Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

ZUM VERBRECHEN VERFÜHRT: Der Krimi-Klassiker!
ZUM VERBRECHEN VERFÜHRT: Der Krimi-Klassiker!
ZUM VERBRECHEN VERFÜHRT: Der Krimi-Klassiker!
eBook256 Seiten3 Stunden

ZUM VERBRECHEN VERFÜHRT: Der Krimi-Klassiker!

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Monatelang hat Wilfrid Crispin seinen großen Coup vorbereitet. Alles ist bis ins kleinste Detail geplant. Doch im entscheidenden Augenblick macht ihm Linda Campbell einen Strich durch die Rechnung!

Sollte die Polizei erfahren, was Linda gesehen hat, ist Crispin geliefert. Also muss das Mädchen verschwinden...

 

Der Roman Zum Verbrechen verführt von Douglas Rutherford (* 15. Oktober 1915; † 29. April 1988) erschien erstmals im Jahr 1968; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte im gleichen Jahr.

Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur in seiner Reihe APEX CRIME.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum6. Aug. 2021
ISBN9783748790846
ZUM VERBRECHEN VERFÜHRT: Der Krimi-Klassiker!

Ähnlich wie ZUM VERBRECHEN VERFÜHRT

Ähnliche E-Books

Mystery für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für ZUM VERBRECHEN VERFÜHRT

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    ZUM VERBRECHEN VERFÜHRT - Douglas Rutherford

    Das Buch

    Monatelang hat Wilfrid Crispin seinen großen Coup vorbereitet. Alles ist bis ins kleinste Detail geplant. Doch im entscheidenden Augenblick macht ihm Linda Campbell einen Strich durch die Rechnung!

    Sollte die Polizei erfahren, was Linda gesehen hat, ist Crispin geliefert. Also muss das Mädchen verschwinden...

    Der Roman Zum Verbrechen verführt von Douglas Rutherford (* 15. Oktober 1915; † 29. April 1988) erschien erstmals im Jahr 1968; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte im gleichen Jahr.

    Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur in seiner Reihe APEX CRIME.

    ZUM VERBRECHEN VERFÜHRT

    Erstes Kapitel

    Im vergangenen Jahr sind allein im Amtsbereich der Londoner Metropolitan Police 46.731 Automobile abhandengekommen. Das bedeutet, dass durchschnittlich alle zehn Minuten pro Tag ein Autodiebstahl geschieht. In den letzten Jahren hat sich der Autodiebstahl in Großbritannien zum lukrativsten und bestorganisierten Geschäft der Verbrecherwelt entwickelt. Die Tätigkeit hat solche Formen angenommen, dass Scotland Yard sich gezwungen sah, eine Sonderabteilung zu schaffen, die sich allein mit Autodiebstählen befasst. Diese Abteilung heißt Stolen Motor Vehicle Investigation Branch und wird bei der Polizei kurz C 10 genannt. Von den insgesamt 46.731 gestohlenen Wagen wurden 38.148 innerhalb eines Monats sichergestellt. Damit bleibt immer noch eine Zahl von 7.583 gestohlenen Wagen, nach denen weiter gefahndet werden muss.

    Natürlich ist das Verschwinden all dieser Fahrzeuge nicht immer auf ein Verbrechen zurückzuführen. Sehr häufig stellt sich heraus, dass die Anzeige übereilt erstattet wurde. Es kommt nicht selten vor, dass der erboste Haushaltsvorstand, nachdem, er die Polizei eingeschaltet hat, erfahren muss, dass sein Wagen einfach von einem Familienmitglied benutzt wurde, das es nicht für nötig hielt, Bescheid zu geben. Viele Autos werden von Jugendlichen ausgeliehen, die kurzerhand eine Spritztour in einem Fahrzeug unternehmen, dessen unvorsichtiger Eigentümer die Zündschlüssel hat steckenlassen. Doch an die zwanzig Fahrzeuge pro Tag werden von organisierten Banden gestohlen. Sie werden von Fachleuten, die sich aufs Autoknacken verstehen, von ihrem Parkplatz entfernt und in ein sicheres Versteck gebracht. Dort verändert man mit Spezialwerkzeugen ihre wesentlichen Merkmale, um sie später mit gefälschten Papieren wieder auf den Markt zu bringen.

