Das Ultimatum: Der exzellente Butler Parker 67 – Kriminalroman
Von Günter Dönges
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Der exzellente Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht!
Es war schon recht seltsam. Genau um 18. 26 Uhr wurde der Verkehr auf der Collins Avenue in Miami Beach wie von einer unsichtbaren Hand gestoppt. Die chromfunkelnden Cadillacs und teuren, ausländischen Sportwagen, um nur einige Beispiele zu nennen, bremsten durchweg jäh ab und fuhren an den Straßenrand. Die versnobten Fahrer in diesen Wagen starrten aus hervorquellenden Augen auf die Mitte des breiten Prachtkorsos. Im Dienst erfahrene und ergraute, clevere Hotelportiers bekamen den Schluckauf und zweifelten an ihrem gesunden Menschenverstand. Auch sie konnten sich vom Anblick, der sich ihnen bot, nicht losreißen. Die lässig einherschreitenden Passanten am Rande der Avenue vergaßen den Strand und die sich dort bietenden, reizvollen Aussichten. Wie auf ein geheimes Kommando hin wandten sie sich alle der Straße zu. Die ganze Collins Avenue samt den Menschen, die sich auf ihr bewegten, schien den Atem anzuhalten. Für einige, quälend lange Sekunden wurde es unheimlich still. Diese konzentrierte Aufmerksamkeit galt einem skurril aussehenden Gefährt, das sich auf vier großen Lastwagenreifen bewegte. Auf dem Rahmen dieses hochbeinigen Monstrums befand sich ein hoher, eckiger Aufbau, in dem man ohne Mühe aufrecht zu stehen vermochte. Die Wagenscheiben waren von innen mit gepflegten Gardinen versehen worden. Der eckige, langgestreckte Kühler wurde mit diversen Lederriemen zusätzlich gegen ein Selbständigmachen gesichert. Große, blank polierte Scheinwerfer ließen den Eindruck entstehen, daß dieses Vehikel an der Basedowschen Krankheit litt. Aus dem armdicken Zwillingsauspuff kräuselten sich blaue Rauchwölkchen. Dieses Monstrum auf Rädern schien einem Museum für Alterskunde zu entstammen. Daher auch die allgemeine Aufmerksamkeit auf der Collins Avenue. Solch einen Wagen hatte man noch nie gesehen.
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Der exzellente Butler Parker
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Das Ultimatum - Günter Dönges
Der exzellente Butler Parker
– 67 –
Das Ultimatum
Günter Dönges
Es war schon recht seltsam.
Genau um 18.26 Uhr wurde der Verkehr auf der Collins Avenue in Miami Beach wie von einer unsichtbaren Hand gestoppt. Die chromfunkelnden Cadillacs und teuren, ausländischen Sportwagen, um nur einige Beispiele zu nennen, bremsten durchweg jäh ab und fuhren an den Straßenrand. Die versnobten Fahrer in diesen Wagen starrten aus hervorquellenden Augen auf die Mitte des breiten Prachtkorsos.
Im Dienst erfahrene und ergraute, clevere Hotelportiers bekamen den Schluckauf und zweifelten an ihrem gesunden Menschenverstand. Auch sie konnten sich vom Anblick, der sich ihnen bot, nicht losreißen.
Die lässig einherschreitenden Passanten am Rande der Avenue vergaßen den Strand und die sich dort bietenden, reizvollen Aussichten. Wie auf ein geheimes Kommando hin wandten sie sich alle der Straße zu. Die ganze Collins Avenue samt den Menschen, die sich auf ihr bewegten, schien den Atem anzuhalten. Für einige, quälend lange Sekunden wurde es unheimlich still.
Diese konzentrierte Aufmerksamkeit galt einem skurril aussehenden Gefährt, das sich auf vier großen Lastwagenreifen bewegte. Auf dem Rahmen dieses hochbeinigen Monstrums befand sich ein hoher, eckiger Aufbau, in dem man ohne Mühe aufrecht zu stehen vermochte. Die Wagenscheiben waren von innen mit gepflegten Gardinen versehen worden.
Der eckige, langgestreckte Kühler wurde mit diversen Lederriemen zusätzlich gegen ein Selbständigmachen gesichert. Große, blank polierte Scheinwerfer ließen den Eindruck entstehen, daß dieses Vehikel an der Basedowschen Krankheit litt. Aus dem armdicken Zwillingsauspuff kräuselten sich blaue Rauchwölkchen.
