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Praxishandbuch Digital Banking
Praxishandbuch Digital Banking
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eBook821 Seiten7 Stunden

Praxishandbuch Digital Banking

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Über dieses E-Book

Kaum eine Industrie wird durch die Digitalisierung so stark geprägt wie der Bankensektor. Neue Technologien verändern die Wertschöpfungskette im Privatkundengeschäft ebenso wie im Firmenkunden- und Kapitalmarktgeschäft. Auch zentrale Funktionen wie Risikomanagement, Finance, Controlling sowie Compliance und Kommunikation müssen sich den Herausforderungen des digitalen Zeitalters stellen. Neben jungen Finanztechnologieunternehmen („FinTechs“) stellen auch Technologie- bzw. Internetkonzerne mit innovativen Lösungen traditionelle Geschäftsmodelle der Finanzdienstleister in Frage. Die erfolgreiche Gestaltung der digitalen Transformation wird somit zum entscheidenden Faktor für eine nachhaltig erfolgreiche Unternehmensentwicklung. 
Das vorliegende Werk beleuchtet die unterschiedlichen Facetten der Digitalisierung und deren Auswirkungen auf das Bankgeschäft. Dazu gehören die unter dem Stichwort Banking 4.0 dargestellten strategischen Herausforderungen an die Bank der Zukunft angesichts neuer Technologien, veränderter Kundenerwartungen und eines dynamischen Wettbewerbsumfelds. Das Handbuch wurde von führenden Experten und erfahrenen Praktikern verfasst und richtet sich an Fach- und Führungskräfte, die sich mit der Digitalisierung im Bankensektor beschäftigen.

SpracheDeutsch
HerausgeberSpringer Gabler
Erscheinungsdatum20. Dez. 2017
ISBN9783658188900
Praxishandbuch Digital Banking

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    Buchvorschau

    Praxishandbuch Digital Banking - Volker Brühl

    Teil IDie Digitalisierung im Banking – strategische Trends

    © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2018

    Volker Brühl und Joachim Dorschel (Hrsg.)Praxishandbuch Digital Bankinghttps://doi.org/10.1007/978-3-658-18890-0_1

    Banking 4.0 – Strategische Herausforderungen im digitalen Zeitalter

    Volker Brühl¹  

    (1)

    Center for Financial Studies, Frankfurt, Deutschland

    Volker Brühl

    Email: bruehl@ifk-cfs.de

    1 Digitalisierung der Finanzindustrie

    2 Banking 4.0 – Anforderungen an die Bank der Zukunft

    2.1 Operative Effizienz

    2.2 Customer Relationship Management – „Smart Banking"

    2.3 Strukturelle Flexibilität – Netzwerke im Banking

    2.4 Innovationen – Smart Technologies

    3 Blockchain und Distributed Ledgers

    3.1 Zahlungsverkehr

    3.2 Wertpapierdienstleistungen

    3.3 Smart Contracts

    4 Ausblick

    Prof. Dr. Volker Brühl ist Geschäftsführer des Center for Financial Studies an der Goethe-Universität, Frankfurt a. M. Dieser Beitrag ist zuerst erschienen in der Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen 4/2017.

    1 Digitalisierung der Finanzindustrie

    Kaum eine andere Industrie steht vor so nachhaltigen Herausforderungen durch die Digitalisierung wie die Finanzindustrie. Etliche Großbanken investieren z. T. dreistellige Millionenbeträge in die Modernisierung ihrer IT-Infrastruktur. Dabei stehen die Verschlankung interner Prozesse, die Auslagerungen nicht länger zum Kerngeschäft zählender Dienste an Dritte ebenso im Fokus wie die Digitalisierung der Kundenschnittstellen durch Internetbanking, Smartphones, Wallet Apps oder Personal Finance Tools. Junge Finanztechnologie-Unternehmen (FinTechs) setzen die etablierten Größen unter Druck mit alternativen, kostengünstigeren und innovativen Geschäftskonzepten. Andererseits positionieren sich viele FinTechs als Partner von Finanzinstituten, indem sie einzelne Elemente der Wertschöpfungskette herausbrechen und effizienter abbilden als die etablierten Banken. Hinzu kommen die Internetkonzerne, die ihre technologische Kompetenz und ihre enorme Datenfülle über die Endkunden nutzen können, um Finanzdienstleistungen anzubieten. Bisweilen konzentrieren sich jedoch Internetkonzerne wie Google , Amazon , Facebook auf solche Finanzdienstleistungen wie z. B. Payment-Lösungen, die ihnen eine Intensivierung und Vertiefung der Kundenbeziehungen ermöglichen.