    Zur kleinsten Gruppe gehören jene Fälle, bei denen ein Fahrzeug gestohlen wird, um bei der Durchführung eines Verbrechens benutzt zu werden.

    Linda Campbell konnte nicht wissen, dass der Diebstahl, den sie beobachtet hatte, in diese Kategorie fiel.

    Linda wohnte am Burnham Crescent Nummer 192, im Haus ihrer verwitweten Tante Jane. Burnham Crescent lag in einer jener Gegenden, wo der Grundstückswert ständig sank. Der nahegelegene Waverley Bahnhof war eine Haltestelle für die Vorortzüge der Piccadilly-Linie. Sein Parkplatz war zu klein geworden für die vielen Fahrzeuge der Pendler, die hier allmorgendlich ihre Autos abstellten, um mit dem Zug in die Innenstadt zu fahren. Wer zu spät kam und auf dem Parkplatz keine Lücke mehr fand, stellte seinen Wagen einfach in einer der anliegenden Straßen ab.

    Als die Reihenhäuser in den zwanziger Jahren erbaut worden waren, hatte der Immobilienmakler sie als Oasen der Ruhe und des Friedens in einem Vorortbezirk fern der Großstadt angepriesen. Jetzt mussten die Bewohner, die früh zu Bett gehen wollten, sich Watte in die Ohren stopfen, um vom Krach knallender Wagentüren und vom Aufheulen der Automotoren verschont zu werden.

    Lindas Tante Jane allerdings brauchte sich mit diesem Problem nicht herumzuschlagen. Sie war so schwerhörig, dass ihr der Lärm nicht zusetzte. Doch sie hatte ein schwaches Herz. Die Treppen machten ihr zu schaffen. Ein ebenerdiges Haus wäre für sie viel besser gewesen, doch der arme Fred hatte im Erdgeschoss einfach nicht schlafen können, und als er starb, hatte er ihr die Hypothek hinterlassen. Sie dankte ihrem Schicksal, dass Linda zu ihr gezogen war.

    Und Linda war durchaus einverstanden damit. Sie hatte beschlossen, ihr Kind zur Welt zu bringen und entgegen allen wohlgemeinten Ratschlägen allein für das Baby zu sorgen. Nicht, weil sie Desmond Carter noch immer liebte - sie würde niemals vergessen, wie blitzartig seine Liebe für sie abgekühlt war, als sie ihm gesagt hatte, dass sie ein Kind erwartete -, sondern weil ihr Stolz es nicht anders zuließ. Mit achtzehn Jahren ledige Mutter - das war für Mr. und Mrs. Campbell, strenggläubige schottische Presbyterianer, unfassbar. Linda hatte gespürt, dass ihr Verzeihen nicht aus dem Herzen kam. Tante Jane mit ihrem banalen Kommentar hatte sich merkwürdigerweise am verständnisvollsten gezeigt. »Mein Gott, Kind«, hatte sie gemeint. »Das ist nun mal der natürliche Lauf der Dinge, nicht wahr?«

    Linda zog also zu Tante Jane und führte ihr den Haushalt, und dafür nahm Tante Jane ihr den zweijährigen Jeremy ab, wenn sie ihrer Arbeit im Krankenhaus nachging oder mit Freunden etwas unternahm.

    Linda hatte gern junge Männer um sich. Sie war sehr kritisch, aber sie konnte es sich leisten. Nicht ihr Gesicht war das Anziehende an ihr, sondern ihre anmutige Figur und ihr lebhaftes Naturell. Ihr Mund war etwas zu groß, ihre Nase war vielleicht eine Spur zu flach, und ihre Augen waren etwas schräggestellt. Doch es war schon mehrmals vorgekommen, dass ein Autofahrer krachend auf der Stoßstange seines Vordermannes gelandet war, weil er diesem grazilen Mädchen mit dem schwingenden, leichtfüßigen Gang zu lange nachgeblickt hatte. Lindas Haar war dunkel und voll. Sie trug es kurz, weil das bei der Arbeit praktischer war.

