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eBook626 Seiten9 Stunden

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Über dieses E-Book

Immer wieder wird sie von diesem unheimlichen Traum heimgesucht. Katharina Loup ist eine intelligente, schöne junge Frau und engagierte Tierschützerin. Ihr Leben ist perfekt, ihre Karriere könnte nicht besser laufen und auch privat steht sie auf der Sonnenseite des Lebens.
Doch sie kann ihrem Schicksal nicht entfliehen, auch wenn sie es versucht. Sie hinterlässt eine Spur von mysteriösen Krankheiten, Verletzten und sogar Toten, mit denen sie kurz zuvor Kontakt hatte, wenn auch keinen positiven. Für die Polizei ist Katharina die Hauptverdächtige und sie muss fliehen.
Auf ihrer Flucht begegnet sie immer wieder furchtbaren Tierquälereien, denen sie völlig ohnmächtig gegenübersteht. Haben ihre Träume etwas damit zu tun? Wer ist dieser junge Mann, der sie zu verfolgen scheint?
Ein uralter Mann auf Tobago glaubt mehr zu wissen und versucht zu helfen, aber das erweist sich als sehr schwierig.
Gut, dass Katharina wahre Freunde hat …

Ein spannender Roman mit Tiefgang. Eine gelungene Mischung aus Abenteuer, Liebe, Tierschutz und Spiritualität.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum28. März 2019
ISBN9783748260790
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    Buchvorschau

    Assensus - Petra Vaas

    Kapitel 1

    Die Sonne brannte erbarmungslos vom Himmel herab, obwohl es gerade erst zehn Uhr morgens war. Nur leicht wehte der Wind in den großen Palmenwedeln, die ein klein wenig für Schatten sorgten. Langsam wurde der dunkle Sarg in die Erde hinabgelassen. Freunde und Verwandte waren gekommen, um Abschied zu nehmen, und ein guter alter Freund erzählte persönliche Erinnerungen an gemeinsame Erlebnisse mit ihm.

    Katharina stand wie gelähmt vor dem offenen Grab und wäre vor Trauer und Schmerz fast zusammengebrochen, aber sie musste jetzt tapfer sein und all das durchstehen, egal wie schwer es ihr fiel.

    Als sie in die Gesichter sah, stellte sie sich die Frage, wie es nur so weit kommen konnte – hätte sie es verhindern können? Wer war Schuld an all dem und für was sollte dieser Wahnsinn gut sein? In nur wenigen Monaten war sie von einem gefragten internationalen Topmodel zu einer polizeilich gesuchten Flüchtigen geworden. War es jetzt wirklich vorbei?

    Sie blickte in den Himmel und erinnerte sich an den Moment, als alles begann: Es war Hochsommer, ein heißer Tag wie heute, in Rom …

    ***

    Es war noch früher Vormittag und doch herrschten an der Spanischen Treppe bereits um die 30 Grad.

    »Los geht‘s, meine Damen, bitte noch einmal langsam die Treppe herunter«, rief der Fotograf höflich, aber doch etwas genervt.

    Alle hofften, dass die Werbeaufnahmen bald fertig würden, denn keiner hatte noch große Lust, bei dieser Hitze weiterzuarbeiten.

    Eine Viertelstunde später hieß es: »Und nun noch einmal, aber nur Katharina alleine bitte. Wir brauchen noch ein paar Einzelaufnahmen. Zieh dich schnell um, damit wir hier so bald wie möglich fertig werden. Die anderen können solange eine kurze Pause machen. Los, los!«

    Katharina eilte in die provisorische Kabine und wurde von den Helferinnen umgezogen. Die einen richteten ihr Kleid, die anderen kümmerten sich um Make-up und Haare.

    Endlich kam Katharina wieder heraus und lief die Treppen hoch, wobei sie trotz aller Eile darauf achtete, nicht schweißgebadet oben anzukommen. Auch sie wollte, dass diese Aufnahmen ein baldiges Ende fanden. Auch wenn die Kulisse traumhaft war, so machten die Temperaturen das Arbeiten doch beschwerlich.

    Als sie oben auf der Treppe stand und auf das Okay des Fotografen wartete, sah sie von Weitem eine Gestalt, die ihr vertraut vorkam. Das war doch … Ja, das musste Elena sein! »Elena, Elena!« Katharina riss ihre Arme hoch und rief den Namen ihrer alten Freundin so laut sie nur konnte. Sie hatten sich in den letzten drei Jahren aus den Augen verloren, obwohl Katharina immer wieder versucht hatte, sie zu kontaktieren.

    Die Person drehte sich um und Katharina war sich ganz sicher, dass es tatsächlich Elena war, doch die Frau wandte sich wieder um und ging weiter. Es hatte fast den Anschein, als wolle sie Katharina nicht begegnen. Sie legte sogar noch an Geschwindigkeit zu, sodass Katharina nichts anderes übrig blieb, als schnell die Treppe hinunter zu laufen, um sie noch zu erwischen.

    Katharina stürmte durch das verblüffte Aufnahmeteam hindurch und lief ihrer Freundin nach. Ihr kleiner Hund Coco beobachtete das und rannte ihr sofort hinterher. Coco war eine kleine zierliche Hundedame, die so hässlich war, dass es fast schon wieder an Schönheit grenzte, jedenfalls war sie ein absoluter Hingucker: Ihre Ohren sahen aus wie die einer Fledermaus, fast größer als ihr Kopf, dazu ein hellbraunes, aber weiches und sehr kurzes Fell, sehr große dunkle, leicht vorstehende Kulleraugen. Ihre kurzen dünnen Beine passten überhaupt nicht zu ihrem schmalen Körper, wie ein kleines Rehkitz auf zu kurzen Beinen. Aber das Schönste an ihr war eindeutig ihre Rute: so buschig wie die eines Fuchses.

    Katharina sah noch kurz einen Schatten von Elena und eilte durch die römischen Gassen, in denen sie ihre Freundin verschwinden sah. Da! Wieder konnte sie sie von hinten erkennen. Sie hatte es immer noch sehr eilig. »Elena! Warte doch mal!«, rief sie.

    Da wurde Elena plötzlich langsamer und blieb stehen, jetzt wäre es auffallend peinlich für sie geworden, weiter so schnell zu gehen. Die Leute sahen sie schon merkwürdig an. Außerdem hätte Katharina sie sowieso eingeholt, sie war schon immer die bessere Sprinterin.

    Atemlos hechelte Katharina: »Mensch, Elena, du bist es ja wirklich! Hast du mich nicht gehört? Warum rennst du denn so schnell?« Sie ließ Elena keine Zeit, zu antworten. »Egal, Gott sei Dank, endlich habe ich dich nach so langer Zeit wiedergefunden.« Katharina holte kurz Luft. »Wie geht es dir?«

    »Hi, Katharina, was für ein Zufall … Danke, es geht mir gut. Und dir?«

    Katharina runzelte die Stirn. Irgendwas stimmte nicht mit der Art, wie Elena sich gab. Das musste sie unbedingt klären, schließlich war Elena doch ihre beste Freundin – auch wenn sie sich lange nicht mehr gesehen hatten. »Hast du vielleicht Zeit und Lust auf einen Kaffee? Wir haben uns schon so lange nicht mehr gesehen und müssen unbedingt mal wieder ein bisschen quatschen.«

    Elena machte ein verkrampftes Gesicht. »Äh … tut mir leid, aber ich habe leider überhaupt keine Zeit.«

    Katharina zog die Augenbrauen zusammen und sah Elena scharf an. »Elena! Ich sehe doch, dass etwas nicht stimmt. Du hast dich seit Ewigkeiten nicht mehr gemeldet und ich habe ständig erfolglos versucht, dich zu finden. Jetzt lasse ich dich nicht so einfach wieder ziehen!«

    »Ist ja schon gut.« Sie zögerte etwas. »Ich werde es dir erklären, aber dazu ist es wohl doch besser, wir treffen uns an einem Ort, wo wir uns in aller Ruhe unterhalten können.«

    Die beiden verabredeten sich für den nächsten Tag um 18.00 Uhr an der Spanischen Treppe.

