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Orientierung, Navigation und Zeitbestimmung - Wie der Himmel den Lebensraum des Menschen prägt: Proceedings der Tagung der Gesellschaft für Archäoastronomie in Hamburg 2017
Orientierung, Navigation und Zeitbestimmung - Wie der Himmel den Lebensraum des Menschen prägt: Proceedings der Tagung der Gesellschaft für Archäoastronomie in Hamburg 2017
Orientierung, Navigation und Zeitbestimmung - Wie der Himmel den Lebensraum des Menschen prägt: Proceedings der Tagung der Gesellschaft für Archäoastronomie in Hamburg 2017
eBook970 Seiten10 Stunden

Orientierung, Navigation und Zeitbestimmung - Wie der Himmel den Lebensraum des Menschen prägt: Proceedings der Tagung der Gesellschaft für Archäoastronomie in Hamburg 2017

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Über dieses E-Book

Die Tagung der Gesellschaft für Archäoastronomie in Hamburg stand - passend zur maritimen Tradition - unter dem Thema Orientierung, Navigation und Zeitbestimmung. In 31 Kapiteln werden Beiträge zur Archäo- und Kulturastronomie präsentiert.
Die ersten Kapitel widmen sich dem Thema Orientierung von der Steinzeit bis zum Mittelalter. Göbekli Tepe oder megalithische Steinsetzungen werden astral interpretiert. Beim bronzezeitlichen Schmuck oder bei den Externsteinen im Teutoburger Wald wird die astronomische Bedeutung diskutiert. Das Computerplanetarium Stellarium ermöglicht eindrucksvolle zeitlich veränderliche archäologische 3D-Landschaften. Ferner wird die Ausrichtung christlicher Kirchen untersucht.
Die zweite Gruppe von Beiträgen thematisiert Orientierung mit Sonne, Mond und Sternen. Die "Sternenkarte" von Malta könnte zur Ausrichtung des Tempels nach Osten gedient haben. Ermöglichten Obsidianspiegel-Teleskope astronomische Beobachtungen bereits in der Steinzeit? Kosmologische Besonderheiten hinduistischer Tempel in Nepal werden untersucht, ferner Weltenbaum oder Weltenberg als zentrale Symbole des Universums.
Die nächste Gruppe steht unter dem Titel Navigation - Himmlische Reiseführer. Himmlische Phänomene leiteten die Menschen auf ihren Reisen über Land, zu Wasser, in der Luft. So werden die Entwicklung der Navigationstechniken in Indien, in der Antike, bei den Wikingern bis zu neueren Navigationsmethoden vorgestellt.
Die letzte Gruppe heisst Orientierung, Zeitbestimmung und Kalender. Ist der Kalenderstein bei Leodagger eine "Zählmaschine" aus der Bronzezeit oder sind auf den Kernoi in Malia, Kreta, Zyklen von Mond und Sonne dargestellt? Hat Thales sein Wissen um den Termin der totalen Sonnenfinsternis aus der nordischen Bronzezeit übernommen? Welche Rolle spielen die Mondserien für die Datierung des Mayakalenders? Kalenderschätze im Kloster ermöglichen Vorhersagen über Finsternisse. Diese Beispiele zeigen, wie der Himmel den Lebensraum des Menschen prägt.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum24. Okt. 2019
ISBN9783749767717
Orientierung, Navigation und Zeitbestimmung - Wie der Himmel den Lebensraum des Menschen prägt: Proceedings der Tagung der Gesellschaft für Archäoastronomie in Hamburg 2017
Autor

Gudrun Wolfschmidt

Prof. Dr. Gudrun Wolfschmidt Working Group History of Science and Technology AG Geschichte der Naturwissenschaft und Technik (GNT) https://www.fhsev.de/Wolfschmidt/GNT/home-wf.htm Hamburg Observatory, University of Hamburg Faculty of Mathematics, Informatics and Natural Sciences (MIN) Biographische Informationen, Aktivitäten, Publikationen, Lehrveranstaltungen, Ausstellungen, Exkursionen und Vorträge sowie Awards & Achievements finden sich hier: https://www.fhsev.de/Wolfschmidt/ Publikationsreihe: Nuncius Hamburgensis https://www.fhsev.de/Wolfschmidt/GNT/research/nuncius.php

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    Buchvorschau

    Orientierung, Navigation und Zeitbestimmung - Wie der Himmel den Lebensraum des Menschen prägt - Gudrun Wolfschmidt

    Abbildung 1.1:

    Göbekli Tepe, Pfeiler 2 (Pillar 2), Enclosure A (Layer III), mit Flachreliefs von Stier, Fuchs und Kranich (with low reliefs of what are believed to be a bull, fox, and crane)

    (https://en.wikipedia.org/wiki/G%C3%B6bekli_Tepe#/media/File: Gobekli_Tepe_2.jpg, Teomancimit)

    Die Steintäfelchen von Jerf el Ahmar und Göbekli Tepe – Das letzte gemeinsame Projekt

    Theodor Schmidt-Kaler (1930–2017),

    Ralf Koneckis-Bienas (Dortmund),

    Holger Filling, Max Schmidt-Kaler

    Abstract

    The change from the Paleolithic economy of collectors and hunters to the Neolithic beginnings of agriculture and cattle breeding in Upper Mesopotamia is – according to our opinion – due to two cosmic events of the post-glacial period: the asteroid impacts at 10,900 and 10,340 BC. Due to the sudden weather change to cold and dry climatic conditions, reorganization of the economic forms happened.

    But after just a few generations a new group of priests and craftsmen developed, dealing with asteroid impacts by carefully observing the sky, the sun, the moon, the planets and other phenomena like shooting stars and fireballs. Representations of these astronomical events can be found on tablets, drawings and sculptures that are interpreted by us, as a suggestion, astral. Impressive testimonies of a cosmic show begin 340 years after the last big impact with the construction of the site D in Göbekli Tepe (9,990 ± 30 BC, DAI Berlin 2016).

    Zusammenfassung

    Der Wandel von der altsteinzeitlichen Wirtschaftsform des Sammler- und Jägertums zu den jungsteinzeitlichen Anfängen des Ackerbaues und der Viehzucht in Ober-Mesopotamien wird unserer Auffassung nach durch zwei kosmische Ereignisse der

    Abbildung 1.2:

    Göbekli Tepe, Şanlıurfa

    (https://en.wikipedia.org/wiki/File: G%C3%B6bekli_Tepe,_Urfa.jpg, Teomancimit)

    Nach-Eiszeit zwar nicht begründet, aber dennoch wegweisend geprägt: Es geht um die Asteroideneinschläge um 10.900 und 10.340 v. Chr. Denn schon kurz nach dem plötzlichen Wetterwandel zu kalten und trockenen Klimabedingungen etwa ab 10.900 v. Chr. folgten weitergehende Umstellungen der Wirtschaftsformen.

    Aufgrund der kosmischen Einschläge gab es Rückschläge in der Landwirtschaft. Doch schon nach wenigen Generationen einer erfolgreichen Vorrats- und Viehbewirtschaftung entwickelte sich eine Priester- und Handwerkergeneration, die sich – unserer Auffassung nach – mit der Ursache und mit der rituellen Abwehr der zuvor erlebten Asteroideneinschläge beschäftige. Dazu war eine genaue Beobachtung des bewegten Himmels, der Sonne, des Mondes, der Planeten und anderen Erscheinungen wie Asteroiden, Boliden, Feuerkugeln und Meteoriten notwendig.

