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Instrumente, Methoden und Entdeckungen für innovative Entwicklungen in der Astronomie. Instruments, Methods and Discoveries for Innovative Developments in Astronomy.: Nuncius Hamburgensis – Beiträge zur Geschichte der Naturwissenschaften, Band 52
Instrumente, Methoden und Entdeckungen für innovative Entwicklungen in der Astronomie. Instruments, Methods and Discoveries for Innovative Developments in Astronomy.: Nuncius Hamburgensis – Beiträge zur Geschichte der Naturwissenschaften, Band 52
Instrumente, Methoden und Entdeckungen für innovative Entwicklungen in der Astronomie. Instruments, Methods and Discoveries for Innovative Developments in Astronomy.: Nuncius Hamburgensis – Beiträge zur Geschichte der Naturwissenschaften, Band 52
eBook647 Seiten5 Stunden

Instrumente, Methoden und Entdeckungen für innovative Entwicklungen in der Astronomie. Instruments, Methods and Discoveries for Innovative Developments in Astronomy.: Nuncius Hamburgensis – Beiträge zur Geschichte der Naturwissenschaften, Band 52

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Über dieses E-Book

Diese Monographie bietet Raum, den Innovationen in der Geschichte der Astronomie gebündelt nachzugehen, seien es instrumentelle Entwicklungen, neue Meß- oder Auswertemethoden, neue Weltbilder oder revolutionäre Entwicklungen und spektakuläre Entdeckungen, und damit Material für weitere wissenschaftstheoretische und philosophische Überlegungen bereitzustellen. Das einführende Kapitel von Gudrun Wolfschmidt präsentiert exemplarisch zahlreiche Beispiele und Highlights zu den verschiedenen Themen.

Die nächsten beiden Artikel widmen sich der Bremer und Lilienthaler Geschichte des Tagungsortes. Hans-Joachim Leue stellt das grösste Fernrohr des Kontinents, das berühmte Lilienthaler 27-füßige Spiegelteleskop (1793) von Johann Hieronymus Schroeter (1745-1816) vor. Er thematisiert dabei nicht nur den eindrucksvollen Nachbau (2015), sondern die ganze Entwicklung der Lilienthaler Sternwarte einschliesslich der hervorragenden instrumentellen Ausstattung.
Katrin Cura berichtet über die Innovativen Ideen von Wilhelm Olbers Focke (1834-1922), Arzt und Botaniker, Urenkel des Astronomen und Arztes Wilhelm Olbers. W. O. Focke machte Ernst Haeckel (1834-1919) auf die Evolutionstheorie Charles Darwins aufmerksam und zitierte 1881 Gregor Mendels Werk über die Vererbung, seine Erbsenforschung, die damit ins Bewusstsein der Biologen um 1900 kam.

Es folgen drei Beiträge zu Modellen des Kosmos. Astrid Wokke untersucht geometrische Muster im Schmuck der nordischen Bronzezeit und findet Kreissysteme, die eine projizierte Himmelskugel bilden, Grundlage des Astrolabiums, und Hinweise auf astronomisches Wissen - basierend auf den Ideen von Dechend & Santillana: Hamlet's Mill (1969). Karsten Markus-Schnabel berichtet kurz über die Sternkammer in Lübeck mit einem einzigartigen Planetariumsprojektor (1931). Romke Schievink stellt das älteste funktionierende optische Planetarium Zeiss Modell 1b vor, das 1934 in Den Haag installiert wurde; das Instrument wurde nach einem Brand 1976 von aussen restauriert und projiziert heute in Bruchhausen-Vilsen eindrucksvoll den Sternhimmel mit Milchstrasse wie vor 100 Jahren das Wunder von Jena.

Im folgenden werden fünf Beiträge zur Astronomiegeschichte vom Mittelalter bis zum Beginn der Astrophysik behandelt. Regina Umland gibt Einblick in die Fortschritte in der Astronomie durch indisch-arabische Ziffern und das Stellenwertsystem. Michael Hiermanseder gibt Drei Briefe von Johann Jakob von Marinoni (1676-1755) wieder, die seine Sternwarte und seine innovativen Instrumente genau beschreiben. Björn Kunzmann informiert über Veränderliche Sterne als Meilensteine in der Geschichte der Astrophysik mit den Beispielen Mira, Algol und eta Carinae. Dietrich Lemke präsentiert Johannes Hartmann (1865-1936) als Entdecker der Interstellaren Materie. Kalevi Mattila zeigt die Reaktionen auf Johannes Hartmanns Entdeckung - Zweifler, Konkurrenten und Vollender.

Moderne Entwicklungen der Astrophysik werden in den letzten drei Artikeln geschildert. Rita Meyer-Spasche stellt die Bedeutung von Eberhard Hopf (1902-1983) für die Entwicklung der mathematischen Astronomie und Astrophysik vor.
Carsten Busch berichtet eindrucksvoll Wie Schwarze Löcher ihre Schwärze verloren - Zur Entstehung der Thermodynamik Schwarzer Löcher. Susanne M. Hoffmann widmet sich dem aktuellen interessanten Thema Innovation "EHT" - Geschichte der Instrumente, Methoden, Entdeckung(en).