    Vor diesem Haus am Burnham Crescent 192 parkte Mr. Graham Wantage eines schönen Abends im späten August seinen liebevoll gepflegten Ford Cortina. Er lächelte und nickte Linda zu, die vom Bahnhof her auf das Haus zueilte. Sie gönnte ihm keinen Blick. Alle Bewohner von Burnham Crescent betrachteten die Autofahrer, die die ruhige Straße zu einem Massenparkplatz degradierten, als ihre Erzfeinde.

    Doch eine Stunde später, als sie in ihrem Zimmer saß und sich zurechtmachte, erinnerte sie sich des freundlichen Lächelns. Ihr Toilettentisch stand übereck, links vom Fenster. Sie konnte direkt auf die Straße hinunterblicken. Sie wollte gerade den Augenbrauenstift zur Hand nehmen, als ein metallisches Geräusch von der Straße her ihre Aufmerksamkeit auf sich zog.

    Zwei Männer machten sich an dem Ford Cortina zu schaffen. Der eine hatte sich hinter das Steuer gesetzt. Der andere stand seitlich am Wagen und machte sich am Motor zu schaffen. Keiner von beiden war der Mann, der ihr begegnet war und der so gewissenhaft geprüft hatte, ob der Wagen auch verschlossen war.

    Ihr Herz tat einen Sprung. Vielleicht handelte es sich hier um einen Wagendiebstahl? Man las jetzt so häufig darüber. Sie konnte nicht einfach hier sitzen bleiben und die Hände in den Schoß legen.

    Sie hatte sich bereits ausgezogen. Doch sie brauchte nur Se- künden, um in eine lange Hose und einen Pullover zu schlüpfen. Als sie durch den Flur eilte, sah sie Tante Jane besorgt von ihrem Lehnstuhl im Wohnzimmer aufstehen.

    »Du vergisst doch mein Abendessen nicht, Kind?«

    »Nein, nein, Tante Jane.« Sie blieb einen Moment stehen. »Ich bin gleich wieder da.«

    Als sie auf die Straße hinaustrat, fühlte sie sich nicht mehr ganz so sicher. Die beiden Männer waren sehr anständig gekleidet. Sie machten gar nicht den Eindruck von Autodieben. Der Motor lief, und die Kühlerhaube war geschlossen. Sie saßen beide auf dem Vordersitz, bereit, den Ford aus der engen Parklücke auf die Straße hinauszusteuern.

    »Entschuldigen Sie.« Linda nahm ihren ganzen Mut zusammen und trat zum Fenster auf der Beifahrerseite. »Ist das Ihr Wagen?«

    Der Mann fuhr herum. Sie blickte ihm genau in die Augen. Es waren tiefblaue Augen, doch die schwarzen Pupillen wirkten unnatürlich groß, und einen Moment lang hatte sie das befremdende Gefühl, als blickte sie direkt in einen schwarzen, leeren Raum in seinem Schädel.

    Dann verzog sich das Gesicht zu einem gewinnenden Lächeln, und plötzlich war der Mann ganz die Verkörperung des gewandten Weltmanns, bei dem jede Regung seiner Züge kontrolliert und wohl einstudiert ist. An seinen Augenwinkeln bildeten sich Lachfältchen. Sie fand ihn beinahe gutaussehend, doch irgendwie wirkte das fleischige Gesicht verlebt.

    »Ja«, erwiderte der Mann. »Tut mir leid, dass wir Ihren Parkplatz mit Beschlag belegt haben. Es ist wirklich eine Schande, dass man nirgends seinen Wagen abstellen kann. Der Parkplatz war überfüllt.«

    Stimme und Tonfall klangen beinahe geziert. Linda gefiel diese Art zu sprechen überhaupt nicht. Es klang fast herablassend.

