach mal selber den Fall untersuchen«, spöttelte der eine Yard-Mann.

    »Na, im Moment versuche ich nur herauszufinden, mit wem ich gerade spreche«, erwiderte ich spitz.

    Der Jüngere der beiden Polizisten wurde rot, der andere blickte noch ärgerlicher drein. Dann besann er sich allerdings seines guten Elternhauses. »Entschuldigen Sie Miss Harris. Mein Name ist Inspector Hawkings und dies ist Constable Anderson.« Er deutete auf den jungen Polizisten neben ihm. »Sie haben sich sicherlich schon gedacht, dass wir beide von Scotland Yard sind.

    Ich nickte: »Um ehrlich zu sein. Das war nicht zu übersehen.«

    »Sie kennen Miss Brown?«

    Ich nickte. »Deshalb bin ich hier. Sie ist ganz aufgelöst, nach dem Ver­schwinden ihres Freundes. Haben Sie denn schon eine Spur?«

    »Sie wissen, dass wir Ihnen nichts sagen dürfen. Sie sind keine Verwandte.«

    Oh Gott, dieser Polizist war wirklich ein harter Brocken. Wäre die Polizei nicht immer so ablehnend meiner und Mark Tates Arbeit gegenüber, wir hätten es manchmal wesentlich leichter. Allerdings gab es auch andere Beispiele. Wie Fu Long. Er hatte uns schon öfter unterstützt.

    »Stellen Sie sich nicht so an, Inspector. Wir haben beide die selben Ziele.«

    »Das sagen Sie, Miss Harris.« Er schaute mich ziemlich verkniffen an. Dann stand er auf. »Sie entschuldigen mich...« Inspector Hawkings stand auf und ging schnurstracks zur Toilette.

    Ich nahm den Constable ins Visier. Ihm war der Auftritt seines Chefs offensichtlich peinlich. Sein ganzes Gesicht leuchtete wie ein Glühwürmchen.

    »Normalerweise ist er nicht so.« Anderson deute mit seinem hervorspringen Kinn Richtung Toiletten.

    Ich ließ ihn reden. Manchmal war es besser einfach zuzuhören, anstatt Fragen zu stellen. Ein peinliches Gefühl veranlasst manche Menschen, Aussagen zu tätigen, die sie sonst nicht machen würden.

    »Er ist nur frustriert. Den ganzen Tag haben wir die Gegend abgesucht und nichts gefunden. Das kann er einfach nicht haben...« Der junge Constable schwieg und blickte in sein Ale.

    »Das verstehe ich. Doch es bringt mich nicht weiter.«

    Er blickte kurz auf. »Kommen Sie doch morgen in die örtliche Polizeistation. Bei Tageslicht sieht alles freundlicher auf. Da hat er vielleicht bessere Laune.«

    »Danke, für den Tipp«, sagte ich. Er zuckte mit den Schultern. Ich stand auf. »Bis morgen dann.«

    Aus den Augenwinkeln sah ich, wie der Inspector zurückkam. Er wirkte nicht glücklicher als zuvor. Ich setzte mich wieder an die Bar. Weit gekommen war ich mit meinen Recherchen ja nicht. Na ja, morgen war auch noch ein Tag. Ich hoffte nur John würde bald gefunden werden. Jeder weitere Tag, verringerte seine Chance lebend gefunden zu werden. Auf jeden Fall musste ich der Spur mit den Ungeheuern nachgehen. Zwar schossen bei solchen Ereignissen wie hier in Alfington die Gerüchte ins Kraut. Doch hier beschlich mich das beklemmende Gefühl, Bob könnte mit seinen Ungeheuren recht haben. Zuweilen gelang es mir negative schwarzmagische Energien zu orten. Es funktionierte nicht immer. Schließlich wusste ich selbst noch nicht, über was für ein magisches Potential ich verfügte. Hier, in Alfington, konnte ich jedenfalls eindeutig seltsame magische Emanation spüren...

