Ich darf dich nicht lieben: Arztroman
Von Elke Gravert
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Über dieses E-Book
Als Linda mit ihrem neuen Kleinwagen beinahe den unachtsamen Fahrer vor sich rammt, scheint ihr Urlaub in der Heide schon zu Ende zu sein. Doch der reiche Hamburger Reeder Dirk verspricht ihr, den Schaden zu ersetzen. Er bittet sie, auf sein Anwesen zu kommen, auf dem er mit seiner Mutter Urlaub macht. Man lernt sich kennen und Linda willigt schließlich ein, den Rest ihres Urlaubs auf dem Deutzehof zu verbringen.
Es ist Liebe auf den ersten Blick. Aber schon nach der Hochzeit fällt Linda auf, dass Dirk an einer seltsamen Krankheit zu leiden scheint, die in Schüben immer wieder auftritt.
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Buchvorschau
Ich darf dich nicht lieben - Elke Gravert
1. Kapitel
„Er muss betrunken sein!"
Linda von Merlingen riss das Steuer ihres Kleinwagens herum. Aber die schmale, mit Apfelbäumen gesäumte Landstraße ließ es nicht zu, dass sie dem dunkelblauen Cabrio vor ihr völlig ausweichen konnte.
Das junge Mädchen schloss die Augen.
Dann erfolgte ein ohrenbetäubendes Knirschen von Blech, ein Stoß, der Linda erst vom Sitz riss und dann gegen das Lenkrad presste.
Danach war es still.
Linda öffnete die Augen und betastete vorsichtig ihre beiden Arme. Dann glitten ihre Hände über den himmelblauen Pullover in Rippenhöhe. Da tat es ein bisschen weh.
„Nichts passiert" stellte sie erleichtert fest und versuchte, die Tür zu öffnen. Das gelang ihr nicht, die Tür bestand nur aus zusammengeschobenem Blech. Sie spähte über zerbrochene Scheiben zu dem anderen Wagen hinüber.
Das Cabrio stand halb im Straßengraben zwischen zwei Apfelbäumen. Sie konnte den Hinterkopf des Fahrers erkennen. Er bewegte sich nicht, starr schien der Mann geradeaus zu blicken.
„Hallo, sind Sie verletzt?" rief Linda aus ihrem zertrümmerten Fenster.
Der Mann rührte sich nicht.
Linda krabbelte über den Beifahrersitz und öffnete die rechte Tür ihres Kleinwagens. Dann stand sie auf der sonnigen Landstraße und lief zu dem Cabrio hinüber. Über den dunkelblauen Lack liefen rote Spuren – Farbteilchen von Lindas Kleinwagen.
Als Linda in das Cabrio spähte, rührte sich der Mann.
„Was ist geschehen?" fragte er benommen und fuhr sich mit der Hand zunächst über die Stirn, dann durch das dichte blonde Haar. Verwirrt blickte er in das hübsche Mädchengesicht, das sich über ihn beugte.
„Ich dachte, Sie seien betrunken! sagte Linda, „aber jetzt sehe ich, dass Sie es nicht sind. Warum nur fing Ihr Wagen plötzlich an zu schleudern? Die Straße hier ist weder nass und glatt noch hat sie eine Kurve!
Sie schüttelte bekümmert den Kopf. „Sie haben meinen Wagen ganz schön zugerichtet!" klagte sie.
Der Ausdruck seiner stahlblauen Augen wurde jetzt klarer. Er schien zu sich zu kommen. Schließlich schwang er seine langen Beine über die Tür des Cabrios und stand neben Linda auf der Landstraße.
„Kommen Sie hier an den Rand, damit Sie nicht überfahren werden!" sagte er im Befehlston und zog sie mit einer Hand unter die Apfelbäume.
Linda blickte ihn erstaunt an. Er überragte sie um mindestens einen Kopf und er war der am besten aussehende Mann, den sie jemals zu Gesicht bekommen hatte. Sein Gesicht war gut geschnitten mit der hohen Stirn, der kühnen Nase und seine Augen waren unglaublich blau.
Sein hellgrauer Sommeranzug verriet einen erstklassigen Schneider. Lindas Augen flogen von ihm zu seinem Wagen hinüber. Das Nummernschild wies ihn als Hamburger aus. Hamburg war ungefähr einhundert Kilometer entfernt von diesem kleinen Heidenest, dessen Kirchturm Linda in der Ferne sehen konnte.
