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Kim – Chaos auf der ganzen Linie: Romantische Komödie
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Kim – Chaos auf der ganzen Linie: Romantische Komödie
eBook313 Seiten4 Stunden

Kim – Chaos auf der ganzen Linie: Romantische Komödie

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Über dieses E-Book

Kim zieht das Chaos an wie ein Magnet Eisenspäne. Das ist nur mit Humor zu ertragen, und zum Glück hat die junge Marketingassistentin eine Menge davon. Der hilft ihr auch beim Spagat zwischen zwei Traumtypen, zwischen denen sie sich nicht entscheiden kann. Oder wenn ihr Chef sich mal wieder umbringen lässt.
Nichts von alledem kann Kim unterkriegen: Auch in ihrem zweiten Abenteuer, das an „Kim – Schlimmer geht immer“ anschließt, meistert sie Chaos und Kriminalfälle auf ihre ganz spezielle Art: liebenswert, direkt und – natürlich – chaotisch!

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum17. Okt. 2017
ISBN9783736826397
Kim – Chaos auf der ganzen Linie: Romantische Komödie

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    Buchvorschau

    Kim – Chaos auf der ganzen Linie - Mona Lida

    1. Kapitel – Schreibfieber

    Da saß ich nun an meinem kleinen Schreibtisch vor einem blütenweißen Papier und hatte schon ganz trübe Augen. Im Abfalleimer neben mir türmten sich die zahllosen vergeblichen Briefversuche in Form von zerknüllten Papierknäueln. Aber so schnell gab ich nie auf! Ich nahm meine Schreibfeder, die ich schon seit meiner Kindheit besaß, und fing an zu schreiben:

    Lieber Guy,

    die gute Nachricht: Ich bin in dich verliebt, in meinem Bauch tanzen Schmetterlinge, wenn ich an dich denke, und auf meinem Nagel ist noch ein Hauch des Schmetterlings zu sehen, den du mir vor ein paar Wochen darauf gemalt hast. Ich habe Angst vor dem Tag, an dem auch dieser Rest verblasst ist, weil ich dann zur Nagelpflege müsste. Naja, eigentlich sollte ich ja jetzt schon gehen, aber da ich zu niemandem außer dir will, gehe ich halt nicht.

    Ich machte eine kurze Pause und las durch, was ich gerade geschrieben hatte. Ich verfluchte Papier und Feder! Sonst schrieb ich immer auf dem Computer, da konnte ich alles im Nachhinein ändern. Weil ich gerade dabei war, schimpfte ich innerlich auch ein klein wenig auf Marilyn, meine beste Freundin, die mir eingeredet hatte, dass ich auf keinen Fall den Computer verwenden dürfte, sondern mich für diese schwierige Aufgabe altmodisch mit Papier und Feder an einen klassischen Brief wagen sollte.

    „So bist du viel authentischer! Glaub es mir!", hatte sie gesagt.

    Im Moment glaubte ich ihr wohl, dass der Brief authentisch sei, aber dafür war er gleichzeitig auch chaotisch und schwer verständlich. Nun, er entsprach meinen Gefühlen. Immerhin das. Also schrieb ich weiter:

    Was ich damit sagen will, ist, dass ich zwar in dich verliebt bin, aber leider nicht nur in dich, sondern auch in Tom. Ich habe keine Ahnung, wie das passiert ist, aber ich bilde es mir nicht nur ein. Ich bin schrecklich verliebt in euch beide und kann mich nicht entscheiden. Nicht so, wie man sich bei einem Stück Sachertorte und einem Stück Donauwelle nicht entscheiden kann, denn da könnte man ja von jedem die Hälfte essen, sondern eher wie …

    Hier überlegte ich wieder und kaute solange auf meiner ziemlich zernagten Schreibfeder. Gleichzeitig kratzte ich mich mit der freien Hand am Kopf.

