Vergeltung: Der exzellente Butler Parker 90 – Kriminalroman
Von Günter Dönges
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Der exzellente Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht!
Josuah Parker ließ den mittelgroßen dicklichen Mann nicht aus den Augen. Dieser etwa 40jährige Mann, gut gekleidet und recht selbstsicher, stand vor der langen Theke der Fotoabteilung und blätterte Prospekte durch. Rechts und links von ihm standen andere Käufer. Sie ließen sich Fotoapparate, Vorsatzlinsen und Ferngläser zeigen. Drei höfliche, aber bereits etwas nervös gewordene Verkäufer hatten alle Hände voll zu tun, um die Fragen der Kunden zu beantworten. Es ging auf Mittag zu. Im ›Jackson‹, einem großen, vierstöckigen Warenhaus in San Francisco, herrschte starker Käuferandrang. Die Gänge zwischen den Verkaufstheken und Rundtischen waren dicht gefüllt. Die vielen Fahrstühle fuhren Sonderschichten, um die Kunden von einer Etage in die andere zu befördern. Die vielen Rolltreppen im ›Jackson‹ waren dicht besetzt. Es herrschte genau jenes Gedränge, das Taschendiebe und trickreiche Gauner besonders schätzten. Sie konnten ungehindert und erfolgreich arbeiten. Und sich blitzschnell in der Menge verlieren, falls Gefahr drohte. Es drohte ihnen Gefahr. Einmal von den fest angestellten Warenhausdetektiven. Vier an der Zahl waren es, die pro Vierstundenschicht durch das riesige Warenhaus schlenderten. Gefahr drohte den Gaunern aber auch vor allen Dingen von einem seltsam gekleideten Kunden, der an der Brüstung der zweiten Lichthofgalerie stand. Dieser Mann trug einen schwarzen, altertümlich geschnittenen Covercoat, unter dem sich ein ebenfalls pechschwarzer Anzug befand. Dieser Mann hielt einen altväterlich gebundenen Regenschirm in der Hand und schmückte seinen Kopf mit einer schwarzen runden Melone. Es handelte sich um den Butler Josuah Parker, der sich in die Überwachung des Warenhauses eingeschaltet hatte.
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Vergeltung - Günter Dönges
Der exzellente Butler Parker
– 90 –
Vergeltung
Günter Dönges
Josuah Parker ließ den mittelgroßen dicklichen Mann nicht aus den Augen.
Dieser etwa 40jährige Mann, gut gekleidet und recht selbstsicher, stand vor der langen Theke der Fotoabteilung und blätterte Prospekte durch. Rechts und links von ihm standen andere Käufer. Sie ließen sich Fotoapparate, Vorsatzlinsen und Ferngläser zeigen. Drei höfliche, aber bereits etwas nervös gewordene Verkäufer hatten alle Hände voll zu tun, um die Fragen der Kunden zu beantworten.
Es ging auf Mittag zu. Im ›Jackson‹, einem großen, vierstöckigen Warenhaus in San Francisco, herrschte starker Käuferandrang. Die Gänge zwischen den Verkaufstheken und Rundtischen waren dicht gefüllt. Die vielen Fahrstühle fuhren Sonderschichten, um die Kunden von einer Etage in die andere zu befördern. Die vielen Rolltreppen im ›Jackson‹ waren dicht besetzt.
Es herrschte genau jenes Gedränge, das Taschendiebe und trickreiche Gauner besonders schätzten. Sie konnten ungehindert und erfolgreich arbeiten. Und sich blitzschnell in der Menge verlieren, falls Gefahr drohte.
Es drohte ihnen Gefahr. Einmal von den fest angestellten Warenhausdetektiven. Vier an der Zahl waren es, die pro Vierstundenschicht durch das riesige Warenhaus schlenderten. Gefahr drohte den Gaunern aber auch vor allen Dingen von einem seltsam gekleideten Kunden, der an der Brüstung der zweiten Lichthofgalerie stand.
Dieser Mann trug einen schwarzen, altertümlich geschnittenen Covercoat, unter dem sich ein ebenfalls pechschwarzer Anzug befand. Dieser Mann hielt einen altväterlich gebundenen Regenschirm in der Hand und schmückte seinen Kopf mit einer schwarzen runden Melone.