    »Du wirst aber ganz bestimmt kommen, versprochen?«, sagte Katharina zum Abschied und sah ihre Freundin besorgt an.

    »Ja, ganz bestimmt. Versprochen!« Elena umarmte Katharina schnell und verschwand um die nächste Ecke.

    Sie hatte ziemlich nervös und abgespannt ausgesehen und unter ihren Augen waren dunkle Schatten, aber das würde sich bestimmt aufklären, dachte Katharina. Vielleicht könnte sie ihr ja helfen. Sie beeilte sich, zum Aufnahmeteam zurückzukehren.

    Die Kollegen waren ziemlich sauer auf Katharina, weil sie sie in der glühenden Hitze hatte warten lassen. Sie schenkte jedem einen reuevollen Blick und sagte: »Es tut mir sehr leid, aber ich habe gerade etwas sehr Wertvolles wiedergefunden. Vielen Dank, dass ihr solange gewartet habt!«

    Die anderen verdrehten die Augen, gaben sich aber damit zufrieden. Sie erledigten die restlichen Aufnahmen in Rekordzeit und machten sich zur Siesta davon.

    Katharina dachte den ganzen Nachmittag an Elena und freute sich schon sehr, sie morgen Abend zu treffen. Sie hatte zwar schon andere Termine, aber Elena hatte eindeutig Priorität. Katharina rief ihren Bruder René an und sagte ihre Verabredung mit ihm ab.

    Er zeigte vollstes Verständnis: »Natürlich musst du Elena treffen. Du hast sie so lange nicht mehr gesehen … Meinst du, ich könnte vielleicht mitkommen? Wir könnten wie früher zu dritt um die Häuser ziehen.«

    »Ich weiß nicht … Sie war so komisch. Lass mich erst mal alleine mit ihr reden. Vielleicht hat sie ja irgendwie Probleme.«

    »Na gut, wie du meinst. Dann bestell ihr liebe Grüße und frag sie, ob ich vielleicht beim letzten Mal irgendwas falsch gemacht habe.«

    Das machte Katharina stutzig, »Wann war denn das letzte Mal, dass du sie gesehen hast?«

    »Ach, das muss so drei Jahre her sein. Seitdem habe ich nichts mehr von ihr gehört oder gesehen.«

    Das war ungefähr dieselbe Zeitspanne, seitdem auch sie Elena aus den Augen verloren hatte. »Ja, mach ich. Bis dann.«

    Sie hatte noch einen Anruf zu tätigen, der allerdings ein bisschen komplizierter werden würde, sie musste nämlich auch ihrem Freund Andrew absagen. Sie war nun schon zwei Jahre mit ihm zusammen und es war ziemlich ernst. Ausgerechnet morgen wollte er extra aus New York einfliegen, damit sie sich für zwei Tage sehen konnten.

    Katharina packte ihr ganzes Fingerspitzengefühl aus und versuchte, es ihm schonend beizubringen, aber er war natürlich verärgert und enttäuscht, dass sie eine Freundin vorzog. Bei René wusste er bereits, dass er keine Chance hatte, wenn sich die beiden treffen wollten, auf dieses Streitgespräch ließ er sich schon lange nicht mehr ein, aber jetzt war er sauer.

    »Also gut«, murmelte er, dann werde ich einen anderen Flug nehmen und komme einen Tag später. Das kannst du übermorgen aber wiedergutmachen.«

    Sie wusste, was er damit meinte, und versprach ihm einen unvergesslichen Abend.

    Katharina war es gewohnt, ihren Freund nur am Wochenende zu sehen, wenn überhaupt. Ihre und auch seine Termine ließen es oft nicht anders zu.

    ***

    Als die Verabredung mit Elena anstand, bestellte sich Katharina rechtzeitig ein Taxi. Sie wollte auf keinen Fall zu spät kommen – nicht dass sich Elena es noch einmal anders überlegte. Es gab mit Sicherheit einen guten Grund, warum sie sich drei Jahre lang nicht gemeldet hatte. Hoffentlich hat das alles nichts mit meiner Karriere zu tun, dachte Katharina. Sie hatte sich immer alle Mühe gegeben, durch ihre Berühmtheit nicht ihre Bodenständigkeit und Natürlichkeit zu verlieren oder gar hochnäsig zu werden.

    Coco war natürlich mit von der Partie. Sie hielt schwanzwedelnd ihre Schnauze aus dem Fenster des Taxis und schnupperte die warme römische Stadtluft. Der frühe Abend brach gerade an und die Menschen, die sich tagsüber von den Temperaturen hatten vertreiben lassen, kamen wieder aus ihren Häusern. Das Leben kehrte in Katharinas Lieblingsstadt zurück.

    Sie war zehn Minuten früher da und setzte sich in ein kleines Straßencafé gegenüber vom Treffpunkt. Das Glas Limonade war bereits ausgetrunken und fast eine Stunde später war Elena noch immer nicht zu sehen. Sie hatte doch versprochen zu kommen! Bisher hatte sie noch nie ohne wichtigen Grund ein Versprechen gebrochen.

    Katharina sah noch einmal auf ihr Handy. Es wäre sehr schade, wenn Elena kein Interesse mehr an ihrer Freundschaft hätte. Sie kannten sich schon von Kindheit an und hatten schon einiges zusammen durchgemacht. Sie wurde traurig, als ihr klar wurde, dass sie ihre Freundin gestern wohl das letzte Mal gesehen hatte.

    Im selben Moment sagte eine vertraute Stimme: »Hallo, Katharina. Da bin ich endlich. Entschuldige die Verspätung.«

    Katharina sprang auf und umarmte Elena; sie hielt sie lange fest im Arm. Die anderen Gäste im Café schmunzelten, als sie die beiden hübschen jungen Frauen sahen. Auch Coco hüpfte an Elena hoch und begrüßte sie stürmisch.

    Elena entschuldigte sich noch einmal: »Ein Touristenbus ist falsch in eine Einbahnstraße gefahren und steckengeblieben. Er hat den gesamten Verkehr lahmgelegt. Die Polizei musste kommen, das hat gedauert.«

    »Du brauchst dich nicht zu entschuldigen, ich weiß, wie es hier um diese Zeit zugehen kann. Das Wichtigste ist doch, dass du gekommen bist. Ich freue mich so sehr.«

    Elena streichelte Coco liebevoll. »Du weißt doch, wenn ich etwas verspreche, dann halte ich es auch.« Sie sah sich im Café um. »Wollen wir hierbleiben oder gehen wir irgendwo anders hin? Ich hätte ein kleines Picknick dabei, wenn du Lust hast?«

    Katharina war einverstanden.