    Nachdem ich zu Susans Haus zurück gegangen war, schaute ich nach meiner Freundin. Sie schlief noch so fest und tief, wie ich sie zurückgelassen hatte. Ich war froh, dass sie etwas Ruhe bekam. Meine Ankunft in Alfington schien ihr etwas Zuversicht gegeben zu haben. Allerdings konnte ich das nicht so sehen. Die Informationen aus dem Pub waren schon mehr als dürftig. Und die Polizei war auch nicht gerade hilfreich gewesen. Doch das war nicht das einzige, was mir Sorgen bereitete. Wenn ich meinen magischen Sinnen als Hexe Glauben schenken konnte, dann geschah hier in Alfington etwas Böses. Gut, dass mich Susan um Hilfe geben hatte. Die Polizei würde mit so etwas nicht fertig werden. Wenn der Teufelsjäger und mein Freund Mark Tate nicht zugegen war, um diesen dämonischen Umtrieben nachzugehen, dann bin ich sicherlich am Geeigneten dafür.

    Es hatte jetzt keinen Sinn darüber nachzugrübeln, ob John am Leben war oder nicht. Ich war müde. Also begab ich mich zu Bett. Glücklicherweise fiel ich in einen traumlosen Schlaf. Das war nicht immer der Fall.

    *

    Als Birgit erwachte, wusste sie zunächst nicht, wo sie war. Sie hatte einen schrecklichen Alptraum gehabt. Irgendwelche geifernden Ungeheuer hatten Jürgen zerfleischt und dann waren diese Ungeheuer auf sie zugekommen. Birgit fröstelte als sie an diesen Traum dachte.

    Nein, sie fröstelte wirklich. Wieso war ihr so kalt? Sie blickte sich um. Alles war schwarz.

    Es dauerte ein Augenblick, bis sie sich an die Dunkelheit gewöhnt hatte. Seltsam, den Mond müsste man doch durch das Zeltdach sehen? Und wieso war ihre Isomatte so hart?

    Birgit begriff nicht, was hier vor sich ging. Verwirrt versuchte sie die Dunkelheit zu durchdringen. Irgendwo stöhnt jemand.

    »Jürgen...?« Ihr leises Rufen wurde nicht beantwortet. Erst jetzt, in diesem Moment, bemerkte sie den eigenartigen Geruch. Sie wollte es zunächst nicht glauben, doch es stank nach menschlichen Exkrementen. Dann war wieder dieses Stöhnen.

    Birgit bekam es mit der Angst zu tun. Sie setzte sich ruckartig auf. Dabei fasste sie in eine feuchte, unangenehme Masse. Erschrocken riss sie ihre Hand vors Gesicht. Es war altes, verfaulendes Stroh, das sich schon halb zersetzt hatte. Sie rümpfte die Nase vor Ekel und versuchte die Masse von ihren Fingern zu reiben. Einen Moment vergaß sie so ihre Umgebung. Doch das Stöhnen brachte sie in die Wirklichkeit zurück.

    Es war ihr klar, sie befand sich nicht in einem Zelt. Aber ihr Verstand weigerte sich, Jürgens Tod und die Monster als Tatsache anzuerkennen. Es musste einen anderen Grund geben, weshalb sie sich in diesem... Birgit wollte Kerker denken, doch ihr Verstand ließ nur Keller zu - befand.

    5

    Ich wachte erst auf, als mir die Morgensonne ins Gesicht stach. Irgendwie fühlte ich mich noch benommen. War eigentlich auch kein Wunder. Erst die lange Fahrt von London hierher und dann auch noch der Besuch im Pub. Viel geschlafen hatte ich auch nicht. Doch alles lamentieren nützte nichts. Ich sprang aus dem Bett. Nach einer ausgiebigen Morgentoilette stieg ich die Stufen in die Küche hinab. Von dort begrüßte mich schon Kaffeeduft zudem schnupperte ich frischen Toast. Mein Magen meldete sich freudig. Susan war offensichtlich vor mir aufgestanden.

    »Wie geht es dir?« begrüßte ich sie.

    »So la la, aber erst einmal einen guten Morgen.«

    Susan sah immerhin etwas besser aus als noch gestern Abend. Der Schlaf hatte ihr sichtlich gut getan.

    »Hast du gestern etwas im Pub erfahren?« fragte sie sogleich neugierig.

