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Die merkwürdigen Verhaltensweisen der Anderen...!: Storys
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Die merkwürdigen Verhaltensweisen der Anderen...!: Storys
eBook147 Seiten1 Stunde

Die merkwürdigen Verhaltensweisen der Anderen...!: Storys

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Über dieses E-Book

Christian Paul wurde 1973 in Bad Neuenahr geboren. Sein ganzes Leben wurde er geleitet von der Musik, bis er im Alter von 43 Jahren mit dem Schreiben begann. 2017 erschien sein vielbeachtetes Erstlingswerk "5928 STICHE", in dem er eindrucksvoll sein Leben mit der Dialyse beschreibt.

Im nun vorliegenden Buch schildert er in kurzen Geschichten, die liebenswerten oder aber auch merkwürdigen Verhaltensweisen, die er im täglichen Leben bei sich und seinen Mitmenschen beobachtet. So treffen wir beim Lesen auf Aussenseiter, schräge Vögel, Misanthropen und Soziopathen. Doch Vorsicht! Sie erkennen sich dabei in einer seiner Figuren wieder? Dann sind sie ihm wahrscheinlich schon einmal begegnet!
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum2. Nov. 2018
ISBN9783743965805
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    Buchvorschau

    Die merkwürdigen Verhaltensweisen der Anderen...! - Christian Maria Paul

    HUNDSTAGE EINES MISANTHROPEN

    Dienstag, halb drei am Nachmittag. Nur mit einer Unterhose bekleidet, saß ich bei herabgelassenen Rollos an meinem Küchentisch, und studierte aufmerksam die Supermarktangebote. Ich schwitzte. Seit Tagen war es unerträglich heiß. Das Thermometer zeigte achtunddreißig Grad, und die Eiswürfel in meinem Whiskey schmolzen schneller, als ich ihn trinken konnte. Sogar nachts kühlte es kaum unter vierundzwanzig Grad ab. An Schlaf war dabei nicht zu denken.

    Und der völlig überdrehte Vollidiot im Radio behauptete fröhlich, das die Hitzewelle erst begonnen hatte und spielte Sunshine Reggae. Dafür, und für alles andere, hätte ich ihm am liebsten sein Mikrofon hinten rein geschoben. Eine Abkühlung war also nicht in Sicht und dieses Faktum verhagelte mir gehörig die Laune. Die Temperaturen waren so unerträglich hoch, dass selbst eine kalte Dusche nur kurz für Erfrischung sorgte. Also ließ ich es gleich ganz bleiben, und sparte lieber das Wasser. Es war eh niemand da, den meine Ausdünstungen hätten stören können. Ich nahm mir eine offene Milchtüte aus dem Eisschrank, und genehmigte mir einen ordentlichen Schluck. Genau wie ich, hatte die Milch ihre besten Zeiten bereits hinter sich, und so spendierte ich meinem Kater Oskar den Rest. Der schnupperte aber nur kurz an seinen Napf, und verschwand, lautstark protestierend zurück in den Garten. Verwöhntes Katzenvieh!

    Ich hörte den Postwagen. Man hörte ihn, schon wenn er unten beim Laden an der Ecke in die Straße einbog, weil der Trottel, ich glaube, sein Name war Heinrich, ständig das Gas mit der Bremse vertauschte. Mit quietschenden Bremsen stoppte er den Wagen vor meiner Tür. Ich beobachtete ihn heimlich durch die Schlitze des Rollos. Schwitzend und schwerfällig kletterte er aus dem gelben Sprinter. Ich hielt die Luft an und sah im zu, wie er die hinteren Türen des Vans öffnete, und wild darin herumkramte. Ich überlegte, ob ich wieder mal etwas bestellt hatte. Es kamen jetzt beinahe täglich Pakete bei mir an.

    In den letzten Jahren hatte ich mir angewöhnt, alles was ich benötigte, in Online-Shops zu kaufen. Selbst Socken ließ ich mir bequem nach Hause schicken. Das hatte den Vorteil, dass ich immer seltener das Haus verlassen musste. Auf das dämliche Gequatsche der Verkäufer konnte ich schon damals prima verzichten. Wegen dieser und anderen merkwürdigen Verhaltensweisen verließ mich schließlich, zu meiner völligen Überraschung, meine Frau. Allerdings nicht, ohne sich vorher das sündhaft teure MCM-Kofferset zu bestellen, dass sie seit ewigen Zeiten haben wollte. Ich schimpfte jedes Mal, wenn das Thema, immer mal wieder, zur Debatte stand. Wozu teure Koffer kaufen, wenn man sowieso nicht damit verreist? Nun hatte sie endlich einen Grund die Dinger zu kaufen, und zum Abschied gleich mit meiner Kreditkarte bezahlt!