    Sie nahmen den Weg über die Spanische Treppe. Katharina liebte diesen Park. Jedes Mal, wenn sie in Rom war, ging sie mit Coco dorthin, um abzuschalten und die Aussicht zu genießen. Sie plauderten über alltägliche Dinge und Katharina zeigte Elena ihre Lieblingsstelle, wo sie ihr Picknick machen konnten. Man konnte vereinzelt durch die Zweige der Bäume und Büsche hinunter auf die Stadt sehen, obwohl es kein typischer Aussichtsplatz war. Auch war es etwas abgelegen und versteckt, sodass so gut wie keine anderen Menschen zu sehen waren.

    Kaum hatten sie die Decke ausgebreitet, die Elena mitgebracht hatte, fing Katharina an Fragen zu stellen, während Elena noch gemütlich den Picknickkorb auspackte. Coco entging nichts und sie wedelte aufgeregt mit ihrem Schwanz, während sie den Picknickkorb keine Sekunde aus den Augen ließ.

    Ohne Katharina anzusehen, antwortete Elena: »Bitte lass uns nicht gleich von mir reden. Erzähl du lieber erst mal etwas von dir. Ich glaube, du hast schönere und aufregendere Dinge zu erzählen als ich.«

    Katharina schmunzelte und war sich bewusst, dass das ein Ablenkungsmanöver war, aber sie ging gutmütig darauf ein und erzählte ein bisschen von den letzten Monaten. Elena hatte das eine oder andere in den Klatschzeitungen gelesen und hakte nach, ob das alles so stimmte. Natürlich war weniger als die Hälfte davon wahr.

    Als Katharina eine Pause einlegte, sah Elena sie von der Seite an, grinste und fragte: »Hast du denn bei all den vielen Reisen und Terminen auch Zeit für eine Beziehung? Davon steht in den Zeitungen nämlich kaum etwas.«

    »Ja, ich bin mit Andrew zusammen. Ich halte es nur, so gut es geht, aus den Medien raus. Er ist Engländer, lebt jedoch in New York. Er arbeitet als erfolgreicher Immobilienmakler und liebt seinen Beruf über alles. Seine Eltern sind jedoch gegen seine Arbeit und vor allem gegen seine Wahlheimat und noch viel mehr sind sie gegen seine Freundin, also mich.« Sie machte dabei eine krause Stirn. »Sie hätten es lieber, er würde in ihrem Unternehmen einsteigen und das später übernehmen.«

    »Hat er denn keine Geschwister?«

    »Na ja, er hat eine Schwester. Die scheint aber auf die schiefe Bahn geraten zu sein und kommt für seine Eltern als Nachfolger nicht infrage.«

    »Kennst du sie?«

    »Nein, noch nicht. Andrew und ich sind erst vor Kurzem zusammengezogen.«

    Elena blickte ihr direkt in die Augen. »Bist du denn glücklich mit ihm? Ich meine … so richtig glücklich? Im siebten Himmel und so?«

    »Ja, natürlich bin ich glücklich. Also … ich glaube es zumindest.« Katharina fing an, ein bisschen zu stottern. »Ich weiß nicht, ich habe noch nie so bewusst darüber nachgedacht. Ich glaube aber schon.«

    »Wie hast du Andrew eigentlich kennengelernt? Das war bestimmt etwas ganz Besonderes und romantisch.«

    »Nein, eigentlich nicht«, antwortete Katharina. »Auf so eine Art und Weise wollte ich eigentlich nie meinen Freund kennenlernen. Es war auf einer Party! Und auch noch auf einer, auf die man gehen muss, weil man dafür bezahlt wird.« Sie lachte. »Es war nach einer besonderen Modeschau und wir Models waren zusätzlich verpflichtet, anschließend auch kurz auf dieser Party zu erscheinen. Das Ganze wurde groß aufgezogen und es waren auch einige prominente Gäste anwesend, darunter ein paar Filmstars und auch Alexander aus Spanien …«

    »Was? Unser spanischer Traumprinz? Als wir noch ganz klein waren, schwärmten wir doch von ihm, und als wir anfingen zu studieren und etwas heller im Kopf wurden, haben wir ihn verachtet. Meinst du wirklich den?«

    Katharina nickte und lachte.

    »Ich hoffe, du hast ihm ordentlich die Meinung gesagt!«

    »Ach Elena … Ja, um ein Haar hätte ich für Aufsehen gesorgt, doch es kam dann anders. George, ein guter Freund von mir – er ist Fotograf und arbeitet bei derselben Agentur, mit der ich auch ziemlich viel zu tun habe – hat mich davor bewahrt. Ich wohnte zu der Zeit bei ihm in einem kleinen Apartment in New York, bevor ich Andrew kennengelernt habe. Er ist schwul und der beste Kumpel, den man sich nur vorstellen kann.« Katharina bekam einen verträumten Ausdruck in die Augen und sah Elena verschmitzt an. »Ich genoss die Zeit mit ihm. Es waren schöne, turbulente und lustige Jahre. Die meisten hielten uns für ein Paar. Ach, ich könnte dir stundenlang von George erzählen. Wenn er nicht schwul wäre, wären wir mit Sicherheit schon lange verheiratet und hätten viele Kinder.«

    »Du schweifst ab. Du wolltest mir über die Begegnung mit Alexander, dem Unmöglichen berichten.« Beide lachten.

    »Stimmt. Als ich ihn von Weitem gesehen habe, habe ich mich George gegenüber furchtbar über den adeligen Alexander aufgeregt und über seine politischen Aktivitäten gelästert. Eigentlich so gar nicht meine Art«, sie sah Elena an, »aber weißt du, es kamen so viele alte Erinnerungen hoch. Von damals, als wir uns über die politische Lage in unserem Land aufgeregt haben und etwas bewegen wollten. Na, jedenfalls muss ich wohl ein bisschen laut geworden sein und plötzlich mischte sich ein wildfremder Mann in unser Gespräch ein und meinte: Da haben Sie vollkommen recht, schöne Lady. Der hat ja scheinbar Ansichten wie aus dem Mittelalter und sieht auch noch stockkonservativ aus. Es sollte ihn wirklich einmal jemand darauf hinweisen. Der hatte ganz frech unsere Unterhaltung belauscht und sich einfach eingemischt. George grinste schon. Na ja, ich hab dann mitgemacht und er stellte sich als Andrew Chrownswell vor. Da sagte eine andere Stimme hinter mir auch schon: Andrew, mein Freund. Wie schaffst du es immer wieder, so schnell die interessantesten Damen weit und breit anzusprechen. Willst du mir die reizende Lady nicht vorstellen? George war fast am Platzen, so breit hat der gegrinst. Auch Andrew lachte übers ganze Gesicht und ich bekam ein ganz ungutes Gefühl …«

    Elena hielt sich die Hand vor den Mund und prustete schon.

    Katharina machte es spannend: »Langsam, ganz langsam drehte ich mich also um und da stand er: Alexander, der Unmögliche! Ich muss wohl ein besonders blödes Gesicht gemacht haben und am liebsten wäre ich im Boden versunken.«

    Elena konnte sich nun nicht mehr beherrschen und lachte ungehemmt los.

    »Aber ich konnte einfach kein Loch finden, um darin zu verschwinden. Ich stand mit offenem Mund vor ihm, sah ziemlich blöd aus der Wäsche und dann sagte Andrew: Darf ich vorstellen? Das hier ist Katharina Loup, sie wollte dich immer schon mal kennenlernen. Ich glaube, sie hat dir eine Menge zu sagen.