Im Anhang wird - ausser dem Tagungsprogramm - die Astronomie und ihre bemerkenswerte Geschichte in Bremen und Lilienthal überblicksartig dargestellt (mit Links und Adressen) - ein Astro Walk, der zum selbst erkunden einlädt.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum22. Mai 2023
ISBN9783347945203
Instrumente, Methoden und Entdeckungen für innovative Entwicklungen in der Astronomie. Instruments, Methods and Discoveries for Innovative Developments in Astronomy.: Nuncius Hamburgensis – Beiträge zur Geschichte der Naturwissenschaften, Band 52
Autor

Gudrun Wolfschmidt

Prof. Dr. Gudrun Wolfschmidt Working Group History of Science and Technology AG Geschichte der Naturwissenschaft und Technik (GNT) https://www.fhsev.de/Wolfschmidt/GNT/home-wf.htm Hamburg Observatory, University of Hamburg Faculty of Mathematics, Informatics and Natural Sciences (MIN) Biographische Informationen, Aktivitäten, Publikationen, Lehrveranstaltungen, Ausstellungen, Exkursionen und Vorträge sowie Awards & Achievements finden sich hier: https://www.fhsev.de/Wolfschmidt/ Publikationsreihe: Nuncius Hamburgensis https://www.fhsev.de/Wolfschmidt/GNT/research/nuncius.php

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    Buchvorschau

    Instrumente, Methoden und Entdeckungen für innovative Entwicklungen in der Astronomie. Instruments, Methods and Discoveries for Innovative Developments in Astronomy. - Gudrun Wolfschmidt

    Abbildung 1.1:

    Logo der Gründung der Vereinigten Astronomischen Gesellschaft (1800) Entdeckung der ersten vier Planetoiden – Olbers: Pallas (1802), Vesta (1807)

    © Gudrun Wolfschmidt

    Einführung zum Thema: Instrumente, Methoden und Entdeckungen für innovative Entwicklungen in der Astronomie

    Gudrun Wolfschmidt (Hamburg)

    Abstract: Introduction to the subject: Instruments, methods and discoveries for innovative developments in astronomy

    In the history of science in general as well as in the history of astronomy in particular, there have always been and still are new instruments, discoveries and inventions that had or have a trend-setting character for the further course of research. This means both unexpectedly occurring new phenomena and systematic observations in the sky as well as technical innovations as well as theoretical and methodological approaches.

    The astronomers and instrument makers were concerned with the specific search for an explanation of a phenomenon or the confirmation of a theory, but new phenomena could only be discovered by chance, which then awaited an explanation and provoked a new theory or a new set of instruments. In research on the history of science, one terms the decisions for alternatives (bifurcations) or, in the case of the falsification of a theory, of an Experimentum crucis.

    Such milestones in the history of astronomy are the well-known examples of the first publication of the heliocentric view of the world in 1543, the invention of the telescope (1609) or the discovery of 3-Kelvin (cosmic background) radiation (1965), but also numerous less public awareness such as e.g. the appearance and observation of Tycho’s (Super) Nova from 1572, the invention of the micrometer with the different modifications from 1609, the invention of the meridian circle, the application of spectral analysis to the light of the celestial bodies since 1859, or the introduction of calculating machines and computers.

    This monography offers the possibility to pursue such landmarks in a bundled manner and thus provide material for further theoretical and philosophical considerations. Of particular interest are the individual motivations of the people involved, as well as the ideological, religious and social contexts, but also the general technical and special astro-technical framework conditions that have included computer-aided systems since the late 20th century.

    Zusammenfassung

    In der Geschichte der Wissenschaften allgemein sowie in der Astronomiegeschichte speziell gab es zu allen Zeiten und gibt es bis heute neue Instrumente, Entdeckungen und Erfindungen, die richtungsweisenden Charakter für den weiteren Verlauf der Forschung besaßen bzw. besitzen. Das meint sowohl unerwartet auftretende neue Phänomene und systematisch angestellte Beobachtungen am Himmel als auch technische Neuerungen sowie theoretische und methodische Ansätze.

    Dabei ging es den Astronomen und den Instrumentenbauern um die gezielte Suche nach Erklärung eines Phänomens oder um die Bestätigung einer Theorie, aber es konnten auch durch Zufall neue Phänomene erst entdeckt werden, die dann einer Erklärung harrten und eine neue Theorie oder einen neuen Instrumentenkomplex provozierten. In der Wissenschaftsgeschichtsforschung spricht man dann von den Entscheidungen für Alternativen (Bifurkationen) oder im Falle der Falsifizierung einer Theorie von einem „Experimentum crucis".

    Solche Marksteine in der Geschichte der Astronomie sind exemplarisch die bekannten Beispiele der Erstveröffentlichung des heliozentrischen Weltbildes im Jahr 1543, die Erfindung des Fernrohrs (1609) oder die Entdeckung der 3-Kelvin-Strahlung (1965), aber auch zahlreiche weniger im öffentlichen Bewußtsein seiende wie z. B. die Erscheinung und Beobachtung von Tycho’s (Super)Nova von 1572, die Erfindung des Mikrometers mit den verschiedenen Varianten ab 1609, die Erfindung des Meridiankreises, die Anwendung der Spektralanalyse beim Licht der Himmelskörper seit 1859 oder die Einführung von Rechenmaschinen und Computern.

    Diese Monographie bietet Raum, solchen Marksteinen gebündelt nachzugehen und damit Material für weitere wissenschaftstheoretische und philosophische Überlegungen bereitzustellen. Hierbei sind von besonderem Interesse die individuellen Motivationen der handelnden Personen sowie die weltanschaulichen, religiösen und gesellschaftlichen Kontexte, aber auch die allgemeinen technischen und speziellen astrotechnischen Rahmenbedingungen, die seit dem späten 20. Jahrhundert die computergestützten Anlagen einschließen.

    1.1 Einleitung

    Die Geschichte der Astronomie bietet zahllose Beispiele für Erfindungen oder die Entwicklung innovativer Instrumente, was häufig neue Entdeckungen nach sich zieht. Es können aber auch neue Meßmethoden Entdeckungen bewirken oder neue Phänomene können rein zufällig entdeckt werden. Einige spektakuläre Entdeckungen werden ausführlicher vorgestellt.

    Statt technischer Neuerungen können auch theoretische und methodische Ansätze die Forschung in eine neue Richtung lenken. Bei gezielten Beobachtungen geht es oft um die Bestätigung oder die Falsifizierung einer Theorie.

    All diesen Aspekten soll hier exemplarisch nachgegangen werden; es ist klar, dass eine Vollständigkeit unmöglich ist.

