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Sikmui zwischen Pfefferlingen und das Dreigestirn der Liebe: Erdenhimmel - Trilogie Band 2
Sikmui zwischen Pfefferlingen und das Dreigestirn der Liebe: Erdenhimmel - Trilogie Band 2
Sikmui zwischen Pfefferlingen und das Dreigestirn der Liebe: Erdenhimmel - Trilogie Band 2
eBook250 Seiten3 Stunden

Sikmui zwischen Pfefferlingen und das Dreigestirn der Liebe: Erdenhimmel - Trilogie Band 2

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Über dieses E-Book

Merle, ein blutjunges, auf den Babystrich gezwungenes Mädchen, hört in einer Kirche Orgelmusik und spricht die junge Organistin Sikmui mit dem Satz an "Das ist mein Leben!" Ein so tiefes Verständnis für sich und ihre Musik ist Sikmui nie vorher begegnet, und so entsteht zwischen den beiden eine unverbrüchliche Liebe. Sikmui, Saphira, eine walkürenhafte Riesin, und die Schamanin Finja erleben anlässlich eines Konzertes das herzzerreißende Coming-out Merles und nehmen sie in ihre Obhut. Zwischen den Frauen Sikmui, Merle und Saphira entsteht ein Dreigestirn der Liebe, das seinen Kontrapunkt in der Beziehung zwischen Sikmui und ihrem Freund, dem Portraitmaler Albért, erfährt. Traum und Wirklichkeit, Magie und Realität im Spiegel fernster Vergangenheit und Zukunft durchdringen das sich bunt und matriarchal zwischen einer Menge engstirniger "Pfefferlinge" entfaltende Leben der Frauen.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum6. Juli 2021
ISBN9783347351967
Sikmui zwischen Pfefferlingen und das Dreigestirn der Liebe: Erdenhimmel - Trilogie Band 2

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    Buchvorschau

    Sikmui zwischen Pfefferlingen und das Dreigestirn der Liebe - Kai Hortiensis

    Sikmui zwischen Pfefferlingen

    und

    das Dreigestirn

    Die Landorganistin

    Als Sikmui 14 Jahre alt war, hatte sie nicht das Bedürfnis, ihre Heimat und den See darin zu verlassen, wie es Zarathustra tat, und schon gar nicht war sie verliebt, wie einst Viktoria in Johannes. Stattdessen saß sie auf der Orgelbank in der Kirche und spielte klangverloren ihre eigene Musik. Die war zwar noch grün, hatte aber schon unverwechselbar Sikmui in sich. Aber nur im eigenen Topf zu garen, kam für Sikmui nicht infrage. Sie war neugierig und wollte - was sie schon seit vielen Jahren tat - die gesamte europäische Kunstmusik kennenlernen und, soweit es ihre bis dahin gediehenen Fähigkeiten zuließen, auch spielen. Deshalb nahm sie sich Noten von Pachelbel, z. B. sein Hexachordum Apollinis vor, wozu ihr ihre Lehrer geraten hatten, oder auch Orgelwerke von Buxtehude, dem Lehrer Bachs, und brachte auch gerne selbst verfasste Transkriptionen wie z. B. Saties Gymnopédien, Hindemiths Fünftonstücke oder die kleine d-Moll-Phantasie Mozarts auf der Orgel zum Klingen. Ja, Musik war Sikmuis große Liebe.

    An Jungen dachte sie selten. Die waren ihr einfach zu blöde und wenn, dann verbannte Sikmui sie in ein fernes Elysium.

    Zu dieser Zeit war sie bereits Land-Organistin an einer akzeptablen zweimanualigen Ott-Orgel, und während die meisten die Beatles, Pink Floyd und Ähnliches hörten, schlug sie gerne das Kirchengesangbuch auf und vervollkommnete spontan die dort vorfindlichen einstimmigen Lieder zu drei oder vierstimmigen Sätzen. Das Improvisieren in traditionellen Sprachen, die ganz anders waren als ihre eigene, machte ihr Spaß, und auch die Kirchgänger erfreuten sich meistens daran.

