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DER MANN MIT DER GARTENSCHERE: Der Krimi-Klassiker!
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eBook240 Seiten3 Stunden

DER MANN MIT DER GARTENSCHERE: Der Krimi-Klassiker!

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Über dieses E-Book

Dale Nelson, ein begabter Schauspieler und Medizinstudent, begibt sich als Patient des Psychiaters Dr. Wolf Sheridan in eine Nervenklinik bei Chicago. Nelson gilt als hemmungsloser Alkoholiker, aber in Wirklichkeit sammelt er Beweismaterial, um einen Mörder zu entlarven...

 

Der Roman Der Mann mit der Gartenschere des US-amerikanischen Kriminal-Schriftstellers Winfred Van Atta (* 18. Oktober 1910; † 05. Juni 1990) erschien erstmals im Jahr 1961; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte 1964.

Der Roman wurde bereits 1964 unter dem Titel Der Mörder mit der Gartenschere (Regie: Denis Sanders) verfilmt. In den Hauptrollen: Stuart Whitman, Carol Lynley, Roddy McDowall und Lauren Bacall.

Der Signum-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Psychothriller-Klassikers.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum7. Okt. 2022
ISBN9783755422419
DER MANN MIT DER GARTENSCHERE: Der Krimi-Klassiker!

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    Buchvorschau

    DER MANN MIT DER GARTENSCHERE - Winfred Van Atta

    Das Buch

    Dale Nelson, ein begabter Schauspieler und Medizinstudent, begibt sich als Patient des Psychiaters Dr. Wolf Sheridan in eine Nervenklinik bei Chicago. Nelson gilt als hemmungsloser Alkoholiker, aber in Wirklichkeit sammelt er Beweismaterial, um einen Mörder zu entlarven...

    Der Roman Der Mann mit der Gartenschere des US-amerikanischen Kriminal-Schriftstellers Winfred Van Atta (* 18. Oktober 1910; † 05. Juni 1990) erschien erstmals im Jahr 1961; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte 1964.

    Der Roman wurde bereits 1964 unter dem Titel Der Mörder mit der Gartenschere (Regie: Denis Sanders) verfilmt. In den Hauptrollen: Stuart Whitman, Carol Lynley, Roddy McDowall und Lauren  Bacall.

    Der Signum-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Psychothriller-Klassikers.

    DER MANN MIT DER GARTENSCHERE

    Erstes Kapitel

    Die Hilo-Bar ist ein Bumslokal am Rande des Loop in Chicago, ein paar Blocks tiefer in der Wabash Avenue, unterhalb des Kaufhauses Marshall Field & Co. Ich fand mich dort nun schon zum dritten Mal in drei Tagen kurz nach Mittag ein und ging zur Theke. Red, der Barmann, war allein im Lokal. Er legte seine Rennzeitung weg, glitt vom Hocker und kam mir finsteren Blicks entgegen.

    »Na, da wären wir ja wieder«, sagte er. »Wie geht es dem unglücklich Liebenden heute?«

    »Geben Sie mir einen Whisky und ein Bier.«

    Er schenkte den Whisky ein und zapfte ein kleines Bier ab. Als er sich zur Registrierkasse umdrehte, goss ich den Schnaps schnell auf den Boden. Dann nahm ich einen Schluck Bier.

    »Noch einen, Red.«

    Er fuhr herum und sah mich an.

    Ich sagte: »Jaja, ich bin sternhagelvoll. Trotzdem noch einen.«

    »Hören Sie, altes Haus, Sie sollten damit Schluss machen. Noch einmal so etwas wie gestern, und Sie können Ihr Testament machen. Wann haben Sie sich zuletzt rasiert? Wahrscheinlich haben Sie die ganze Woche nichts Ordentliches gegessen. Das ist das letzte Glas, das Sie heute von mir bekommen. Das ist sie doch gar nicht wert, Mann! Die Frauen sind alle gleich.«

    »Ich bringe sie um, Red«, sagte ich. »Sie ist eine ganz elende...«

    »Schon gut! Fangen wir nicht wieder davon an! Gestern hat mir gerade gereicht. Gehen Sie lieber nach Hause und schlafen Sie Ihren Rausch aus!«                                   

    Während er Whisky nachschenkte, ging ich in die Telefonzelle am anderen Ende des Raumes und schloss die Tür. Red konnte mich sehen, aber nicht hören. Ich warf eine Münze ein und wählte John Babsons Nummer. Als er sich endlich meldete, sagte ich: »Hier spricht Dale Nelson, Mr. Babson. Es ist soweit.«