Der Mann neben ihr hatte dasselbe getan wie sie.
„Sie sind aus München?"bemerkte er nach einem Blick auf ihren böse zugerichteten Wagen.
Sie nickte und konnte plötzlich nicht verhindern, dass ihr die Tränen in die Augen stiegen. Verstohlen wischte sie sie weg. Aber er hatte es bemerkt.
„Tut Ihnen etwas weh?" fragte er erschrocken.
Sie schüttelte den Kopf mit den blonden langen Haaren.
„Mir ist wirklich nichts passiert, versicherte sie ihm mit gepresster Stimme. „Ich weine nur um Otto. Ich habe ihn noch nicht sehr lange."
„Otto? Um Himmels Willen, wo ist er? In ihrem Wagen ist doch niemand mehr. Er spurtete mit seinen langen Beinen auf die andere Straßenseite.
Da brach Linda unerwartet in helles Gelächter aus, so dass er verdutzt zu ihr hinüber schaute. Hatte sie etwa einen Schock erlitten?
„Otto heißt doch mein neuer Wagen, erklärte Linda. „Es ist die erste längere Fahrt, die ich mit ihm mache und nun ist er schon kaputt!
Er lachte erleichtert und kam wieder zu ihr herüber.
„Da nun fest steht, dass niemand von uns ernstlich verletzt ist, möchte ich mich zunächst mit Ihnen bekannt machen. Mein Name ist Deutze, Dirk Deutze." Er machte eine förmliche Verbeugung vor ihr.
„Ich bin Linda von Merlingen." Sie gab ihm die Hand, die er freudig ergriff.
Es freut mich sehr, Sie kennen zu lernen, Fräulein von Merlingen. Wenn auch die Umstände etwas, nun sagen wir, ungewöhnlich sind!"
Dann wurde er ernst.
„Es tut mir sehr leid, Fräulein von Merlingen. Ich habe überhaupt keine Erklärung dafür, wie das passieren konnte."
„Vielleicht waren Sie sehr müde?" fragte Linda und suchte vergeblich in seinem gebräunten Gesicht nach Spuren von Überanstrengung und Müdigkeit.
Er verneinte es sofort. „Ich bin im Urlaub, habe also keinen Grund, müde zu sein. Mein Haus ist übrigens knapp einen Kilometer von hier. Ich mache Ihnen den Vorschlag, dorthin mit zu kommen. Dann können wir dort eine Werkstatt anrufen."
„Und die Polizei", sagte Linda.
„Die Polizei brauchen wir nicht. Alle Kosten, die Ihnen entstehen, übernehme ich selbstverständlich. Wollen Sie nicht einsteigen?"
Er hielt seine Tür offen.
„Erst muss ich sehen, ob Otto noch fährt. Ich kann ihn doch nicht einfach so zurück lassen."
Sie lief über die Straße und kletterte durch die Beifahrertür zu ihrem Sitz. Sie drehte den Zündschlüssel herum und trat auf die Kupplung.
Otto rührte sich nicht.
Er stand neben ihr und beobachtet ihre vergeblichen Versuche, Otto in Gang zu bringen, halb amüsiert, halb ungeduldig.
„Ich glaube, es hat wirklich keinen Zweck", sagte sie und kletterte wieder heraus.
„Otto wird wie neu werden, das verspreche ich Ihnen. So und nun nehmen wir noch Ihr Reisegepäck aus dem Kofferraum, das werden Sie brauchen."
„Ja, natürlich, das kann ja nicht hier drin bleiben!"
Sie wollte ihm helfen, doch er hatte schon den kleinen Gepäckraum geöffnet und ihren Koffer herausgenommen.
Dann saß sie neben ihm im Cabrio und warf einen Blick auf den immer kleiner werdenden Otto.
„Meine Mutter wird sich freuen, Ihre Bekanntschaft zu machen", sagte Dirk Deutze als sie durch das Heidedorf fuhren.
„Sie haben Ihre Mutter mit in den Urlaub genommen?" erkundigte sich Linda höflich, obwohl sie es seltsam fand. Hatte dieser blendend aussehende Mann keine Frau oder wenigstens eine Freundin?
„Mutter lebt ständig in unserem Landhaus hier. Ich besuche sie oft an den Wochenenden, wenn ich mich in Hamburg frei machen kann. Es ist ja nicht weit."