    Seit einigen Jahren hat sich der Begriff Industrie 4.0 etabliert, der die fortschreitende Verschmelzung von physischen und webbasierten Technologien zu intelligenten, selbstlernenden Cyber Physical Systems (CPS) umschreibt. Diese als vierte industrielle Revolution apostrophierte Entwicklung hat sehr unterschiedliche Ausprägungen und revolutioniert beispielsweise die Automatisierung der Fertigung („Smart Factories) durch Verfahren der Künstlichen Intelligenz ebenso wie die Vernetzung von Haushalten („Smart Home) oder Energienetzen („Smart Grids) bis hin zu intelligenten Fahrzeugen und Mobilitätssystemen („Smart Mobility) und Gesundheitsdienstleistungen („Smart Health). Die eng verzahnte Kommunikation und Interaktion von Menschen, Maschinen oder Produkten und Diensten wird durch Methoden der Künstlichen Intelligenz, der virtuellen oder erweiterten Realität sowie durch moderne Sensortechnologie ermöglicht. Anders als bei der Beurteilung der industriellen Entwicklung lässt sich der Entwicklungsprozess im Banking nicht ohne weiteres in vier Phasen einteilen, dennoch werden die Auswirkungen der Digitalisierung des Bankgeschäftes zuweilen unter dem Label „Banking 4.0 diskutiert.

    In diesem Beitrag soll der Frage nachgegangen werden, welche Auswirkungen der Digitalisierung über die inzwischen allseits bekannten und genutzten Smart Phone-Apps im Mobile Banking oder automatisierten Anlageberatungstools (sog. Roboadvisor) auf das Bankgeschäft der Zukunft zu erwarten sind. Viele dieser Anwendungen betreffen den B2C-Bereich und eröffnen im Retail Banking einen neuen Vertriebs- und Kommunikationskanal. Diese Apps bieten einen zeit- und ortsunabhängigen Zugang zur Bank und sorgen mithin für eine bequeme, kostengünstige und transparente Abwicklung alltäglicher Bankgeschäfte. Erschienen diese Entwicklungen noch vor wenigen Jahren aus Sicht des Kunden spektakulär, ist die Nutzung von Banking Apps längst Standard, zumal die Programmierung und Anbindung solcher Apps keine nennenswerte technologische Herausforderung darstellt. Insofern stellt sich die Frage, welche Auswirkungen die Digitalisierung über diese Convenience-Faktoren hinaus auf das Bankgeschäft der Zukunft haben wird.

    2 Banking 4.0 – Anforderungen an die Bank der Zukunft

    Auch wenn sich heute nur Mutmaßungen über diese strategischen Entwicklungen anstellen lassen, so sind doch einige Trends bereits heute erkennbar, die das Banking der Zukunft prägen werden. Abb. 1 gibt einen Überblick über die wesentlichen Einflussfaktoren der Digitalisierung auf das Bankgeschäft der Zukunft sowie die sich daraus ergebenden Anforderungen an die technologische Infrastruktur im Banking. Häufig wird die Diskussion über die Digitalisierung in Banken auf die Themen Prozessautomatisierung und die damit einhergehenden Kostensenkungspotenziale bzw. Effizienzgewinne reduziert. Dabei werden die eigentlichen Herausforderungen durch die Digitalisierung mittel- bis langfristig für die Banken darin bestehen, die Kunden mit innovativen, personalisierten und intelligenten Dienstleistungen zu versorgen und damit das herkömmliche Customer Relationship Management zu einem „Smart Banking"-Ansatz weiterzuentwickeln. Dies wird eine deutlich höhere strategische und strukturelle Flexibilität des Geschäftsmodells erfordern, da die Banken künftig innovativer, agiler und anpassungsfähiger sein müssen als heute. Denn die Bank der Zukunft wird sich zu einer intelligenten digitalen Plattform entwickeln, auf der Kunden, Dienstleister und Produktanbieter Wertschöpfungsnetzwerke bilden. Diesen Trend sehen wir heute schon in der Automobilindustrie oder im Maschinenbau.