    »Gut«, entgegnete er. »Denken Sie daran, Sie müssen alles ganz echt darstellen. Geben Sie der Polizei meinen Namen und meine Rufnummer an, nachdem man Sie festgenommen hat. Bestehen Sie darauf, dass man mich anruft; Sind Sie tatsächlich betrunken?«

    »Ausreichend.«

    »Also dann - alles Gute! Haben Sie alle Ihre Papiere in der Brieftasche?«

    »Ja.«

    »Alles hängt davon ab, wie Sie es durchführen.«

    »Machen Sie sich deshalb keine Sorgen. Wir sehen uns im Bezirkskrankenhaus wieder.«

    Ich hängte auf und verließ die Telefonzelle. Leicht taumelnd und vor mich hinmurmelnd kehrte ich zur Theke zurück.

    »Hat sie schon wieder nicht mit Ihnen reden wollen?«, fragte Red. »Gescheites Mädchen. Steigt tagtäglich in meiner Achtung.« Ich hob das Schnapsglas an die Lippen und leerte es mit einem Schluck. »Noch einen.«

    Red nahm die Flasche und stellte sie ins hintere Regal.

    »Jetzt ist Schluss. Mehr gibt’s nicht. Wenn Sie sich volllaufen lassen wollen, von mir aus, aber nicht hier drin. Trinken Sie Ihr Bier aus und verschwinden Sie!«              

    »Geben Sie mir ein Streichholzheftchen.«

    Er warf es mir hin. Ich steckte es in die Tasche. Dann legte ich einen Dollarschein auf die Theke. »Nur noch einen, Red.«

    »Hinaus jetzt!«

    »Da liegt mein Geld! Wenn ich bestelle, müssen Sie mich bedienen.«

    Seine Augen funkelten vor Wut, und sein dicker Hals blähte sich wie bei einer Brillenschlange. Er kam wie ein Boxer mit kurzen, tänzelnden Schritten hinter dem Schanktisch vor, packte mich am Kragen und am Arm und drängte mich zur Tür.

    »Und kommen Sie ja nicht wieder!« empfahl er mir und stieß mich auf die Straße.

    Ich starrte ihn blöde an, schwankte vor und zurück, ließ eine wenig schmeichelhafte Bemerkung über seine Vorfahren fallen, dann drehte ich mich um und torkelte auf das Kaufhaus Marshall Field & Co. zu. Der letzte Whisky hatte mich geschafft.

    Kaum hatte ich das Kaufhaus betreten, wurde ein Hausdetektiv auf mich aufmerksam. Er folgte mir dicht auf den Fersen, als ich durch das Geschäft zur Schmuckabteilung wanderte. Ich zögerte, wandte mich der Nische zu und spähte in jeden Schaukasten. Schließlich machte ich beim Stand mit den Verlobungs- und den Trauringen halt.

    Ein Verkäufer näherte sich.

    »Womit kann ich dienen, Sir?«

    Ich begann hin und her zu wanken, rollte mit den Augen, stieß einen schrillen Schrei aus und trat mit dem Fuß die Verglasung des Schaukastens ein.

    Eins muss man Fields lassen. Das Aufsichtspersonal dort ist erstklassig. Ich wurde von zwei Seiten angegriffen und lag plötzlich mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden. Mein rechter Arm war auf dem Rücken gegen das Schulterblatt hin verdreht.

    »Ich hab’ ihn«, sagte einer der Hausdetektive. »Der muss verrückt sein! Mir ist er gleich aufgefallen, als er hereinkam. Ruft die Polizei!«

    Der Verkäufer kam hinter dem Ladentisch hervor, um mich halten zu helfen.

    »Bestimmt ist er verrückt«, meinte er. »Haben Sie den Schrei gehört?«

    »Und ob. Mike soll sich beeilen. Wir schaffen ihn am besten in den Warenaufzug, bevor das ganze Haus davon erfährt.«

    Der andere Detektiv kam zurück. Gemeinsam trugen sie mich zum Lastenaufzug und ließen ihn ins Erdgeschoss hinab, wo er sich auf eine Laderampe in einer Seitengasse öffnete. Ein Streifenwagen und zwei Polizeibeamte erwarteten mich bereits.