    »Nein, das ist es nicht. Hier stehen immer Autos. Wir haben uns schon damit abgefunden. Ich habe nur zufällig die Person gesehen, die den Wagen hier abstellte.«

    Einen Augenblick lang war es still. Linda wich dem Blick des Mannes aus. Sie sah an ihm vorbei auf den Mann, der hinter dem Steuer saß. Er war wesentlich jünger und hatte ein langes, mageres Gesicht - ein wenig blass und ein wenig pickelig. Er wirkte unfertig und verwundbar. Er hatte sie unverwandt angestarrt und dabei selbstvergessen auf dem Nagel seines Mittelfingers gekaut. Als er jetzt ihren Blick auf sich fühlte, wandte er seine Augen ab. Röte breitete sich auf seinem Gesicht aus. Im Grunde genommen noch ein halbes Kind, fand Linda, die, über ihr Alter reif, alle Männer unter fünfundzwanzig so einschätzte.

    »Sehr aufmerksam von Ihnen«, sagte der ältere Mann mit einer kaum wahrnehmbaren Spur von Sarkasmus. »Sie meinen Mr. Rowlands?«

    »Ich kenne seinen Namen nicht«, versetzte Linda zögernd. Sie war jetzt ein wenig unsicher. »Ein jüngerer Mann, ungefähr dreißig, würde ich sagen.«

    »Das ist er«, erwiderte der Mann prompt. »Er ist allerdings schon über die Dreißig hinweg, aber das würde man ihm nie ansehen. Er fühlte sich plötzlich nicht wohl und bat uns, seinen Wagen hier abzuholen.«

    Er stieß den jüngeren Mann mit dem Ellbogen an. Dieser schaltete daraufhin den Rückwärtsgang ein und stieß ein Stück zurück.

    »Das muss aber sehr plötzlich gekommen sein.« Linda musste ihre Stimme erheben, um sich über das Brummen des Motors verständlich zu machen. »Es ist bestimmt noch keine Stunde her, seit er hier war.«

    Sekundenlang verzerrte das Zucken eines Muskels in der linken Wange das Lächeln des Mannes. Dann richteten sich die leeren blauen Augen wieder auf sie.

    »Sie sind wirklich eine aufmerksame junge Dame. Wohnen Sie hier?«     

    »Ja. Das ist das Haus meiner Tante.«

    Sie nickte in Richtung auf das Fenster, wo ein goldbrauner Schäferhund mit aufgerichteten Ohren saß. Der Vorhang klaffte einen Spalt, und sie konnte Tante Jane sehen, die neugierig und besorgt herausspähte.

    Seine Augen schweiften rasch an ihr vorüber zu der Hausnummer, die auf der Glasscheibe in der Tür leuchtete.

    »Sie sind doch wohl nicht zufällig eine Polizeibeamtin außer Dienst?«

    Sein Lächeln wurde breiter in dem Bemühen, aus der argwöhnischen Frage einen Scherz zu machen.

    »Oh, Sie finden mich wohl aufdringlich?«

    »Aber nein. Nein, gar nicht. Im Gegenteil, ich finde das sehr lobenswert von Ihnen. Dort vorn, ungefähr zweihundert Meter weiter, steht übrigens mein Jaguar. Wir sahen Robins - ich meine Mr. Rowlands’ Wagen, als wir hier vorüberkamen.«

    »Ach so.«

    Die selbstsichere Stimme klang überzeugend.

    »Also - wir müssen uns jetzt auf den Weg machen. Wir haben versprochen, uns zu beeilen.«

    Der Ford zwängte sich aus der engen Parklücke.

    »Und was wird aus Ihrem Wagen?«, rief Linda mit einem letzten Anflug von Zweifel. »Wollen Sie den hierlassen?«

    Die Antwort wurde vom Aufheulen des Motors verschluckt. Mit rascher Fahrt schoss der Wagen davon. Der Junge am Steuer drehte sich noch einmal kurz um und warf ihr einen flüchtigen, sehr merkwürdigen Blick zu. Er wirkte fast ein wenig verschreckt.