    Darstellungen astronomischer Ergebnisse lassen sich auf Täfelchen, Zeichnungen und Plastiken finden, die von uns, als Vorschlag, astral gedeutet werden. Ferner mußte der Himmel vermessen und die Zeiten der Gestirne bestimmt und miteinander verglichen werden, um die kosmischen Ereignisse in eine verständliche Bildersprache festhalten zu können. Beeindruckende Zeugnisse einer kosmischen Schau beginnen 340 Jahre nach dem letzten großen Einschlag mit dem Bau der Anlage D in Göbekli Tepe (9.990 ± 30 v. Chr., DAI Berlin 2016). Es folgen weitere Anlagen, bis die Heiligtümer wieder durch rituelles Vergraben und Abwanderung, möglicherweise kurz zuvor oder nach einer weiteren kosmischen Katastrophe in der Mitte des 8. Jahrtausends. v. Chr. (wohl um 7.553 v. Chr.) von den Menschen verlassen wurde.

    1.1 Literatur

    SCHMIDT, KLAUS: Sie bauten die ersten Tempel: Das rätselhafte Heiligtum der Steinzeitjäger. Die archäologische Entdeckung am Göbekli Tepe. München: C. H. Beck 2008.

    BADISCHES LANDESMUSEUM (Hg.): Vor 12.000 Jahren in Anatolien. Die ältesten Monumente der Menschheit. Stuttgart: Theiss 2007.

    MENGHIN, WILFRIED (Hg.): Astronomische Orientierung und Kalender in der Vorgeschichte – Internationales Kolloquium vom 9.11.–11.11.2006 im Museum für Vor- und Frühgeschichte. Berlin (Acta Praehistorica et Archaeologica; Band 40) 2008.

    HEINLEIN, DIETER: Götterboten – Feuer vom Himmel, eine kleine Meteoritenkunde. Laupheim: Sternwarte Laupheim e.V. 2002 (25 S.).

    HAIDINGER, WILHELM KARL VON: Der Meteoreisenfall von Hraschina bei Agram am 26. Mai 1751. In: Sitzungsberichte der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, mathematisch-naturwissenschaftliche Classe, XXXV. Band, No. 11; Wien 1859, S. 361–388.

    RENDTEL, JÜRGEN & RAINER ARLT: Meteore – Eine Einführung für Hobbyastronomen. Erlangen: Oculum-Verlag 2012; http://www.imo.net/video/vdemos. html).

    Abbildung 2.1:

    Kultstein zwischen den beiden Kammern mit „Opferrinne"

    Foto: Roland Gröber

    Die Konstruktionen von megalithischen Steinsetzungen am Beispiel des Höhenheiligtums am Pfitscher Sattel in der Texelgruppe

    Roland Gröber (Leverkusen)

    Abstract

    In Europe, there are numerous megalithic stone settings in different forms. What many have in common is that their floor plans have not been set aimlessly in the landscape, but have been built according to well-considered rules. In addition to geometric figures (e.g., circles, triangles, trapezoids), unit dimensions and astronomical orientations were integral parts of the designs. The Englishman Alexander Thom (1894–1985) was able to identify common rules on many stone plans based on measurements of floor plans. On the basis of this, the enclosing wall of the mountain sanctuary on the Pfitscher saddle in the Texel group will be examined. Although the place of worship does not correspond to the usual stone settings with large rocks, but consists only of a layered drywall, some of the rules can also be demonstrated at the cult site.

    Zusammenfassung

    In Europa gibt es zahlreiche megalithische Steinsetzungen in unterschiedlichen Formen. Vielen gemeinsam ist, dass deren Grundrisse nicht planlos in die Landschaft gesetzt wurden, sondern nach wohlüberlegten Regeln errichtet wurden. Neben geometrischen Figuren (z. B. Kreise, Dreiecke, Trapeze) waren Einheitsmaße und astronomische Ausrichtungen wesentliche Bestandteile der Konstruktionen. Der Engländer Alexander Thom (1894–1985) konnte aufgrund zahlreicher vermessener Grundrisse an vielen Steinsetzungen gemeinsame Regeln nachweisen. Anhand dieser soll die Umfassungsmauer des Höhenheiligtums am Pfitscher Sattel in der Texelgruppe untersucht werden. Der Kultplatz entspricht zwar nicht den üblichen Steinsetzungen mit großen Felsen, sondern besteht „nur" aus einer aufgeschichteten Trockenmauer. Einige der Regeln für die Konstruktion megalithischer Steinsetzungen lassen sich jedoch am Kultplatz ebenfalls nachweisen.

    Seit vielen Jahren forsche ich über Schalensteine am Pfitscher Sattel in der Texelgruppe bei Meran. Die Kultstätte besteht aus einer Umfassungsmauer aus geschichteten Felsplatten mit zahlreichen Schalensteinen innerhalb der Mauer.¹ Ein wesentliches Argument für die These einer frühzeitlichen astronomischen Beobachtungsstätte war neben den Schalensteinen die Umfassungsmauer der gesamten Anlage.

    Diese wird von einigen Skeptikern als Teil einer rezenten Almwirtschaft eingeordnet. Obwohl eine zeitweilige landwirtschaftliche Nutzung nicht völlig auszuschließen ist, sind die Ursprünge vermutlich sehr viel älter. – Wie aber weist man dieses nach?

    2.1 Megalithische Steinsetzungen und deren Konstruktion

    Anhand einiger Beispiele bekannter megalithischer Steinsetzungen und deren Konstruktionsregeln soll dieses hohe Alter, das für einige der Schalensteine nachgewiesen wurde, auch für die Umfassungsmauer gezeigt werden.

    Schon vor 7000 Jahren wurden am „Eisernen Tor" an der Donau in Lepinski Vir mit Schnur und Stab trapezförmige Hausgrundrisse konstruiert. Die Erbauer arbeiteten nach einem ausgefeilten Plan, mit einer festgelegten Folge technischer Verfahren der Geometrie, der Vermessung und des Baus.²

    Die fächerförmig angelegten 22 Hütten haben alle als Grundfläche ein gleichschenkeliges Trapez und einen Kreisbogen als Basis. Die regelmäßig gesetzten Löcher der Pfosten für das Dach belegen geometrische Figuren durch drei gleichschenkelige Dreiecke und zwei Kreise. Insgesamt eine sehr komplexe Konstruktion der Häuser.

    Abbildung 2.2:

    Lepinski Vir, Hausgrundriss Nr. 37 und mathematische Konstruktion

    Rappenglück 1995.

    Um 4000 v. Chr. beginnt auf den Britischen Inseln die Neolithische Periode. In deren Folge entstanden etwa 1000 Steinsetzungen, vermutlich waren es mehr.

    Alexander Thom, Professor für Ingenieurwissenschaften in Oxford und sein Sohn Archibald Stevenson Thom haben in rund 50 Jahren „Feldarbeit", vor allem in den 1960 und 1970er Jahren etwa 300 Ringe in Großbritannien und Steinalleen in Nordwestfrankreich vermessen. Dabei bemerkten sie, dass die Steinringe sehr unterschiedliche Formen besitzen. Sie bilden Kreise, Ellipsen, auf einer Hälfte abgeflachte Kreise, Eiformen und einige spezielle Formen. Thom gelang es damit als erstem, die megalithischen Ringe nach einer fundierten Klassifizierung zu ordnen und zu systematisieren.³

    Abbildung 2.3:

    Megalithische Kreisformen (GB)

    Grafik: A. Thom

    Kreise waren mit einer Schnur und einem Stab im Zentrum recht einfach zu konstruieren. Auch die Ellipsenform war im Prinzip einfach zu erstellen, indem man mit zwei Pflöcken im Abstand der Brennpunkte und einer Seilschlaufe die auf die große und kleine Halbachse abgestimmt war, die Ellipse zeichnen konnte. Diese Technik erforderte bereits eine Grundkenntnis der Geometrie. Noch aufwendiger waren die kreisförmigen Gebilde.

    Diese waren nun keine verunglückten Kreise sondern gezielte Abweichungen von der Kreisform, die durch Verwendung von rechtwinkeligen Dreiecken und unterschiedlichen Radien konstruiert wurden.