    Sie fragten die Detektive aus. Dann führten sie mich zu ihrem Wagen, wo ich zwischen ihnen auf dem Vordersitz Platz nehmen musste. Ich sank vornüber, bis mein Kopf die Knie berührte.

    »Riecht wie ein Schnapsbruder«, sagte einer der Beamten. »Der muss ja wirklich übergeschnappt sein, wenn er solche Sachen macht. Ein armer Teufel ist er auch nicht. Sieh dir mal seinen Anzug an!«

    Ich tat, als hätte ich das Bewusstsein verloren, während sie mich ins Polizeirevier fuhren.

    Der diensthabende Sergeant unternahm einen Versuch, mich zu verhören, aber ich spielte nicht mit. Ich wiederholte ständig in singendem Tonfall: »Ich will meinen Anwalt. Er heißt John Babson. Rufen Sie John Babson, Whitehall 9-2000. Holen Sie meinen Anwalt...«

    Er trug mich in sein Register unter dem Namen Carl Anderson ein, gemäß den Dokumenten in meiner Brieftasche. Als er mit dem Schreiben fertig war, wandte er sich an einen Officer: »Rufen Sie Doktor Kiley.«

    Der Arzt traf zwanzig Minuten später ein. Er untersuchte mich.

    »Blau wie ein Veilchen«, stellte er fest. »Befindet sich möglicherweise am Rande des Deliriums tremens. Wir schicken ihn vorsichtshalber ins Bezirkskrankenhaus. Was ist über ihn bekannt?«

    »Er wohnt am North Shore Drive - gute Adresse. Hat ein Streichholzheftchen aus der Hilo-Bar in der Wabash Avenue bei sich. Ich schicke jemanden hin. Er verlangt dauernd nach einem Anwalt.«

    »Tun das nicht alle?«, seufzte der Arzt. »Hier ist die Einweisung ins Krankenhaus. Meinen Bericht schicke ich direkt dorthin an Doktor Buchanan.«

    »Wollen Sie ihm denn nichts verabreichen, Doktor?«, fragte der Sergeant.

    Der Arzt lachte.

    »Warum fürchtet ihr tapferen Polizisten euch so vor Psychopaten? Die meisten sind völlig harmlos. Dieser hier könnte kaum noch ein zusätzliches Beruhigungsmittel vertragen. Bringt ihn lieber rasch fort, bevor ihr Eimer und Waschlappen holen müsst.«

    Ich stöhnte und drehte mich auf der Bank herum. Zwei Polizeibeamte packten mich und schleppten mich zu einem Funkstreifenwagen hinaus.

    Ich stellte mich schlafend, als sie über den Loop fuhren. An den Kreuzungen ließen sie die Sirenen aufheulen.

    »Diese Kerle machen mir angst und bange«, sagte einer der Beamten. »Man weiß nie, wie man mit ihnen dran ist. Wo bringen wir ihn hin?«

    »Der Eingang für Neuzugänge ist um die Ecke. Schnell - ich glaube, ihm wird schlecht!«

    Sie hielten in der Einfahrt, halfen mir beim Aussteigen und zwangen mich, aufrecht zu stehen. Ein Wärter in weißem Kittel schob eine Bahre auf Rädern heran. Sie legten mich darauf, ließen sich meine Einlieferung quittieren und eilten zu ihrem Wagen zurück.

    »Nur keine Aufregung«, beruhigte mich der Wärter, während er die Bahre in den Fahrstuhl rollte. »Ihnen fehlt jetzt ein schöner, langer Schlaf.«

    Man nahm meine Kleidungsstücke in Empfang, stellte mich unter die Brause, zog mir ein Hemd über den Kopf, führte mich anschließend auf die Alkoholiker-Station und steckte mich in ein Bett neben dem eines alten Mannes, der kreischte und sich angstgepeinigt in seine Kissen drückte, während seine Augen etwas Grässliches und Furchteinflößendes verfolgten, das sich an der Zimmerdecke hin und her zu bewegen schien.

    Ein Assistenzarzt und ein kräftiger Wärter kamen hereingelaufen und gaben ihm eine Injektion in sein mageres Hinterteil.

    Als sie mit dem alten Mann fertig waren, wandte sich der Assistenzarzt mir zu.