    Wie ein, wie ein …

    Da fiel mir ein Vergleich ein, ja, das war‘s!

    sondern eher wie bei der Wahl zwischen einer Investition in einen Fond oder in eine Festgeldanlage! Obwohl mir auch hier eine Mischanlage lieber wäre …

    Wieder stoppte ich. Oje, ich driftete zu einem meiner Lieblingsthemen ab. Geldanlagen. Das würde Guy wohl im Moment nicht so interessieren. Hm, was wird er wohl denken, wenn er den bisherigen Teil des Briefes liest? Guy, mein bester Freund seit einem Jahr, für sehr kurze Zeit leidenschaftlicher Liebhaber und nun leider auch noch Ex-Nageldesigner …

    Ich versuchte, mich in ihn hineinzuversetzen. Ob er wohl geknickt wäre? Traurig, gekränkt, verletzt – vielleicht auch hoffnungsfroh, ich würde mich am Ende doch für ihn entscheiden? Oder war ich ihm bereits gleichgültig geworden?

    Nein, diesen Gedanken schüttelte ich gleich wieder ab. Jeden Tag hatte ich eine Nachricht von Guy in der Mailbox meines Handys oder im Posteingangsfach von wepp.de. Liebevolle, freundschaftliche Nachrichten, dass er sich Sorgen mache, weil ich mich nicht mehr melde. Dass er mich vermisse, unsere Ausflüge und Unternehmungen. Ja, ich vermisste sie auch. Und ihn noch mehr. Ich drehte den Bogen Papier um und schrieb weiter:

    Ich vermisse dich so sehr! Du warst mir im letzten Jahr der beste Freund und die Liebe zieht mich zu dir, aber ich fühle mich innerlich zerrissen. Ich weiß, dass ich mich entscheiden muss und doch kann ich es nicht. Im Moment jedenfalls nicht. Ich habe die Hoffnung, dass die Zeit mir helfen wird.

    Jetzt kam der schwerste Part des Briefes. Ich atmete tief durch und beugte mich erneut über das Blatt:

    Die Bitte fällt mir nicht leicht, aber ich fühle tief in mir, dass es der richtige Weg ist. Bitte, liebster Guy: Ich will dich ein Jahr lang nicht sehen. So schwer es mir fallen wird, ich glaube, dass mir dieses Jahr die richtige Entscheidung bringen wird. Würden wir uns bereits jetzt wieder treffen, so wäre ich nur noch mehr verunsichert. Ich werde Tom den gleichen Brief schreiben. Oder einen ähnlichen, denn er ist ja nicht schon so lange ein bester Freund. Das heißt, er war noch nie ein bester Freund. Ich höre jetzt auf zu schreiben, bevor ich wieder so viel Unsinn schreibe, dass ich den zehnten Brief anfangen muss. Neun ist meine Glückszahl.

    In der Hoffnung, dass du Verständnis hast,

    deine Kim

    Ich hatte es geschafft!!! Der Brief war geschrieben. Ohne ihn noch einmal durchzulesen, faltete ich ihn und steckte ihn in den schon vorbereiteten Umschlag.

    Der erste Schritt war getan, es war Zeit für den zweiten Brief! Bevor ich mich drücken konnte, hatte ich schon ein weiteres Papier aus der Schublade gezogen. Für Toms Brief wollte ich keine zehn Versuche brauchen, dieser musste auf Anhieb passen! Ich hatte keine Lust mehr zu schreiben! Meine Hand tat weh!

    Ich beugte mich über den Briefbogen und begann:

    Hallo Tom!

    Hm, mir fiel auf, dass ich bei Tom nicht „Lieber Tom" geschrieben hatte. Ob das etwas aussagte? Ich legte meine Gedanken beiseite und fuhr fort:

    Ich kenne dich noch nicht lange und trotzdem fühle ich mich dir schon sehr verbunden. Ein großer Teil von mir ist in dich verliebt, träumt ungewohnt und beunruhigt bereits von Kindern (nur zwei!) mit dir, aber ein ebenso großer Teil von mir will erst mal ein bisschen mehr Geld verdienen und außerdem bin ich auch in Guy verliebt. Und weil mich das durcheinander bringt, schlage ich vor, dass wir uns ein Jahr nicht sehen. Dann werde ich eine Entscheidung getroffen haben. Ich hoffe, dass du diese Idee nicht doof findest und mir eine Chance gibst.