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    Abb. 1

    Banking 4.0 – Auswirkungen der Digitalisierung.

    (Quelle: Eigene Darstellung)

    2.1 Operative Effizienz

    Das gegenwärtige Markt- und Wettbewerbsumfeld im Banking, welches durch Niedrigzinsen, steigende regulatorische Anforderungen sowie die digitale Revolution in allen Lebensbereichen und neue Wettbewerber (FinTechs) geprägt ist, legt die hohen Strukturkosten der meisten Banken schonungslos offen. Mit wenigen Ausnahmen sind die hohen Fixkosten im Banking ein weit verbreitetes Phänomen, das u. a. durch ungünstige Front-to-Backoffice-Relationen und hohe Cost-Income-Ratios zum Ausdruck kommt. Daher arbeiten Kreditinstitute insbesondere an einer durchgehenden Digitalisierung der Geschäftsprozesse vom unmittelbaren Kundenkontakt bis hin zum Backoffice. Diesen mit dem Schlagwort „End-to-End"-Digitalisierung bekannten Bemühungen der Banken steht jedoch in vielen Fällen eine veraltete, heterogene, durch viele Schnittstellen und Inkompatibilitäten charakterisierte IT entgegen. Denn die meisten Banken verfügen über eine IT-Landschaft, die aus einer komplexen Kombination von monolithischen Kernbanksystemen , einzelnen Modulen von Standard-ERP-Systemen und einer Vielzahl von produkt- oder prozessspezifischen Front- und Backoffice-Systemen besteht. In der Praxis ist daher ein Redesign der Kernprozesse nur mit einem erheblichen Umbau der operativen Altsysteme der Bank und entsprechend hohen Kosten verbunden. Die Folge ist häufig, dass langfristig sinnvolle strategische Investitionen in die Modernisierung der Bank-IT unterbleiben und stattdessen Maßnahmen zur kurzfristigen Optimierung unter Beibehaltung der Kernbanksysteme ergriffen werden. Dabei besteht jedoch die Gefahr, dass die Anpassungsfähigkeit des gesamten Geschäftsmodells der Bank eingeschränkt und damit letztlich die Wettbewerbsfähigkeit auf Sicht gefährdet wird, da sich auch im Bankgeschäft das Umfeld beschleunigt verändert.

    Dies bedeutet, dass die Banken ihre häufig über Jahrzehnte in Eigenentwicklung erstellten Kernbanksysteme durch modulare, skalierbare und offene Systeme ersetzen müssen. Nur so können Kernprozesse der Bank im Front- und Backoffice-Bereich standardisiert und automatisiert werden. Gleichzeitig müssen die Banken eine digitale Plattformstrategie entwickeln, die es ihnen erlaubt, zahlreiche kundenbezogene Apps und interne Anwendungen mit einfachen Schnittstellen an das eigene Kernbanksystem anzuschließen und vor allem auch für Drittanbieter (etwa beim Vertrieb von Anlage- oder Versicherungsprodukten) zu öffnen. Cloud -Lösungen werden hier eine wichtige Rolle spielen und auch in verstärktem Maße der Einkauf von Softwaredienstleistungen im Rahmen von „Software as a Service (SaaS )- oder „Platform as a Service (PaaS)-Konzepten . Abb. 2 fasst die wesentlichen Elemente einer zukunftsfähigen Bank-IT 4.0 zusammen.