    Es war sooo peinlich, das kannst du dir gar nicht vorstellen.«

    Elena schniefte und wischte sich die tränennassen Augen. »Und wie ging es dann weiter? Du hast dich bestimmt nicht verkrümelt, sondern dich elegant aus der Affäre gezogen, oder?«, schmunzelte sie.

    Katharina lachte. »Na ja. Ich war stinksauer auf diesen Andrew, dass er mich so vorgeführt hatte. Ich fand ihn arrogant, selbstherrlich, aber auch irgendwie unwiderstehlich.« Sie zuckte mit den Schultern. »Auf alle Fälle wollte ich Rache. Ich war so wütend, dass mir nichts Besseres einfiel, als ihm bei der ersten Gelegenheit von hinten ein Glas Champagner auf den unteren Teil seiner weiten Hose zu gießen. Er war gerade mit einer Kollegin am Buffet beschäftigt und hat es nicht einmal bemerkt. Anfangs fühlte er sich sichtlich geschmeichelt, als ihn alle lächelnd ansahen, doch bald merkte er, dass er doch eher aus- als angelacht wurde. Ich habe dann nach einer Weile eine andere Kollegin zu ihm geschickt. Sie sollte ihm einen schönen Gruß von mir ausrichten und er solle doch beim nächsten Mal nicht ohne Windeln ausgehen.«

    Elena hatte schon wieder Tränen in den Augen. »Und, wie hat er das aufgenommen? War er sauer?«, lachte sie ausgelassen.

    »Er sah zu mir rüber, ich erhob das Glas und nickte ihm ganz freundlich und schadenfroh zu. Dann verschwand ich unauffällig und so schnell ich konnte. Ich wollte ihm natürlich nicht noch einmal begegnen.« Sie legte den Kopf schief und dachte kurz nach.

    »Das war aber doch eigentlich ganz schön gemein von dir«, brachte Elena mühsam hervor.

    »Ja, klar. Noch bevor ich zu Hause angekommen war, bekam ich schon ein furchtbar schlechtes Gewissen. Eigentlich war ich ja die Böse, die so furchtbar gelästert hatte. Und es war ein ziemlich blöder und peinlicher Streich von mir. Um ehrlich zu sein, habe ich mich in Grund und Boden geschämt und gehofft, Andrew und Alexander in meinem ganzen Leben nicht mehr über den Weg zu laufen.«

    »Aber es kam anders …«

    »Ja, schon am nächsten Morgen. Als ich George in der Agentur traf, lachte er natürlich und wir plauderten über den Vorfall vom Vorabend. Ich erklärte ihm, wie elend ich mich deswegen gefühlt hätte. George hatte plötzlich wieder dieses blöde Grinsen im Gesicht, sodass ich mich umdrehte. Und – na klar – da stand er.«

    »Wer? Alexander?«

    »Nein, Andrew. Er hatte einen riesengroßen Blumenstrauß in der Hand. Hallo, Miss Loup, ich glaube, Sie sind mir etwas schuldig.« Sie zupfte ein paar Grashalme aus und zerpflückte sie in der Hand. »Ich war total überrumpelt. Ich hatte so ein schlechtes Gewissen. Ich versaue ihm die Party und er schenkt mir Blumen.« Katharina lächelte selig. »Ich habe erst mal das Kärtchen geöffnet, das dranhing. Es war eine Einladung in die Oper und danach zu einem Essen.«

    Elena staunte. »Cool … Bist du mit hingegangen?«

    »Ja … ich musste ja irgendwie. Er fragte mich: Wollen Sie ihr Gewissen wieder bereinigen? Daraufhin habe ich ganz spontan Ja gesagt und dann verschwand er genau so schnell, wie er gekommen war.« Katharina sah auch jetzt noch ungläubig aus, wie ihr das passieren konnte. »Wenn er den Blumenstrauß geschickt hätte, dann wäre ich vorbereitet gewesen und hätte mir in aller Ruhe eine gute Ausrede einfallen lassen.«

    Elena schmunzelte. »Also ich weiß nicht, was du hast, aber das ist doch wirklich außergewöhnlich nett und witzig, wie ihr euch kennengelernt habt. Vielleicht schreibe ich ein Buch darüber«, scherzte sie.

    »Apropos Buch – hast du deinen Traum vom Schreiben verwirklicht?« Katharina sah, wie ein Schatten über Elenas Gesicht huschte und ihr Grinsen etwas verhaltener wurde.

    »Nein, als ich mit dem Studium fertig war, wollte ich erst mal etwas Geld verdienen, damit ich mir überhaupt eine Wohnung leisten konnte. Du und René wart ja zu diesem Zeitpunkt schon ganz woanders. Dann hatte ich mir vorgenommen, erst mal nebenbei, quasi als Hobby zu schreiben.« Sie seufzte. »Doch dazu kam es nie. Meistens kam ich erst sehr spät aus dem Büro raus.«

    »Wo arbeitest du denn?«

    »In einem Übersetzungsbüro. Und irgendwie habe ich auch gar keine besondere Fantasie mehr. Seitdem ihr beide nicht mehr in meiner Nähe seid, ist es vorbei mit den verrückten Ideen für Geschichten. Ihr fehlt mir wirklich sehr. Ihr habt mich immer inspiriert.«

    »Aber warum nur hast du mich nie angerufen und mir das gesagt? Wir haben dich schon überall gesucht, aber du warst plötzlich wie vom Erdboden verschwunden.« Katharina wollte nun endlich hören, was der Grund für dieses lange Fernbleiben war und sagte drängend: »Du weißt doch, ich bin deine beste Freundin und hätte dir immer geholfen. Oder warum hast du dich nicht bei René gemeldet? Auch er hätte Zeit für dich gehabt, da bin ich mir ganz sicher.«

    Elena wechselte das Thema: »Kannst du dich noch erinnern, als wir uns gerade kennengelernt hatten? Das waren noch Zeiten.«

    »Wie könnte ich das vergessen! Es war eine tolle, aber auch eine sehr traurige Zeit. Was hätten René und ich nur ohne dich gemacht. Du warst für uns wie ein Engel, hast uns immer aufgebaut, wenn wir traurig waren. Und wenn unsere Mutter mal wieder nicht genügend Geld für uns und ihr Tierheim auftreiben konnte, bist du zu deinen Eltern ins Restaurant gegangen und hast was zu essen für uns stibitzt.« Katharina legte ihre Hand auf Elenas Arm. »Deine Eltern hätten dich bestraft, wenn sie dich dabei erwischt hätten. Meiner Mutter haben wir immer gesagt, wir hätten nicht so viel Hunger und es würde schon reichen, auch wenn wir oft mit knurrendem Magen ins Bett gegangen sind. Meine Mutter hat viel durchmachen müssen. Sie war etwa in meinem Alter, als Vater uns verließ. Da er keinerlei Unterhalt zahlte, reichte das Geld hinten und vorne nicht. Dennoch hat sie immer wieder kranke und verwahrloste Hunde und Katzen aufgenommen und gepflegt. Weißt du, René und ich lieben unsere Mutter sehr. Sie ist immer noch so aufopfernd, so gütig und voller Liebe wie damals. Wenn ich heute darüber nachdenke, was meine Mutter in meinem Alter schon alles mitgemacht und geleistet hat … Als mein Vater weg war, ist sie mit uns zwei kleinen Kindern in ein fremdes Land gezogen, mitten in die Pampa.«