    1.2 Instrumentelle Entwicklungen und Innovationen

    1.2.1 Vorteleskopische Zeit

    Schon im 16. Jahrhundert – vor dem Siegeszug des Fernrohrs – begann die Gründung von Sternwarten in Europa. Die ersten Observatorien im modernen Sinn, mit festen fundierten Instrumenten, gab es bereits im Mittelalter zum Beispiel in Beijing (1127, 1442) oder im islamischen Kulturkreis wie Marâgha (al-Dīn al-’Urḍī, 1259), Samarkand (Uluġ Beg, 1420) und Istanbul (Taqī ad-Dīn, 1575/80).¹

    Der fränkische Astronom Johannes Regiomontan² (1436–1476) beobachtete in Nürnberg vom Dachgeschoß aus. 1476 setzte Bernhard Walther (1430–1504) alleine dessen Beobachtungen fort; 1502 ergänzte er ein Dachfenster im Südgiebel des (späteren) Dürerhauses mit einer kleinen „Beobachtungsplattform. Dieser dokumentierte Umbau für astronomische Zwecke kann als älteste erhaltene europäische „Sternwarte bezeichnet werden.

    Die Präzision der Beobachtungsreihen von Sternen ist unerreicht in der westlichen Astronomie bis zu Tycho Brahe (1546–1601), auch mit seinen Innovationen im Meßverfahren. Er errichtete die Sternwarte „Uraniborg (Himmelsburg) im Stil der flämischen Renaissance auf der damals dänischen Insel Hven (schwedisch „Ven), dann „Stellaeburgum" (Stjerneborg, Sternenburg) 1584. Eine genaue Vorstellung von Tycho Brahes Sternwarten und ihrer neuzeitlichen instrumentellen Ausstattung mit innovativen Winkelmeßinstrumenten – 8 Sextanten, 3 Triquetra (Dreistab), 8 Quadranten, 5 Armillarsphären, großer Himmelsglobus und Halbkreis (Semicirculus) – haben wir dank der mit zahlreichen Holzschnitten versehenen Beschreibung in seinem Werk Astronomiae instauratae mechanica (Wandsbek 1598, 2. Auflage, Nürnberg: Levinus Hulsius 1602), (vgl. Wolfschmidt 2010).

    1.2.2 Erste Linsenteleskope im 17. Jahrhundert

    Abbildung 1.2:

    Galileo Galilei präsentiert sein Fernrohr im Senat von Venedig im Glockenturm des Markusplatzes

    Fresko von Luigi Sabatelli (1772–1850), Florenz, Tribuna Galileiana), (Foto: Gudrun Wolfschmidt)

    Das Fernrohr symbolisiert den technischen Fortschritt der Astronomie des 17. Jahrhunderts, wie das Mikroskop in der Biologie, Medizin oder Mineralogie und die Luftpumpe in der Physik als High Tech Instrumente der damaligen Wissenschaft. Die Entwicklung des Fernrohrs im 17. Jahrhundert ist verbunden mit einer Reihe spektakulärer Entdeckungen, die unser Weltbild veränderten.

    Die Erfindung des Fernrohrs geschah in Holland; diverse Namen werden genannt:³ Hans Lippershey (~1570–1619) aus Middelburg, der am 25. Sept. 1608 eine Anfrage bzgl. eines Patents stellte und sein innovatives Instrument beim Prins Maurits van Oranje (1567–1625) in Den Haag vorführte, sowie Hans M. Janssen (†1619) 1604 und Zacharias Janssen (~1585–~1632).

    Galileo Galileis (1564–1641 jul. / 1642 greg.) Occhiolino, holländisches oder Galileisches Fernrohr (1609), besass ein 30 mm-Objektiv (plankonvexe Linse), eine Brennweite von 900 mm, das Okular war plankonkav mit f = –50 mm (21 und 14fache Vergrößerung). Das Gesichtsfeld dieses Fernrohrtyps war relativ klein. So sah Galilei bei seinen Beobachtungen des Vollmondes nur etwa ein Viertel der vollen Scheibe. Galileis veröffentlichte seine Entdeckungen am Fernrohr im Sidereus Nuncius (Sternenbote) 1610, gewidmet an Cosimo II. de’ Medici (1590–1621).⁴

    Johannes Kepler (1571–1630) entwickelte eine Theorie der Optik⁵ und stellte sein Keplersches oder astronomisches Fernrohr mit langbrennweitigen Objektiv und kurzbrennweitigen Okular (Konvexlinse) vor. Es lieferte ein auf dem Kopf stehendes Bild; allerdings ist das Gesichtsfeld deutlich vergrößert und auch die Bildhelligkeit. Kepler selbst baute allerdings kein Fernrohr; ein erstes Beispiel konstruierte Christoph Scheiner (1575–1650). Das Kepler Teleskop wurde verbessert, z. B. von Johann Wiesel (1583–1662); dieser Augsburger Instrumentenbauer hatte sogar ein vierlinsiges Fernrohr (1645); ein Original mit den Initialen I.W.A.O.F. ist erhalten (Skokloster Slott, Schweden).⁶ Die Linsenfernrohre erreichten Mitte des 17. Jahrhunderts eine enorme Länge, um die Abbildungsqualität zu verbessern. Bekannte Instrumentenmacher waren in Italien Giuseppe Campani (1635–1715), Eustachio Divini (1610–1685) und Francesco Bianchini (1662–1729). In Paris konstruierten der Italiener Giovanni Domenico Cassini (1625–1712) und der Holländer Christiaan Huygens (1629–1695) Linsenteleskope mit Brennweiten bis zu 37 m. Die Beobachtungserfolge mit diesen Fernrohren waren beachtlich: die Entdeckung der ersten Saturnmonde und seines Ringes, die Rotation von Mars, Jupiter und Saturn aufgrund ihrer Oberflächenstrukturen. Am eindrucksvollsten waren die Fernrohre von Johann Hevelius (1611–1687) in der Hansestadt Danzig (Gdańsk).⁷. Sein „Luftfernrohr" (1641) von 45 m Länge beschrieb er in seiner Machina coelestis (1673).