    In Liebe, Kim

    Na, der Brief war kurz und knackig! Wie ich Tom kannte, würde er den Brief zerknüllen, wegwerfen und nie wieder an mich denken. Ich seufzte leicht. Nun, das wäre auch eine Entscheidung und ich müsste sie nicht selbst treffen.

    Tom hatte mir die letzten zwei Wochen immer wieder auf die Mailbox gesprochen, dass er mich gerne sehen würde, und per Mail war ein Gedicht gekommen, sooo romantisch. Tom war immer für Überraschungen gut. Ein dichtender, Klassik liebender Schreiner mit Herz für die Großfamilie. Eigentlich eine gute Wahl …

    Und doch kannte ich ihn kaum. Dumm war nur, dass ich ihn mit dem Jahr Trennung auch nicht besser kennenlernen würde, überlegte ich. Aber was hat Liebe viel mit Wissen und Kennen zu tun? Es gab ja schließlich auch Liebe auf den ersten Blick! Ja, in Tom war ich auf den ersten Blick verliebt gewesen, bei Guy hatte es ein ganzes Jahr gedauert. Was war nun besser? Jemanden erst als Freund kennenzulernen oder Liebe auf den ersten Blick? Außerdem ist Verliebtheit nicht Liebe, oder? Was war es, was mich zu Guy hinzog – was zu Tom?

    Ich merkte, wie meine Gedanken durcheinandergingen. Ich zwang sie zurück zum Wesentlichen. Es war, wie ich in meinen Briefen geschrieben hatte: Ich konnte mich einfach nicht entscheiden, wen von den beiden ich mehr liebte. Horchte ich auf mein Gefühl, dann klangen da zwei Saiten auf einmal!

    Hmm, war es eigentlich ungerecht gegenüber Tom, dass ein ganzes Jahr verstreichen musste? Denn was konnte von unseren kurzen Begegnungen übrigbleiben an Erinnerungen? Wenn der Brief an ihn schon so kurz ausgefallen war ... Hm, der Sex mit ihm war mir in unvergesslicher Erinnerung geblieben, ebenso unser Besuch in der Dogman Direct Bank …

    Aber ich war müde und schob auch diese Gedanken zur Seite.

    Jetzt klopfte ich mir erst einmal mental auf die Schulter. Mein Meisterwerk war vollbracht: Ich hatte zwei handschriftliche Briefe verfasst, für meine Generation war das ein phänomenaler Schnitt für einen Abend!

    Zum Abschluss kramte ich noch eine Karte aus der Schublade. Ich sammelte Karten aller Art: Postkarten, Kunstkarten und vor allem welche mit lustigen Motiven. Ich wählte aus der Sammlung eine, auf der eine Maus grinsend vor einer Katze saß – hm, was die wohl ausdrücken sollte? – und schrieb in das Adressfeld: Nadine Ritter, Hoferstraße 3, 97072 Würzburg.

    Das war die Adresse meiner Lieblingsnichte. Sie war erst fünf Jahre alt, aber reichlich frühreif, und sie begann bereits zu lesen und zu schreiben.

    Meine Schwester Marion hatte mit siebzehn die Entdeckung gemacht, dass es vielleicht doch sinnvoll gewesen wäre, die Pille zu nehmen, und noch kurz vor ihrem achtzehnten Geburtstag der kleinen Nadine das Leben geschenkt. Der Vater von Nadine heiratete Marion kurz nach der Geburt, aber das Kind hatte bereits den Namen meiner Schwester bekommen und so freute sich mein Vater, dass gleich das erste Enkelkind den Familiennamen weitertrug, womit er bei fünf Mädchen und nur einem Jungen gar nicht so schnell gerechnet hatte.

    Nadine wurde von den Großeltern und Tanten derart verwöhnt, dass es gut war, dass schon anderthalb Jahre später das Zwillingspärchen Elena und Georg auf die Welt kam, das auch ein wenig Aufmerksamkeit abbekam. So war meine Schwester schon mit zwanzig Jahren dreifache Mutter.