    »Ihr habt noch nicht mal die Sprache gekonnt! Deine Mutter hatte immer so einen hübschen Akzent als Italienerin, aber ihr habt wirklich alle schnell Spanisch gelernt.«

    »Das war auch dein Verdienst, Elena. Wenn wir dich nicht als Freundin in der Schule gehabt hätten, hätten wir längst nicht so schnell Anschluss gefunden.«

    »Deine Mutter war aber auch fleißig. Wie schnell sie das Grundstück mit der kleinen Hütte bekommen hat … Ich weiß noch, dass die Leute im Ort alle neidisch waren.«

    »Ja … ich habe eigentlich nie begriffen, warum.«

    »Na ja, deine Mutter war wunderschön und hatte eine Energie, mit der sie allen Problemen getrotzt hat.«

    »Aber wir haben sie oft nachts weinen hören. Besonders am Anfang, als sie noch meinem Vater nachgetrauert hat. Wenn es dann finanzielle oder rechtliche Probleme gab, war sie manchmal schon sehr verzweifelt. Sie hat sich seither auf keine neue Beziehung mehr eingelassen. Aber du warst unser Anker, Elena, und hast in der Schule unsere Ehre verteidigt.«

    »Ja, Kinder können gemein sein. Wenn ich heute darüber nachdenke, sind die meisten damals doch nur von ihren Eltern so negativ beeinflusst worden. Ich glaube, die Mütter hatten nur Angst um ihre Männer. Denn seien wir doch mal ehrlich: Deine Mutter war weit und breit die attraktivste, mutigste und fleißigste Frau. Sie war intelligent und stark, zumindest nach außen. Und soviel ich weiß, haben viele Männer ihr immer wieder mal heimlich geholfen, zum Beispiel bei eurem Wasserrohrbruch. Und wenn etwas heimlich gemacht wird, entstehen immer sehr schnell Gerüchte. Die meisten dachten, deine Mutter hätte was mit den Männern gehabt.«

    »Aber das hatte sie nie!« Katharina reagierte ein bisschen aufgebracht.

    »Natürlich nicht, ich weiß das doch. Ich versuche nur zu erklären, warum ihr drei es damals so schwer hattet in unserer Gemeinde. Bei mir zu Hause war es doch genauso: Meine Mutter verbot mir jeden Kontakt mit euch, weil sie eifersüchtig war. Ständig hatte sie etwas an deiner Mutter auszusetzen und die anderen Frauen brachten immer neuen Tratsch ins Restaurant. Am Anfang hat mein Vater noch widersprochen, doch als meine Mutter ihm dann unterstellte, er wolle was von deiner Mutter, ließ er es schließlich bleiben und hörte einfach nicht mehr hin.« Elena seufzte tief. »Die Menschen sind einfach so. Sobald sie eine Gefahr sehen oder Menschen begegnen, die etwas anders sind oder etwas besser können als sie selbst, suchen sie so lange nach Fehlern, bis sie etwas finden.«

    Katharina sagte: »Es wäre wohl einfacher für uns alle gewesen, wenn meine Mutter eine hässliche, schüchterne und dumme Frau gewesen wäre. Wir hätten uns dann einigen Kummer und viele Tränen erspart.«

    Elena sagte: »Aber zum Glück ist sie so, wie sie ist: wunderschön, stolz, fleißig, gutmütig und sehr intelligent. Ich habe deine Mutter immer bewundert.«

    Langsam wurde es dämmerig.

    »Ich weiß noch, wie René am Anfang auf dich eifersüchtig war«, sagte Katharina versonnen, »er hätte wohl auch gerne einen so guten Freund wie dich gehabt. Aber eigentlich waren wir drei ein tolles Team. Für René war es extrem wichtig, dass es dich gab, dessen war ich mir wohl bewusst. René hat auch jetzt noch große Probleme, mit seinem Leben klarzukommen. Ich weiß von seinem Psychiater, dass er selbstmordgefährdet ist. Ich versuche so oft es geht, mich mit ihm zu treffen. Angeblich hat er eine Art Komplex oder so, der mit mir zu tun hat. Er weiß übrigens nicht, dass ich es weiß, und das soll erst mal so bleiben.«

    »Wieso hat René einen Komplex? Ist er auf dich neidisch?«

    »Nein, so etwas ist es nicht. Ich weiß auch nicht … er hat ständig eine neue Freundin. Manchmal lerne ich sie nicht einmal mehr kennen, so schnell wechselt er die Frauen. Keine Ahnung, warum er das macht, aber sein Arzt meint wohl, es sei ein Trauma aus seiner Kindheit. Er hätte es nie verkraftet, dass sich unsere Eltern getrennt haben, es uns so schlecht ging, er uns nie helfen konnte und Mutter und ich so stark sein mussten.« Sie sinnierte kurz.

    »Der Psychiater vermutet, René hätte sich zu sehr an mich geklammert und sucht nun angeblich deshalb nach einer Person, die so ist wie meine Mutter oder ich. Er kann angeblich keiner Frau vertrauen. Sobald es persönlicher und inniger wird, beendet er es. Irgendwie kompliziert und nicht wirklich nachzuvollziehen.«

    »Oh doch. Dein Bruder mag dich viel zu sehr und vergleicht wirklich jede Frau mit dir. Kaum ist er kurze Zeit mit einer zusammen, schon findet er an ihr etwas, was nicht so ist wie bei dir. Nie wird eine Frau in Renés Herz deinen Platz einnehmen können.«

    Das klang etwas verbittert und Katharina wunderte sich. »Was redest du denn da? Ich liebe meinen Bruder auch über alles, das ist doch ganz normal. Wir sind eben unserer Vergangenheit wegen so eng zusammengewachsen. Aber er muss doch lernen zu unterscheiden. Ich bemühe mich ja auch um eine Beziehung und vergleiche Andrew nicht mit meinem Bruder.«

    »Und ich stelle dir nochmals die gleiche Frage: Bist du wirklich absolut glücklich mit Andrew?« Sie beobachtete Katharina genau. »Sei mal ganz ehrlich zu dir selbst. Und wenn du nicht – zu Hundert Prozent glücklich bist, dann frage dich: Wann warst du es?«

    Katharina fühlte sich bedrängt. Sie dachte über die Frage nach und versuchte, zu erklären. »Nun gut … ich weiß nicht, ob ich mit Andrew so sehr glücklich bin. Du kennst mich doch, ich war und bin, was Beziehungen angeht, ein Spätzünder und Andrew ist erst der zweite Mann in meinem Leben. Woher soll ich denn wissen, ob es nicht noch etwas Besseres in dieser großen weiten Welt gibt? Aber ich bin zufrieden. Wenn man immer nach noch etwas Besserem sucht, wird man womöglich ewig suchen und dann ginge es mir wahrscheinlich genauso wie meinem Bruder. Es ist gut mit Andrew und bisher gab es noch keine größeren Probleme. Wir haben beide nicht sehr viel Zeit, aber gegenseitiges Verständnis für unsere Arbeit.«

    »Sag mal, kann es sein, dass dich Andrew gar nicht so richtig kennt? Weiß er eigentlich von mir, deinen Jugendträumen oder deinen rebellischen Aktivitäten aus deiner Studienzeit?«

    »Äh … nein, eher weniger. Ein paar kleine Geschichten habe ich ihm schon mal erzählt, aber nicht sehr viel. Er hat mich nie danach gefragt. Er liebt mich eben so, wie ich jetzt bin und nicht meine Vergangenheit. Es scheint ihn aber auch nicht zu interessieren, denn er hat noch nie danach gefragt.«

    »Okay, und wann warst du nun zuletzt wirklich richtig glücklich?