    Hingegen langweilte sie das Gerede in der Kirche. Antworten auf wichtige Fragen wie: „Was ist die Liebe und was bedeutet der Tod?" wurden ausgelassen oder wurden derart flach und floskelmäßig beantwortet, dass es Sikmui geratener erschien, während der Babbelzeit Bücher zu lesen, z. B. Platons Symposion oder Doktor Faustus von Thomas Mann.

    Sehr erfrischend hingegen erlebte sie unfreiwillige Theaterstücke im Gotteshaus oder überhaupt Unbotmäßiges, das dort nicht hingehört. Das war meistens zum Lachen oder zum Weinen oder zu beidem gleichzeitig, was meistens der Fall war.

    Pastor Hartbock

    So kam es z. B. in Holterbach zu einem ungewöhnlichen Geschehen zwischen dem Pastor und seinen lieben KonfirmandInnen. Es war nach einem Gottesdienst. Sikmui spielte noch ein wenig - gewissermaßen als Nachklang ihres Schlussstückes, als sie in der Kirche Jugendliche herumtoben hörte. Der Pastor war offenbar schon nach draußen gegangen, und nun tanzten die Mäuse. „Warum nicht? dachte Sikmui, zog ein kräftigeres Register und spielte weiter. Als der Lärm aus Schreien, Rufen wie „Hierher, guck doch hin, ja der Pass saß, Blödmann! Abgeben, hier stehe ich, hieeer du dumme Pute!, dazu Poltern, Krachen Schreien wie „Ich habe mir den Arsch am Ofen verbrannt, Auaaaa, wechselte Sikmui zur Improvisation, zog noch weitere Register und veredelte das Getöse musikalisch. Von den unflätigen Höllenklängen zurückgelockt kam Herr Hartbock angelaufen und - obwohl schon älter - schlug die Tür auf und sprang tatsächlich wie ein gehörnter Bock in seine heilige Kirche. Was er sehen musste, davon zehrte er noch lange. Es war ein gekonnter Fallrückzieher, der bewirkte, dass dem geistlichen Herrn der Adventskranz um die Ohren flog. „Wer hat, brüllte Herr Hartbock, krebsrot im Gesicht, die »dumme Pute« an, die gerade in seiner Nähe stand, „mit dem Adventskranz Fußball gespielt? Die dumme Pute war die rote Zora, wie man sie normalerweise respektvoll nach dem gleichnamigen Jugendbuch nannte, und die war gerade mit Besserem beschäftigt als mit dem Pastor zu plaudern. Sie sprang zirkusnummerverdächtig über die Bänke der Heils-Anstalt, was Sikmui, in den Orgelspiegel blickend, wiederum musikalisch wunderbar karikierte, und hatte nun die Absicht, dem Idioten, der sie so abschätzig während des Adventskranz-Fußballspiels tituliert hatte, ein paar „aufs Maul zu geben. „Verflucht, schrie Pastor Hartbock, „Zora - ihm war ihr Spitzname nicht entgangen - „spring nicht herum, sondern komm her und antworte: wer hat mit dem Adventskranz Fußball gespielt? „Gleich rief Zora, „Ich muss noch etwas erledigen. „Nein komm sofort her. Welcher Schweinebengel hat den Adventskranz durch die Kirche geschleudert und auch noch mit dem Fuß? Sein Zorn war wirklich bemerkenswert. Er hatte tatsächlich Hörner wie das liebe Vieh. Zora war unterdessen am Ort ihrer Erledigung angelangt und vollzog ihre Strafaktion respekteinflößend, was Sikmui mit staccatierten Rhythmen aufgriff. „Orgel aus!, brüllte nun Pastor Hartbock nach oben, was Sikmui ärgerte und sie jetzt nur noch einen Dauerton spielen ließ. „Wir haben einen Heuler in der Orgel, lieber Herr Hartbock, rief sie nach unten. Die Jugendlichen lachten und die rote Zora am meisten. Das war nun allerdings für „Hartbocki" - wie ihn die KonfirmandInnen nannten - der Gipfel. Mit dem Kranz in den Händen machte er sich daran, die Meute zu jagen und leider auch in der Absicht, sie zu schlagen. Hörner hatte er ja schon.