    Alexander Thom fand bei seinen zahlreichen Vermessungen ein Maß, das bei sehr vielen Steinsetzungen immer wieder als Vielfaches in den Längen enthalten war. Die Analyse einiger hundert Plätze ergab eine Standardlänge von 2,72 Fuß, oder im metrischen System von 82,9 cm. Wegen der Nähe zum Yard (= 3 Fuß) nannte er das Einheitsmaß „Megalithisches Yard", das im deutschen Sprachgebrauch, teilweise mit geringfügigen Abweichungen, von verschiedenen Frühgeschichts-Forschern als Megalithische Elle bezeichnet wird und in ganz Mitteleuropa Verwendung fand.⁴

    Daneben fand Thom noch eine weitere Besonderheit. Die Megalithiker versuchten nach Möglichkeit die Strecken, z. B. die Radien, die Konstruktionsdreiecke oder die Umfänge ganzzahlig zu gestalten. Daraus ergaben sich dann z. B. Dreiecke mit ganzzahligen Seitenlängen, sogenannte pythagoreische Dreiecke.

    Abbildung 2.4:

    Woodhenge

    Grafik, Foto: A. Thom, Roland Gröber

    Bei der besonders komplexen Ringanlage Woodhenge sind mehrere dieser Vorgaben erfüllt. Die Anlage, 3 km nordöstlich von Stonehenge gelegen, bestand ursprünglich aus zahlreichen Holzpfosten – daher Woodhege. Die Umfänge der symmetrisch ineinander geschachtelten Steinkreise vom Typ I sind jeweils geradzahlig in 20er Schritten – 120 fehlt – gesetzt. Das Dreieck ABC, und das symmetrische Dreieck ABD, dessen Spitze C bzw. D die Krümmungsmittelpunkte der gegenüber liegenden Verbindungsbogen sind, sind pythagoreische Dreiecke mit den Ausgangswerten 12 – 35 – 37 ME, allerdings in halber Größe als 6 – 17,5 – 18,5 ME gesetzt.

    Mit der Ausrichtung der großen Achse auf den Sonnenaufgang zur Sommersonnenwende ist auch eine Regel eines astronomischen Bezuges erfüllt.

    Fasst man die Erkenntnisse von Thom, die hier nur bruchstückweise vorgestellt werden konnten, zusammen, dann ergeben sich die wichtigsten Regeln für megalithische Steinsetzungen:

    • Die Anlagen werden nach einem vorbestimmten Plan konstruiert

    • Häufig sind astronomische Ausrichtungen enthalten.

    • Die Abmessungen enthalten meist ganzzahlige Strecken und Umfänge in einem Einheitsmaß (Megalithisches Yard oder Megalithische Elle).

    • Die Anlagen wurden durch geometrische Figuren (z. B. Kreise, rechtwinkelige Dreiecke, Trapeze) mit Schnur und Stab konstruiert.

    • Die rechtwinkeligen Dreiecke sind oft pythagoreisch oder fast pythagoreisch, mit geringen Abweichungen.

    Um eine Steinsetzung als megalithisch ansprechen zu können, sollten möglichst viele dieser Bedingungen erfüllt werden.

    2.2 Die Umfassungsmauer am Pfitscher Sattel

    Die Mauerreste bestehen aus geschichteten Glimmerschieferplatten. In der NOEcke sind zwei Kammern, die durch einen großen Block geteilt werden. Die Mauer ist an den W-, N- und O-Seiten mit bis zu 1,50 m Höhe deutlich erkennbar, auf der S-Seite sind durch Bergstürze die Reste oft nur zu erahnen. Der umfriedete Bereich beträgt in OW-Richtung 53,5 m und in NS-Richtung 41,8 m und umfasst eine Fläche von etwa 1600 m².

    Die vom Geometer Aribert Egen mit Theodolit vermessene Mauer bildet ein unregelmäßiges Sechseck. Der Plan der Anlage zeigt 34 Schalensteine, von denen 26 innerhalb der Mauer sind. Es ist nicht zwingend, dass die Umfassungsmauer in direkter Beziehung zu den Schalensteinen steht. Die große Ansammlung innerhalb der Mauer, macht jedoch einen Zusammenhang sehr wahrscheinlich. Die Anlage ist zumindest für Südtirol einzigartig.

    2.2.1 Astronomische Ausrichtung

    Drei der Hauptachsen sind astronomisch orientiert: Von (1) – (2) auf einen frühzeitlichen Aufgangspunkt von Alkyone in den Plejaden, von (1) – (5) zum Sonnenaufgang zur Wintersonnenwende am tatsächlichen Horizont und von (3) – (4) nach Norden. Eine Verbindung von (5) zur markanten Kante am großen Block zwischen den Kammern zeigt ebenfalls nach Norden. Weitere astronomische Peilungen sind durch verschiedene Steinsetzungen gegeben. Damit sind schon einmal mehrere astronomische Aussagen gefunden.

    Abbildung 2.5:

    Umfassungsmauer mit astronomischen Peilungen und Schalensteinen

    Grafik: nach Egen (1995)

    2.2.2 Konstruktion der Umfassungsmauer

    Um einen besseren Überblick über die Anlage zu bekommen, wurde ein Quadrocopter mit Kamera eingesetzt. Dieser steht noch auf einem wichtigen Schalenstein, der Sternplatte.

    Aus etwa 40 Meter Höhe lässt sich die gesamte Anlage gut überblicken.

    Mit Hilfe von weiteren Verbindungslinien der Ecken und durch 11 rechtwinkelige Dreiecke lässt sich das Sechseck konstruieren. So eine Konstruktion kann man mit jedem Vieleck mit mehr als 3 Ecken machen. Spannend wird es, wenn die Seitenlängen der Dreiecke eingetragen werden.

    Wie in den oben stehenden Regeln für megalithische Steinsetzungen erwähnt, sind die Konstruktions-Dreiecke häufig pythagoreische⁵ bzw. fast pythagoreische Dreiecke (Abweichung <1%). Die dazu erforderliche Ganzzahligkeit der Seitenlängen wird jedoch nur erreicht, wenn diese in megalithischen Ellen gemessen werden.

    Abbildung 2.6:

    Quadrocopter auf dem Schalenstein Sternplatte (Nr. 37)

    Grafik: Roland Gröber

    Aribert Egen hat anhand von 20 sorgfältig vermessenen Strecken ein Einheitsmaß von 0,836 m für den Pfitscher Sattel gefunden. Dieses weicht vom megalithischen Yard von Alexander Thom um 7 mm (= 0,8%) ab, entspricht aber fast genau z. B. der späteren bayerischen Elle.

    Ergänzend gibt es auf der sog. Archivplatte (Nr. 38) eine speziell gekennzeichnete Anordnung von Schalen, die möglicherweise einen Längenkomparator von 0,5 – 1 – 1,5 – 2 ME darstellt. Ein nach Norden ausgerichtetes T ist der 0-Punkt.

    Von den elf rechtwinkeligen Dreiecken sind zwei pythagoreisch (1 – 4 – A und 1 – C – 5) und 4 fast pythagoreisch mit einer Abweichung der Hypotenuse von weniger als 1% zur Ganzzahligkeit. Vier Dreiecke haben jeweils 2 ganzzahlige Seiten und nur ein Dreieck (4 – 2 – 5) hat keine ganzzahlige Seite. Es ist jedoch nicht zwingend zur Konstruktion notwendig.

    Die Tabelle zeigt übersichtlich die verschiedenen rechtwinkeligen Konstruktions-Dreiecke. Die Maße sind in Megalithischen Ellen angegeben.

    Abbildung 2.7:

    Konstruktion der Mauer aus pythagoreischen Dreiecken

    Grafik: Roland Gröber

    • Grün: 2 × pythagoreisch

    • Gelb: 4× fast pythagoreisch (Abweichung < 1%)

    • Orange: 4 × 2 Seiten sind ganzzahlig

    • Rot: 1× keine Seite ist ganzzahlig.