Dieses Monstrum auf Rädern schien einem Museum für Alterskunde zu entstammen. Daher auch die allgemeine Aufmerksamkeit auf der Collins Avenue. Solch einen Wagen hatte man noch nie gesehen. Selbst von Fachleuten ließ er sich baujahrmäßig nicht einordnen.
Am Steuer dieses Vehikels saß Butler Josuah Parker. Natürlich übersah er die erstaunten und belustigten Blicke. Im Lauf der Zeit hatte er sich daran gewöhnt, daß man ihn übersah, daß man ihn nicht für voll nahm. Daß dieser erste Eindruck dann später meist revidiert werden mußte, stand auf einem anderen Blatt. Parker hatte seine Gegner bisher immer noch verblüfft und in Verlegenheit gebracht.
Übrigens paßte er überhaupt nicht in diese feudale Umgebung. Sein Wagen war an sich bereits ein Anachronismus. Butler Parker aber schien direkt aus der Zeit der englischen Queen Victoria in die Gegenwart gesprungen zu sein.
Selbstverständlich trug er seinen schwarzen Anzug, den schneeweißen steifen Eckkragen und den schwarzen Binder. Auf seinem Kopf saß die schwarze Melone. Dicht neben dem Steuer hing der Universal-Regenschirm, von dem Parker sich nur höchst selten trennte. Seine Hände staken in schwarzen Zwirnhandschuhen.
Josuah Parker steuerte sein Monstrum direkt auf die Auffahrt des teuren und exklusiven Bay-Beach-Hotels zu. Daß hinter ihm der Verkehr nur zögernd und langsam wieder in Bewegung kam, interessierte ihn nicht. Parker konzentrierte sich ganz auf seine Aufgabe. Natürlich war er nicht als Tourist nach Miami-Beach gekommen.
Als der Portier das Monstrum in der Auffahrt sah, rieb der Mann sich verzweifelt die Augen. Er glaubte zuerst an eine Halluzination. Er wurde weich in den Beinen, als diese Halluzination vor dem Baldachin hielt. Parker entstieg seinem Wagen, öffnete eine seitlich angebrachte Klappe und griff nach einem handlichen, fingerdicken Seil. Er spulte es ab und sicherte damit sein Monstrum. Er band es an einem der Baldachinpfoten fest.
Sich den Universal-Regenschirm fest unter den Arm klemmend, schritt Parker dann mit der unnachahmlichen Würde eines Königreihers auf die Hotelhalle zu. Der Portier wich entsetzt zurück. Er war derart fassungslos, daß er nicht in der Lage war, Parker mit einigen Worten zu stoppen, eine Tatsache übrigens, die für sich sprach.
Josuah Parker erreichte inzwischen die Rezeption. Er nahm höflich die schwarze Melone ab und blies einige unsichtbare Stäubchen ab.
»Ich komme im Auftrag Mr. Ben Zalakoffs«, begann Parker mit leiser, verhaltener Stimme und fixierte den Mann hinter der Anmeldung. »Die telegrafische Ankündigung muß bereits vorliegen, wenn mich nicht alles täuscht. Haben Sie die Güte, mir die Apartments zu zeigen. Ich möchte sehr hoffen, daß alles nach den Wünschen meines jungen Herrn gerichtet worden ist.«
Der Name Zalakoff wirkte elektrisierend auf den Empfangschef. Er verbeugte sich mit der Regelmäßigkeit eines Automaten und fischte dabei nach einem Schlüssel.
»Mein junger Herr wird in etwa einer Stunde eintreffen«, redete Parker würdevoll weiter. »Kein Aufsehen, wenn ich bitten darf. Mr. Zalakoff reist inkognito. Er haßt jede Anspielung auf seine Position im internationalen Ölgeschäft.«
»Selbstverständlich, selbstverständlich …!«
»Mr. Zalakoff wird vorerst für drei bis vier Wochen hier wohnen«, erklärte der Butler weiten »Ich möchte an dieser Stelle allerdings meiner Besorgnis darüber Ausdruck verleihen, daß der Urlaubsfriede von Miami-Beach augenscheinlich gestört wird.«
»Wie meinen Sie?« Der nervöse Empfangschef hatte endlich den Schlüssel erwischt und überreichte ihn dem Butler.