    Ich schüttelte den Kopf. »Leider nicht viel. Ich werde aber gleich mal die Verantwortlichen vom Yard hier in Alfington einen Besuch abstatten. Vielleicht erfahre ich dann mehr.«

    Es war nicht leicht Optimismus zu verbreiten. John hatte man immer noch nicht gefunden. Mit jeder verstrichenen Stunde sanken die Chancen ihn lebend zu finden. Zudem tappte das Yard im Dunklen. Das war offensichtlich. Doch all dies konnte ich Susan nicht ins Gesicht sagen. Ich brachte es einfach nicht übers Herz. Susan hatte ich einfach zu liebgewonnen, als dass ich ihr so einen Schmerz hätte zufügen können.

    »Ich komme mit, May«, beschied sie.

    Ich war nicht der Ansicht, dass dies eine gute Idee wäre, doch ich merkte Susans Entschlossenheit in diesem Punkt. Wer konnte es ihr auch schon verübeln? Natürlich wollte sie wissen, wie es mit der Suche nach John voranging. Also nickte ich. »Gut, brechen wir gleich nach dem Frühstück auf.«

    Eine Stunde später waren wir bereit. Susan führte mich die Hauptstraße des Dorfes hinunter. Scotland Yard hatte sein Hauptquartier in der Schule des Ortes aufgeschlagen. Es lag am anderen Ende des Dorfes, etwas abseits der kleinen, putzigen Häuser, die den Kern von Alfington bildeten. Die Schule war geschlossen worden, die Eltern hatten Angst um ihre Kinder und ließen sie nicht mehr aus dem Haus.

    Ich konnte die angespannte Atmosphäre spüren, die fast greifbar war. Leute standen zusammen und redeten erregt miteinander, manche tuschelten nur. Auf der anderen Seite blickten sie sich ängstlich um, wenn irgendwo ein Geräusch zu hören war. Gestern Nacht hatte ich diese Anspannung nicht bemerkt. Vermutlich hatte der Alkohol die Menschen für eine kurze Zeit ihre Furcht vergessen lassen. Ich schüttelte unwillkürlich den Kopf.

    »Was ist los, May?« fragte mich Susan.

    »Bemerkst du nicht die Angst der Leute? Alles verhält sich so, als würde ein Vulkan kurz vor dem Ausbrechen stehen.«

    Susan blickte sich um. »Du hast recht. Jetzt fällt es mir auch auf. Aber es ist doch nicht verwunderlich. Nach all den Ereignissen. Wer will es den Leuten verübeln, dass sie Furcht haben. Ich selber kann kaum noch denken, solche Angst habe ich um John.«

    Ich nickte zu ihren Worten. Es war wohl besser zu schweigen. Leider war Angst nie ein guter Ratgeber in der menschlichen Geschichte gewesen. Angst konnte schnell in etwas umschlagen, das nicht mehr zu kontrollieren war. Möglicherweise würde man einen Sündenbock suchen und sicherlich auch finden. Es wurde wirklich Zeit, dass ich eingriff. Scotland Yard war offensichtlich überfordert.

    Wir erreichten das Schulgebäude. Ein schlichter rot gekachelter Betonbau, mit einem schmucklosen Dach. Solche Schulbauten hatte man vor zwanzig Jahren in jede Ortschaft gesetzt. Preiswert und praktikabel war damals die Devise gewesen. Schöner wurden die Gebäude dadurch auch nicht.

    Am Eingang hielt uns ein Uniformierter auf. Ich sagte ihm, Inspector Hawkings würde uns erwarten. Wir wurden vorgelassen. Im gesamten Gebäude herrschte eine hektische Betriebsamkeit. Zivilbeamte und Uniformierte schritten schnellen Schrittes hin und her, um Zettel zu überbringen oder anzuholen.

    Die gesamte Schule hatte nur ein Erdgeschoss. Es besaß zwei Klassenzimmer. Ich riskierte einen Blick hinein. Beide waren vollgestopft mit Technik, die von Beamten bedient wurde. Jedenfalls nahm das Yard die Angelegenheit ernst.

    »Ach da sind Sie ja, Miss Harris.« Vor uns stand Constable Anderson. »Miss Brown.« Er nickte Susan zu. »Leider haben wir Ihren Verlobten noch nicht gefunden.«

    Ich bemerkte wie Susan neben mir zusammenzuckte. Ich legte einen Arm um ihre Schulter um sie zu stützen. Susan hatte sich wohl Hoffnung gemacht. Leider wurde sie enttäuscht.