    Katharina musste nicht lange überlegen. Und sie lächelte. »Kannst du dich noch an unser erstes Semester erinnern? Wir kamen gerade von einer ziemlich wilden Demonstration zurück. Es ging damals um die Abschaffung der Stierkämpfe.«

    »Natürlich erinnere ich mich daran, ich hatte ein offenes Knie, weil ich eine Auseinandersetzung mit einem Polizisten hatte, aber zum Glück hast du ihn ganz raffiniert abgelenkt, so bin ich ihm noch einmal entwischt.«

    »Ja, richtig«, fuhr Katharina fort. »Wir mussten abhauen und liefen nach Hause. Auf dem Weg setzten wir uns unter unseren uralten knorrigen Olivenbaum – Unseren Olivenbaum, wie wir ihn nannten.«

    »Ja, ich erinnere mich.«

    »René und ich versorgten deine Wunde und irgendwie waren wir sehr euphorisch, wir hätten Bäume ausreißen können und hatten vor, die Welt zu verbessern. Und dann schlossen wir einen Pakt. Einer für alle, alle für einen. Jeder erzählte, was er einmal werden wollte. Das hatten wir schon oft als Kinder getan, doch dieses Mal war es das letzte Mal, dass wir uns unsere Träume und Wünsche erzählten.«

    »Wenn jeder mit seinem Studium fertig wäre und ein wenig Geld verdient hätte, wollten wir uns zusammen einen alten Bauernhof kaufen und ihn restaurieren. Ich sehe es noch in meinen Gedanken, du wolltest immer eine große weiße Veranda mit einer Hängeschaukel, so wie es die Amerikaner haben.«

    »Und du einen Pavillon, völlig mit Efeu zugewachsen, in dem du dann deine Bestseller schreiben und eine gefragte Autorin werden würdest. – Warum hast du damit aufgehört? Glaub mir, du hättest wirklich das Zeug dazu, bei deiner Fantasie und deiner Menschenkenntnis.«

    Elena ging nicht darauf ein, sondern meinte stattdessen: »René dagegen träumte davon, ein anerkannter Maler und Bildhauer zu werden. Er wollte eine eigene Scheune nur für sich haben, in der er seine Bilder malen und stehen lassen könnte und zugleich auch noch ausstellen und verkaufen.«

    »Ja.« Katharina wurde wehmütig. »Und ich wollte Tierärztin werden. Ich hätte mir eine schöne kleine Praxis eingerichtet, mit vielen Ställe und Weidenflächen, um kranke Tiere wieder gesund zu pflegen. Als wir uns unsere Träume erzählten und planten, unser Leben auch in Zukunft zusammen zu verbringen, da war ich am glücklichsten.« Sie sah Elena an. »Und was ist mit dir? Bist du glücklich?«

    »Sieht so eine glückliche Frau aus?«, schnaubte Elena.

    Katharina erschrak. »Warum erzählst du mir dann nicht, was los ist? Irgendwas stimmt doch nicht? Ach übrigens, bevor ich es vergesse: Ich soll dir von René einen lieben Gruß ausrichten und fragen, ob er irgendetwas falsch gemacht hat bei eurem letzten Treffen.« Katharina sah Elena dabei an.

    Elena fragte leicht erschrocken: »Was genau meinst du?«

    »Was soll ich denn meinen? Ich habe nicht weiter nachgefragt, was er damit gemeint hat. Was könnte er denn gemeint haben?« Elena antwortete nicht sofort und Katharina ergänzte: »Wahrscheinlich macht er sich auch so seine Gedanken, warum uns unsere beste Freundin nicht mehr sehen will.«

    Der Trick funktionierte, denn jetzt wurde Elena etwas aufgebracht: »Moment mal. Das habe ich so nie gesagt und auch nie gewollt.«

    Dann wurde sie still und sah wieder zum Himmel hoch. Inzwischen war es schon dunkel geworden und die ersten Sterne waren am Firmament zu sehen.

    »Weißt du, Katharina, ich habe unseren gemeinsamen Traum auch nie vergessen. Vielleicht war ich zu sehr darauf versessen, dass er Wirklichkeit werden sollte, und habe so den größten Fehler gemacht, den ich machen konnte: Ich habe mir meinen Traum selbst zerstört.«

    »Aber wie um Himmels willen? Wie kannst du dir deinen Traum selber zerstören?«, fragte Katharina entsetzt.

    »Ich habe ein Kind.«

    Katharina fiel ein Stein vom Herzen und sie lachte erleichtert auf. »Du hast ein Kind? Aber das ist doch wunderbar! Deshalb kannst du doch genauso noch deine Träume Wirklichkeit werden lassen. Ein Kind ist doch etwas Wundervolles. Ein Grund zur Freude.« Sie zögerte. »Oder ist irgendwas mit dem Kind? Darfst du es vielleicht nicht sehen oder ist es schwer krank?«

    »Nein, es ist kerngesund und die Erziehung liegt alleine bei mir.«

    »Aber wo um Himmels willen liegt dann das Problem? Du kannst mir doch nicht erzählen, dass du mit einem Kind nicht schreiben oder uns nicht mehr sehen kannst. Es könnte dich vielleicht sogar dazu inspirieren, Kinderbücher zu schreiben, oder glaubst du etwa, wir hätten dich mit einem Kind nicht an unserem Traum teilhaben lassen? Was denkst du denn von uns? – Oder hast du finanzielle Probleme? Du weißt, ich würde dir sofort helfen. Ich habe sehr gut verdient in der letzten Zeit.«

    Elena schüttelte verlegen den Kopf.

    »Was ist es denn dann?«

    Elena schwieg, saß mit hängendem Kopf da und wurde sehr traurig. Katharina hatte plötzlich ein schlechtes Gewissen, sie so bedrängt zu haben.

    Nach einer Weile sagte sie: »Du willst also nicht darüber sprechen?«

    »Ach, ich weiß es doch auch nicht. Aber ich glaube, jetzt ist noch nicht der richtige Zeitpunkt, darüber zu sprechen. Ich muss mir erst einmal selbst darüber im Klaren werden, was ich will. Und glaub mir, es ist momentan besser so, wie es jetzt ist.« Elena unterbrach sich selbst und hörte auf zu reden, setzte sich auf und legte den Kopf zwischen ihre Hände. Sie war den Tränen nahe.

    Katharina umarmte sie und meinte: »Mach es dir doch nicht so schwer. Wenn du nicht darüber sprechen möchtest, dann ist das in Ordnung. Aber ich bin immer für dich da, ja? Egal, wann und wo.«

    Ein leises und unsicheres »Ja, ich weiß« kam zurück.

    Katharina schossen die wildesten Gedanken durch den Kopf. Sie stellte sofort jede Menge Hypothesen auf, sodass Elena ihr noch ein paar Informationsbrocken hinwarf, um sie zu beruhigen. So erfuhr Katharina zumindest, dass es ein Junge namens Ron war, der vor Kurzem zwei Jahre alt wurde.