    Da machte ihm der Adventskranz jedoch vorübergehend den Garaus. Das blöde Ding, der Kranz, der inzwischen seinen Kerzen- und sonstigen Weihnachtsschmuck verloren hatte, ging auf und verwandelte sich in einen langen grünen stacheligen Schwanz. Der geriet dem heiligen Mann im heiligen Zorn zwischen die heiligen Beine und brachte ihn zu Fall, worauf teuflisches Gejohle ausbrach. Der Gehörnte jedoch sprang, was man nicht für möglich gehalten hatte auf die Hinterbeine, ergriff den Stachelschwanz erneut, schwang den wie ein Cowboy sein Lasso hoch über seinem Silberhaupt und begab sich brüllend erneut auf Jagd, was Sikmui mit einem gewaltigen Akkord kommentierte, nicht ohne freundlich darauf hingewiesen zu haben, dass die Orgel wieder in Ordnung sei. Weit kam Herr Hartbock nicht mehr. Die demnächst zu firmenden, angeführt von der roten Zora, liefen hakenschlagend wie die Hasen zwischen den Bänken hin und her und dann schleunigst aus der Kirche hinaus ins Freie. „Kirche kann wirklich toll sein", dachte Sikmui. Aber darin verfing sie sich nicht. Letztlich hatte sie Besseres zu tun.

    Kaiser Rothaar

    In der Nachbargemeinde mit dem merkwürdigen Namen „Ballibax, wo es in der Nähe der Kirche sogar einen kleinen Zoo gab, wurde Sikmui gelegentlich gebeten, als Gastorganistin zu spielen, wenn der dortige Organist, Herr Puff, sich krankgemeldet hatte oder beim Knobeln hockte. Nun war es so, dass seit Kurzem in dieser Kirche „Kaiser Rothaar, wie man den großgewachsenen jungen Pastor seiner mehr als schulterlangen rötlich blonden Haare wegen nannte, die Aufgabe hatte zu predigen.

    Das tat er sprachgewandt und heftig, besonders wenn er erst nachts um fünf aus der Disko nach Hause gekommen war. „Nur dies Gepolter auf der Treppe fast jede Nacht, ist bös Herr Döppe" zitierte Fräulein »Pipi«, eine im selben Haus zur Untermiete wohnende schon seit langem pensionierte Gemeindeschwester, ihren Hausdichter Busch, wenn sie Kaiser Rothaar vorbeitrampeln hörte. Der Kaiser versprach, sich zu bessern, was aber leider nicht geschah.

    Sikmui gefiel dieses „Himmelstier, wie sie den jungen Pastor heimlich und unbewusst zutreffend nannte. Es waren wohl die ersten noch gänzlich jungfräulichen Gefühle und zaghaften Erregungen, die Sikmui durchfuhren, wenn sie dem, wie sie fand, hübschen Mann begegnete. Und dem „Himmelstier gefiel die braunblonde schöngewachsene junge Frau so sehr, dass er nachts von ihrer Schönheit träumte, aber nicht nur davon. Konnte das gutgehen? Vielleicht wäre es das ja, wenn Kaiser Rothaar Sikmui in ganzer Zartheit und tiefer scheuer Einfühlung verehrt hätte. Aber als bereits erfahrener Mann, dessen Hormone ihn schon manchen Haken schlagen ließen, wusste er, dass Sikmui geschlechtsreif war und hoffte, sie in absehbarer Zeit „pflücken zu können. Mag sein, dass ihm das bei anderen Frauen gelungen war, bei Sikmui jedoch legte der Kaiser eine furiose Bruchlandung hin, und das kam so: Immer wenn Sikmui beim „Himmelstier an der Orgel Dienst tat, spielte sie, naiv wie sie in Liebesdingen war, besonders innig und schön, und besagtes Tier lobte sie dafür, bis ihm der Schnabel weh tat. Das war auch gut so, denn es war gelogen. In Wahrheit hatte er wie die meisten PastorInnen keine Ahnung von guter Musik und war wie mit dem Holzhammer vors rotblonde Haupt geschlagen, wenn Sikmui es schüchtern gewagt hatte, etwas von der eigenen ein wenig noch an 12-Ton erinnernden Musik und damit von der eigenen Seele preiszugeben.