    »Ist der Inspector heute morgen besserer Laune?« fragte ich.

    Der Constable runzelte die Stirn. Er schaute nicht sehr hoffnungsvoll aus. »Sie können es ja versuchen.«

    »Sie können einem ja keinen Mut machen«, bemerkte ich scherzhaft. Constable Anderson zuckte mit den Schultern. Er führte uns zu einem Zimmer, auf dessen Türschild Rektor W. Graham stand. Der Inspector hatte sich also das Zimmer des Schuldirektors unter den Nagel gerissen.

    Wir traten ein. Es erwartete uns ein ebenso griesgrämiger Inspector, wie ich ihn in Erinnerung hatte. Er blickte ungnädig auf. »Ach, Miss ... äh Hary ...«

    »May Harris«, verbesserte ich ihn und meine Stimme machte deutlich, dass ich solche Vergesslichkeiten als sehr unhöflich erachtete.

    »Ach ja, Miss Harris. Wie ich sehe haben Sie Ihre Freundin mitgebracht.«

    Susan drängte sich an mir vorbei. »Anstatt sich hier zu unterhalten, sollten Sie lieber nach John suchen.«

    Inspector Hawkings stand auf. »Beruhigen Sie sich doch, Miss Brown. Ich versichere Ihnen, dass wir alles in unserer Macht stehende tun, um Ihren Freund zu finden.«

    »Das sind doch alles nur Worthülsen«, warf ihm Susan vor.

    Ich fasste meine Freundin am Arm. »Ich bin sicher, der Inspector tut wirklich das Mögliche. Setz dich erst einmal hin, Susan und lass mich reden.«

    Susan schaute mich an. Ich nickte leicht. Das schien sie dann zu überzeugen. Ich wandte mich wieder an Hawkings.

    »Miss Brown ist verständlicherweise etwas aufgeregt, aber ihre Frage bleibt dennoch unbeantwortet. Was gedenken Sie zu tun, um das Verschwinden aufzuklären?«

    »Ich glaube nicht, dass ich berechtigt bin, Ihnen irgendwelche Auskünfte über unsere Ermittlungstätigkeit zu geben.«

    »Verpflichtet sind Sie dazu sicherlich nicht, allerdings würde es Ihnen nichts schaden.«

    »Wie meinen Sie das?« fragte er misstrauisch.

    »May verfügt über gewisse Kräfte, die Sie in ihren Ermittlungen unterstützen könnten«, mischte sich Susan ein.

    »So gewisse Kräfte also...« Inspector Hawkings zog die Augenbrauen hoch. »Darf ich fragen, um was für Kräfte es sich handelt? Etwas Hexenkräfte?« fragte er spöttisch.

    Er wusste nicht wie nah er der Wirklichkeit kam. Viele Menschen, vermutlich die meisten, glaubten nicht an übersinnliche Phänomene. Doch ich war der beste Beweis dafür, dass es sie gab.

    Bevor Susan etwas sagen konnte, antwortete ich dem Inspector. »Am besten rufen Sie Ihren Kollegen Tab Furlong im Yard an. Der wird Ihnen alles erklären.«

    »Woher kennen Sie Tab Furlong?«

    »Ich und mein Freund hatten schon mal was mit ihm zu tun.«

    Noch immer zweifelnd nahm der Inspector den Telefonhörer in der Hand. Es dauerte nicht lange, da hatte er eine Verbindung. Offensichtlich bekam er Tab sogleich ans Telefon. Das Gespräch dauerte nicht lange. Dann gab er mir kurz den Telefonhörer.