    2.3 Fazit

    Es gibt Meinungen, die Mauer als neuzeitliche Viehpferche und Hirtenhütten zu interpretieren.⁶ Unter Einbeziehung der erwähnten astronomischen Peilrichtungen und der systematischen Konstruktion durch ausgezeichnete Dreiecke glauben wir daher, dass diese Ergebnisse die Vorgaben von Alexander Thom hinreichend erfüllen und in Verbindung mit den weiteren Überlegungen zu den Schalensteinen auf eine Kultstätte aus der Megalith-Zeit hindeuten, also etwa auf 3500 bis 2000 v. Chr.⁷

    Abbildung 2.8:

    Tabelle der Konstruktionsdreiecke

    Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass im Laufe der Jahrtausende auch künstliche oder natürliche Veränderungen, z. B. durch Steinschlag, entstanden sind.

    In der Abb. 2.2 fällt vor allem die Konzentration der astronomischen Peilungen um den großen Kultstein zwischen den beiden Kammern nach Norden, zu Alkyone und den großen Mondwenden auf. Dieser Kultstein ermöglicht aber auch, aufgrund seiner Ausrichtung an der senkrechten Kante, recht genau die Kulmination der Sonne durch Schattenwurf zu ermitteln (Abb. 2.1). Auf der Oberseite des Felsens ist eine Vertiefung und eine Rinne, die zur genau nach Süden ausgerichteten Kante läuft. Ein Flüssigkeitsopfer ist daher denkbar.

    Die Geheimnisse am Pfitscher Sattel sind also noch lange nicht gelöst.

    2.3 Literatur

    DRÖSSLER, RUDOLF: Astronomie in Stein. Archäologen und Astronomen enträtseln alte Bauwerke und Kultstätten. Wiesbaden: Panorama Verlag o.J.

    EGEN, ARIBERT: Das Spronser Bergheiligtum bei Meran. Die älteste Sternwarte der Menschheit in situ? In: RICHTER, PETER (Hg.): Sterne, Mond, Kometen. Bremen: Hauschild 1995.

    GLEIRSCHER, PAUL: Ein urzeitliches Bergheiligtum am Pfitscher Jöchl über Dorf Tirol? In: Der Schlern – Monatszeitschrift für Südtiroler Landeskunde 67 (1993), Heft 6, S. 407–435.

    GRÖBER, ROLAND: Das Bergheiligtum am Pfitscher Sattel bei Meran. Schalensteine und astronomische Beobachtungen in der Kupferzeit (ca. 3200 v. Chr.). Leverkusen 2016.

    GRÖBER, ROLAND: Astronomie in Südtirol zur Zeit des Ötzi (3350–3100 v. Chr.) – Bergheiligtum und älteste Sternwarte der Welt am Pfitscher Sattel!? In: WOLFSCHMIDT, GUDRUN (Hg.): Baudenkmäler des Himmels – Astronomie in gebautem Raum und gestalteter Landschaft. Proceedings der Tagung der Gesellschaft für Archäoastronomie. Hamburg: tredition (Nuncius Hamburgensis – Beiträge zur Geschichte der Naturwissenschaften, Band 35) 2018, S. 26–41.

    KRUPP, EDWIN C.: Astronomen, Priester Pyramiden. Das Abenteuer Archäoastronomie. München: C. H. Beck’sche Verlagsbuchhandlung 1980.

    MULLER, ROLF: Der Himmel über dem Menschen der Steinzeit. Astronomie und Mathematik in den Bauten der Megalithkulturen. Berlin, Heidelberg: Springer (Verständliche Wissenschaft; Band 106) 1970.

    RAPPENGLÜCK, MICHAEL: Lepinski Vir vor 7000 Jahren: Messen mit Schnur und Stab. München: C. H. Beck’sche Verlagsbuchhandlung 1980. Wiesbaden: Verlag Chmielorz (VDV Schriftenreihe; Band 8: Zur Geschichte des Vermessungswesens) 1995.

    SCHLOSSER, WOLFHARD & JAN CIERNY: Sterne und Steine. Eine praktische Astronomie der Vorzeit. Stuttgart: Theiss Verlag 1996.

    THOM, ALEXANDER UND ARCHIBALD STEVENSON THOM: Ringe und Menhire. Geometrie und Astronomie in der Jungsteinzeit. In: KRUPP 1980, S. 45–84.

    TSCHOLL, JOSEF: Zum Rätsel der Schalensteine. In: Der Schlern – Monatszeitschrift für Südtiroler Landeskunde 14 (1933), S. 440.

    1 Die Bedeutung der Schalensteine wurde von Gröber 2018 ausführlich in Baudenkmäler des Himmels (Nuncius Hamburgensis, Bd. 35) behandelt.

    2 Rappenglück: Lepinski Vir vor 7000 Jahren, 1980, 1995.

    3 Thom, A. & A. S. Thom: In: Krupp: Astronomen, Priester, Pyramiden, 1980, S. 44–84.

    4 U.a. Alexander Thom, Rolf Müller 1970, Rudolf Drössler (o.J.).

    5 Pythagoreische Dreiecke sind rechtwinkelige Dreiecke mit ganzzahligen Seitenlängen.

    6 Josef Tscholl 1933, Paul Gleirscher 1993, u.a.

    7 Egen, Aribert: Spronser Bergheiligtum bei Meran, S. 224.

    Abbildung 3.1:

    Rekonstruktion bronzezeitlicher Frauenkleidung und Schmuck

    © Ørjan Engedal (http://www.arkeoreplika.no/).

    Astronomie der nordischen Bronzezeit: Schmuck der Frauen – Gürtelscheiben und Halskragen astronomisch / geometrisch untersucht

    Astrid Wokke (Bremen)

    Abstract

    In mythologies there are indications that jewelry was not only decoration. Above all belts and necklaces seem to be of particular meaning. Bronze belt plates are the most striking jewelry of the women of the northern Bronze Age. According to Hertha von Dechend astronomy is the basis of mythology, and astronomical knowledge was already well developed in the Neolithic. In view of this background I measured the belt plates geometrically to find out whether they are planispheres. The results seem to confirm the assumption, but they also show that the patterns on the plates are very complex, and that further research will be necessary.

    Zusammenfassung

    In den Mythen gibt es Hinweise darauf, dass Schmuckstücke von besonderer Bedeutung sind. Die bronzene Gürtelscheiben sind die auffälligsten Schmuckstücke der Frauen der nordischen Bronzezeit. Nach Hertha von Dechend ist die Astronomie die Grundlage der Mythologie. Sie stellt dass das astronomische Wissen bereits in der Jungsteinzeit voll entwickelt war. Vor diesem Hintergrund habe ich die Gürtelscheiben geometrisch vermessen, um zu untersuchen, ob sie Planisphären sind. Die Ergebnisse scheinen die Annahme zu bestätigen, offenbaren aber auch, dass die Muster auf den Scheiben komplex sind. Weitere Untersuchungen werden nötig sein.

    3.1 Die Scheiben der nordischen Bronzezeit

    „Halsschmuck und Ringe

    Gab Heervater,

    für Zukunftwissen

    und Zauberkunde:

    weit sah ich, weit,

    die Welten alle"¹

    So spricht die Seherin im ersten Lied der Edda. Ihr Schmuck ist nicht bloß Zierrat. Die Halskette der nordischen Göttin Freya hat einen Namen: Brisingamen. Freya wird auch „Menglöd genannt, die „Halsbandfrohe.

    Das erste Lied der Edda heißt „Der Seherin Gesicht, es handelt von der Götterdämmerung. Die Wissenschaftshistorikerin Hertha von Dechend deutet die Geschichte vom Untergang der Welt als eine „auf Mythisch erzählte Geschichte der Präzession.² Es ist die Geschichte vom Ende eines Weltalters, wenn der Frühlingspunkt ein nächstes Zeichen erreicht. Auch die „Welten, von der die Seherin berichtet, seien als „Weltalter zu verstehen.