    1.2.3 Erste Metallspiegel im 17. und 18. Jahrhundert

    Im 17. Jahrhundert entstanden auch die ersten Metallspiegel-Teleskope. James Gregory (1638–1675) beschrieb 1663 die Konstruktion eines Spiegelteleskops, das große Verbreitung an allen Sternwarten fand. Von einem Parabolspiegel aus werden die Strahlen auf einen kleinen konkaven Sekundärspiegel außerhalb des Brennpunktes reflektiert, dann durch die Durchbohrung des Hauptspiegels auf die (plankonvexe) Augenlinse. Ferner konstruierte Laurent Cassegrain (∼1629–1693) 1672 ein Spiegelteleskop, dessen Bauprinzip erst im 20. Jahrhundert große Wirkung entfaltete. Im Gegensatz zum Gregory-Spiegelteleskop sitzt hier im Brennpunkt des Hauptspiegels ein konvexer Sekundärspiegel. Isaac Newton (1642–1726 jul./1643–1727 greg.) stellte 1672 der Royal Society in London sein Spiegelteleskop vor (etwa 30 cm lang): In den Brennpunkt des Hauptspiegels setzte er einen geneigten Planspiegel, um die Strahlen aus dem Rohr seitlich auszulenken zum Okular. Diese drei Typen von Spiegelteleskopen setzten sich aber nicht durch, da ihre Metallspiegel schnell trüb und blind wurden und sich das weiche Metall zudem nicht genau und präzise polieren ließ wie dies bei Glaslinsen der Fall war. Aber im 18. Jahrhundert entstand mit verbesserten und vergrößerten Spiegelteleskopen eine wachsende Konkurrenz zu den Linsenfernrohren. Die Hauptstärke war die Vergrößerung und die Lichtstärke – besonders für Nebelbeobachtung, aber nicht für die Präzisionsmessung. Die wichtigsten Zentren waren London mit James Short (1710–1768),⁸ John Bird (1709–1776) und Jesse Ramsden (1735–1800) sowie Paris mit Jacques Canivet (1714–1773) und Jean Antoine Nollet (1700–1770). Führend im deutschsprachigen Bereich war Augburg, die Fuggerstadt und Bankenmetropole Europas, mit Georg Friedrich Brander (1713–1783).

    1.2.4 Erste achromatische Linsenteleskope

    Eine einfache, aus einem Stück Glas zusammengesetzte Linse hat für jede Farbe im Spektrum eine andere Brennweite, daher kann mit einer solchen Linse bei weißem Licht kein scharfes Bild entstehen, es zeigen sich farbige Ränder; dieser Effekt wird chromatische Aberration genannt. Um diesen Effekt zu korrigieren, kann eine Kombination aus zwei Linsen verwendet werden, und zwar aus Kron- und Flintglas. So gelang es Chester Moore Hall (1703–1771) um 1730, den Farbfehler von Linsenfernrohren wesentlich zu verringern. Er nutzte aber seine Entdeckung nicht aus und veröffentlichte sie auch nicht. Aber John Dollond (1706–1761) meldete 1758 in England das erste Patent auf achromatische Linsen an;⁹ sein Sohn Peter Dollond (1730–1820) führte die Tradition weiter. Somit wurde England rund 50 Jahre lang führend beim Bau achromatischer Fernrohre. Doch im 18. Jahrhundert konnten durch „Probieren" von Linsenkombinationen maximal Fernrohre von nur etwa 10 cm Öffnung hergestellt werden.

    Tabelle 1.1:

    Entwicklung der Linsendurchmesser bei Refraktoren (Highlights)

    1.2.5 Die Ära der großen Refraktoren von Fraunhofer bis Clark

    Joseph von Fraunhofer (1787–1826), anfangs unter Mitwirkung des Glasmachers Pierre Louis Guinand (1748–1824), verbesserten die Glastechnologie: Ab 1811 konnten sie in Benediktbeuern gezielt größere farbkorrigierte Objektive herstellen – bis zu 24 cm Öffnung (Fernrohre für Berlin und Dorpat/Tartu, Estland); ein 38 cm-Spiegel für die Sternwarte in St. Petersburg wurde begonnen. Höhepunkte der Erfolge mit Fraunhofer-Fernrohren waren Bessels Messung der ersten Fixsternparallaxe 1838 in Königsberg und die Entdeckung des Planeten Neptun in Berlin 1846 (siehe S. 44).

    Mit Fraunhofers Nachfolger Georg Merz (1793–1867) begann die Zeit der großen Refraktoren.¹⁰ Thomas Cooke & Sons in Cambridge, und Howard Grubb (1844–1931) in Dublin, Alvan Clark (1804–1887) in Boston/USA,¹¹ mit Warner & Swasey, Paul & Prosper Henry mit Paul Gautier in Paris sowie die beiden deutschen Firmen C.A. Steinheil & Söhne in München mit Repsold & Söhne in Hamburg waren die bedeutendsten Hersteller. Der größte je gebaute Refraktor steht im Yerkes-Observatory in Wisconsin (1897). Aber um 1900 lösten die modernen Glas-Spiegelteleskope endgültig die Linsenteleskope in der Astronomie ab.

    1.2.6 Grosse Metallspiegelteleskope

    Friedrich Wilhelm Herschel (1738–1822) begann 1773 mit der Herstellung von Spiegelteleskopen; sein größtes (Brennweite 40 Fuß) hatte 1,2 m Öffnung und stand in Slough bei Windsor Castle (1787). Berühmt wurde Herschel durch die Entdeckung des Planeten Uranus 1781. Das Lilienthaler 27-füßige Spiegelteleskop (1793)¹² von Johann Hieronymus Schroeter (1745–1816) war das grösste auf dem Kontinent (51 cm Öffnung und 8 m Brennweite) mit einer sehr interessanten Montierung. Schroeter hatte mit Johann Gottlieb Friedrich Schrader (1763–1833) aus Kiel mit verschiedenen neuen Legierungen experimentiert, wobei sie zur Erhöhung der Reflexion der weißglänzenden Oberfläche noch zusätzlich eine Schicht aus Arsen aufdampften.