    Als Katharina fragte, ob der Vater des Kindes Bescheid wüsste, meinte Elena: »Nein, aber nun hör endlich auf zu fragen, bitte. Wenn ich bereit bin, es zu erzählen, wirst du mit Sicherheit die Erste sein, okay?«

    Katharina wusste, sie war zu weit gegangen, und verstummte sofort. Sie hätte ihrer Freundin so gerne geholfen.

    Elena wechselte das Thema. »Wie geht es eigentlich deiner Mutter?«

    »Als ich sie vor drei Wochen das letzte Mal besucht habe, ging es ihr gut. Wir hatten ein kleines Einweihungsfest. Das Tierheim läuft mittlerweile super, alles wurde restauriert und eine große neue Anlage mit vielen neuen Zwingern wurde gerade fertiggestellt. Inzwischen arbeiten vier Leute bei ihr, ein Tierarzt, zwei Tierpfleger und ein Hausmeister. Den Prozess um die Baugenehmigung haben wir gewonnen und eine Gesetzesänderung zum Tierwohl ist uns mithilfe einer europaweiten Unterschriftenkampagne auch gelungen.«

    »Aber nur mit deiner finanziellen Hilfe, nicht wahr?«

    »Ja, ich habe die besten Anwälte zu Hilfe geholt und wir haben einen öffentlichen Prozess geführt. Die spanische Regierung war ganz schön sauer, wir würden angeblich das Land in ein schlechtes Licht rücken und so.«

    »Ja, ich habe davon gelesen. Du konntest also schon etwas zum Positiven verändern. Das ist es doch, was du immer wolltest. Etwas verändern, die Welt ein bisschen besser machen.«

    »Ja, schon, nur habe ich mir das immer etwas anders vorgestellt. Dieses Mal war es das Geld, das geholfen hat. Geld ist Macht, das erkenne ich immer häufiger. Ich konnte die besten Anwälte bezahlen und die Kampagnen in ganz Europa, zum Beispiel Petitionen zur Abschaffung von Stierkämpfen und gegen das Töten von Straßenhunden, und habe auch noch meine persönlichen Beziehungen spielen lassen. Eigentlich alles Methoden, die ich als Studentin verabscheut habe. Und jetzt bin ich selber so geworden.« Katharina seufzte und sah wieder zu den Sternen hoch. »Weißt du, es ist doch irgendwie ungerecht. Meine Mutter hat ihr Leben lang so hart dafür gearbeitet, hat gebettelt und gestritten, damit sie ein paar von ihren Tieren helfen konnte. Es war ein sehr schwerer und harter Weg, an dem auch wir als Kinder teilgenommen haben. Ich hingegen laufe nur in ein paar Designerklamotten auf einem Laufsteg hin und her und bekomme pro Auftritt so viel, dass ich einen ganzen Monat alle Tiere der Stadt durchfüttern könnte. Es gäbe so viele Menschen, die sich für etwas Gutes einsetzen würden, aber ihnen sind die Hände gebunden, weil sie die finanziellen Mittel nicht haben.«

    Elena lachte kurz auf und meinte: »Mensch, Katharina. Mach dir doch darüber keine Gedanken. Sei doch froh, dass du das Geld so leicht verdienen kannst. Du machst ja etwas Gutes damit. Du kämpfst halt auf deine Weise. Es führt doch zum selben Ziel, nur über einen kleinen Umweg. Oder manchmal sogar auf direktem Weg. Wenn du damals das Geld für dein Studium nicht so dringend gebraucht hättest, wärst du bestimmt nicht auf die Idee gekommen, dich auf die Anzeige in der Zeitung zu bewerben. Und wer hätte gedacht, dass du ein so gefragtes Topmodell würdest.« Sie lachte. »Sei doch froh darüber. Versuch, so viel Geld wie möglich zu machen, denn diese Branche ist so kurzlebig. Danach kannst du immer noch deinen Träumen nachgehen. Zum Glück warst du so schlau und hast nebenbei dein Tiermedizinstudium noch beendet. Es gibt mit Sicherheit sehr viele Mädchen, die das nicht machen und dann auf der Straße stehen. Du solltest glücklich und zufrieden sein mit deinem Leben.«

    »Du hast ja recht, das bin ich auch. Es ist nur manchmal so ein Gefühl, das mich etwas traurig macht. Die Menschen, mit denen ich zusammen bin, sind meistens sehr oberflächlich und alles dreht sich nur um Besitz, Schönheit, OPs und Geld. Aber zum Glück habe ich in den letzen Jahren auch ganz wundervolle Menschen kennengelernt. Ich werde oft zu den Events von Tierschutzorganisationen eingeladen, da ja viele wissen, dass ich mich gerne für Tierrecht und Naturschutz einsetze. Ich habe auch schon ein paar Mal bei einigen Veranstaltungen mitorganisiert oder sie moderiert. Ich konnte schon viele interessante und berühmte Persönlichkeiten kennenlernen. Von vielen wusste ich zuvor gar nicht, dass sie so aktive Tierschützer sind. Es sind allesamt ganz besondere und liebenswerte Menschen, die mir vom ersten Augenblick an sympathisch waren.«

    »Aber das hört sich doch super spannend und interessant an. Ich stelle mir dein Leben sehr aufregend und abwechslungsreich vor. Ich habe erst vor kurzem einen Artikel in der Zeitschrift Freiheit für Tiere gelesen. Darin befand sich eine Auflistung aller Prominenten, die sich für den Tierschutz einsetzen. Da waren Liam Hemsworth, Joss Stone, Woody Harrelson, Cillian Murphy, Pink, Peter Maffay, Sarah Connor, Charlize Theron, Bryan Adams, Brigitte Bardot, Johnny Depp, Paul McCartney, Franka Potente und Matt Damon mit dabei. Sie alle und noch viele weitere setzen sich für das Recht der Tiere ein, kämpfen gegen das Tragen von Pelzen oder sind Vegetarier wie Keanu Reeves, Brad Pitt, Leonardo DiCaprio, Nathalie Portman, Russel Brand, James Cameron, Anne Hathaway, Xavier Naidoo, Christian Bale, Joss Stone. Auch in anderen Magazinen habe ich in letzter Zeit immer häufiger von Promis gelesen, die sich für Tiere einsetzen, auch viele Gesundheitsportale oder Zeitungen berichten über vegetarische Promis. Auch Gabriele Inaara Begum Aga Khan und ihre Mutter, Renate Thyssen-Henne, unternehmen sehr viel. Pamela Anderson ist ja auch sehr aktiv im Tierschutz tätig, das hätte ich mir bei ihr nicht gedacht und sie ist mir dadurch sehr sympathisch geworden. Eine tolle Frau!«

    »Ja, das ist sie! Eine wundervolle Frau. Leider gibt es aber auch noch immer genügend Promis, die keine guten Vorbilder sind. Menschen, die sich mit exotischen Pelzen schmücken, glauben tatsächlich, dadurch noch schöner und attraktiver zu werden, stattdessen macht sie das innerlich und seelisch nur noch hässlicher. Da nutzt es auch nichts, so zu tun, als wüssten sie nicht, dass es echtes Fell ist. Manchmal fragt man sich schon, wo deren Herz und Seele sich befinden. Als ich vor ein paar Tagen hierher geflogen bin, habe ich im Flugzeug ein schönes Zitat von Pythagoras, dem griechischen Philosoph und Mathematiker, gelesen. Er sagte schon damals: Wer mit dem Messer die Kehle eines Rindes durchtrennt und beim Brüllen der Angst taub bleibt, wer kaltblütig das schreiende Böcklein abzuschlachten vermag und den Vogel verspeist, dem er selber das Futter gereicht hat – wie weit ist ein solcher noch vom Verbrechen entfernt? Alles, was der Mensch den Tieren antut, kommt auf den Menschen wieder zurück. Das zu lesen, von einem Mann aus dieser Zeit, hat mir sehr zu denken gegeben und mich berührt. Na ja, ich weiß jedenfalls, dass ich mein Geld relativ leicht verdienen und dadurch meiner Mutter und meinem Bruder helfen kann, also habe ich mich mit der Branche arrangiert. Und ich sorge auch für mich vor, sodass ich jederzeit aufhören könnte.«