    Es sind viele bronzene Halskragen in Frauengräbern und in Hortfunden der nordischen Bronzezeit gefunden worden (siehe Abb. 3.1). Die Halskragen weisen an den Enden ein ähnliches Muster von Spiralen und Bändern auf wie die bronzene Scheiben, die von einigen Frauen an einem Wollgürtel getragen wurden. Nicht immer werden Scheiben und Halskragen zusammen angetroffen, aber wenn, dann gehören sie dem Muster nach zusammen.

    Hertha von Dechend geht davon aus, dass das astronomische Wissen bereits in der Jungsteinzeit voll entwickelt war. Nach diesen Erkenntnissen könnte man bei Untersuchungen an Gegenständen aus der Bronzezeit ein hoch entwickeltes astronomisches Wissen voraussetzen.

    Die Scheiben mit ihren ringförmigen Mustern sind eindeutig geometrisch geformt. Jede dieser Scheiben ist einzigartig, aber die Muster ähneln sich. Sie sind alle mit einem ringförmigen Muster gestaltet, das meistens aus Spiralkreisen und Bändern besteht. Kleine Scheiben haben nur einen Spiralkreis in der Mitte, die größten Scheiben bis zu vier, mit verschiedenartig gestalteten Bändern dazwischen. Im astronomischen Sinne verstanden ist eine Scheibe eine Planisphäre, eine Projektion der Himmelskugel. Diese besteht, wie die bronzene Scheiben, aus einem Muster von konzentrischen Kreisen. Um zu überprüfen ob die Gürtelscheiben Planisphären sind, habe ich sie stereografisch vermessen.

    Abbildung 3.2:

    Die stereografische Projektion

    Grafik: A. Wokke.

    Abbildung 3.3:

    Die stereografische Vermessung einer Gürtelscheibe

    Scheibe: Staats und Universitätsbibliothek Hamburg Carl von Ossietzky, Grafik: Astrid Wokke. Vgl. Kat.-Nr. 299, Aner & Kersten, Bd. 1 (1973), Tafel 51.

    3.2 Die Projektion der Himmelskugel

    Die stereografische Projektion (vgl. Abb. 3.2):

    Oben im Bild ist die Himmelskugel in Seitenansicht dargestellt. Darauf sind die astronomisch bedeutsamen Deklinationkreise abgebildet. Vom Südpol aus werden Linien gezogen zu den Kreisen an der Himmelskugel die projiziert werden sollen. Die Schnittpunkte dieser Linie mit der Äquatorebene ergeben den Radius der projizierten Kreise.³ Wenn die Äquatorebene als Projektionsebene genommen wird, ist der projizierte Äquator gleich groß wie der Himmelskreis in Seitenansicht. Nur so kann man die Gürtelscheiben vermessen.

    3.3 Die Untersuchung der Scheiben

    3.3.1 Die Vorlagen

    Als Vorlage für die Untersuchung der Scheiben habe ich die Zeichnungen aus den ersten sieben Bänden der Reihe „Die Funde der älteren Bronzezeit"⁴ genommen. In diesen Zeichnungen werden die Funde maßstabgetreu wiedergegeben. Die Scheiben sind aber nicht flach, sondern gewölbt. Für die zeichnerische Darstellung werden die Scheiben senkrecht von oben betrachtet. Mit Hilfe eines Geodreiecks und eines Stechzirkels werden die jeweiligen Abstände vom Rand aus vermessen. So werden die durch die Wölbung des Stückes bedingten Verkürzungen berücksichtigt.⁵ Bis auf wenige Ausnahmen werden die Scheiben nicht in Gänze dargestellt, sondern zu einem Viertel.

    3.3.2 Die Vermessung

    Alle Vermessungen wurden mit einem Geodreieck und einem Zirkel durchgeführt. Für die hier vorgestellte Untersuchung (vgl. Abb. 3.3) habe ich die Scheiben ausgewählt, die ein Muster mit zwei Spiralkreisen aufweisen. Auf denen wurden jeweils acht Kreise vermessen. Die Scheiben wurden nach keinem weiteren Kriterium ausgesucht.

    Die Vermessung der Scheiben verläuft umgekehrt wie die stereografische Projektion. Zuerst wird ein Kreuz durch die Mitte gezogen. Dann wird einer der Ringe als Äquator/Himmelskugel gewählt und mit einem Zirkel vervollständigt. Die horizontale des Kreuzes fungiert als Äquatorebene.

    Dann werden Linien gezogen vom unteren Punkt des (Himmels)Kreises, so, dass sie die Äquatorebene dort schneiden, wo die verschiedene Ringe des Musters auf die Horizontale treffen. Anschließend wird ermittelt, an welchen Punkten diese Linien den Himmelskreis schneiden. Von der Mitte aus wird der Winkel zur Äquatorebene gemessen. Dieser Winkel entspricht der Deklination. Bei meinen ersten Versuchen habe ich lediglich die Wendekreise berücksichtigt. Der Äquatorkreise wurde nach dem „try and error" Prinzip irgendwo im mittleren Band des Musters angesetzt, so, dass der südliche Wendekreis zusammenfällt mit dem äußeren Rand des Musters, und gleichzeitig auch der nördliche Wendekreis mit einem der Ringe im Muster zusammenfällt. Die Ergebnisse waren zwar nicht sehr präzise, aber sie zeigten doch eine Übereinstimmung, die mir mehr als zufällig erschien.

    Bei der Präsentation dieser Ergebnisse auf der Tagung in Hamburg, bekam ich von Herrn Burkard Steinrücken die Anregung, ebenfalls die Deklinationen der zwischenliegenden Ringe zu berechnen.

    Bei der erneuten Vermessung habe ich mich zunächst an die „Perlschnurringe⁶ im Muster gehalten, und die Kreise in der Mitte dieser Ringe gezogen. Die meisten der untersuchten Scheiben weisen im mittleren Band des Musters zwei solche Ringe auf. Diese beide wurden jeweils als Äquator / Himmelskreis genommen, und von dort aus die Deklination der übrigen „Perlschnurringe auf der Scheibe bestimmt. Es gab durchaus „Treffer": Ringe die mit den Wendekreisen oder den Mondextremen zusammenfielen. Aber auffällig viele Gradzahlen wichen nur wenig von diesen astronomischen Kreisen ab. Das galt sowohl für die Annahme, der Äquator ist am inneren Ring des mittleren Bandes, wie auch für den äußeren Ring.

    Bei der dritten Vermessung habe ich nur noch die Linien berücksichtigt, die die „Perlschnurringe" begrenzen. Auf Scheiben mit andersartigem Muster die ähnlich gelagerte Linien.

    3.3.3 Die Ergebnisse

    Jetzt zeigten sich auf allen vermessenen Scheiben Deklinationkreise von den Wendekreisen und den Mondextremen. Es zeigt sich, dass die Gürtelscheiben keine reine Planisphären sind. Das Muster ist komplexer, scheint aber sehr wohl dem Muster der astronomisch bedeutsamen Deklinationskreise zu folgen, jedoch auf verschachtelter Art. In der Darstellung der Ergebnisse werden nur ganze Gradzahlen genannt, weil alles von Hand vermessen wurde. So ist ein Ergebnis von 23,5° als 23° verzeichnet. Lediglich auf der Scheibe von Trundholm sind die Angaben präziser. Die Ergebnisse legen nahe, dass wenn der Äquator am äußeren Rand des mittleren Bandes gewählt wird, eher die Wendekreise zu finden sind, während der Äquator am inneren Rand eher die Mondextreme zeigt. Bei der Vermessung der einzelnen Scheiben wurden immer dieselben Linien genommen, für beide Äquatorsituationen.