    In England, Schottland und Irland gab es drei Freunde, die sich große Metallspiegel bauten. Der schottische Ingenieur James Nasmyth (1808–1890) stellte 1842 in Manchester ein 50 cm-Teleskop her, für das er 1851 auf der Weltausstellung in London eine Medaille erhielt. William Lassell (1799–1880) b egann 1844 mit einem 60 cm-Teleskop, mit dem er 1846 den Neptunmond Triton entdeckte; später konstruierte er sich einen 1,2 m-Reflektor für Beobachtungen in Malta (1861).

    Ein eindrucksvolles Spiegelteleskop aus poliertem Metall mit 1,8 m Durchmesser baute 1845 William Parsons, Earl of Rosse (1800–1867) – bis 1917 größtes Spiegelteleskop der Welt!¹³ Rosse war wie die Herschels ein eifriger Beobachter von Nebeln. 1845 erkannte er die spiralförmige Struktur von M 51.¹⁴ Mit dem damals größten Teleskop der Welt stellte er fest, daß viele Spiralnebel in Sterne auflösbar seien.

    Abbildung 1.3:

    Oben: Lord Rosses 1,8 m-Spiegel (Leviathan) in Birr Castle bei Parsonstown, Irland Unten: Spiralförmige Struktur von M 51 (Whirlpool), Jagdhunde, nach einer (zweiten) Zeichnung von Lord Rosse (31.3.1848). M 51 Canum Venaticorum, photographiert von Isaac Roberts (29.4.1889), 51 cm Spiegel in Maghull/Liverpool

    (Credit: RMG F8661, CC. Parsons (1850), Figure 1 (Plate XXXV). Roberts 1900).

    Abbildung 1.4:

    Erstes grosses 80 cm-Glasspiegelteleskop, Léon Foucault, Marseille (1862) 1 m-Spiegel der Hamburger Sternwarte, Carl Zeiss Jena (1911)

    (Credit: Observatoire de Marseille, Foto: Gudrun Wolfschmidt, 2020).

    1.2.7 Glasspiegelteleskope

    Bis zur Erfindung des chemischen Versilberungsverfahrens 1835 durch Justus von Liebig (1803–1873) hatten Teleskopspiegel polierte Metall-Legierungen. Léon Foucault (1819–1868)15 und Carl August Steinheil (1801–1870) bauten 1856/57 die ersten Teleskopspiegel aus Glas mit versilberter Oberfläche. Besonders Foucaults 80 cm-Spiegel (1862) für das Observatoire de Marseille war sehr erfolgreich; dagegen standen die Mißerfolge 1870 in Melbourne und 1877 in Paris. Die Rehabilitation der Glasspiegel gelang 1888: Mit seinem 51 cm-Spiegelteleskop photographierte Isaac Roberts (1829–1904) in seiner Privatsternwarte in Crowborough Hill, Sussex, 1886 den Orionnebel und andere Nebel wie M 51 (vgl. Abb. 1.3, S. 23).¹⁶ Besonders sein Photo vom Andromedanebel M 31 mit drei Stunden Belichtungszeit von 1888 wurde bekannt; damit erkannte er die Spiralstruktur dieses Nebels; so zeigte sich die Qualität der Glasspiegel und die Möglichkeiten, die darin steckten.

    Ab etwa 1900 setzten sich die Spiegelteleskope gegen die Linsenfernrohr zunächst in England bei Amateurastronomen und in den USA durch, dann auch in Deutschland. Nach dem ersten „ grossen" 1 m-Spiegel für die Hamburger Sternwarte (1911), damals viertgrößtes Spiegelteleskop der Welt, wurde Carl Zeiss Jena führend im Bau von Spiegelteleskopen in Europa.

    Aber die größten Reflektoren der Welt entstanden in den USA. Besonders das 2,5 m-Hooker-Teleskop am Observatorium Mt. Wilson trug entscheidend zur Entwicklung der modernen Kosmologie bei.

    Tabelle 1.2:

    Entwicklung der Spiegeldurchmesser bei Reflektoren (Highlights)

    1.2.8 Innovative Reflektoren und Weltraumteleskope

    Ein Umbruch zur Entwicklung neuartiger moderner Teleskope geschah ab den 1980er Jahren, besonders ab 2000: Seit den 1980er Jahren versuchte man, große Spiegelteleskope über 8 m Durchmesser aus mehreren Einzelspiegeln (Multiple Mirror Telescope, MMT) oder aus zusammengesetzten Segmentspiegeln (Segmented Mirror Telescope, SMT) zu bauen. Neben der Steigerung der Spiegeldurchmesser sind weitere Entwicklungsschritte zu noch leistungsfähigeren Teleskopen:

    Abbildung 1.5:

    Oben: Hubble Space Telescope (HST), Carina Nebel, Sternentstehungsgebiet „Säulen der Schöpfung" und Herbig-Haro-Objekte mit Jets (HH 901/902, 2010) Unten: James-Webb-Space-Telescope (2021), das erste Deep Field Image des JWST zeigt den Galaxienhaufen SMACS 0723 mit Tausenden Galaxien, darunter die schwächsten, jemals im IR-Bereich beobachteten Objekte.

    (credit: NASA; NASA, ESA, Mario Livio (STScI), Hubble 20th Anniversary Team (STScI), credit: NASA; NASA, ESA, CSA, STScI)

    • Verbesserung der Bildqualität (aktive und adaptive Optik, Speckle-Masking-Interferometrie). Ein 1m-Testspiegel für aktive Optik wurde von ESO bereits 1986 hergestellt; beim 3,5 m-New Technology Telescope (NTT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) 1990 eingesetzt.