    »Hast du deinem Bruder auch geholfen?«

    »Ich habe René letztes Jahr in Rom eine Galerie gekauft. Wir treffen uns, so oft es geht. Andrew ist ein wenig eifersüchtig auf ihn und René kommt leider überhaupt nicht mit Andrew klar. Unsere Mutter besuchen wir abwechselnd. Nächste Woche besuche ich sie wieder und ich freue mich schon sehr darauf.«

    »Wie ernst ist es dir denn mit Andrew?«

    »Hm, irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass er bald um meine Hand anhalten wird. Und ich weiß einfach nicht, was ich dann sagen soll.« Sie klang etwas verzweifelt.

    »Ach Katharina, da kann dir keiner helfen. Da musst du auf dein Herz hören. Eigentlich sollte das doch klar sein. Du musst wissen, ob du ihn liebst oder nicht.« Sie dachte kurz nach. »Du musst dir überlegen, was du ganz spontan antworten würdest. Das ist fast immer die richtige Antwort.«

    »Das finde ich aber gar nicht so einfach. Würdest du es denn genau wissen, wenn du gefragt wirst?«

    »Ja, absolut!« Elena sagte das sehr selbstbewusst und doch etwas verträumt, wie eine Schwärmerei für jemanden, der unerreichbar ist.

    »Wer ist es denn? Jetzt hast du mich aber neugierig gemacht. Ich wünschte, ich wüsste auch so genau Bescheid, wer der Mann meines Lebens ist.«

    »Bei mir wird es wahrscheinlich ein unerfüllter Traum bleiben …«

    »Aber warum? Ist er verheiratet oder ein Promi, an den du nicht rankommst? Da könnte ich vielleicht helfen …«, scherzte sie.

    »Nein, Katharina, dabei kannst du mir nicht helfen. Er ist auch nicht verheiratet oder eine berühmte Traumfigur, er ist einfach nur der Vater meines Kindes. Aber ich bitte dich darum, jetzt keine weiteren Fragen mehr zu stellen, okay? Ich kann einfach nicht …«

    Katharina war enttäuscht, aber akzeptierte den Wunsch ihrer Freundin. Stattdessen erzählte sie, wie ihr Plan für die nächsten zwei Tage in Rom aussah: »Morgen früh bin ich wieder im Studio, um Fotoaufnahmen zu machen, diesmal zum Glück in klimatisierten Räumen. Es sind Aufnahmen für eine Antipelzkampagne. Selbstverständlich werde ich dafür keine Gage verlangen. Nachmittags werde ich mich dann mit René treffen und übermorgen kommt Andrew extra aus New York angereist. Dann wollen wir einen Tag zusammen verbringen und müssen die nächsten Wochen planen, da wollen wir zusammen in Urlaub fahren.« Spontan kam ihr ein Gedanke und sie fragte Elena, ob sie denn Lust habe, zu dem Treffen mit René mitzukommen. »Er würde sich mit Sicherheit sehr freuen, dich wiederzusehen.«

    Elena sagte wie aus der Pistole geschossen: »Nein, das geht nicht. Ich habe bereits einen anderen wichtigen Termin. Sonst sehr gerne. Sag ihm doch einfach einen schönen Gruß von mir.«

    Katharina war enttäuscht, aber es half nichts. Elena musste ihr jedoch versprechen, dass sie sich melden würde. Sie bat außerdem um ihre neue Adresse. Elena erklärte ihr, dass sie eigentlich mit ihrem Sohn in Barcelona lebte und dort auch arbeite. Nur ein paar Mal im Jahr musste sie wegen ihrer Arbeit nach Rom kommen. Das Übersetzungsbüro, für das sie arbeitete, hatte mehrere Sitze in Europa und sie ist für den Bereich Spanisch-Italienisch zuständig.

    Mittlerweile war es Mitternacht und die Sterne funkelten. Sie lagen auf der Decke und genossen die Aussicht.

    »Sieh mal, hast du die Sternschnuppe gesehen?«

    Sie wurden ganz still und wünschten sich etwas.

    »Hoffentlich gehen unsere Wünsche in Erfüllung«, sagte Elena leise.

    »Ja, ganz bestimmt. Jetzt, da wir uns wiedergefunden haben, ist ja schon mal ein sehr großer Wunsch von mir in Erfüllung gegangen.«

    »Ich glaube, wir sollten langsam mal aufbrechen. Du hast ja morgen früh einen anstrengenden Tag.«

    »Ja, du hast recht. Aber momentan schlafe ich eher schlecht, entweder kann ich ewig nicht einschlafen oder ich träume ganz seltsame Sachen. Gestern Nacht habe ich zum wiederholten Mal von einem weißen Hirsch geträumt. Das war ein sehr seltsames Gefühl, es hat mir irgendwie Angst gemacht.«

    »Aber ein Hirsch ist doch ein schönes und friedliches Tier. Davor brauchst du doch keine Angst zu haben.«

    »Ich weiß. Aber es war das Gefühl, das ich dabei hatte, und die Ausstrahlung dieses Tieres.« Ein Schauer lief über ihren Rücken.

    »Lass uns nun gehen, es ist wirklich schon sehr spät.«

    Sie nahmen zusammen ein Taxi.

    Elena musste als Erste aussteigen und Katharina meinte spontan, ob sie nicht übermorgen am Vormittag eine Stunde Zeit hätte, dann könnte sie Andrew kennenlernen. Es wäre ihr sehr wichtig. Insgeheim hoffte sie, dass Elena Andrew mögen würde.

    »Mal sehen, vielleicht lässt es sich irgendwie einrichten. Ich rufe dich morgen an, okay?«

    Katharina war glücklich über dieses Vielleicht und lächelte, während die Tür des Taxis zufiel. Endlich hatte sie ihre Freundin wiedergefunden – nach so langer Zeit!

    An diesem Abend konnte Katharina sehr schnell einschlafen und hatte eine angenehme und vor allem eine traumfreie Nacht.

    Kapitel 2

    »Guten Morgen, Signorina. Es ist sechs Uhr dreißig. Haben Sie gut geschlafen?«, fragte eine freundliche und ruhige Stimme am Hoteltelefon.

    Auch Coco wurde wach und kroch unter Katharinas Decke hervor. Sie wedelte freudig mit ihrem buschigen Schwanz und die leichte Decke bewegte sich mit.

    Katharina bemerkte, dass sie besser gelaunt war, als die vielen Wochen zuvor. Vielleicht lag es daran, dass sie seit langer Zeit wieder einmal gut geschlafen hatte, ohne diesen seltsamen Traum. Oder vielleicht, weil sie ihre beste Freundin Elena-Maria Cortez nach so langer Zeit wiedergefunden

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