    Abbildung 3.4:

    Die Vermessung an den Linien

    Scheibe: Staats und Universitätsbibliothek Hamburg Carl von Ossietzky, Grafik: Astrid Wokke.

    Vgl. Kat.-Nr. 669c, Aner & Kersten, Bd. 2 (1976), Tafel 14.

    Abbildung 3.5:

    Tabelle und Grafik: Die Deklinationen der acht Kreise beim Äquator=0° am äußeren Rand des mittleren Bandes

    Grafik: Astrid Wokke.

    Wokke-Tabelle2.jpg

    Abbildung 3.6:

    Tabelle und Grafik: Die Deklinationen der acht Kreise beim Äquator=0° am inneren Rand des mittleren Bandes

    Grafik: A. Wokke

    Abbildung 3.7:

    Die astronomisch bedeutsamen Deklinationen auf der Scheibe von Trundholm

    Staats und Universitätsbibliothek Hamburg Carl von Ossietzky, Grafik: Astrid Wokke.

    Vgl. Kat.-Nr. 867, Aner & Kersten, Bd. 2 (1976), Tafel 138.

    3.4 Diskussion

    Es ist nicht wahrscheinlich, dass in der nordischen Bronzezeit mit der stereografischen Projektion gearbeitet wurde. Gibt es alternative Möglichkeiten, die zu den gleichen Ergebnissen führen?

    Wenn die hier gezeigten Ergebnisse sich in weiteren Untersuchungen bestätigen, stellt sich die Frage nach den Anfängen der Himmelskunde, denn solches Wissen und solches Können setzen eine lange Vorgeschichte voraus. Welche Schritte in welcher Reihenfolge braucht es, um so weit zu kommen, und gibt es Spuren von diesen Schritten? Und nicht zuletzt stellt sich die Frage nach dem Verhältnis zwischen den Trägerinnen der Scheiben und deren Herstellern, den Schmieden. Wer waren die Himmelskundigen der nordischen Bronzezeit?

    3.5 Literatur

    ANER, EKKEHARD & KARL KERSTEN: Die Funde der älteren Bronzezeit des nordischen Kreises in Dänemark, Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Neumünster: Karl Wachholtz Verlag, Band 1 (1973), Band 2 (1976), Band 3 (1977), Band 4 (1978), Band 5 (1979), Band 6 (1981), Band 7 (1984), …, Band 21 (2017).

    BERGERBRANT, SOPHIE: Bronze Age Identity: Costume, Conflict and Contact in Northern Europe 1600–1300 BC. Lindome: Briceur Press (Stockholm Studies in Archeology; No. 43) 2007.

    DECHEND, HERTHA VON: Einführung in die Archaische Kosmologie. Vorlesungen im Wintersemester 1976/77. Hg. von RAINER HERBSTER. München: Differenz-Verlag 2011.

    GENZMER, FELIX (Übersetzung) Die Edda: Götterdichtung, Spruchweisheit und Heldengesänge der Germanen. München: Diederichs (1. Auflage) 1981, 2000.

    SANTILLANA, GIORGIO DE & HERTHA VON DECHEND: Hamlet’s Mill. An Essay on Myth and the Frame of Time. Cambridge, Mass.: Harvard University Press 1969.

    SANTILLANA, GIORGIO DE & HERTHA VON DECHEND: Die Mühle des Hamlet. Ein Essay über Mythos und das Gerüst der Zeit. Berlin: Kammerer & Unverzagt, Computerkultur 1993. Wien, New York: Springer (2. Auflage) 1994.

    SCHROEDER, WOLFGANG: Praktische Astronomie für Sternfreude. Stuttgart: Kosmos 1957.

    1 Völuspa, 24, in Genzmer 1981/2000, S. 30.

    2 Santillana & Dechend 1993, S. 30.

    3 Schroeder 1957, S. 67.

    4 Aner & Kersten, Band 1 ff (1973) ff.

    5 Mündliche Mitteilung von Frau B. Christiansen, Zeichnerin, Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz. Projekt: Funde der älteren Bronzezeit, Arbeitsstelle Schleswig. Aner & Kersten, Band 1 ff (1973) ff.

    6 Kreise, bestehend aus einer Doppellinie mit Schraffierung dazwischen, in Aner & Kersten, Band 3 (1977) mit diesem Begriff gekennzeichnet.

    Abbildung 4.1:

    Oben: Geo Park Erz der Alpen, Kupferlandschaft, Bischofshofen, Unten: Kopie der restaurierten Himmelsscheibe von Nebra © Geopark „Erz der Alpen", Christina Nöbauer, http://geopark-erzderalpen.at/

    Geopark „Erz der Alpen" und die Himmelsscheibe von Nebra

    Erich Kutil (Bischofshofen, Österreich)

    Die Globalen Geoparke unter der Schirmherrschaft der UNESCO wie der Geopark „Erz der Alpen sind Gebiete außergewöhnlicher geologischer Besonderheiten von internationaler Bedeutung und ausgezeichnet durch eine große Geo-Vielfalt. Aber auch andere Disziplinen wie z.B. Botanik, Archäologie, Kulturgeschichte oder Astronomie spielen dabei eine wichtige Rolle. Die Zusammenarbeit der Globalen Geoparke mit den Universitäten ergibt immer wieder neue Erkenntnisse. Meine naturgetreue Nachbildung der Himmelsscheibe von Nebra ist Teil des Geoparks „Erz der Alpen und wird in Führungen erläutert und in Vorträgen diskutiert.

    Zum Tagungsthema 2017 „Orientierung, Navigation und Zeitbestimmung" möchte ich über neue Erkenntnisse bei der Deutung der Himmelsscheibe berichten. Um das Bildinventar der Scheibe zu interpretieren ist Orientierung von Nöten. Man navigiert zwischen dem Bildaufbau der Scheibe und dem tatsächlichen Himmelsausschnitt zur Herbst-Tag- und Nachtgleiche um ca. 1800 v. Chr. Der geografische Bezug zu einem möglichen Herstellungsort im Land Salzburg wird durch die auf der Himmelsscheibe applizierte Sternenrosette, die als Zenitsymbol angenommen wird, bestimmt. Die Anfertigung der Himmelsscheibe im Land Salzburg wird unabhängig von meiner Deutung auch von Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Gerhard Sperl (Montanuniversität Leoben) in Betracht gezogen.

    KUTIL, ERICH: Faszination Himmelsscheibe. Bischofshofen 2008.

    KUTIL, RADE: Ein statistisches Maß für die Ungleichmäßigkeit von Punkten auf einer Fläche zur Bewertung der Stern-Verteilung auf der Nebra-Scheibe. 2014.

    SCHLOSSER, WOLFHARD: Die Himmelsscheibe von Nebra – Astronomische Untersuchungen. In: MELLER, HARALD (Hg.): Der geschmiedete Himmel. Stuttgart: Konrad Theiss 2004.

    Astronomische Sternkarte Sirius. Bern: Freemedia (veränd. Neuauflage) 2001.

    Abbildung 5.1:

    Die Externsteine – ein astronomisches Monument (Flyer (2014) als Ergänzung zum Buch von 2012. Anlass war die Entdeckung eines „Lichtspeer des Odins". Fotoausstellung zu den Externsteinen im Rathaus der Stadt Horn).

    © Wolfgang Lippek

    Die Externsteine – ein astronomisches Monument?

    Wolfgang Lippek (Lage)

    Abstract

    The Höhenkammer (Eng.: high chamber) turns out to be a complete observatory for both sunrise and moonrise.

    Three archaeoastronomical discoveries far exceed what a civilization merely constituted of peasants would have needed:

    a. Odin’s left eyebrow; illuminated by the sun

    b. The light spear found on floor of the Kuppelgrotte (Eng.: domed grotto)

    c. The precisely placed relief of the Greek god of the shepherds, Pan – possibly a Roman faun –, receives a mitre made of sunbeams. The cloven hoof is clearly visible.