    Linda stand am Bordstein und blickte dem Wagen nach, dessen rechtes Blinklicht in regelmäßigen Abständen aufflammte. Sie konnte das seltsame Gefühl nicht unterdrücken, das der Zwischenfall in ihr hatte wach werden lassen. Sie war überzeugt, dass sie die Sache falsch angefasst hatte. Doch irgendetwas hatte hier nicht gestimmt. Würde die Polizei sie auslachen, wenn sie anrief, um über den Vorfall zu berichten?

    Dann erscholl aus dem Haus plötzlich ein durchdringender Schrei, und sie rannte hinein, um nachzusehen, was, um alles in der Welt, Jeremy jetzt wieder angestellt hatte.

    Es war fast elf Uhr zwanzig abends, als Mr. Graham Wantage zu dem Ort zurückkehrte, wo er seinen Wagen geparkt hatte. Ais er feststellte, dass das Fahrzeug verschwunden war-, klopfte er an die Tür von Nummer 192 und fragte, ob er die Polizei anrufen könnte, um den Diebstahl zu melden.

    Linda erklärte den Beamten am Telefon, dass sie eine Beschreibung der Diebe geben könnte, falls dies von Nutzen sein sollte. Der Constable dankte ihr und versetzte, man würde sich später mit ihr in Verbindung setzen. Seinen Vorschriften gemäß gab er die Nummer des gestohlenen Fahrzeugs an die Zentrale weiter, und von dort wurde sie, zusammen mit einem Dutzend anderer Kennzeichen, an alle Reviere weitergeleitet.

    Gegen zwei Uhr morgens entdeckte der Polizeibeamte, der in der Aldwych Road Streife ging, einen verlassenen Ford Cortina am Straßenrand. Er verglich die Nummer mit den Kennzeichen auf seiner Liste. Dann trat er näher und besah sich aufmerksam den rechten vorderen Kotflügel. Er war leicht eingedrückt und wies eine Spur einer klebrigen, noch feuchten Flüssigkeit auf.

    In Windeseile schoss er zur nächsten Telefonzelle und setzte sich mit dem zuständigen Revier in Verbindung.

    »Sergeant«, berichtete er aufgeregt. »Ich glaube, ich hab’ den Wagen gefunden. Ich meine den Tatwagen, der in dieser Mordsache gesucht wird.«

    Kaum eine Stunde später stellte die Telefonzentrale von Scotland Yard die Verbindung mit dem Teilnehmer am Burnham Crescent 192 her. Man wollte eine Beschreibung der beiden Männer, die den Wagen am Abend gestohlen hatten. Doch man kam einige Stunden zu spät. Das Mädchen war spurlos verschwunden.

      Zweites Kapitel

    Ich möchte nicht, dass jemand glaubt, ich wollte mit diesem Bericht die Schuld von mir abwälzen und auf Crisp schieben - Mr. Wilfrid Crispin, wie er mit vollem Namen heißt. Ich möchte nur, dass die Leute erfahren, was wirklich geschehen ist. Nach den Zeitungen hätte man ja meinen können, wir wären die reinsten Ungeheuer. Dabei hatten wir nie die Absicht, irgendjemandem etwas Ernstes anzutun. Wir hatten alles so sorgfältig geplant, aber dann ging einfach eins nach dem anderen schief, und uns blieb gar nichts anderes übrig, als das zu tun, was wir taten. Was Linda Campbell zugestoßen ist, tut mir ehrlich leid, aber auch in ihrem Fall hatten wir keine Wahl, wir wurden von den Ereignissen dazu gezwungen.

    Die ganze Geschichte begann an einem Tag im März. Ich hatte vor kurzem erst meinen zweiundzwanzigsten Geburtstag gefeiert und hatte seit meinem Abgang von der Schule die siebente Stellung angetreten. Diesmal war ich überzeugt, dass ich meine wahre Berufung gefunden hätte. Als Autohändler verdiente man wirklich gut. Ich war im Juni des vergangenen Jahres bei Simpsons Gebrauchtwagenhandel angestellt worden. Den ganzen Sommer hindurch hatte das Geschäft floriert, und ich hatte von meinen Provisionszahlungen so viel Geld auf die hohe Kante gelegt, dass ich jetzt mit einem kleinen Triumph Spitfire liebäugelte.