    Tab und ich unterhielten uns kurz. Er hatte sich nur vergewissern wollen, dass ich es auch wirklich war. Er verlangte wieder seinen Kollegen vor Ort. Nach einer Minute legte dieser wieder auf. Hawkings machte ein säuerliches Gesicht. »Ich soll Sie noch einmal schön von Chiefinspector Furlong grüßen.«

    »Danke. Und was hat er Ihnen gesagt?«

    Hawkings schluckte. »Er empfahl, mit Ihnen zusammenzuarbeiten. Über Ihre Kräfte machte er nur unklare Angaben. Allerdings soll ihr Freund Privatdetektiv sein, der dem Yard schon mehrfach geholfen hat.«

    »Na, habe ich doch gesagt.« Ich strahlte selbstsicher. »Können Sie mir jetzt die Informationen geben, die ich brauche?«

    Inspector Hawkings blickte immer noch kritisch drein. »Es gehört nicht zu den Gepflogenheiten von Scotland Yard, mit privaten Ermittlern zusammenzuarbeiten.«

    Das schlug nun wirklich dem Fass den Boden aus. Dieser sture Sesselpupser...

    Aber bevor ich mich weiter aufregen konnte, lenkte der Inspector ein: »Jedoch denke ich, dass ich in diesem Fall eine Ausnahme machen kann.«

    »Genau«, fiel der Constable seinem Chef ins Wort. »Miss Harris vertritt ja sozusagen Miss Brown.«

    Der Inspector blickte Anderson an. Dieser zuckte verlegen mit den Schultern. Er hatte seinem Chef nur eine goldene Brücke bauen wollen. Dieser hatte sie aber wohl nicht nötig.

    »Anderson, ich glaube, Sie sollten mal für uns alle einen Kaffee besorgen.«

    Der Constable wurde leicht rot im Gesicht. Er hatte den Rüffel verstanden und mit einem entschuldigen Blick auf mich verließ er fast fluchtartig das Büro.

    Ich wartete, bis die Tür geschlossen war. »So, können Sie mir jetzt meine Fragen beantworten?«

    »Sicher doch. Was wollen Sie wissen?«

    »Es würde schon helfen, wenn Sie mir Ihre Ermittlungsergebnisse mitteilen würden.«

    Der Blick, den der Inspector Susan zuwarf, war nicht schwer zu deuten.

    »Sie brauchen keine Rücksicht auf mich zu nehmen«, kommentierte Susan. »Ich werde die Wahrheit schon verkraften.«

    »In Ordnung. Sie wissen ja, dass es in den letzten Tagen zu einem Mord sowie etlichen Entführungen gekommen ist. Leider muss ich eingestehen, dass wir im Dunkeln tappen.«

    »Was meinen Sie damit?« Susans Stimme klang erregt.

    »Beruhige dich«, versuchte ich, auf sie einzuwirken. »Für John besteht noch Hoffnung. Das spüre ich.«

    Sie blickte mich dankbar an. Ich versuchte, mir nicht anmerken zu lassen, wie schlecht ich mich fühlte. Es war nicht einfach, seine beste Freundin anzulügen. Doch welche Wahl hatte ich? Eine hysterische Susan - womöglich noch mit einem Nervenzusammenbruch - nützte niemandem.

    »Keine Hinweise?«, fragte ich den Inspector.

    »Absolut keine. Zumindest keine ernstzunehmenden. Im Dorf gehen Gerüchte um. So zum Beispiel das eines Ungeheuers, das sein Unwesen treiben soll.«

    Inspector Hawkings verwies dieses Gerücht mit einer Armbewegung in das Reich der Fabeln.

    Wenn er nur wüsste, dachte ich. Dies war kein normaler Fall. Das Böse war eindeutig zu spüren. Es sollte mich wundern, wenn keine Dämonen hier ihre Hand im Spiel hatten. Leider hatte ich im Pub ja nicht mehr herausfinden können.

    »Hilft denn das gerichtsmedizinische Gutachten von Kathleen Richards Leiche nicht weiter?«

    Mein Gegenüber schnaufte. »Die Kratzwunden und auch die Bisswunden sind eindeutig tierischen Ursprungs. Bisher konnten wir sie jedoch keinem bestimmten Tier zuordnen. Unsere Experten arbeiten daran.«

    »Das ist wirklich nicht viel.«

    »Da muss ich Ihnen leider recht geben. Im Moment tappen wir ziemlich im Dunklen. Allerdings glauben wir, dass es sich um irgendein Tier handelt, das auf Menschen aus ist. Vielleicht irgendeine exotische Bestie, die aus einem Wanderzoo ausgebrochen ist.«

    Das kam mir doch ziemlich weit hergeholt vor. Das sagte ich dem Inspector auch. »Und wohin sind die anderen Personen dann verschwunden?«

    Ein Achselzucken war die Folge. »Da Sie sich hier sowieso einmischen, würde mich mal Ihre Meinung interessieren«, konterte er so gleich.