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    Abb. 2

    Die Bank-IT der Zukunft.

    (Quelle: Eigene Darstellung)

    Der heute in den Banken zu beobachtende Transformationsprozess ist überwiegend effizienzgetrieben, um vor allem Backoffice- und Zentralfunktionen durch die Digitalisierung deutlich verschlanken zu können. Dies ist unzweifelhaft eine notwendige, aber keineswegs hinreichende Bedingung für den Erhalt, die Wiedergewinnung oder den Ausbau der eigenen Wettbewerbsfähigkeit. Denn in spätestens zehn Jahren werden wir in der Finanzindustrie einen branchenweiten Effizienzschub durch die Digitalisierung der Wertschöpfungsprozesse beobachten, der es zunehmend erschweren wird, durch Kostenvorteile ein Alleinstellungsmerkmal im Banking zu erzielen.

    2.2 Customer Relationship Management – „Smart Banking"

    Die Wettbewerbsintensität im Banking war noch nie so hoch. Dazu tragen nicht zuletzt die hohe Liquidität im Markt, die hohe Preis- und Konditionentransparenz durch Vergleichsportale und die niedrigen Wechselkosten für Kunden bei. Schon heute kann es sich kein Kreditinstitut mehr erlauben, seinen Kunden keinen multiplen Zugang zu den eigenen Dienstleistungen über stationären Vertrieb, Internetbanking oder Mobile Banking zu ermöglichen. Was hingegen oft fehlt, ist die intelligente Integration der unterschiedlichen Vertriebskanäle zu einem konsistenten Omni-Channel -Konzept, mit dem sich durch entsprechende Anreize die Einzelkanäle wechselseitig verstärken. Daher wird es darauf ankommen, mit Hilfe von Big Data - und Predictive Analytics-gestützten Verfahren das eigene Kundenportfolio trennschärfer zu segmentieren, die individuellen Kunden besser zu verstehen und dadurch Marketingeffektivität und -effizienz zu verbessern. Hier hinken Banken beispielsweise Unternehmen aus der Konsumgüterindustrie oder dem Einzelhandel weit hinterher. Denn neben der Auswertung des Kaufverhaltens kommen vermehrt Informationen aus unstrukturierten Daten (Textanalyse, Data Mining Tools) zum Einsatz, die zum Teil aus dem Social Media-Verhalten der Kunden abgeleitet werden.

    Darüber hinaus wird es erforderlich sein, sich über intelligente, personalisierte Dienstleistungen gegenüber den Wettbewerbern zu differenzieren. Denn der hohe Margendruck im Bankgeschäft liegt auch darin begründet, dass die meisten Finanzprodukte insbesondere im Finanzierungsbereich einen Commodity-Charakter haben, sodass der Preis die Kundenentscheidung maßgeblich beeinflusst. Auch hier können Predictive Analytics-Tools helfen, Kundenbedürfnisse durch die Verknüpfung unterschiedlicher Informationsquellen früher zu erkennen und präziser einschätzen zu können. Durch die Auswertung von Social Media-Daten lassen sich z. B. Informationen über das Freizeitverhalten gewinnen und damit potenzielle Finanzierungsanlässe proaktiv beim Kunden adressieren. „Smart Banking" kann aber auch bedeuten, die Konditionen für eine Finanzierung beispielsweise einkommens- bzw. bonitätsabhängig und damit risikoadäquat über die Laufzeit zu gestalten. Statt einzelne Produkte wie eine Baufinanzierung oder ein Anlageprodukt getrennt zu verkaufen, erleichtern Business Intelligence Tools die Entwicklung integrierter Finanzierungslösungen, bei denen Finanzierungs- Anlage- und Versicherungsprodukte kundenindividuell aufeinander abgestimmt werden und über den Lebenszyklus des Kunden in der Gewichtung variieren. Hier liegen auch im Banking die eigentlichen Chancen durch die Digitalisierung. Diejenigen Banken, denen es am besten gelingt, personalisierte Dienste und Konditionen über alle Vertriebskanäle hinweg anzubieten, haben einen echten Wettbewerbsvorteil. Auch das Filialportfolio kann hinsichtlich Struktur, Öffnungszeiten und Layout mit Hilfe von Big Data optimiert werden.