    Ihrem Mann Andreas konnte man zugutehalten, dass er die Familie eher als Abenteuer ansah, das es durchzustehen galt, als dass er über Fluchtversuche nachdachte. Er war gute zehn Jahre älter als meine Schwester, verdiente bereits ein ordentliches Gehalt als Elektriker und hatte, als einzige mir bekannte Schwäche, die Unkenntnis in der Anwendung von Kondomen. Er war der perfekte Familienvater, lieb zu meiner Schwester – zu lieb, wenn man die Schar der Kinder ansah – und fürsorglich gegenüber seinen Kindern und zuvorkommend bei den Schwiegereltern.

    Ich profitierte sogar von dem frühen Kindersegen meiner Schwester, ließen mich doch meine Eltern seitdem zumindest mit Kinderwünschen in Ruhe, weil sie erst einmal gut mit Enkeln versorgt waren. Außerdem wohnte die junge Familie direkt in Würzburg, nur ein paar Straßen von meinen Eltern entfernt, ich dagegen weit weg. Meine Kinder hätten sie sowieso nicht oft gesehen …

    Einmal die Woche, meist freitags, telefonierte ich mit Nadine, damit sie ihre älteste Tante in der Ferne nicht vergaß, und ich freute mich schon immer auf diesen Abend.

    Ich war bass erstaunt, als dann vor einem halben Jahr die erste Postkarte ins Haus geflattert kam, mit krakeligen Buchstaben und doch verständlichem Wortlaut. Ich habe sie heute noch an der Pinnwand neben der Tür hängen:

    Libe Tante KIM. Ich kan jezd schraiben. Daine NADINE

    Mit dieser Postkarte begann ein reger Kartenwechsel, in dem wir uns von den Erlebnissen der Woche erzählten.

    Ich schrieb heute:

    Liebe Nadine,

    schön, dass du eine kleine Katze geschenkt bekommen hast. Ich liebe Katzen. Ich finde den Namen Moritz sehr schön. Er passt zu einer schwarzen Katze perfekt. Ist Moritz ein Kater?

    Heute Abend habe ich mir eine Pizza gemacht. Morgen muss ich wieder arbeiten. Ich hoffe, es geht dir gut und wir sehen uns bald wieder.

    Liebe Grüße, Tante Kim

    So, diese Zeilen waren mir am leichtesten gefallen. Mädchen zu schreiben ist so viel einfacher!

    Ich klebte auf alle Werke eine passende Briefmarke und legte sie auf die kleine Kommode an der Eingangstüre. Von dort aus würden sie morgen auf dem Weg zur Arbeit in den Briefkasten wandern …

    Ich gähnte. Es war Zeit, ins Bett zu gehen. Das hieß bei mir, aufs Schlafsofa, weil ich in meinem winzigen Einzimmer-Appartement nur wenig Platz habe. Ein kleiner Schrank, ein winziger Tisch mit zwei Stühlen, den ich gerade als Schreibtisch verwendet hatte, und das Schlafsofa, daraus bestand mein ganzes Mobiliar. Es reichte vollkommen aus.

    Das Sofa hatte mir Guy geschenkt. Es war ein Traum in weinrot und superbequem. Ich zog es aus, klopfte mein Kissen zurecht und schaute kurz auf meine Schneekugel, die ihren angestammten Platz auf dem kleinen Tischchen hatte, das gleich neben dem Sofa stand.

    In der Schneekugel lag mein erster selbst verdienter Euro. Ich kann mich noch heute an den Tag erinnern, an dem ich ihn in der Hand gehalten hatte. Welcher Stolz mich erfüllte, und wie in diesem Moment der Traum in mir Fuß fasste, dass sich zu diesem Euro noch 999. 999 weitere gesellen sollten, bis ich schließlich eine Million zusammen haben würde. Seitdem arbeitete ich auf dieses Ziel hin, eisern und mit Hingabe.

    Ich hatte mein Ziel nie in Frage gestellt ... Bis ich vor ein paar Monaten bei einem Rock-Konzert Tom, den Schlagzeuger, kennenlernte. Tom hinterfragte meine Ziele und stellte neue in den Raum. Mein Weltbild bekam Risse und ich war seitdem stark verunsichert.