    Ich spürte wie auch Susans Blicke auf mich ruhten. Sollte ich dem Inspector sagen, dass wir es hier vermutlich mit irgendeinem Dämon zu tun hatten? Sicherlich nicht. Ich musste ihn hinhalten, ohne meine wirklichen Vermutungen preiszugeben. Ich überlegte fieberhaft. Glücklicherweise kam in diesem Moment mir Constable Anderson zur Hilfe.

    Er kam aufgeregt ins Zimmer gestürmt. »Chef. Wir haben ein Problem...«

    Anderson machte einen wirklich aufgeregten Eindruck. So dass wir ihn alle anstarrten.

    »Nun kommen Sie schon, heraus damit«, forderte ihn sein Vorgesetzter auf.

    »Es ist eine weitere Leiche gefunden worden. Nahe der Straße nach Ottery St. Mary. Im Wald.«

    Diese Nachricht traf uns alle wie ein Schock. Ich konnte geradezu sehen, wie Susan bleich wurde. Sie öffnete den Mund, doch wollten keine Worte ihre Lippen verlassen.

    »Haben Sie schon Informationen, um wen es sich handelt?«

    Anderson schüttelte den Kopf. Mit einem Seitenblick auf Susan sagte er: »Nein, bisher wissen wir nur, dass es eine männliche Leiche ist.«

    Ich trat ganz nah an Susan heran und legte ihre einen Arm auf die Schulter. Ich spürte, wie sie zitterte, wusste, was sie jetzt dachte. »Es ist nicht John. Es ist bestimmt nicht John«, sagte ich. Dabei war ich mir meiner eigenen Worte nicht sicher.

    6

    Wenig später saßen wir mit den Beamten vom Yard in einem Polizeiwagen, der uns zum Fundort der Leiche bringen sollte. Mir wäre es lieber gewesen, wenn Susan nicht mitgekommen wäre. Es würde vollkommen ausreichen, wenn ich die Leiche identifizieren würde, vorausgesetzt es handelte sich überhaupt um John. Doch Susan hatte in ihrer Sturheit darauf bestanden mitzukommen. Ich hoffte, sie würde es einigermaßen überstehen.

    Im Wagen herrschte betroffenes Schweigen. Niemand wusste genau, was uns erwartete. Ich rechnete jedenfalls mit dem Schlimmsten.

    Die Fahrt zu Tatort dauerte nicht lange. Wir bogen ein paar Minuten hinter dem Dorf in einen Seitenweg ein, der nicht asphaltiert war. Die Stoßdämpfer hatten eine Menge zu tun, denn trotz der geringen Geschwindigkeit, die der Weg zuließ, rumpelte es sehr. Links von uns zog sich ein Mischwald dahin, der an diesem Morgen irgendwie bedrohlich wirkte. Links erstreckte sich ein Gerstenfeld. Susan und ich saßen im Fond. Aufmerksam spähte ich nach vorne. Ich konnte Blaulicht erkennen. Dann waren wir auch schon am Tatort. Drei Streifenwagenwagen standen bereits dort. Wir gesellten uns zu ihnen. Kaum hielt das Auto, da sprang ich auch schon heraus.

    Es bereitete mir Schwierigkeiten zu atmen. Das Böse war an diesem Ort so präsent, dass es mir schier den Atmen raubte. Ich zwang mich zur Ruhe und schluckte den gallertartigen Geschmack herunter. Ohne jeglichen Zweifel war an diesem Ort etwas Unnatürliches geschehen, an dem Schwarzblütige ihren Anteil hatten.

    Ich blickte mich suchend um. Keine zehn Meter von unserem Standort entfernt standen mehrere Polizeibeamte innerhalb einer quadratischen Absperrung, beugten sich über etwas, das dort auf dem Grasboden lag. Inspector Hawkings und Constable Anderson gingen direkt

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