    Banken verfügen bereits heute über riesige Datenmengen, die oftmals unstrukturiert erhoben werden (etwa Kundenberatungsgespräche). Diese Daten können dazu dienen, mit Hilfe von Methoden der Künstlichen Intelligenz Muster und Abhängigkeiten im Kundenverhalten zu erkennen. Diese werden idealerweise durch ein Kernbanksystem ausgewertet, welches beispielsweise durch In-Memory-Technologien bereits für derartige Funktionalitäten ausgerichtet ist. Predictive Analytics wird also künftig auch im Retail Banking eine große Rolle spielen, um trotz standardisierter Prozesse individuelle Lösungen durch den Einsatz analytischer Algorithmen zu ermöglichen. In der Industrie spricht man heute schon von „Mass Customisation".

    In der individuellen Kundenbetreuung wie z. B. dem Private Banking oder dem Corporate Banking kann die Digitalisierung und der Einsatz solcher Business Intelligence -Tools dazu beitragen, dass die nicht wertschöpfenden Aktivitäten in der Abwicklung von Kundentransaktionen weitgehend automatisiert werden, während die Kundenbetreuer bei der kompetenten Beratung durch intelligente Analyse-Tools unterstützt werden. Auch in der Bank der Zukunft werden wir also vermehrt „Mensch-Maschine"- Systeme sehen.

    2.3 Strukturelle Flexibilität – Netzwerke im Banking

    Viele Banken arbeiten schon seit Jahren an einer Verschlankung ihrer Wertschöpfungsketten durch Outsourcing oder Offshoring von Aktivitäten in kostengünstigere Standorte. Gegenstand sind häufig die Bereiche IT, Rechnungswesen /Controlling oder Backoffice-Funktionen im Wertpapierhandel oder in der Kreditabwicklung. Künftig wird sich das Thema Wertschöpfungstiefe wie in produzierenden Sektoren auch in Banken noch mehr stellen. Denn Banken und andere Finanzdienstleister werden sich stärker in Netzwerken organisieren, um sich in einem beschleunigten Marktumfeld rascher anpassen zu können. Das Thema „Make or Buy" wird also auch in der Finanzindustrie an Bedeutung gewinnen, obgleich jede Auslagerung auch im Lichte der regulatorischen Rahmenbedingungen betrachtet werden muss. Jedoch wird die fortschreitende Digitalisierung der Kernprozesse auf der Basis von offenen und skalierbaren Kernbanksystemen die Voraussetzungen für Outsourcing und Offshoring wesentlich verbessern. Hier können auch die FinTechs eine wichtige Katalysatorrolle einnehmen, indem beispielsweise bestimmte Aktivitäten an Service Provider ausgelagert werden. Die Digitalisierung ist insofern ein wichtiger Enabler für die Bildung strategischer Allianzen im Finanzsektor. Je schneller und reibungsloser Prozessschritte über Schnittstellen an Kooperationspartner übertragen werden können und je geringer die Remanenzkosten bei einer möglichen Reintegration sind, umso leichter fällt die gegenwärtige Verlagerungsentscheidung.

    Dies hat auch zur Konsequenz, dass sich die Personalkostenstruktur im Banking deutlich variabilisieren muss. Auch heute schon arbeiten viele Leiharbeitskräfte oder Freelancer in Banken, die de facto Arbeiten der Stammbelegschaft substituieren. Es ist davon auszugehen, dass durch die Digitalisierung und Automatisierung nicht nur der Personalbedarf in den administrativen Funktionen deutlich abnehmen wird, sondern auch die reduzierte Stammbelegschaft durch entsprechende Beschäftigungsmodelle flexibilisiert werden muss. Was heute in weiten Teilen der Industrie selbstverständlich ist, wird künftig auch in Banken an der Tagesordnung sein.