    Dann zeigte sich am rotblonden Kaiser eine sehr hässlich Variante geistiger Umnachtung. Das betraf besonders sein Hörverstehen, das durch Rock und Pop nieder gehalten wurde und selbst im Kirchenzuschnitt nie avancierter neuer Klassik z. B. Krzysztof Penderecki, Ligeti oder Strawinski begegnete. Dem schlichten Gottesknecht hatte das Schicksal im Laufe der Jahre tatsächlich stattliche Durchschnittsohren wachsen lassen. Dennoch bog sich dieser Mensch vor gespielter Begeisterung und machte, Sikmuis Spiel lobend, peinliche Komplimente, nicht wissend, wovon er sprach. Sikmui bemerkte das, spürte, dass da etwas schief lief und dachte zunehmend an den goethischen Knaben, der ein Röslein stehen sah. Ihre Offenheit gegenüber dem Pastor nahm ab und ihre Vorsicht zu. Das bemerkte der Rotblonde zwar, aber seine Faszination für Sikmui nahm trotzdem nicht ab.

    Musiklehrer

    Sikmui war für Komplimente ihr Spiel betreffend nicht grundsätzlich unempfänglich, die gehörten zur Kritik, die sie gelegentlich von ihren Lehrern gleichermaßen empfing, dazu. Mit Komplimenten jedoch ihr Haar, ihr Gesicht, ihren Körper betreffend, konnte sie nicht viel anfangen, sie waren ihr eher lästig und ganz besonders, wenn sie durch Pfiffe erfolgten, die dazu auch noch in falschen Intervallen erklangen. Aber wenn ihr Derartiges begegnete, musste sie zu ihrer Überraschung an den Kaiser denken. Dann wurde ihr heranreifendes Mädchenherz seltsam unruhig. Aber das geschah selten. Meistens kümmerte sich Sikmui um die Verbesserung ihrer Fähigkeiten auf der Orgel, dem Klavier, der Gitarre, der Geige und sogar im Hinblick auf die Komposition.

    Von den Instrumentallehrern mochte sie besonders ihren Orgellehrer. Letzterer war ein kleiner, zum Jähzorn neigender glatzköpfiger Konzertorganist, der zugleich Kantor des besten Chores ihrer Heimatstadt Gurlett war. Er hieß Hornrothh, und wie er hieß, so war er auch. Wenn sie Orgelunterricht hatte, ließ er es sich oft nicht nehmen, auf die Orgelbank zu springen und sie mit den Worten „Weg, weg, weg! derart zu bedrängen, dass sie von dieser oft herunterfiel. „Können sie sich nicht wie ein normaler Mensch an die Orgel setzen? fragte Sikmui dann, aber das hörte Herr Hornrothh nicht mehr, denn er spielte bereits vor, wie Sikmui zu spielen hätte. Meistens überzeugte sie das, und sie nahm ihm seine Tempramentsausbrüche nicht übel. Er war eben ein Rumpelstilzchen, aber eins von der liebenswerten Sorte. Sikmui mochte ihn als Lehrer und er sie als hochbegabte Schülerin, auf die er stolz war. Gerne nahm diese nun auch an seiner Arbeit als Kantor teil und sang voll Freude im Sopran alle großen Werke der Kirchenmusik, die Herr Hornroth mit seinem Chor und dem städtischen Sinfonieorchester aufführte, mit. Auch in der Chorarbeit war der Kantor ein begnadeter Wüterich, beinahe wie Friederich im Struwwelpeter, nur dass der an Haaren auf dem Kopf viel zu viel hatte, was Herrn Hornroth an Haaren - jedenfalls auf dem Kopf - fehlte. Einmal. nachdem er mehrfach um Ruhe gebeten hatte und ein schwarzlockiger Theologiestudent namens Jungquis noch immer dazwischen quatschte, geschah es, dass der Kantor auf den Stuhl vor dem Flügel sprang und „Raus, raus, raus! brüllte und dann, als nichts geschah, sogar den Flügel als Plattform gemsgleich eroberte und schrie: „Herr Jungquis, sie stören permanent durch ihr unverschämtes Dazwischengerede. „Raus mit ioi, - seine Stimme überschlug sich - „ich meine Ihnen, rrr - er klang jetzt wirklich wie ein bissiges Tier - „Rrrrrrrraaaaaaus! Bei dieser herzerfrischenden Rede bekam Herr Hornrothh, was in seinem Namen schon angelegt war, rote Hörner und einen riesigen knallroten Kamm, eine Übung, die ihn später fast das Leben gekostet hätte, wenn der Klinik-Hubschrauber nur ein wenig später gekommen wäre. Besagter Jungquis bemerkter endlich, dass er gemeint war, zog still den Schwanz ein und verdrückte sich, den Boden intensiv betrachtend, schleunigst. Der Kantor sprang vom Flügel ab, schüttelte sich heftig und rief Sikmui zu sich. „In die Kirche mit dir und den Sopranen. Und übe die Einzelstimme ordentlich! „Gerne, Herr Hornroth, antwortete Sikmui, die seinen Namen besonders freundlich und leicht gedehnt aussprach, sodass einige der Männer im Bass ein Lächeln nicht überwinden konnten. Die Jungfrau ging, die Damen folgten ihr und Herr Jungquis, der noch beschämt vor der Tür stand fragte: „Seid ihr etwa auch rausgeflogen? „Einzelprobe, antwortete Sikmui, „wie bei dir, nur etwas anders." Ja, Meister Hornrothh war schon ein besonderer, was sich allerdings sehr positiv auch in seinem höchst hörenswerten furiosen Spiel von Liszt-Werken ausdrückte, die er selber für die Orgel umgeschrieben hatte.