    Der Postbote schleppte zwei große Pakete zu meiner Haustür. Auf halber Strecke hielt er inne, um sich mit einem Stofftaschentuch den Schweiß von der Stirn zu wischen. Ihm war anzumerken, dass seine Begeisterung für den heißesten Tag des Jahres nicht annähernd so überschwänglich war, wie die, des dämlichen Radiomoderators in seinem klimatisierten Studio. Er klingelte. Ich mochte den Kerl nicht besonders. Er stöhnte und meckerte jedes Mal, wenn er mir die Lieferung in meine Wohnung im ersten Stock bringen sollte, obwohl ich ihm von meinem kaputten Knie erzählt hatte. Von der Größe der Pakete zu schließen, die er mir brachte, musste das wohl mein neuer Kugelgrill sein. Ich machte mir einen Spaß und ließ ihn noch ein zweites und ein drittes Mal läuten, bevor er fluchend wie ein Kesselflicker, die schwere Fracht zurück zum Auto schleppte. Zum Grillen war es sowieso viel zu heiß, und Heinrichs dummes Gesicht war es mir wert!

    Am nächsten Tag brachte eine Vertretung meine Lieferung. Und an allen nachfolgenden Tagen auch. Ein paar Monate später erfuhr ich von Heinrichs Nachfolger, das er einige Zeit in einem Sanatorium verbrachte, bevor er sich schließlich in den Innendienst versetzen ließ.

    Schade eigentlich.

    TREIBSTOFF

    Das häufiger Kaffeegenuss, die Menschen zur Toilette treibt, ist hinlänglich bekannt.

    Doch nun zeigt uns eine Studie, dass unter dem Konsum schon geringer Mengen des Gebräus, offenbar auch die Fähigkeit den Harn zu halten, leidet! Schon zwei Tassen Kaffee am Tag soll das Risiko für Inkontinenz steigern.

    US-Forscher haben herausgefunden, dass eine bestimmte Menge an Koffein die Blase stresst, und sie zum Tröpfeln bringt …

    Daher trinke ich nur Bier!

    NACHTFAHRT

    Noch über eine Stunde bis Mitternacht. An einem besonderen Abend wie diesem zog sich die Zeit wie alter Kaugummi. Er fuhr mit seinem alten, silbergrauen Passat bereits seit Stunden planlos durch die Gegend. Das einzige Ziel, das er an diesem besonderen Abend vor Augen hatte, war die Zeit. Der Zeitpunkt, der ihm erlaubte, wieder nach Hause zu fahren. Seit gut zwei Stunden quälten ihn höllische Rückenschmerzen. Als bequem konnte man die sechsundzwanzig Jahre alten Sitze in braunem Vertretervelours längst nicht mehr bezeichnen. Schon gar nicht für ihn, und seine lädierten Bandscheiben.

    Er dachte daran, wie stolz sein Vater damals war, als er den VW kaufte. Nachdem seine Eltern die letzte Hypothek auf das kleine Reihenhaus in der Eisenbahnsiedlung bezahlt hatten, war endlich genug Geld da um sich Vaters Traum von einem Neuwagen zu erfüllen. Ein Kombi musste es sein. Einer mit viel Ladefläche. Der endlich genügend Platz für die Vogelkäfige bot, mit denen er regelmäßig zu den Zuchtausstellungen fuhr. Er erinnerte sich an den Neuwagengeruch. Dieser besondere Duft, der einem in die Nase steigt, wenn man in ein nagelneues Auto steigt. Der ist längst verflogen. Und die vielen, leeren Hamburger- und Imbissbudentüten, die ständig im ganzen Auto herum lagen, steuerten natürlich auch ihren Anteil an der neuen Duftmarke des Wagens bei. Mit zahllosen Duftbäumchen, verstreutem Kaffeepulver und mit der Hilfe von chemischen Reinigungsmittelchen hat seine Mutter erfolglos versucht, den Mief der vergangenen Jahre zu vertreiben. Sogar eine teure Flasche Neuwagenspray hatte sie im Tele-Shopping-Kanal bestellt. Doch nichts hat geholfen.