»Mit anderen Worten, hier in Miami-Beach scheinen Gangster ihr Unwesen zu treiben«, präzisierte Parker seine umständlichen Andeutungen. »Ich will nicht hoffen, daß Mr. Zalakoff ebenfalls gestört werden wird.«
»Keineswegs, keinesfalls …!« Der Empfangschef dienerte eifrig. »Ich möchte behaupten, daß die Behörden bereits wieder Herr der Lage sind. Die ›Strandhaie‹ haben sich in den vergangenen beiden Tagen nicht mehr gerührt.«
»Ich wäre sonst auch sehr peinlich berührt«, murmelte Josuah Parker. Er griff nach Melone und Universal-Regenschirm, deutete eine leichte Verbeugung an und schritt zum Lift.
Die Menschen in der großen Lounge des Hotels starrten Parker nach, als handele es sich um eine gespensterhafte Erscheinung. Der Empfangschef schnappte nach Luft und lockerte sich den Kragen. Einer der Gäste aber, ein Mann von etwa fünfundvierzig Jahren, im grauen Anzug und mit hellen Schuhen, hatte es plötzlich sehr eilig. Er hastete auf den Ausgang zu und setzte sich in einen simplen Ford, der auf der anderen Straßenseite parkte.
Er fuhr so schnell los, als ginge es um sein Leben …
*
Herbert L. Shradon kam etwa um diese Zeit zurück in sein Hotel. Er hatte den Nachmittag am weißen Sandstrand zugebracht und sich von der Sonne rösten lassen. Nach einem Cocktail an der Hotelbar wollte er sich ausgiebig mit den Vorbereitungen für das Abendessen befassen. Herbert L. Shradon, groß, korpulent, ohne dick zu sein, war Junggeselle. Er war Generalvertreter in der sanitären Porzellanbranche und den Freuden des Lebens außerordentlich zugetan. Er hielt sich schon seit fast acht Tagen in Miami-Beach auf und hatte sich bisher herzlich wenig um die Dinge gekümmert, die die Zeitungen in großen Schlagzeilen herausstellten.
Als er sich in seinem Apartment umkleiden wollte, wurde ihm ein Brief zugestellt, Shradon wunderte sich. Er konnte sich nicht vorstellen, wer ihm schrieb. Der Brief war nämlich hier in Miami-Beach aufgegeben worden.
Gelassen öffnete er den Umschlag und faltete das Schreiben auseinander. Er stutzte, als er das Fehlen eines Briefkopfes vermißte. Er stutzte noch mehr, als er die wenigen Zeilen, die mit einer Maschine getippt worden waren, überlas.
Man forderte von ihm die Zahlung von einhundert Dollar, versprach ihm dafür ruhige Urlaubstage in Miami-Beach. Die Verfasser dieses obskuren Briefes versicherten ihm darüber hinaus, seinem Cadillac würde ganz gewiß nichts geschehen. Man sei sicher, daß die einhundert Dollar sein Urlaubsbudget nicht gefährlich einschrumpfen ließen. Die einhundert Dollar solle er aus praktischen Gründen in bar entrichten und sie in einem Umschlag auf den Vordersitz seines Cadillac legen. Unterschrieben waren diese Zeilen mit dem gefährlich klingenden Namen: Die Strandhaie.
Shradon hatte diese Unterschrift noch nicht ganz verdaut, als er das durchaus höfliche Schreiben wütend zusammendrückte und in den Papierkorb warf. Zum Teufel mit solchen Bettelbriefen, dachte er, eine neue Masche, Erpressungen in die Wege zu leiten. Da es sich nur um einhundert Dollar handelte, nahm er den Brief nicht weiter ernst. Irgendein Verrückter mußte ihn geschrieben haben.
Als Shradon sich ein neues Hemd überstreifte, klingelte das Telefon. Shradon knurrte, griff nach dem Hörer und meldete sich.
»Haben Sie unseren Brief erhalten?« fragte eine freundlich klingende Stimme.
»Welchen Brief? Moment mal, haben Sie mir diesen Wisch geschrieben? Sind Sie das, der die einhundert Dollar will?«
»Sehr richtig, Mr. Shradon. Sie werden doch zahlen, nicht wahr?«
»Ich denke nicht daran. Ich werde mich an die Polizei wenden, wenn Sie mich noch mal belästigen. Wo leben wir denn, he?«
»Sie sollten die Banknoten möglichst innerhalb von zehn Minuten in Ihren Cadillac legen, Mr. Shradon. Dieser Brief ist kein Witz gewesen.«
»Und wenn ich es nicht tue? Ich lasse