    • Zusammenschalten mehrerer großer Spiegelteleskope, um die wirksame Teleskopfläche zu vergrößern (Multiple Mirror Telescope (6 Spiegelelemente mit je 1,8 m), Tucson, Arizona (1979 bis 1998), Very Large Telescope (4 × 8,2 m Spiegel), VLT, 1998–2000) mit Interferometrie, Extremely Large Telescope (2027/28), Cerro Armazones, Chile Atacama-Wüste, mit einem Hauptspiegel von 39 m Durchmesser, der aus 798 sechseckigen Segmenten (5 cm dick, fast 1,5 m breit und 250 kg schwer) besteht.

    • Weltraum-Teleskope, die ohne Störungen durch die Lufthülle der Erde von einer Erdumlaufbahn aus beobachten (Hubble Space Telescope, HST) und James-Webb-Space-Telescope (JWST).

    Hubble Space Telescope (HST, Kooperation: NASA, ESA), das erste Weltraumteleskop, hat seit dem Start 1990 spektakuläre neue wissenschaftliche Einsichten (mehr als 20.000 Publikationen) und mehr als eine Million eindrucksvolle Bilder im UV, sichtbaren Licht bis zum nahen IR, geliefert. Die Instrumentierung besteht aus einem Ritchey-Chrétien-Spiegelteleskop von 2,4 m Öffnung, zwei Kameras: Wide Field and Planetary Camera (WFPC), Faint Object Camera (FOC), zwei Spektrographen und einem Photometer. In den mehr als drei Jahrzehnten Forschung mit HST wurden nicht nur Fragen beantwortet, sondern neue Geheimnisse aufgedeckt, aber gleichzeitig unser Verständnis des Kosmos enorm erweitert.

    Der Nachfolger war das 2021 gestartete James-Webb-Space-Telescope (JWST, Kooperation: NASA, ESA, CSA) mit einem 6,5 m-Teleskop, das im visuellen und IR-Bereich arbeitet. Geplant sind Untersuchungen des Kosmos seit dem Urknall vor 13,5 Milliarden Jahren, als sich aus der Dunkelheit des frühen Universums die ersten Sterne und Galaxien bildeten, über die Entstehung von Sonnensystemen, die Leben auf Planeten wie der Erde ermöglichen können, bis hin zur Entwicklung unseres eigenen Sonnensystems.

    Abbildung 1.6:

    Arno Penzias & Robert Wilson mit der 15 m Holmdel Hornantenne, Bell Telephone Laboratories in Holmdel, New Jersey (1959) – Entdeckung der 3-Kelvin-Strahlung (1965), siehe S. 29

    (Credit: Bell Labs, Holmdel, NJ – NASA, CC)

    1.2.9 Astronomie in neuen Wellenlängen

    Friedrich Wilhelm Herschel (1738–1822) entdeckte das Infrarot (1800) und Johann Wilhelm Ritter (1776–1810) das UV (1801). Aber erst Mitte des 20. Jahrhunderts begann die Entwicklung der Astronomie in neuen Wellenlängen mit Ballons und Raketen, später mit Satelliten.

    Die Radioastronomie begann mit den 7,5 m-Würzburg-Riesen,¹⁷ umfunktionierte Radarspiegel aus dem Zweiten Weltkrieg. Ein Würzburg-Riese diente in Dwingeloo in den Niederlanden zur Untersuchung der Milchstraße mit Hilfe der 21 cm-Linie des neutralen Wasserstoffs. Damit konnte 1951 die Spiralstruktur der Milchstraße nachgewiesen werden (vgl. erste Hinweise auf Spiralstruktur im 19. Jahrhundert, S. 23).

    „Radioastronomy is new and is exciting because, in some aspects, it concerns mysterious phenomena which may turn out to be […] the next great chapter of discovery."¹⁸

    Edwin Powell Hubble sollte mit dieser Vermutung von 1950 Recht behalten. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelten sich die Radioteleskope zu beeindruckender Größe, zum Beispiel das 76 m Lovell Telescope in Jodrell Bank. In der Eifel entstand das 100 m-Radioteleskop Effelsberg (1971/72) des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie in Bonn als 29 Jahre lang größtes frei bewegliches Radioteleskop der Welt.¹⁹

    Seit den 50er Jahren sind mit Radioteleskopen zwei weitere Galaxienklassen entdeckt worden: ausgedehnte Radiogalaxien (1951) und leuchtstarke Quasare (1961). 1946 wurde die erste Radioquelle Cygnus A in der großräumigen Radiostrahlung des Himmels entdeckt. 1954 konnte sie mit einer optischen Galaxie identifiziert werden. Radiogalaxien sind Objekte, deren Radioleuchtkraft die optische Leuchtkraft übersteigt und sie bilden die größten zusammenhängenden Emissionsgebiete im Kosmos. Im Zentrum einer Radiogalaxie befindet sich die auch optisch sichtbare Galaxie und darin wiederum ein aktiver Kern, vermutlich eine Scheibe heißen Gases, das auf Spiralbahnen in ein Schwarzes Loch stürzt. Aus dem Kern wird Materie herausgeschleudert: in Form von zwei entgegengesetzten Strahlenbündeln, den Jets.

    Quasare zählen zu den rätselhaftesten Objekten im Weltall. Man hält sie für kompakte Kerne, die die restliche Galaxie überstrahlen. Der Quasar 3C 273 erscheint optisch fast wie ein Stern, was in den 60er Jahren zur Bezeichnung als „quasistellare Radioquelle" Quasar geführt hat. Der Durchmesser beträgt nur 1/100 Lichtjahr. 1960 bis 1963 gelang eine schrittweise Identifizierung der Quasare mit optischen Galaxien. Im Spektrum des Quasars 3C 273 hat Maarten Schmidt (1929–2022) 1963 rätselhafte Linien als 16% ins Rot verschobene Wasserstofflinien gedeutet. Diese Rotverschiebung deutet darauf hin, dass die Quasare im Bereich sehr ferner Galaxien liegen und damit auch zu den am frühesten entstandenen Objekten des Kosmos gehören. Zur Entdeckung der Pulsare (1967) durch Jocelyn Bell Burnell siehe S. 55.