    »Die einfachste Möglichkeit, um wieder Neuwagengeruch genießen zu können, ist der Kauf eines neuen Autos«, überlegte er, während er fuhr. Doch dazu fehlte das nötige Kleingeld. Als Postbote verdiente er nicht viel. Erst recht nicht seit seinem Nervenzusammenbruch im Sommer. Nachdem er sich, nach mehrwöchiger Reha in einem Sanatorium, in den Innendienst versetzen ließ, fehlte ihm natürlich das seltene Trinkgeld. Das meiste Geld gab er seiner Mutter, die nur eine winzige Rente bekam. Und am Haus war auch ständig irgendetwas zu reparieren. Große Sprünge waren somit seit Papas Tod nicht drin und er war froh, dass er im letzten April die alte Kiste noch mal über den TÜV gebracht hatte. Ihm war der Geruch egal. Nur manchmal, da schämte er sich. So wie letzte Woche. Als Tante Lotti zu Besuch kam, und er sie vom Bahnhof abholen musste.

    »Mein Gott, Junge! Räum doch mal das Auto auf. Dein Vater würde sich ja im Grabe drehen«, schimpfte sie, nachdem sie mit ihrer Gehhilfe zwei leere Burgerschachteln vom Beifahrersitz schob, um, nachdem sie endlich Platz genommen hatte, ein Fläschchen Kölnisch Wasser aus ihrer Handtasche hervorzuholen.

    Doch das spielt in diesem Moment für Heinrich keine Rolle. Die Zeit, die ihm erlaubte, seinen Wagen zu wenden, um nach Hause zu fahren. Die war jetzt für ihn einzig und allein wichtig. Und so war er, auch dieses Jahr wieder einmal, an diesem besonderen Abend, ein Getriebener der Nacht. Er fuhr immer weiter. Eilig hatte er es nicht. Er schaltete das Radio ein. Partymusik. Er war wie in Trance und überlegte nicht groß, in welche Richtung er den Wagen lenkte. Er fuhr von Koblenz am Rhein entlang nach Köln und wieder zurück. Immer hin und her. Einige Male wird Heinrich die Tour in dieser Nacht schaffen. Die Strecke kannte er im Schlaf. Schlaf …

    Er sehnte sich nach seinem Bett. Es wurde Zeit für einen starken Kaffee, denn er hatte noch einige Stunden vor sich. Wieder einmal hatte er keine Einladung bekommen. Er überlegte, wann das genau begann, als er in die Tankstelle abbog. Seit mehr als zehn Jahren ging das schon so, dass er diesen besonderen Abend alleine verbrachte. Er stellte den Wagen hinter einem Taxi ab, das vor dem Eingang parkte und ging hinein. Bis auf den Typen hinter der Kasse und dem Taxifahrer an einem der Stehtische war der Tankstellenladen leer.

    Eine Mischung aus Benzin und Kaffee lag in der Luft. Heinrich bestellte einen Coffee to Go. Er hatte keine Lust sich an den einzigen Tisch zu dem Taxifahrer zu stellen, der ihn beim hereinkommen schon ganz genau musterte, und dabei herzhaft und mit offenem Mund auf einem Salamibrötchen kaute. Er rührte lustlos in seiner Tasse, und erhoffte sich offensichtlich ein Gespräch mit dem späten Gast.

    »Ein Gespräch zwischen Leidensgenossen. Zwei vergessene Idioten, die das gleiche Schicksal teilen«, murmelte Heinrich. Und zwar, an diesem besonderen Abend für niemanden existent zu sein. Na ja … Für seine Mutter vielleicht.

    »Aber welcher halbwegs normale neununddreißig Jährige verbringt den wichtigsten Abend im Jahr freiwillig bei seiner Mutter?«, überlegte Heinrich als er zum Wagen zurückkehrte. Und ihren bohrenden Fragen, wo und mit wem er diesen Abend verbrachte, ging er lieber damit aus dem Weg, dass er ihr jedes Jahr das gleiche Theater vorgaukelte. Das machte Heinrich mittlerweile so perfekt, dass er am nächsten Tag, wenn er ihr beim Mittagessen alles erzählte, beinahe selbst daran glaubte. Natürlich hatte Heinrich auch einige Bekannte. Die meisten davon waren Kollegen von der Post. Aber mit niemandem dort war er so eng befreundet, dass man ihn zu den regelmäßigen Bowlingabenden, auf eine Geburtstagsfeier, oder gar für

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