    Ich schüttelte den Kopf und verscheuchte alle Fragen, die sich vor meinem geistigen Auge tummelten. Vor allem aber verbannte ich Tom aus meiner Gedankenwelt und nahm gleichzeitig die Schneekugel in die Hand. Wohltuende Rituale sollte man pflegen, also schüttelte ich sie, wie jeden Abend, bis die weißen Flocken wild um den Euro wirbelten. Schicksalsschläge würden kommen, Hindernisse in den Weg treten, ich würde mein Ziel dennoch erreichen!

    2. Kapitel – Ich will Marketingleiterin werden anstelle des Marketingleiters

    Am nächsten Morgen steckte ich nach meiner morgendlichen Dusche die zwei Briefe und die Postkarte in meine Tasche und ahnte nicht, wie sehr diese Post mein zukünftiges Leben verändern würde – und zwar schneller als erwartet …

    Ich ging wie immer zügig zu Fuß zur S-Bahn-Station am Ludwigsburger Bahnhof, warf dort die Post in einen Briefkasten und fuhr um Punkt 6.30 Uhr nach Stuttgart in meine Firma. ENERGION war ein mittelgroßer Energiekonzern in Stuttgart, bei dem ich vor einem Jahr meine erste Stelle als Marketingassistentin angenommen hatte. Ich hatte mich schnell durch ein paar Gehaltserhöhungen hochgearbeitet und sowohl die Anerkennung meines Marketingleiters Leopold als auch die meines obersten Chefs Dr. Moosmann errungen.

    Es stellte sich heraus, dass der absolut unfähige Leopold nur deswegen keine Ahnung von Marketing hatte, weil er eigentlich als verdeckter Ermittler für die Kriminalpolizei tätig war. Die Mordfälle, besser gesagt, der Mord an Marlon Braun und der Mordversuch an Dr. Moosmann, waren mittlerweile dank meines ziemlich klugen und überaus tapferen Einsatzes gelöst worden, und nun war Leopolds Stelle als Marketingleiter freigeworden und zur Ausschreibung gestellt. Meine Chance war gekommen!

    Ich hatte mich beworben und heute sollte das Vorstellungsgespräch stattfinden, beim Big Chef Dr. Moosmann, der seit ein paar Wochen wieder aus dem Koma erwacht war.

    Bis auf meine Fingernägel – sie dienten als Mahnmal meiner zerrissenen Liebe – war ich perfekt ausgerüstet. Meine Haare waren zufriedenstellend frisiert – dank Naturlocken musste ich nach dem Waschen und Trocknen nur einmal mit den Fingern durchfahren – und das Make-up in routinierter Selbstverständlichkeit dezent, aber wirkungsvoll aufgetragen. Meine Kleidung war ausgewählt und zeitlos schön. Ich musste mir nie viele Gedanken machen, was ich anziehen sollte, da mein Kleiderschrank nur eine Minimalgarderobe umfasste, die aber perfekt war. Warum sich mit viel Mittelmaß kleiden, wenn es wenig Klasse auch tut?! Und das alles in Rekordzeit. Ich liebe Effektivität!

    Wie immer, wenn ich morgens zur Arbeit kam, füllte ich meine Kaffeetasse in der kleinen Mitarbeiterküche mit einem Milchkaffee, was mein bescheidenes, aber überaus günstiges Frühstück darstellte. Mit einem Lächeln auf den Lippen und der Tasse in der Hand lief ich zu Leopolds ehemaligem Büro. Ich wollte es mir heute Morgen einmal in Ruhe ansehen, um zu überlegen, wie ich es mir einrichten würde, wenn ich erst einmal Marketingleiterin wäre. Die Möbel würde ich auf jeden Fall umstellen, denn ich wollte den Blick vom Schreibtisch nach draußen, nicht in Richtung Tür wie bisher …

    Als ich die Tür öffnete – ich hatte nicht geklopft, weil das Büro ja offiziell verwaist war – erwartete mich eine große Überraschung.

    „Leopold!" Mir fiel fast die Kaffeetasse aus der Hand.

    „Guten Morgen, Kim. Bringst du mir einen Kaffee?"