    Die Kosmische Hintergrundstrahlung (3-Kelvin-Strahlung) als Signatur des Urknalls wurde 1965 von Arno Penzias (*1933) und Robert Wilson von Bell Labs, Holmdel, NJ, entdeckt.²⁰ Beim Test eines sehr empfindlichen Mikrowellendetektor (gekühlt mit flüssigem Helium auf –269°C = 4K) bemerkten sie, dass es immer Störgeräusche gab – unabhängig von der Ausrichtung der Meßapparatur; Taubenkot im Detektor war nicht die Ursache. An der Princeton University forschten drei Astrophysiker, Robert Henry Dicke (1916–1997), Jim Peebles (*1935) und David Todd Wilkinson (1935–2002), an einer Vermutung von George Anthony Gamow (1904–1968), dass das frühe Universum heiß und dicht gewesen sei; sie vermuteten, dass ein Rest des heißes Leuchtens immer noch zu erkennen sein sollte, aber so rotverschoben, dass es im Mikrowellen-Bereich messbar ist. Als Penzias und Wilson davon erfuhren, erkannten sie, was sie entdeckt hatten. Sie – und nicht die Theoretiker aus Princeton – erhielten 1978 den Nobelpreis für Physik.

    Der Satellit COBE (Cosmic Background Explorer) konnte 1989–1993 mit drei Teleskopen die vom Urknall hinterlassene Wärmestrahlung messen – es ist das empfindlichste Thermometer der Welt. COBE zeigt das Weltall, wie es vor etwa 15 Milliarden Jahren aussah – 300.000 Jahre nach dem Urknall. Die von COBE erstellte Wärmekarte des gesamten Himmels zeigt, daß im jungen Universum die Materie nicht überall von gleicher Dichte und Temperatur war, sondern kleinste Schwankungen aufwies (Abb. auf Cover hinten): Die roten Gebiete sind einige millionstel heißer, die blauen entsprechend kälter als der Durchschnitt. Die dichteren Gasbereiche (blau) ziehen sich unter ihrer eigenen Schwerkraft zusammen, was mit einer Abkühlung einhergeht. Aus diesen Materieklumpen entstanden später die Galaxien. Die Messungen wurden noch verfeinert von WMAP (NASA, 2001–2010) und Planck (ESA, 2009–2013).

    Nach der Radioastronomie entwickelten sich in den 80er Jahren:

    • die Infrarot-Astronomie (IR) – Beispiele sind das Infrared Astronomical Satellite (IRAS), 1983, das Infrared Space Observatory (ISO), ESA, 1995–1998, Spitzer Space Telescope (SST), NASA, 2003, Stratospheric Observatory for Infrared Astronomy (SOFIA), NASA+DLR, 2010–2022,

    • die Röntgenastronomie, wichtige Beispiele sind ROSAT (1992), Chandra, NASA, 1999, XMM-Newton, ESA, 1999, eROSITA, MPE, 2019,

    • die Gamma Astronomie, z. B. Compton Gamma Ray Observatory (CGRO), NASA, 1991–2000, zur Messung von Gammastrahlenausbrüchen, den gewaltigsten Explosionen im Kosmos (z. B. Supernovae und verschmelzende Neutronensterne).

    1.3 Neue Methoden in der Messung und Auswertung

    Erste Landvermessungen und Aktivitäten in der Kartographie gab es schon ab dem 16. Jahrhundert. Auch Instrumente wurden entwickelt und die Mercator-Projektion als Grundlage für Weltkarten. Nationale Landvermessungen begannen im 18. Jahrhundert,²¹ zum Beispiel die erste Triangulation Frankreichs von Jacques Cassini [Cassini II] (1677–1756) und César Cassini de Thury [Cassini III] (1714–1784) von 1733 bis 1745.22 Abbé Jean Picard (1620–1682) bestimmte 1668/70 als Erster im Auftrag der Académie des Sciences die Länge eines Meridianbogens (Paris – Amiens). Mit der Methode der Triangulation ergab sich etwa 111,1 km für einen Breitengrad, was einem Erdradius von 6372 km entspricht, ein relativ guter Wert im Vergleich zum heutigen 6371 km. Als Instrumente standen ihm Quadranten mit Meßfernrohren zur Verfügung. Zunächst wurden die Fadenkreuz-Okulare eingeführt, die ein bewegliches Fadennetz zum Messen feiner Winkel im Gesichtsfeld hatten. Adrien Auzout (1622–1691) und Picard widmeten sich der Entwicklung von Mikrometern (ab 1666), um die Genauigkeit der Messung zu verbessern.²³ Damit verwandelten sie das Teleskop von einem reinen Beobachtungs- zu einem Meßinstrument für Astronomie und Vermessung.

    Ein weiteres wichtiges Ziel war die Vermessung der Form der Erde, in erster Näherung eine Kugel. Die Frage war aber, ob die Erde abgeplattet ist wie ein Apfel, also an den Polen (wie Newton und die jügeren französischen Wissenschaftler meinten) oder wie eine Birne, also am Äquator (vertreten von Jacques Cassini). Zur Entscheidung sandte die Académie des Sciences zwei Expeditionen aus und zwar Pierre Bouguer (1698–1758) und Charles-Marie de La Condamine (1701–1774) 1735/41 ins Vizekönigreich Neugranada (Ecuador/Peru) und Pierre Louis Moreau de Maupertius (1698–1759) nach Lappland 1736. Nach Abschluss der Auswertung der Messungen beider Expeditionen 1743 war die Theorie Newtons bestätigt, dass die Erde ist an den Polen abgeplattet ist.