    2.4 Innovationen – Smart Technologies

    Traditionell zählt der Bankensektor nicht zu den Sektoren mit einer hohen Innovationsrate. Dies ändert sich jedoch gerade, weil Methoden der Künstlichen Intelligenz, des maschinellen Lernens („Machine Learning) und von Big Data Analytics zunehmend von Finanzdienstleistern genutzt werden, um beispielsweise durch das Erkennen von versteckten Mustern in Finanzdaten Entscheidungen im Asset Management oder im Kreditrisikomanagement zu optimieren. Hinzu kommt, dass seit einiger Zeit die Distributed Ledger- bzw. Blockchaintechnologie immer stärker in den Vordergrund rückt. Der den Bitcoins und den meisten anderen Kryptowährungen zugrunde liegenden Blockchaintechnologie, die auf dem Prinzip eines verteilten Hauptbuches mit Transaktionskonten („Distributed Ledger) beruht, wird das Potenzial zugeschrieben, den Finanzsektor zu revolutionieren.

    3 Blockchain und Distributed Ledgers

    Die Blockchaintechnologie wurde ursprünglich als Plattform für die Einführung von sog. „virtuellen Währungen" entwickelt. Bei Bitcoins oder anderen Kryptowährungen handelt es sich nicht um Geld, sondern um Verrechnungseinheiten, die aufgrund privatrechtlicher Vereinbarungen als Zahlungsmittel in multilateralen Verrechnungskreisen eingesetzt werden können, ohne dass es dafür einer Genehmigung der Aufsichtsbehörden bedarf. Erweiterte Dienstleistungen wie z. B. die Vermittlung von An- und Verkäufen oder der Betrieb von Handelsplattformen können jedoch der Genehmigungspflicht unterliegen.

    Bei Kryptowährungen werden die elektronischen Zahlungen direkt zwischen Sendern und Empfängern abgewickelt, ohne dass es eines Finanzintermediärs (z. B. einer Bank) bedarf. Diese webbasierten Zahlungsverkehrssysteme verwenden Methoden der Kryptographie (Verschlüsselungstechnik), um mithilfe eines verteilten Rechnernetzwerkes (sog. Peer-to-Peer-Netzwerke) sicher und kostengünstig Transaktionen abwickeln zu können. Dabei besteht die Grundidee darin, dass Sender von virtuellen Geldeinheiten die jeweilige Transaktion fälschungssicher mit einem sog. „Private Key verschlüsseln, diese aber von jedem Teilnehmer des Netzwerkes mit einem „Public Key überprüft werden kann. Dennoch kann die Vertraulichkeit einzelner Transaktionsdetails sichergestellt werden, da diese nur mit dem jeweiligen Private Key des Berechtigten eingesehen werden können.

    Dabei ist die Blockchain nur eine Variante der „Distributed Ledger-Technologie". Grundsätzlich versteht man unter Distributed Ledgers verteilte Kontoführungssysteme, bei denen digitale Daten über mehrere Standorte gemeinsam genutzt und kontinuierlich synchronisiert werden. Es entsteht ein verteiltes Transaktionsregister, das eine lückenlose, unveränderliche Historie von Eigentums- und Übertragungsbeziehungen enthält. Werden die Transaktionen in miteinander verbundenen Blöcken abgebildet, spricht man von einer Blockchain.

    Die Entwicklung der Distributed Ledger-Technologie befindet sich noch im Anfangsstadium, sodass man gegenwärtig das Potenzial der Technologie nur in Ansätzen erfassen kann. Es ist jedoch zu erwarten, dass vor allem transaktions- und informationsintensive Branchen durch die Anwendung von Distributed Ledgers disruptiven Veränderungen ausgesetzt sein werden. Dazu zählt der Finanzsektor und hier vor allem das „Transaction Banking".