    „Nein! Das ist mein Kaffee, hol dir selbst einen! Guten Morgen! Was machst denn du hier?", stammelte ich verwirrt.

    Leopold sah aus wie immer, wenn er an seinem großen Schreibtisch in dem schönen geräumigen Arbeitszimmer der Marketingleitung saß: ruhig, gelassen und zufrieden mit sich und der Welt. Sein rundes, leicht kindliches Gesicht verstärkte diesen Eindruck, deswegen unterschätzten ihn viele Menschen. Auch ich hatte ihn zunächst falsch eingeschätzt und ihn anfangs fast verachtet.

    Er lächelte und antwortete: „Ich arbeite hier. Du kennst doch mein Büro."

    Ich schüttelte ungläubig den Kopf. „Nein, du arbeitest nicht mehr hier. Du hast gekündigt! Das hier wird mein Büro! Ich habe heute einen Vorstellungstermin für den Posten!"

    Leopold breitete seine Arme aus und zuckte entschuldigend die Schultern.

    „Ich habe wieder angefangen zu arbeiten. Mach bitte die Tür zu."

    Ich zog die Stirn überlegend kraus und schloss die Tür hinter mir. Etwas verwirrt setzte ich mich auf den Besucherstuhl, die Kaffeetasse immer noch in der Hand.

    „Aah, sagte ich nach einem Blitzgedanken, „du verdienst hier besser als bei der Kriminalpolizei und hast den Beruf gewechselt. Statt als verdeckter Ermittler unterwegs zu sein, willst du nun doch Marketingleiter werden. Aber …, und an dieser Stelle sah ich ihn vorwurfsvoll an, „du hast keine Ahnung von Marketing, wie willst du den Job in echt machen?"

    „Falsch geraten. Ich bin auch nicht hier, weil ich entlassen worden bin oder weil ich so gerne im zweiten Stock arbeite. Leopold grinste, doch dann wurde seine Miene mit einem Mal ernst und er verriet mir endlich den Grund: „Ich bin wieder im Einsatz. Dir kann ich es ja verraten, du lässt ja sowieso nicht locker, bis du es heraus hast. Ich ermittle im Fall des Mordversuchs an Dr. Moosmann.

    „Aber der Mörder ist doch gefasst ..." Da dämmerte es mir. Ich klopfte mit meinem rechten Zeigefingernagel gegen die Kaffeetasse.

    „Ich hab’s! Herr Wesermann ist gar nicht der Fast-Mörder. Stimmt‘s? Ihr habt irgendetwas herausbekommen, das es beweist!"

    Leopold zauberte ein breites, herzliches Lächeln auf sein Gesicht.

    „Du bist so klug wie immer. Ja, wir haben Beweise für seine Unschuld gefunden. Herr Wesermann hat zwar definitiv Marlon Braun ermordet und das auch zugegeben, aber er kann nicht versucht haben, Dr. Moosmann zu ermorden, weil er für diese Zeit ein hieb- und stichfestes Alibi hat."

    Ich grummelte kurz vor mich hin, stellte meine Kaffeetasse auf Leopolds Schreibtisch und verabschiedete mich von meinem Traum, Marketingleiterin anstelle des vor mir sitzenden Marketingleiters zu werden. Nun, vorübergehend zumindest. Ich musste Leopold loswerden, und das bedeutete, dass ich diesen Fall lösen musste – so, wie ich auch den Mord an Marlon Braun aufgeklärt hatte. Nur so konnte ich meinem Ziel näherkommen. Wenn ich die Arbeit Leopold alleine überließ, würde es viel zu lange dauern!

    Ich murmelte: „Er hat schon bei seiner Festnahme mehrmals betont, dass er Dr. Moosmann nichts getan hat. Da scheint er tatsächlich mal die Wahrheit gesagt zu haben ..."

    Ich schlug meine Beine übereinander und nippte wieder an meiner Kaffeetasse. Der Tag fing spannender an, als ich erwartet hatte!

    Ich fing an, laut zu denken: „Stellt sich nun die Frage: Wer sonst hatte ein Motiv, und vor allem, die Gelegenheit!?"