    Der andere ihrer wichtigen Lehrer zu dieser Zeit war ihr Kompositionslehrer, den sie regelmäßig in Hannover aufsuchte, Prof. Max Lax, im Temprament das komplette Gegenstück zu Hornroth. Für Sikmui war dieser noch verhältnismäßg junge Mann geradezu vom Himmel für sie geschaffen. Selber noch ein Suchender, überließ er Sikmuis Entwicklung ihrem eigenen Stern. Fest umrissene Aufgaben gab es selten. Dafür viele vorsichtige Empfehlungen, respektvoll vorgebracht, dies oder das z. B. von Stockhausen oder Ligeti zu hören. Aber auch seiner Meinung nach lesenswerte Bücher nannte er, z. B. „Doktor Faustus von Thomas Mann, „Einbruch in die Freiheit von Jiddu Krishnamurti, was Sikmuis Leben positiv stärkte, oder Alma Mahlers „Erinnerungen an Gustav Mahler. Kompositionstechnisch ging es um Messiaens Buch über seine musikalische Sprache, das Sikmui erst aus dem Französichen übersetzen musste, wobei ihr ihre Mutter weitgehend helfen konnte. Auch Hindemiths Unterweisung im Tonsatz wurde durchgearbeitet, und die Kapitel Schönberg, Berg, Webern einschließlich der Bücher dazu ließ Prof. Lax selbstverständlich folgen. „Mach dich niemals davon abhängig, das sind nur Beispiele, wie man es machen kann, nicht mehr. Zeig mir lieber deine eigenen Arbeiten und erkläre genau dein kompositionstechnisches Herangehen. Hier ließ Herr Lax wenig durchgehen.

    „Das klingt nach Bartok, das klingt nach Strawinsky, das ist Hindemith pur und hier hast du wohl zuviel Messiaen gehört. Ach, und Versuche mit 12-Tontechniken hast du auch schon gemacht. Aber: Wo bleibt Sikmui. Ich will nicht sagen, dass ich gar nichts von dir in deinen Noten entdecke, aber das muss stärker werden." Sikmui spürte das auch. Aber wie konnte das stärker werden?