Er bog mit Schwung in eine breite Auffahrt ein, die von dicht stehenden Lindenbäumen überschattet war. Dann hielten sie vor einem Landhaus, das diesen Namen eigentlich nicht verdiente. Es war eher ein Schlösschen, das da, eingebettet in weite grüne Rasenflächen, in der Sonne lag. Der imposante Bau war aus rotem Backstein wie fast alle Heidehöfe hier. Weiße Sprossenfenster, die sich bis zum Boden zogen, gaben ihm ein heimeliges Aussehen. Die Schlossähnlichkeit wurde durch zwei Türme erreicht, die sich zu beiden Seiten des Eingangportals erhoben
„Das ist der Deutzehof, erklärte Dirk. Meine Vorfahren stammen von hier. Vor zweihundert Jahren war das ein schlichter Bauernhof. Dann kam ein Deutze zu Geld und ließ ihn erweitern. Gefällt es Ihnen?
„Es ist wunderschön!" sagte Linda und ließ sich von ihm aus dem Wagen helfen.
Er führte sie über einen weißen Kiesweg, vorbei an Blumenrabatten zur Tür des Mittelflügels.
Durch eine Halle, die schachbrettartig mit schwarzen und weißen Fliesen ausgelegt war, kamen sie zu einer hohen dunklen Eichentür, die Dirk Deutze öffnete.
In einem sonnendurchfluteten eindrucksvoll großen Raum stand eine ausladende Sitzgruppe in der Mitte. Auf dem Sofa, das zum Garten gerichtet war, saß eine Frauengestalt, die sich beim Eintritt der beiden erhob.
„Bist du schon wieder da, Dirk?" fragte sie und blickte dann Linda an. Diese kam sich in ihren zerknitterten Leinenhosen und dem blauen Pullover etwas schäbig vor, angesichts der eleganten Erscheinung von Dirks Mutter.
„Darf ich dir Linda von Merlingen vorstellen, Mutter? sagte Dirk. „Wir haben auf eine etwas merkwürdige Art Bekanntschaft miteinander geschlossen.
„So?" Die alte Dame reichte Linda die Hand und sah sie dabei prüfend an.
„Wir hatten auf der Landstraße durch meine Schuld einen Zusammenstoß. Dabei ist Fräulein von Merlingens Kleinwagen ziemlich beschädigt worden..."
„Um Gottes Willen, Dirk. Du sagst, durch deine Schuld? Das musst du mir erklären, du bist doch immer ein guter Fahrer gewesen! unterbrach ihn die alte Dame. Sie wurde ganz bleich. „Ist dir wirklich nichts passiert?
Sie beobachtete angstvoll seinen Gesichtsausdruck und suchte nach möglichen Verletzungen.
„Mama, wie du siehst, bin ich noch ganz heil!" Dirk hob lachend die Arme.
Dann besann Frau Deutze sich auf ihre Gastgeberinnenpflicht und bat Linda, auf einem der tiefen, mit gestreiftem Leinen bezogenen Sofas Platz zu nehmen.
Sie und Dirk setzten sich ebenfalls und Dirk berichtete.
„Es war sehr merkwürdig. Ich war plötzlich wie abwesend. Dann hörte ich ein Krachen und kam langsam zu mir wie aus tiefem Schlaf..."
Dirk verstummte und schien über etwas nach zu grübeln.
„Das kann passieren, mach dir darüber keine Gedanken, Dirk!"
Frau Deutze unterbrach seine Grübeleien und wandte sich dann liebenswürdig an Linda.
„Sie können sicher sein, dass mein Sohn alles tun wird, um Ihnen Ihren Schaden zu ersetzen, Fräulein von Merlingen. Kommen Sie von weit her?
„Aus München, erklärte Linda. „Ich war auf dem Weg durch die Heide. Irgendwo wollte ich mir ein hübsches Plätzchen suchen, um Urlaub zu machen.
„Warum machen Sie Ihren Urlaub nicht auf dem Deutzehof?" schlug Dirk vor, nachdem er einen Blick mit seiner Mutter gewechselt hatte.
„Eine großartige Idee, stimmte Frau Deutze zu. „Wir haben eine Menge Gästezimmer hier, die meistens leer stehen. Antje wird Ihnen gleich ein Turmzimmer zeigen. Sie werden sehen, die Aussicht ist wunderschön!
„Aber ich kann doch