    The relief in front of the Kuppelgrotte provides substantial evidence in favour of the nomenclature Odin: a) his monophthalmia, b) a battle-axe in his right hand, and c) the light spaer directly behind him on the grotto’s floor. Thus, the plausible appellations Odin and consequently Odin’s light spear have been chosen.

    The artist was hugely successful in incorporating the content of the Edda regarding Odin’s epithets. This classification proves the singularity of the relief next to the entrance of the Kuppelgrotte at rock I of the Externsteine, and has without doubt contributed to their fame. A creation like this representing the Saxon’s (and other tribes from Northern Europe’s) religious beliefs is likely to have deeply impressed visitors in the centuries preceding the fateful year 772 AD. The facts on hand allow for the following conclusions: The Externsteine have been a place of bizarre forces of nature for millions of years; – a place of religious worship for millennia; – an astronomical monument for thousands of years.

    That makes the Externsteine a unique astronomical monument!

    Zusammenfassung

    Die Externsteine im Teutoburger Wald nahe Lippe-Detmold sind seit über 2000 Jahren ein vollständiges Sonnen- und Mondaufgangs-Observatorium. Die Aufgänge beider Gestirne, genauer deren Lichtwürfe, sind bei entsprechender Witterung das ganze Jahr über auf den Innenwänden der Höhenkammer zu beobachten.

    In dieser Höhenkammer – ehemalige Dunkelkammer – wurden, wie es auch in moderneren Observatorien geschah, „gemessen: z.B. Tageslängen, Wochenlängen, Mondmonate, das Mondjahr bzw. Sonnenmonate/Sonnenjahr sowie Mond- bzw. Sonnenfinsternisse. An und in den Externsteinen zeigen Arbeitsspuren – sogar aus der Zeit steinerner Werkzeuge – wie der Lebensraum unserer Altvorderen durch die „himmlischen Erscheinungen geprägt wurde. In der Höhenkammer sind unter archäoastronomischen Aspekten in jüngster Zeit neue Details erkannt worden, die dem griechischen „Hirtengott Pan zugeordnet werden können. Einmalig in Europa ist die Entdeckung des „Lichtspeers Odins auf dem Fußboden in der Kuppelgrotte des Felsens Nr. 1. Neben den bisher genannten vorchristlichen, teilweise sogar vorgeschichtlichen Einrichtungen und „Funden" besticht das Kreuzabnahmerelief sowohl in seinen Dimensionen als auch in seinem hohen künstlerischen Wert nördlich der Alpen jeden interessierten Besucher.

    5.1 Allgemeines zu den Externsteinen

    Die Externsteine sind eine markante Felsengruppe (s. Abb. 5.2 oben links) im Teutoburger Wald – ca. 10 km von Detmold und ca. 1,5 km vom Zentrum der Stadt Horn entfernt. Nach Springhorn¹ bestehen sie aus quarzitären „weißen Sanden, die sich vor „ca. 135–100 Millionen Jahren in einem Meer abgelagert haben. Durch „Magmatogene Vorgänge sind diese Ablagerungen vor „ca. 65–70 Millionen Jahren im Zuge einer Einengungstektonik herausgehoben worden. Ihr heutiges Erscheinungsbild „als freistehende Felstürme wurde durch die „Ausräumungsarbeit der Wiembeke bewirkt. Welche Ausformungen über Millionen von Jahren Naturkräfte erzeugen können, ist besonders deutlich (s. Abb. 5.2 oben rechts) am Kopf des Felsens 2 erkennbar – zur Herkunft dieser Abbildung s. Fußnote 6.

    Laut Niedhorn finden sich an den Externsteinen überwiegend Arbeitsspuren mit eisernen Werkzeugen² – vorwiegend nach der Zeitenwende angebracht. Er benennt auch hinreichend genügend Beispiele von Arbeiten mit steinernen

    Abbildung 5.2:

    Blick auf die NO-Seite der Externsteine,

    Kopf des Felsens 2 – Die Formen entstanden über Millionen von Jahren, Blick auf das Rundfenster in der Höhenkammer – von außen, Rundloch im Galeriegrab bei Züschen/Warburg, etwa 3. Jahrtausend v.Chr.

    © Wolfgang Lippek

    Werkzeugen – z. B. das Rundfenster in der Höhenkammer (s. Abb. 5.2 oben links) und (Niedhorn 1995, s. S. 36–38). In einem Galeriegrab bei Züschen / Warburg (s. Abb. 5.2 oben rechts) befindet sich ein ähnliches Rundloch, welches im Volksmund als Seelenloch bezeichnet wird. Viele Beifunde erlauben eine Datierung ins 4. bis 3. Jahrtausend v. Chr. Das Rundloch kann damals nur mit steinernen Werkzeugen erarbeitet worden sein (Durchmesser 50 cm).

    Im zentralen Bereich des Bärensteins sind die Reste eines großen Steinbruchs erkennbar. Hier wie auch auf der nordöstlichen Seite der Externsteine, im Knicken-Hagen, sind Keillochreihen zur Gewinnung von Steinmaterial gut zu sehen. Derartige Keillochreihen finden sich auch direkt an den Externsteinen, z.B. auf der süd-westlichen Seite des „Schiffchens" – (s. Lippek).³ Sie dienten der Zerstörung von menschlichen Einrichtungen am Felsen 1 und 2 der Externsteine⁴ – veranlasst durch Karl den Großen im Jahr 772 n. Chr. Das Jahr 772 wurde hier vom Autor gewählt, da niemand eine andere zerstörte Örtlichkeit – unter Anwendung des archäologischen Grundgesetzes – glaubwürdig benannt hat (s. Lippek 2012, S. 11 und S. 32–36).

    5.2 Beobachtungsmöglichkeiten der Sonnen-/Mondaufgänge

    An den Externsteinen können die Sonnenaufgänge (SA) das ganze Jahr hindurch beobachtet und ihre Lichtwürfe auf den Wänden fotografiert werden. Vom 21. Febr. bis 20. Okt. – acht Monate – gelangen die Strahlen durch das Rundfenster in der Höhenkammer (s. Abb. 5.3 oben links) und (Lippek 2012, S. 47–56 u.a.m.). In ähnlicher Weise gilt dies für den Mond (s. Abb. 5.3 unten rechts) und (Lippek 2012, S. 40) im Winterhalbjahr. Nur in den vier Wintermonaten gelangen die Strahlen der Sonne aus südöstlicher Richtung (s. Abb. 5.3 oben rechts) in die Höhenkammer. Gleiches gilt für den Mond im Sommerhalbjahr.

    Schlosser⁵ schreibt zum Sonnenloch (Schlosser 1995, S. 82–84): „Dabei ist das Rundfenster keineswegs eine schlichte Öffnung, sondern stellt einen Kegelstumpf (Konus) dar" Weiter: „… daß diese konusförmige Öffnung irgendeine Visur- oder Gnomoneinrichtung aufgenommen haben muß" Schlosser kommt zu dem Schluss: „Damit haben wir ein selbstzentrierendes System mit automatischem Endanschlag vor uns, das überdies lichtdicht war." Dies ermöglicht eine bessere Beobachtung der schwachen Lichtwürfe des Mondes.

    Eine wichtige Funktion der Höhenkammer war ihre Verwendung für kalendarische Zwecke, die wohl nur in vorchristlicher Zeit praktiziert worden ist (s. Lippek 2012, S. 57). Die Abb. 5.3, oben rechts, zeigt die Situation am 28. November. Die Strahlen der aufgehenden Sonne befinden sich noch eben über den hohen Fichten und beleuchten den Altarständer im Rundbogen. Der Altarständer ist aus dem vollen Gestein herausgearbeitet – einmalig im gesamten europäisch-christlichen Raum und damit vorchristlich – also heidnisch, d. h. vor 772 n. Chr. (s. Lippek 2012, S. 51–56).