    Leopold hörte mir schweigend zu und ich fühlte mich zunehmend wie eine Meisterdetektivin. Ich fuhr mit meinen Überlegungen fort.

    „Leopold, wir haben doch diese komischen Dokumente gefunden. Darin ging es hauptsächlich um Energie, Anlagen und Bankgeschäfte. Ich habe mich damals schon gewundert, was die mit Herrn Wesermann zu tun haben könnten. Mal im Ernst! Beim Mord an Marlon ging es um Kunst und Kommerz! Um die Angst Herrn Wesermanns, dass Marlon durch den Ankauf von Hunderten wertloser Kunstwerke die Existenz der Bank in Gefahr brachte. Was ja auch der Fall war, wenn ich mich an die abscheulichen Dinger erinnere! Dr. Moosmann wiederum hat zwar mit Kunst zu tun, wenn ich an die vielen Kunstwerke in seinem Büro denke, aber das Motiv von Herrn Wesermann bezüglich des Mordversuchs an unserem Chef war mir schon damals schleierhaft. Es war nur so unwahrscheinlich, dass es gleich zwei Täter gab!"

    Leopold nickte: „Du würdest eine gute Kriminalbeamtin abgeben. Hast du schon einmal überlegt, den Beruf zu wechseln? Wir suchen dringend Nachwuchs!"

    Ich lächelte belustigt: „Nie im Leben! Viel zu schlecht bezahlt! Ich helfe dir, diesen Fall aufzuklären, und dann werde ich an deiner Stelle Marketingleiterin. Wenn du noch länger hier in diesem Luxus-Büro hockst, dann schadest du noch der Firma, so wenig Ahnung hast du!"

    Leopold grinste amüsiert. Es schien, als hätte er mich vermisst.

    „Ja, dann hilf mir nur schön! Vor allem, indem du mein Marketinggeschäft übernimmst, damit ich nicht auffliege. Ich habe einen Job von Dr. Moosmann übertragen bekommen, da brauche ich dringend deine Hilfe. Irgendeine Winterstromkampagne."

    Ich überlegte kurz. Lag dieses Angebot unter meiner Würde? Nein, denn so kam ich näher an den Tatort und das genesende Mordopfer, sprich meinen obersten Chef, und konnte den Fall schneller klären. Je schneller ich den Täter überführte, desto eher würde Leopolds Posten wieder frei, und ich hätte endlich ein Büro, das nicht an einen zu klein geratenen Kaninchenkäfig erinnerte.

    Ich straffte meine Schultern und sah Leopold streng an: „Aber du legst ein gutes Wort beim Chef ein, dass ich nach der Lösung des Falles deinen Job bekomme!"

    „Darauf kannst du Gift nehmen! Ich werde dich empfehlen und ihn zur Not ein wenig überreden! Ich weiß ja, dass du den Job gut machen wirst! Du bist die beste Assistentin, die ich je gehabt habe."

    Ich trank den Rest meines Kaffees aus und stürzte mich in die Arbeit. „Gib die Unterlagen her. Ich will mich gleich einarbeiten! Immerhin habe ich etwas Zeit gewonnen: Mein Vorstellungstermin fällt aus."

    Und so wurden Leopold und ich ein Team, das die nächsten Wochen intensiv zusammenarbeiten würde. Ich hätte es schlimmer treffen können, denn Leopold hatte zwar keine Ahnung von Marketing, aber er hatte Humor und war nett. Das ist mehr, als man von den meisten Menschen behaupten kann.

    3. Kapitel – Tom

    Ich ging gerade in mein kleines bescheidenes Büro, in der einen Hand die leere Kaffeetasse und in der anderen die Dokumente über die winterliche Werbekampagne, da klingelte mein Handy. Es befand sich in dem kleinen Rucksack, den ich immer bei mir trug. Schnell stellte ich die Tasse auf meinem kleinen, mit Papieren überfüllten Schreibtisch ab. Die Unterlagen legte ich auf einen Stapel mit anderen Unterlagen und kramte das Handy aus einer der vielen winzigen Seitentaschen meines Rucksacks. Da ich nie so recht wusste, in welcher ich es dieses Mal verstaut hatte, musste ich meist so

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