    Inzwischen war es März geworden. Auf dem Automarkt rührte sich immer noch nicht viel. Doch an diesem Morgen spürte ich es direkt in den Knochen, dass ich einen unserer Wagen verkaufen würde. Das ist ein Instinkt, der jedem wahren Verkäufer mitgegeben ist. Die Luft war frisch und herb, der Himmel leuchtete blau, und die blitzblank geputzten Autos, die auf dem Parkplatz aufgereiht standen, funkelten in der Sonne. An so einem Tag würde sich vielleicht doch ein Kunde hierher verirren.

    Simpson und ich hatten im Büro eine Zigarette geraucht. Er war ein unglaublich eitler Bursche, Junggeselle, ungefähr fünfunddreißig Jahre alt, mit ölig glattem Haar und einem bleistiftschmalen Bärtchen über der Oberlippe. Er fühlte sich als unwiderstehlicher Herzensbrecher und erzählte mir von irgendeiner üppigen Blondine, die er am Abend vorher angeblich vernascht hatte. Wir drückten gerade unsere Zigaretten aus, als ich einen Mann draußen stehenbleiben sah. Er betrachtete einen Alvis, der noch vor dem Krieg gebaut worden war.

    Der Wagen stand schon seit Juli da und wartete auf einen Käufer. Ich brauchte keine fünf Sekunden, um mich zwischen den dicht nebeneinanderstehenden Wagen hindurchzuzwängen.

    »Haben Sie einen Wunsch, Sir?«

    Der Mann warf mir einen Blick zu, aus dem leichte Belustigung und Gleichgültigkeit sprachen. Doch blitzartig änderte sich der Ausdruck auf seinem Gesicht. Er starrte mich an, als zermarterte er sich das Gehirn, wo er mich früher schon einmal gesehen hätte. Dann schüttelte er ganz leicht den Kopf und vertiefte sich wieder in die Betrachtung des Alvis.

    »Nein«, sagte er. »Das ausgediente Vehikel hat nur alte Erinnerungen wachgerufen. Ich hatte einmal einen ähnlichen Wagen. Das ist lange her.«

    Ich glaube, dass mir schon in diesem Moment klar wurde, wie sehr ich mir wünschte, mich so ausdrücken zu können wie dieser gutgekleidete Fremde. Sein Akzent und sein Tonfall ließen einen sofort an die teuren Läden in der Bond Street denken, an exklusive Hotels und Hemden aus der Jermyn Street. Sechs Jahre Arbeit in untergeordneten Stellungen hatten mich gelehrt, was Stimme und Tonfall bewirken können. Wenn ich es jemals fertigbringen würde, so zu sprechen, wäre ich ein gemachter Mann.

    »Der Wagen ist in sehr gutem Zustande, Sir. Hundertzwanzigtausend Kilometer - und der Motor hält bestimmt das Doppelte aus.«

    »Hm. Und wie oft wurde das Tachometer auf Null zurückgedreht?«

    Seine Stimme drückte genau das richtige Maß an Ironie aus.

    »Möchten Sie nicht eine Probefahrt machen, Sir?«

    »Nein. Kabrioletts sind für junge Leute. Aber trotzdem vielen Dank.«

    Der Kunde musterte mich noch immer nachdenklich, ohne jedoch dabei aufdringlich zu wirken. Er schien beinahe mehr Interesse für den Verkäufer zu haben als für den Wagen. Wie es in meinem Fernkurs-Lehrbuch geheißen hatte: Häufig bewirkt weniger der Verkaufsgegenstand selbst als vielmehr der Verkäufer, der ihn vorführt, eine Minderung des Kaufwiderstands im Kunden. Ich wüsste jetzt, dass mein neuer Anzug die Kapitalanlage gelohnt hatte.

    »Vielleicht eine Limousine?«

    Jetzt kam es darauf an, ihn nicht von der Angel zu lassen, ihn daran zu hindern, mit einem höflichen Wort die Unterhaltung abzubrechen und zu verschwinden.

    »Jetzt ist die richtige Jahreszeit, um einen Wagen zu kaufen. Wir haben einige Modelle ganz erheblich

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1