    »Der da sieht mir auch nicht ganz geheuer aus«, meinte er. »Da wir schon hier sind, flößen wir ihm gleich Paraldehyd ein. Gott, was für ein Tag! Heute nehmen die Einlieferungen kein Ende. Sie werden ihn halten müssen. Er wird uns Schwierigkeiten machen.«

    Die Schnabeltasse verletzte mir das Zahnfleisch, als der Assistenzarzt sie mir zwischen die Zähne zwängte. Flüssiges Feuer versengte mir die Kehle, und ich rang nach Luft, aber der Wärter hielt mir die Nase zu, bis alles unten war. Nach ein paar Minuten erfüllten mich Ruhe und Wohlbehagen. Die angstvollen Rufe aus den mich umgebenden Betten verwandelten sich in einen Engelschor, als ich auf einer flaumigen Wolke entschwebte. Kurz bevor ich in völliges Vergessen versank, dachte ich: Höchst ungewöhnlicher Anfang zur Wiederaufnahme des Medizinstudiums!

      Zweites Kapitel

    Allmählich wachte ich auf. Ich spürte den Alkohol, der sich im Verlaufe von mehreren Tagen gleichmäßigen Trinkens in meinem Blut angesammelt hatte. Es war mir gelungen, eine Menge davon abzugeben, aber ich hatte auch eine Menge davon zu mir genommen. Zehntausend Teufelchen, deren jedes seinen winzigen Dreizack in eine empfindliche Stelle stieß, hielten in meinem Kopf einen Wettbewerb im Stabhochsprung ab. Das Paraldehyd hatte in meinem Mund einen widerlichen Geschmack hinterlassen. Mir war, als würde mit Schmirgelpapier über mein Gesicht gerieben.

    Ich schlug plötzlich die Augen auf. Eine junge Schwesternschülerin lächelte auf mich herab. Sie besaß die blauesten Augen, die ich je gesehen hatte, und sie hielt einen Waschlappen in der Hand.

    »Gehen Sie weg«, sagte ich. »Was ich jetzt am allerwenigsten brauche, ist...«

    »Hübsch artig sein, damit ich Sie waschen kann«, unterbrach sie.

    Doch als sie den Waschlappen wieder meinem Gesicht näherte, hustete ich plötzlich und hob mich hoch. Mit der Schulter stieß ich an den Krankentisch, die Waschschüssel kippte um und landete mit Getöse auf dem Fußboden.

    Eine kräftige, grobschlächtige Krankenschwester, deren Gesicht in dieser Schreckenskammer keineswegs fehl am Platze wirkte, war augenblicklich zur Stelle. Es konnte kein Zweifel darüber aufkommen, wer die Station befehligte.

    »Na, Miss Brennan, was ist denn jetzt schon wieder passiert?«, erkundigte sie sich. »Hat der Patient Sie zu stürmisch angehaucht?«

    Das hübsche Gesicht des Mädchens rötete sich, ihre Lippen pressten sich trotzig aufeinander, doch sie beherrschte sich.

    »Es war nur eine Ungeschicklichkeit, Miss Hardcastle. Müssen wir eine Affäre daraus machen?«

    Der Mund der Oberschwester wurde noch grimmiger, und ihre Augen versprühten eine Gereiztheit und eine Abneigung, die ein Leben lang zu solcher Vollendung gebraucht hatten.

    »Bei Gott, Brennan, wenn Sie weiterhin so frech zu mir sind, dann... Warten Sie nur, bis Sie nach Hanover kommen! Dort werden Sie erst richtig merken, was es heißt, Geisteskranke zu pflegen!«

    Miss Brennan bückte sich, um Waschbecken und Seife aufzuheben. Ihre Beine waren schlank, herrlich geformt und gehörten zu einem Körper, dem selbst die steife Tracht und die Schürze nichts anhaben konnten. Sie stellte die Schüssel wieder auf den Tisch und heftete, noch immer trotzig lächelnd, den Blick auf die Oberschwester. Die Ältere wandte die Augen zuerst ab und suchte nach einem neuen Objekt, an dem sie ihre Wut auslassen konnte. Sie wandte sich an mich.

    »Hören Sie mal gut zu, Freundchen«, sagte sie. »Wenn Sie das Mädchen auch nur einmal belästigen, wenn Sie noch ein einziges Mal Scherereien machen, bekommen Sie drei Tage lang nasse Wickel!« Sie drehte sich zu Miss Brennan um. »Waschen Sie den Patienten, geben Sie ihm das Frühstück, und dann melden Sie sich in meinem Büro. Mir scheint, wir müssen uns wieder einmal miteinander unterhalten.«

    Miss Brennan brachte frisches Wasser. Sie schritt leichtfüßig auf ihren flachen Schwesternschuhen dahin.