Es handelte sich um den Butler Josuah Parker, der sich in die Überwachung des Warenhauses eingeschaltet hatte. Seit einigen Wochen machte eine gut und wahrscheinlich auch straff organisierte Bande von Ladendieben die Stadt unsicher. Alle Warenhäuser in Frisco, ob groß oder klein, wurden auf raffinierte Art und Weise heimgesucht und bestohlen.
Trotz der größten Wachsamkeit der Warenhaus-Detektive hatte man diesen Dieben bisher nicht beikommen können. Was in den Netzen der verstärkten Überwachung hängengeblieben war, waren nur kleine Fische, wie es im Fachjargon hieß.
Das ›Jackson‹ war von den Ladendieben besonders böse heimgesucht worden. Einmal, weil dieses Warenhaus besonders groß war, zum anderen, weil der Publikumsverkehr hier immer sehr stark war.
Um weiteren Verlusten vorzubeugen, war die Direktion des Warenhauses auf den Gedanken gekommen, einen Spezialisten zusätzlich zu engagieren. Man war auf den Butler Josuah Parker verfallen. Mundpropaganda und Tips der Polizei hatten auf Parker aufmerksam gemacht. In einschlägigen Fachkreisen galt Josuah Parker als zwar skurriler, aber auch sehr erfolgreicher Amateur-Kriminalist.
All das waren die Gründe, warum Parker an der Brüstung der Lichthofgalerie stand und den dicklichen Mann vor der Theke der Fotoabteilung beobachtete.
Parker war aufgefallen, daß dieser etwas 40jährige Mann trotz des großen Betriebs vor der Theke die Zeit und Nerven hatte, die Prospekte durchzublättern. Normaler wäre es doch wohl gewesen, er hätte sich die bewußten Prospekte eingesteckt und irgendwo abseits vom Getriebe in aller Ruhe durchgelesen.
Parker glaubte sicher zu sein, daß er einem raffinierten Ladendieb auf der Spur war. Wegen der Entfernung konnte Parker es nicht riskieren, seinen Platz an der Galerie zu verlassen. Der Mann vor der Theke hätte sich ja inzwischen entfernen können. Um diesen möglichen Ladendieb aber in jedem Fall bremsen zu können, griff der Butler in die linke Tasche seines Covercoats und holte ein seltsam geformtes Drahtgebilde hervor, an dem zwei daumendicke Gummistränge baumelten. Schnell und geschickt steckte Parker die beiden Drahtgebilde zusammen und besaß im gleichen Moment eine starke Gabelschleuder. Es handelte sich um eine kleine Gelatinekapsel, die mit roter Leuchtfarbe gefüllt war. Zerplatzte diese Gelatinekapsel im oder auf dem Ziel, trat die Flüssigkeit hervor und färbte alles rot ein.
Noch konnte und durfte der Butler nicht schießen. Noch blätterte der hartnäckige Kunde in den Prospekten herum. Er schob sich dabei allerdings langsam, kaum merklich, an die Fotoapparate heran, die links von ihm auf der Theke aufgebaut waren.
Nun sah Parker auch, daß dieser Kunde einen Regenschirm mit sich führte. Sollten darin die gestohlenen Apparate verschwinden?
Josuah Parkers Gesicht blieb unbeweglich. Nur in seinen eisgrauen Augen war Leben. Sie ließen den seltsamen Kunden nicht aus den Augen. Parker glaubte, auf der richtigen Spur zu sein. Er konnte zu diesem Zeitpunkt wirklich nicht wissen, daß dieser Mittag der Beginn haarsträubender Abenteuer sein würde …
*
Der dickliche, etwa 40jährige Mann war sich seiner Sache vollkommen sicher.
Nicht umsonst stand er vor der Theke. Sein Regenschirm wartete darauf, einige Fotoapparate aufzunehmen. Er wartete nur noch auf die günstigste Gelegenheit. Er hatte erst vor einer Stunde den Auftrag erhalten, einige Leicas zu besorgen. Prompt machte er sich an die Arbeit. In seinen Augen war dieser Diebstahl nur eine Kleinigkeit.
Die günstige Gelegenheit bot sich recht bald.
Zwei jüngere Leute, wahrscheinlich gerade verheiratet, denn sie turtelten noch recht intensiv miteinander, ließen sich von einem der drei Verkäufer Fotoapparate zeigen. Sie waren sehr wählerisch und interessierten sich für immer neue Modelle.