    Friedrich Wilhelm Bessel (1784–1846) ermittelte 1841 aus den Vermessungen in Europa, Russland, Indien und Südamerika genau Umfang und Form (Bessel-Ellipsoid „Besselei in Bremen, Abb.1.7, S. 33) der „ovalen Erdkugel.²⁴

    Die verbesserten Meßmethoden, auch mit Mikrometer, spielten natürlich ebenso in der Astronomie eine Rolle. Man denke an die präzisen topographischen Mondkarten, beispielsweise von Johannes Hevelius (1611–1687): Selenographia sive Lunae Descriptio (Danzig 1647).²⁵ Francesco Maria Grimaldi (1618–1663) beobachtete den Mond eifrig und erstellte zusammen mit dem Jesuitenpater Giovanni Battista Riccioli (1598–1671) eine Mondkarte, die im Almagestum novum (Bologna 1651) Ricciolis veröffentlicht wurde. Bewundernswert war auch Giovanni Domenico Cassinis (1625–1712), große Mondkarte (Durchmesser 3,5 m), die 1679 der Französischen Akademie zum Druck vorgelegt wurde. Den Höhepunkt bildet Tobias Mayers (1723–1762) Mondkarte (kleine 1791 und grosse 1881 gedruckt), vermessen mit einem von ihm konstruierten speziellen Glasmikrometer (1747).²⁶ Mayer entwickelte auch einen Repetitionskreis (1812) für die Landvermessung, aber besonders für die Längenbestimmung auf See.²⁷

    Es folgten Landvermessungen ab den 1760er Jahren in der Habsburgermonarchie mit Joseph Liesganig (1719–1799),²⁸ und 1784 bis 1853 in Grossbritannien.

    Nach dem Wiener Kongreß (1814/15) gab es einen Aufschwung an Landvermessungen bis zur Mitteleuropäischen Gradmessung (1862). Besonders wichtig war die Vermessung in Kooperation von Dänemark, Hamburg und vom Königreich Hannover. Heinrich Christian Schumacher (1780–1850) begann mit der Triangulation an der Sternwarte Altona²⁹ 1816 bis 1820. Die Braaker Basis für jütländische und hannoversche Dreiecke wurde von Johann Georg Repsold (1770–1830) hergestellt. Carl Friedrich Gauß (1777–1855) in Göttingen verwendete sein Heliotrop (ab 1821) und schloss 1821 bis 1825 mit der Hannoverschen Vermessung an (fortgeführt bis 1828 bis 1844/1861).³⁰

    Abbildung 1.7:

    Astro Walk Bremen – Oben: Carl Friedrich Gauß (1777–1855) und Gauß-Triangulationspunkt Bremen (Kirchturm von St. Ansgari) Unten: Friedrich Wilhelm Bessel (1784–1846) und Bessel-Ei, Jürgen Goertz (1989), Hanseatenhof

    (© oben: Gauss-Gesellschaft, Foto: Gudrun Wolfschmidt, unten: CC, Foto: Gudrun Wolfschmidt)

    Eine erste Initiative zur Vereinheitlichung der Messungen gab es auf dem Gebiet der Meteorologie mit der Societas Meteorologica Palatina (1780 bis 1795) in der Akademie der Wissenschaften in Mannheim.³¹ Johann Jakob Hemmer (1733–1790) startete ein internationales Projekt, ein Wetter-Messnetz, mit vereinheitlichten Meßinstrumenten und Meßprotokollen mit weltweit 39 Stationen. Auch heute noch sind die ermittelten historischen Wetter- und Klimadaten eine wertvolle Grundlage für Klimaforschung.

    Ein weiteres Highlight ist der Magnetische Verein in Göttingen (1836–1841),³² eine Initiative von Alexander von Humboldt, Carl Friedrich Gauß und Wilhelm Eduard Weber (1804–1891). Neuartig waren die standardisierten Meßinstrumente und die einheitlichen Anweisungen für die Meßverfahren. Die Beobachtungsstationen (insgesamt 50) waren global verteilt. Die Ergebnisse wurden in Göttingen gesammelt, ausgewertet und publiziert. Für spätere geophysikalische internationale Unternehmungen war der Magnetische Verein ein Vorbild. Eine entsprechend wichtige Initiative, begonnen in der Französischen Revolution, war die Einführung des metrischen Einheitensystems,³³ basierend auf den Gradmessungsexpeditionen. Endpunkt sind die modernen absoluten SI-Einheiten.

    René Descartes (1596–1650) konzipierte eine Wirbeltheorie, sein mechanisches Weltsystem, um 1630, und veröffentlichte es in seinem Werk Principia philosophiae 1644. Er verwarf also die Vorstellung, daß es so etwas wie eine Gravitationskraft geben könne, die zwischen Materieanhäufungen im leeren Raum wirken könnte.

    Edmond Halley (1656–1741 jul. / 1742 greg.) bat 1684 Isaac Newton (1642–1726 jul./1643–1727 greg.) um Hilfe bei der Klärung des Systems der Welt, bei der Frage wie die Planeten auf ihren Bahnen gehalten werden. Newton hatte gerade ein Manuskript Über die Bewegung (De motu corporum in gyrum) 1684 fertiggestellt und hinterlegte das Manuskript bei der Royal Society zur Sicherung der Prioritätsansprüche. Schliesslich veröffentlichte er nach gründlichen Vorarbeiten die Ergebnisse in seinem Hauptwerk Philosophiae naturalis Principia mathematica (Mathematische Prinzipien der Naturlehre) (London 1687). Die mathematische Beschreibung der Himmelsbewegungen (Himmelsmechanik) beruhte auf der einheitlichen, zeitlos wirkenden Fernkraft für die Anziehung zwischen den Himmelskörpern. Bei den Bewegungen unter dem Einfluß einer Zentralkraft diskutierte Newton neben den kreisförmigen Bahnen auch elliptische, parabolische und hyperbolische Bahnen wie sie bei verschiedenen Lagen des Kraftzentrums entstehen. Bei den Grundlagen für Newtons Gravitationstheorie sollte man nicht die unabhängige Formulierung der Infinitesimalrechnung durch Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716) vergessen.³⁴

    Diverse Erfolge ergaben sich aus Newtons Gravitationsgesetz – besonders das Dreikörper-Problem der Himmelsmechanik erlaubt die Vorausberechnung der Bahnen dreier Körper unter dem Einfluss der gegenseitigen Anziehung nach Newtons Gravitationsgesetz; für die

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