Das Glück trägt Blumen als Gewand
Von Andreas Krauße
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Über dieses E-Book
Er flieht, um den Tod zu vergessen. Ihm ist egal, wohin die Reise geht. Am besten dorthin, wo ihn keiner kennt. Wo es belanglos ist, was er noch vom Leben hält. Neues Glück findet er bestimmt nicht mehr! Denn die finsteren Gedanken erdrücken ihn. Also muss er weiter bis zum Meer. Damit die Qual endet. Und er wieder bei seiner Familie ist.
Sie flieht vor ihren Peinigern in die Fremde. Denn nach Hause kann sie nicht, ist nicht mehr heil. Sie hatte gehofft, dass sie es schafft. Doch bald ist der Stoff alle. Und die schwarzen Schatten verlassen sie nicht. Also muss sie weiter bis zum Meer. Damit die Qual endet. Und sie nicht mehr kämpfen muss.
Was gibt es Besseres, als auf solch dunklen Wegen einen Gefährten zu haben? Niemand weiß, wo sein eigener Weg endet!
Andreas Krauße
Andreas Krauße, Jahrgang 1968, wuchs in einem Märchenland auf, das heute verschwunden ist. Seine feste Burg war umringt von sieben blauen Seen und nicht wenig flachem Land. Schon als Junge flog er hoch hinauf zu den Wolken. Wollte sehen, was dahinter ist. Später studierte er zwischen hellen Bergen über den Ursprung der Energie. Dort, wo ein König einst sein Gewicht in Gold aufwog. Da wollte er längst wissen, wie alles funktioniert. Zu jeder Zeit aber träumte er! Denn verwoben mit der Fantasie, glitzert die Welt so festlich, wie sie immer sein wollte! Heute lebt Andreas im Norden; er schreibt Geschichten, Novellen und Romane. Es sind seine Träume, in Worte gefasst. Lies sie – genau dafür hat er sie aufgeschrieben! Mehr unter Traumschriften.de
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Buchvorschau
Das Glück trägt Blumen als Gewand - Andreas Krauße
1
Meine Frau war fort. Weggeschleift wie der Junge. Ihr Tod kam mit Motorengeheul aus dem Nichts und fegte sie einfach aus dem Leben. Es war ein Anschlag wie eine Wasserwelle. Ein vernichtender Tsunami zur Weihnachtszeit. Mitten in Berlin.
‚Ja, sie haben gelitten, ehe sie starben! Es war wie Ertrinken, verdammt!', sagte mir ein Helfer ernüchtert, ehe er weiterging. Immer, wenn ich später an seine Worte dachte, würgte ich die Übelkeit wieder hervor. Er hätte besser die Schnauze gehalten!
Wie vorher konnte ich nicht mehr leben danach. Ich verschenkte alles und floh vor mir. Es verschlug mich ausgerechnet an einen Ort, an dem schon Tausende umgekommen waren - durch einen Tsunami, der gegen die Inseln kämpfte. Die Seelen seiner Opfer gingen einfach unter, damals, am zweiten Weihnachtstag. Waren sie denn alle schuldig?! War ich es etwa?
Mit solchen Gedanken im Kopf saß ich in der schmuddeligen Halle des abgelegenen Feldflugplatzes. Mitten in der Steppe, weit weg von der schmerzlichen Erinnerung, wartete ich auf meinen Flug an den Ort des Vergessens.
Da sah ich sie.
Mir direkt gegenüber saß sie auf einer Bank. Sie rutschte hin und her darauf, schob ihre schweren Wanderstiefel immer wieder über die Bodenfliesen, und spielte verloren mit einem bunten Blumenband, das sie um die linke Armbeuge trug. In ihr tobten wohl ebenso düstere Gedanken wie in mir.
„Ich heiße Anouk", sagte sie mit einer vollen dunklen Stimme, als sie meinen Blick bemerkte. Bei jedem einzelnen ihrer Worte schwebte ein unergründliches Geheimnis mit hinaus auf die Lippen und blieb dort haften. So schien es mir jedenfalls. Anouk war mir unbegreiflich - und für einen kostbaren Augenblick vergaß ich alles andere ringsum. Sie hatte sich nach vorn gebeugt, so, als wolle sie aufstehen und zu mir kommen. Einfach so.
„Woher kommst du?", riss sie mich aus meinen Gedanken.
Und schon war alles wieder da! Die Erinnerung, der Schmerz, meine Trauer. Wie ich es hasste, mich zu erinnern! Mein Blick musste Bände sprechen.
Denn sie wich vor mir zurück, murmelte eine Entschuldigung und plumpste auf ihren Sitz zurück. Dort hockte sie dann zusammengesunken, scharrte wieder mit den Schuhen am Boden und schluckte hart, als ob sie verdurste.
Ich sah die Schweißperlen auf ihrer Stirn. Ihre Hände waren derart verkrampft und die Finger so ineinander geknotet, dass ihre Knöchel weiß gepresst hervorstachen. Was hatte sie nur? So sehr konnte ich sie doch unmöglich erschreckt haben! Ich holte eine Flasche Wasser aus dem Rucksack und reichte sie ihr.
„Frieden?", ich lächelte dabei.
Sie brauchte lange, ehe sie reagierte. Und als sie zu mir aufsah, sah ich in ihren dunkelbraunen Augen so etwas wie Panik. Verdammt, sie hatte eine Heidenangst!
„Was ist mit dir?", erschrak ich.
Als Antwort schüttelte sie nur den Kopf. Mit beiden Händen griff sie zitternd nach der Wasserflasche. Wie eine Strauchelnde, die sich nach einem Ast am Ufer reckt, damit die Flut sie nicht mitreißt. Sie packte mit aller Kraft zu.
Trotzdem polterte die Flasche zu Boden.
Da sprang sie auf, wühlte etwas aus ihren Sachen hervor, und rannte auch schon los damit.
„Passt du auf?", rief sie mir noch zu, und ihr Blick dabei glänzte vor Hoffnung.
Oder waren es Tränen?
Ich nickte einfach. Doch das hatte sie bestimmt nicht einmal mehr bemerkt. Sie hatte längst die Tür zur Toilette hinter sich zugeschlagen.
Ich stand einfach da und sah auf diese Tür. Rostiges Blech, von der Luft zerfressen und unansehnlich geworden.
„Verbogen vom Leben", murmelte ich.
Das passte zu mir, fand ich. Ich und eine rostige Klotür irgendwo im Niemandsland.
Danach holte ich einfach meinen Rucksack herüber zu Anouks Bank. Es war Platz genug. Oder lieber anders herum? Wenn ich ihr Gepäck zu meiner Bank brächte, dachte sie womöglich, ich wolle sie bestehlen!
„Ich vertraue dir!", flüsterte Anouk da schon hinter mir und legte ihre Hände auf meine Schultern.
Sie fühlten sich kühl an - und dennoch war es