    Abbildung 5.3:

    Oben: SA am 18.6.2012, 5.04 Uhr; unten: Lichtwurf um 5.05 Uhr, SA am 28.11.2011, 11.38 Uhr; die Sonnenstrahlen erreichen den Altarständer SA zur WSW am 21.12.1985 zur Mittagszeit, Oben: 28.10.2012, 19.29 Uhr; unten: Lichtwurf 20.02 Uhr

    © Wolfgang Lippek und Foto von Herrn Conzeth

    Für das Rundfenster in der Höhenkammer (s. Lippek 2012, S. 29, 40–41) gilt ein Datierungsansatz „vor Null" insofern, als das Rundloch mit steinernen Werkzeugen herausgearbeitet worden ist, s. Niedhorn, a.a.O., S. 93–94 und Lippek (Lippek 2012, S. 89–91). Gleiches mag für das runde und das viereckige Loch auf dem höchsten Punkt von Felsen 2 zutreffen (s. Abb. 4).⁶ Ob es in Deutschland oder Europa eine derartige astronomische Höhenkammer ein zweites Mal gibt, mögen Touristiker herausfinden.

    In der Höhenkammer konnten dem vom Autor entdeckten griechischen Hirtengott Pan (s. Abb. 5a/5b) – eventuell ein römischer Faun – archäoastronomische Aspekte zugeordnet werden (s. Lippek 2012, S. 57–59). Die „Bischofsmütze" ist ca. 16 Tage vor der Abb. 5.4, oben, Kopf vom Felsen 2 mit einem runden und einem eckigen Loch.

    Sommersonnenwende und im gleichen zeitlichen Abstand danach zu beobachten. Diese Entdeckung geht weit über die kalendarische Funktion der Höhenkammer hinaus. Aufnahmen zu Sonnenuntergängen entfallen an den Externsteinen derzeit völlig. Verhindert wird dies durch hohe Bewaldung in den Richtungen „Kleiner Rigi und „Barnacken (SSW) bis „Bärenstein" (NW). Es darf angenommen werden, dass man in früheren Zeiten mit lebenden Rasenmähern (Ziegen/Schafen) jederzeit Sichtschneisen oder sogar ganze Bergkuppen hätte freihalten können.

    5.3 Ein „Lichtphänomen" in der Kuppelgrotte des Felsens 1

    5.3.1 Entdeckung des „Lichtspeers" sowie die Gründe zur Wahl des Namens

    Der Unterzeichner entdeckte am 1. Juli 2013 um 6.16 Uhr ein Lichtgebilde im vorderen Teil des Fußbodens in der Kuppelgrotte (s. Abb. 5.5 links). Die Strahlen der Sonne gelangen durch einen Spalt im linken unteren Register des Kreuzabnahmereliefs in diese Grotte. Eine Untersuchung im Jahr 2017 begrenzt derzeit das Phänomen auf den Zeitraum vom 20. Mai bis 6. August. Das Gebilde besteht aus einem gradlinigen, scharf abgegrenzten Teilstück und einer daran anschließenden, nach vorne auslaufenden, länglichen Spitze. Das gerade Stück zusammen mit der langen Spitze ist im sichtbaren Bereich ca. 2,10 m lang (s. Abb. 5.5 rechts). Einen Sportlehrer erinnert ein derartiges Gebilde vor allem auf Grund seiner Länge eher an einen Speer als an einen Zeiger und wurde deshalb von mir als „Lichtspeer" bezeichnet, da Lichtstrahlen seine Entstehung bewirken. Auch hier ist eine kalendarische Funktion z. Zt. nicht erkennbar.

    Abbildung 5.4:

    Rundes und viereckiges Loch auf dem höchsten Punkt von Felsen 2, Griechischer Hirtengott Pan oder römischer Hirtengott Faun?, Hirtengott Pan /Faun? mit einer „Bischofsmütze" (?)

    © Wolfgang Lippek

    Abbildung 5.5:

    Lichtgebilde am 1.7.2013, um 6.16 Uhr, „Lichtspeer" am 4.7.2014 um 5.54 Uhr

    © Wolfgang Lippek

    5.3.2 Technische Details zur Entstehung des „Lichtspeeres"

    Ein genauer Blick in den Spalt überrascht. Der Spalt besteht aus zwei Öffnungen (s. Abb. 5.6 oben links) Die dem Betrachter näherliegende Öffnung ist 57 cm hoch – die dahinter liegende 33 cm (s. Abb. 5.6 oben rechts). Von außen betrachtet ist die 57er Öffnung im oberen Bereich leicht gerundet.

    Diese keilförmige Ausbuchtung (Abb. 5.6 unten links und rechts) ermöglicht den Durchlass der Lichtstrahlen im oberen Bildbereich und damit den vorderen Teil des optischen Bildes auf dem Fußboden in der Kuppelgrotte (s. Abb. 5.5 rechts).

    Rutscht man auf dem Hosenboden in den Luftschacht⁷ tief hinein ergibt sich eine weitere Überraschung. Von innen betrachtet ist der obere Teil des 57er Spaltes nicht mehr „leicht gerundet" sondern besitzt – optisch gesehen – eine keilförmige Spitze (s. Abb. 5.7 links).

    Abbildung 5.6:

    Oben: Zwei Öffnungen im Spalt, Spalt + Zollstock, Unten: Keilförmige Ausbuchtung von außen gesehen, Keilförmige Ausbuchtung von innen gesehen.

    © Wolfgang Lippek

    Genau dieser Effekt ist durch eine Bearbeitung des inneren älteren 33 cm-Spaltes (s. Abb. 5.6 unten rechts) in Verbindung mit dem offensichtlich vorbedachten und später hergestellten 57er Spalt (s. Abb. 5.6, unten rechts, und 5.7 links) sowie der Abschrägung der Bedachung von 57 cm auf 33 cm erreicht worden – s. hierzu die Arbeitsspuren mit Spitzmeißel in der Abb. 5.7 rechts). Die Längsseiten des 57er Spaltes (s. Abb. 5.6, oben links, und 5.7 links) sind sauber geglättet worden und bewirken so den geraden Teil – den Stiel des Lichtspeeres.

    Abbildung 5.7:

    Teile des 57er- und 33er Spaltes von innen fotografiert + Sonnenaufgang, Arbeitsspuren eines Spitzmeißels

    © Wolfgang Lippek

    5.3.3 Frühere Funktion des 33 cm Spaltes

    Niedhorn hat plausibel dargelegt (s. Niedhorn 1995, S. 70–78), dass die Kuppelgrotte im Felsen 1 der Externsteine in vorchristlichen Zeiten der Verbrennung von Toten diente. Hinweise zu intensiven Feuern lieferten ihm die stark dunkelbraunen Verfärbungen⁸ an der Decke (s. Abb. 5.8 links), sowie die dort auch zu beobachtenden großen „Wülste. Außerdem erkannte er, dass eine deutliche Rotfärbung über der Eingangstür zur Kuppelgrotte (s. Abb. 5.10 oben) nur durch die Abgase starker Feuer entstanden sein kann. Den Spalt⁹ beurteilt er als den notwendigen „Zugluftkanal. Er hat nicht dargelegt, dass der längliche Spalt (57 cm hoch) von außen gesehen in Wirklichkeit aus zwei Öffnungen besteht (s. Abb. 5.6 oben rechts). Die innere ältere und grob ausgearbeitete Form ist 33 cm hoch. Erst durch die Aufweitung des Zuluftkanals von innen – auf eine Höhe von ca. 1,20 m (!) – konnte erheblich mehr Frischluft einströmen und als Folge davon höhere Temperaturen in der Brennkammer erreicht werden

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