Spuk unterm Reetdach: eine Sylt-Geschichte
Von Elke Gravert
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Über dieses E-Book
Magnus und Iris aus Hamburg kaufen und renovieren ein altes Reetdachhaus auf Sylt. Ohne zu ahnen, dass es in dem Haus spukt, ziehen sie mit zwei Kindern und ihrem Aupair ein.
Das Gespenst Gesche hält Magnus für ihren vor mehr als 150 Jahren verstorbenen Ehemann, einen Kapitän auf einem Walfänger, und schleicht sich in sein Bett...
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Buchvorschau
Spuk unterm Reetdach - Elke Gravert
Spuk unterm Reetdach
eine Sylt-Geschichte von Elke Gravert
Als Silke Petersen in den Kapitänswai bog, fiel sie beinahe vom Fahrrad. Da wurde doch tatsächlich das alte Kapitänshaus renoviert! Mit offenem Mund fuhr sie näher heran.
„Moin", grüßte sie einen Arbeiter, der gerade einem Baukrahn half, in die Lücke vorm Kapitänshaus einzuparken.
„Was wird das hier?"
„Moin, Mutter Petersen", sagte Piet nach einem kurzen Blick auf sie. Er hatte offensichtlich keine Zeit, ihre Fragen zu beantworten.
Silke Petersen lehnte ihr Fahrrad an den halb zerstörten Friesenwall und trat näher.
Vor dem Haus lagen große Bündel altes Reet. Sie schaute nach oben.
Vom Dach waren jetzt nur mehr die nackten verwitterten Balken zu sehen. Ein Arbeiter turnte darauf herum.
Jetzt kam ein Mann mit gelbem Helm aus dem Haus. Er hielt ein Reißbrett in der Hand , auf dem er eifrig etwas notierte. Mutter Petersen trat ihm in den Weg.
„Moin!"
„Moin! Würden Sie bitte aus dem Weg gehen. Das ist hier gefährlich!"
„So, das Kapitänshaus geht nun auch in fremde Hände über!"
Silke Petersen schüttelte bedauernd den Kopf. Bald würde hier kein Einheimischer mehr leben. Ihre Nachbarn im Kapitänswai waren fast alles Fremde. Sie und Peter Lüders hielten im Kapitänswai noch die Stellung und weigerten sich zu verkaufen.
Und nun hatte Peter Lüders doch verkauft! Das musste gewesen sein, als sie bei ihrem Sohn auf dem Festland war.
Na ja, sie konnte das noch halbwegs verstehen.
In dem Haus hatte seit Jahren keiner mehr gewohnt.
Es spukte dort. So sagte man wenigstens. Kein Sylter wäre dort eingezogen. Und als Peter Lüders den Schlaganfall bekam, war er mit seiner Frau ins Altenheim gezogen. Kurz darauf war seine Frau gestorben.
Was Peter Lüders wohl mit dem ganzen Geld machte? Und wer hatte das Haus gekauft? Sie würde Peter heute Nachmittag im Altenheim besuchen. Hier hatte doch keiner Zeit für ihre Fragen.
Sie lenkte das Fahrrad zu ihrem kleinen Häuschen an der Ecke des Kapitänswai und schloss es ab.
Hier kamen jetzt soviel Fremde. Auch die Haustür musste man abschließen.
Mutter Petersen seufzte.
Magnus Gravert parkte seinen SUV in der Einfahrt der Villa in Pöseldorf, aus der vor ein paar Jahren zwei geräumige Eigentumswohnungen entstanden waren.
Magnus und Iris hatten gleich gekauft, als sie von dem Projekt hörten. Die Familie wurde größer und nun hatten sie genügend Platz für sich, die dreijährige Maja und Baby Niclas, der gerade mal drei Monate alt war.
Immer wieder war Magnus begeistert, wenn er das Haus mit dem schwarz-weißen Fliesenboden betrat.
Große runde Sprossenfenster beleuchteten das eindrucksvolle Entree mit der Stuckdecke und der gewundenen Treppe, die Magnus nun empor eilte.
Er schloss die Tür zu seiner Wohnung im ersten Stock auf.
„Papi, Papi kommt!"
Maja lief aus dem Wohnzimmer herbei und umklammerte seine Knie.
Er strich ihr über den Blondschopf und hob sie dann hoch zu sich.
„Na meine Süße? Bekommt Papi einen Kuss?"
Sie schlang die Ärmchen um ihn, und er bekam einen nassen Kuss auf die Wange.
„Was hast du heute angestellt? Warst du mit Mami im neuen Kindergarten?"
wollte er wissen und ließ sie herunter.
Majas Gesicht verzog sich zu einem weinerlichen Schnütchen.