    »Entschuldigen Sie«, sagte ich. »Ich wollte Sie nicht in Ungelegenheiten bringen.«

    Das Mädchen lächelte plötzlich, und sein ganzes Gesicht erhellte sich dabei und zeigte Grübchen. Gute Laune strahlte aus den dunkelblauen Augen. Das ebenholzschwarze, kurzgeschnittene Haar ringelte sich gefällig um den Rand der Schwesternschülerinnenhaube. Die gleichmäßigen Zähne, weiß und makellos, stellten eine völlige Rechtfertigung der Zahnklammern dar, die sie als Kind zweifellos getragen hatte.

    »Miss Hardcastle hat eine anstrengende Nacht hinter sich«, erklärte sie. »Und sie ist nicht so schlimm, wie sie tut. Sie hat es diese Woche eben mal auf mich abgesehen.«

    »Das ist nicht schwer zu verstehen«, meinte ich. »Bei dem Gesicht muss sie, wenn sie Sie anschaut und sich dann im Spiegel sieht, Depressionen bekommen. - Sagen Sie, was hat das zu bedeuten: Warten Sie, bis Sie nach Hanover kommen

    »Ach, das ist eine Nervenheilanstalt. In 14 Tagen fahre ich mit meiner Klasse für ein halbes Jahr Sonderschulung dorthin. Danach ist unsere Ausbildung beendet.«

    Ich hätte gern gesagt: Das ist ja prachtvoll, Miss Brennan. Stattdessen sagte ich: Setzen Sie den Waschlappen wieder in Betrieb. Hier kommt der feuerspeiende Drache!«

    Sie fuhr mir noch ein paarmal übers Gesicht, nahm dann das Becken und ging wortlos hinaus. Die Oberschwester schaute ihr nach und schickte sich an, ihr zu folgen.

    »Einen Augenblick, Schwester«, bat ich.

    Sie kam zurück.

    »Hat Ihnen schon mal jemand gesagt, wie hübsch Sie sind, Miss Hardcastle?«, fragte ich. »Ihre Augen, Ihr Haar...«

    Sie funkelte mich an, froh, einen neuen Sündenbock gefunden zu haben. »Hören Sie auf mit dem dummen Gequassel!« wies sie mich zurecht. »Ich habe die Anpöbelungen satt! Ich sehe wie eine Hexe aus, ich fühle mich wie eine Hexe, und ich bin auch eine, wie Sie bald merken werden, wenn Sie mich weiterhin ärgern! Essen Sie Ihr Frühstück, wenn sie es bringt, und machen Sie sich präsentabel. Doktor Buchanan und Ihr Anwalt sind in einer halben Stunde da.«

    Drittes Kapitel

    John Babson und der Arzt erschienen, kurz nachdem ich festgestellt hatte, dass es mir unmöglich war, das Frühstück zu genießen, das mir Miss Brennan auf einem Tablett gebracht hatte.

    »Guten Morgen, Carl«, grüßte Babson. »Ich möchte Sie mit Doktor Buchanan bekannt machen. Er ist Sachverständiger beim Bezirksgericht. Ich - ich hoffe, es geht Ihnen besser, und dass - dass Ihnen dieses unglückselige Vorkommnis eine Lehre war.« Einen Moment lang hatte ich vergessen, dass ich für die nächsten Wochen Carl Anderson heißen sollte.

    »Das war es, Sir«, entgegnete ich. »Ganz bestimmt. Ich habe mich einfach kindisch benommen.«

    Babson wandte sich an den Arzt.

    »Sehen Sie, es ist genauso, wie ich es Ihnen erklärt habe. Der junge war geistig in schlechter Verfassung, seit seine Braut die Verlobung gelöst hat. Von nun an wird er sich zusammennehmen. Es war ihm eine Lehre.«

    Der Arzt sah mich unverwandt an.

    »Dieser - dieser Junge mag ja gegenwärtig ganz normal wirken«, sagte er. »Aber wie wird er sein, sobald er wieder eine Flasche Whisky in die Hand bekommt? Vergessen Sie nicht, Mr. Babson, der Barmann in der Wabash Avenue

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