    Herr Lax war da wohl etwas weiter. Zu der Zeit verfasste er jedenfalls skurrile Musiktheaterstücke, die Sikmui gefielen und sie wünschen ließ, dass Herr Lax auf diesem Wege weitergehen würde. Von ihrem ersten Kompositionslehrer Prof. Gans in Gurlett hatte sie die traditionellen Kompositionstechniken kennengelernt: Kontrapunkt, Harmonielehre, Formenlehre, - und das über mehrere Jahre. Und wie es wichtige zeitgenössische Komponisten machten, wusste sie nun auch. Aber was war ihr Ding? Sikmui fühlte sich unter dem Gelernten wie eine Verschüttete nach einem Erdrutsch. Es war nicht so, dass sie das Eigene Unverwechselbare gar nicht in sich spürte. Beim klangverlorenen Improvisieren am Klavier und besonders auf der Orgel lag es oft wie eine glühende Kohle in ihr. Und dann klang ihre Musik so, dass Kaiser Rothaar die Krätze kriegte und sich in gelogenen Lobeshymnen verlor. Oder irrte sie sich? Vielleicht hatte er dummschwätzend doch etwas Eigentliches, Echtes gespürt? Vielleicht sogar wie ein Mädchen vom Steintor in Hannover, das, als sie zufällig Sikmuis Improvisationen in der Kirche hörte, zu ihr ging und sagte: „Das ist mein Leben, woraufhin Sikmui weinte und das Mädchen vom Babystrich umarmte. „O Gott, mein Gott schluchzte Sikmui und drückte das ebenfalls tränenrote Mädchen an sich. Sie hielten sich aneinander fest und hörten halb unbewusst zweimal die Turmuhr unterschiedlich oft schlagen.

    In diesen Minuten gewannen die Quellen, aus denen sich Sikmuis und des fremden Mädchens Leben gestaltete, eine ungeahnte Vertiefung.

    Sikmui bemerkte das zuerst in der plötzlichen Bantwortung ihrer Frage nach dem unverwechselbar authentischen Anfang ihrer Musik: Ihr kam die Szene eines Romans in den Sinn, wie eine junge Dichterin ihr Gedicht sich auf dem Teppich wälzend quasi gebar. „Das ist es! fühlte Sikmui. „Aus dieser Quelle wird meine zutiefst eigene Musik entstehen.

    Das schlimme Zimmer

    Einige Jahre später, Sikmui war nun tatsächlich zu einer schönen jungen Frau herangewachsen, traf sie Kaiser Rothaar in der Nähe seines großen Niedersachsen-Fachwerkpfarrhauses, in dem er nach wie vor residierte, wieder. Eigentlich wollte sie sich nur noch einmal die Orgel ansehen, denn sie hatte in der nächsten Zeit in der dortigen Kirche in einer Reihe von Gottesdiensten zu spielen. Ganz wohl war ihr bei dem Gedanken, dem Himmelstier wieder zu begegnen, nicht. Aber als sie ihn nun traf, um den Kirchenschlüssel zu holen, kam er ihr nicht mehr ganz so bedrohlich vor. Das vielleicht auch deshalb, weil sie inzwischen auch ein wenig mehr Erfahrungen mit dem männlichen Geschlecht gemacht hatte und wusste, worum es den Vertretern dieser Art von Menschen vor allem ging. Damit konnte sie umgehen.

    „Hallo Sikmui rief ihr der Kaiser auf der Straße zu. „Ich war noch bei den Schafen, aber wir können gleich reingehen. „Eigentlich will ich nur den Schlüssel für die Kirche abholen. „Den gebe ich dir gleich, komm. Er duzte sie noch immer, und sie tat es ihm nun gleich. „Albért, ich habe wenig Zeit." Er behauptete, dass auch er noch viel zu tun hätte, aber ihrer beider Zeit für eine Tasse Tee noch ausreichend sei, zumal sie sich lange nicht gesehen hätten. Als sie das Haus betraten, sagte Albért, er wolle ihr zuerst etwas Interessantes zeigen, lief die Treppe zum ersten Stock hoch und forderte Sikmui auf, ihm zu folgen. Kurz darauf standen beide in einem größeren hellen Raum mit vier Fenstern und vielen Gemälden an den Wänden. Sikmui bekam einen Schreck, denn die Bilder zeigten unterschiedliche Frauen völlig nackt. Die Köpfe waren recht klein und fast schemenhaft gehalten, aber zum Becken hin nahmen die Figuren an Größe und Deutlichkeit erheblich zu und zeigten sich schließlich photographisch genau und übermäßig groß im Bereich ihrer Genitalien.

    „Ja wie du siehst male ich auch, sagte das Himmelstier, „in Kassel studiere ich nebenbei Portraitmalerei. Hier sind schon ein paar Ergebnisse zu sehen.

    Sikmui hatte

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