„Der Kindergarten ist doof! stellte sie fest. Da gehe ich nicht mehr hin!
„Na, das wollen wir mal mit Mami besprechen. Wo steckt sie denn?"
„Bei Niclas, der ist wieder krank". war die Auskunft.
Maja zog ihren Vater am Arm und versuchte, ihn in das geräumige Wohnzimmer zu zerren, in dem ein Fernsehapparat auf höchster Lautstärke Ernis Probleme aus der Sesamstraße verkündete.
„Maja, lass mich mal los und mach den Fernseher leise. Ich muss zu Mami und Niclas."
„Haste Niclas lieber als mich?" fragte seine Tochter mit großen, tränenfeuchten Augen. Dann begann sie zu husten und keuchend nach Luft zu schnappen.
Er nahm sie wieder auf den Arm und klopfte ihr beruhigend auf den Rücken.
„Ihr Asthma wird immer schlimmer, sagte Iris von der Tür her. „Ich habe ihr Spray.
Sie holte die kleine Dose aus ihrer Hosentasche und hielt sie Maja an den Mund.
„Einatmen, Schatz!"
Nach ein paar Stößen Cortisonspray beruhigte sich Maja langsam. Magnus setzte sie auf der Couch ab und wandte sich seiner Frau zu.
„Du hattest einen schweren Tag, Liebling? Er küsste sie und umschlang ihre zarte Figur mit beiden Armen. „Was ist mit Niclas, Maja hat...
„Es geht ihm besser, er hatte wohl eine Kolik. Ich habe ihn ein wenig auf dem Arm hin und her getragen und dabei sein Bäuchlein massiert. Jetzt ist er eingeschlafen. Unsere neue Zugehfrau hat ihm, weil er weinte, etwas zerdrückte Banane gegeben, während ich mit Maja im Kindergarten war. Bananen verträgt Niclas nicht. Aber das konnte sie natürlich nicht wissen."
Magnus Gravert betrachtete seine Frau wie immer mit Wohlgefallen. Trotz zweier Geburten hatte sie sich ihre Figur bewahrt. Sie trug heute zu den Jeans eine elegante weiße Seidenbluse statt des üblichen T-Shirts. Das lange blonde Haar hatte sie zu einem Zopf im Nacken geflochten. So wurde ihr schönes Gesicht betont. Doch ihre blauen Augen blickten verschleiert. Sie wirkte erschöpft.
„Und im Kindergarten war es auch nicht erfreulich?" sagte er leise und zog sie in die Küche, wo Maja sie nicht hören konnte.
„Ganz und gar nicht, sie weigert sich strikt, noch einmal dahin zu gehen. Ich kann es ihr eigentlich auch nicht verdenken. Die Kindergärtnerin begrüßte sie gleich auf Englisch, was Maja wütend machte. Mich übrigens auch. Wir haben den bilingualen Kindergarten zwar ausgesucht, doch Maja war total verschreckt von der Begrüßung. Und sie hörte auch das Kauderwelsch, das die übrigen Kinder miteinander sprachen.
„Die sind alle doof, war ihr Kommentar. „Die können noch gar nicht richtig sprechen!
Magnus lachte. „Gesunde Reaktion unserer Tochter. Aber was machen wir nun?"
„Wir ziehen ja im Sommer um nach Sylt. Ich freue mich so sehr, Magnus. Dort wird es Maja bestimmt besser gehen und wenn nicht, muss ich mit den Kindern auch noch im Winter dableiben. Wir haben ja allen Komfort auch dort!"
Magnus nickte.
Für ihn würde es weniger schön werden, er musste sich in Hamburg um seine IT-Firma kümmern und könnte nur an den Wochenenden auf die Insel kommen.
„Der Umbau macht gute Fortschritte, der Bauleiter hat mich heute angerufen.
Hast du dich schon um ein Aupair bemüht?"
Iris nickte. „Morgen stellt sich ein Mädchen aus Irland vor, sie heißt Libby. Ich habe schon mit ihr telefoniert und sie scheint sehr nett zu sein!"
„Aus Irland? Ob Maja das gefällt?"
„Keine Angst, Libby spricht fließend Deutsch und hat selbst kleine Geschwister, die sie betreuen musste."
„Wenn deine Mutter dann zusammen mit dem Aupair die Kinder hütet, können wir beide auf die Insel fahren und die Einrichtung der Räume besprechen.
Die Küche haben wir ja schon ausgesucht."
„Und auch das Wohnzimmer ist halb fertig, die Regale sind eingebaut und die Sitzmöbel habe ich schon bestellt. Sie werden bei Einzug geliefert.
„Bleiben noch die Schlaf- und Kinderzimmer", überlegte Magnus. „Schaffst du
das?"
„Es wird hart,