Auf der Theke stapelten sich die Apparate.
Der dickliche, korrekt gekleidete Mann mit dem Aussehen eines seriösen Geschäftsmannes, schob sich an das Pärchen heran. Ein schneller Blick in die Runde. Weit und breit kein Detektiv zu sehen. Für solche Personen besaß er nämlich einen sicheren Instinkt. Er war kein Anfänger in der Branche.
Sein Blick glitt an den Galerien des Lichthofes hoch.
Erfahrungsgemäß konnten sich dort an den Brüstungen Hausdetektive aufgebaut haben. War die Luft rein?
Sie war sauber wie nach einer chemischen Behandlung. Das scharfe Auge des Trickdiebes konnte keinen Detektiv erspähen.
Blitzschnell machte er sich an die Arbeit.
Der scheinbar seriöse Geschäftsmann rempelte die junge, verliebte Frau ungeschickt an, entschuldigte sich wortreich und hob ihre zu Boden gefallene Tasche auf. Gleichzeitig ließ seine linke Hand einige Fotoapparate im Regenschirm verschwinden.
Das alles geschah mit solch einer Schnelligkeit, die glatt Bewunderung verdiente, hätte sie nur einem besseren Zweck gedient. Weder die Kunden vor der Verkaufstheke noch die Verkäufer dahinter merkten etwas von diesem raffinierten Diebstahl, zumal der Trickdieb die Prospekte durcheinander geworfen und über die Apparate verstreut hatte.
Der Trickdieb entschuldigte sich noch einmal und schickte sich an, in der Menge zwischen den Verkaufsständen zu verschwinden. Ihm kam es darauf an, den nun gefährlich gewordenen Regenschirm verschwinden zu lassen.
Zu diesem Zweck wartete neben einem runden Verkaufstisch ein junger Mann. Auch er trug einen Regenschirm. Doch dieser Schirm enthielt keine Beuteware. Er hätte von jedem noch so mißtrauischen Detektiv untersucht werden können.
Der Trickdieb steuerte auf diesen jungen Mann zu. Er wollte die Regenschirme austauschen. Alles schien vollkommen glattzugehen. Geduld und Vorsicht hatten sich wieder einmal gelohnt.
Dachte er …!
Plötzlich zuckte er unter dem Anprall eines kleinen Geschosses zusammen. Er spürte einen an sich harmlosen Schmerz auf der Stirn. Und erschrak. Steif, wie erstarrt, blieb er stehen. Seine Finger hatten sich rot gefärbt.
Blut …?!
Er spürte die warme Flüssigkeit auf der Nasenwurzel, auf den Wangen. Er sah erschreckte Gesichter, entsetzt aufgerissene Augen, die ihn anstarrten. Einige Kunden um ihn herum deuteten auf sein Gesicht. Eine bereits bejahrte Frau stieß einen ersten, gellenden Schrei aus.
Parkers Geschoß hatte getroffen. Der Trickdieb war gezeichnet worden. Der so seriös aussehende Geschäftsmann spürte eine bleierne Schwäche in den Beinen. Er fühlte sich tödlich getroffen und verwundet. Er taumelte gegen den Verkaufstisch und merkte gar nicht, daß sein Regenschirm schnell und geschickt ausgetauscht wurde.
»Hilfe … Hilfe …«, murmelte der Trickdieb mit versagender Stimme. »Hilfe, ich verblute.«
»Aber nicht doch«, sagte in diesem Augenblick eine beruhigende Stimme neben ihm. »Ich werde Sie in den Rettungsraum bringen. Kommen Sie …!«
Der Trickdieb spürte sofort, daß diese beruhigende Stimme Gefahr bedeutete. Ein Hausdetektiv mußte ihn angesprochen haben. Für solche Sprachschwingungen besaß er ein feines Gehör.
Und er dachte an den wohl gefüllten Regenschirm. Wurden die gerade gestohlenen Apparate gefunden, war er geliefert. Zwei einschlägige Vorstrafen hatte er bereits auf dem Buckel. Wurde er nun zum dritten Mal überführt, konnte er sich auf einen langjährigen Aufenthalt hinter stählernen Gittern gefaßt machen.
In