    3.1 Zahlungsverkehr

    Die Abwicklung des Zahlungsverkehrs in der Eurozone hat mit SEPA (Single Euro Payments Area) und dem TARGET2-System erhebliche Fortschritte gebracht. Denn mit SEPA, dem einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraum, wurden europaweit einheitliche Verfahren für den bargeldlosen Zahlungsverkehr eingeführt. Das TARGET2-System ist das Zahlungssystem der Zentralbanken des Eurosystems für die schnelle Abwicklung von Überweisungen in Echtzeit. Dennoch werden Überweisungen der Endkunden auch innerhalb der Eurozone in der Regel erst am nächsten Bankarbeitstag valutiert. Diese Settlement-Fristen können deutlich länger werden, wenn es sich um internationale Überweisungen über das SWIFT-System handelt, bei denen die Zahlungen über Korrespondenzbanken abgewickelt werden.

    Gerade der Zahlungsverkehr ist prädestiniert für die Anwendung der Distributed Ledger-Technologie. Ähnlich wie im Bitcoin netzwerk könnten künftig auch Zahlungen in klassischen Währungen grenzüberschreitend in nicht anonymen Peer-to-Peer-Netzwerken in Echtzeit direkt zwischen den Vertragsparteien durchgeführt werden, ohne dass es weiterer Intermediäre bedarf. Bislang benötigen selbst webbasierte Zahlungsverkehrssysteme wie PayPal immer noch Banken und Kreditkartenunternehmen als Dienstleister. Derartige „Instant Payment"-Systeme müssen jedoch nicht zwangsläufig auf der Blockchaintechnologie beruhen, sondern können durchaus auf einer weiteren Modernisierung von TARGET2 und SEPA oder spezifischen transaktionsorientierten Messengerdiensten basieren.

    3.2 Wertpapierdienstleistungen

    Die Distributed Ledger-Technologie kann bei den Wertpapierdienstleistungen vor allem die Nachhandelsaktivitäten revolutionieren, zu denen insbesondere Clearing und Settlement gehören. In der Eurozone wurden bereits erhebliche Effizienzgewinne mit der Einführung des Target 2-Securities (T2S) erzielt, das eine zentrale Wertpapierabwicklung in Zentralbankgeld ermöglicht. Wesentlich komplizierter bleiben grenzüberschreitende Wertpapierabwicklungen, wenn mindestens ein Transaktionspartner außerhalb der Eurozone sitzt. Dann vervielfachen sich die Schnittstellen und damit die Abwicklungszeiten zwischen den beteiligten Banken, Brokern und Zentralverwahrern . Wenn es gelingt, Wertpapiertransaktionen in einer verteilten Datenbank mithilfe kryptografischer Verfahren fälschungssicher zu übertragen, können die heute zeitintensiven Clearing- und Settlementprozesse soweit verschmelzen, dass Handel und Abwicklung nahezu in Echtzeit erfolgen können. Dies kann das heutige Geschäftsmodell der Börsen und das Verwahrgeschäft der Banken fundamental infrage stellen.

    3.3 Smart Contracts

    Smart Contracts stellen die digitale Abbildung vertraglicher Vereinbarungen dar, die im Distributed Ledger als ausführbare Programme codiert sind. Diese ermöglichen die automatische Auslösung von Aktivitäten, wenn deren Ausführung an den Eintritt bestimmter vertraglicher Bedingungen geknüpft ist. Dies kann Zins- und Tilgungszahlungen ebenso betreffen wie Kaufpreisnachlässe, Gutschriften oder die automatische Anpassung von Versicherungsprämien in Abhängigkeit von der Schadenshistorie. Im Kapitalmarktgeschäft zeichnen sich erste Anwendungen im Bereich Trade Finance, Syndicated Loans und im Emissionsgeschäft ab. Im Finanzsektor bilden sich derzeit Konsortiallösungen heraus wie das 2015 in New York gegründete Konsortium R3, dem derzeit mehr als 50 Finanzinstitute angehören und das sich zum Ziel gesetzt hat, den weltweiten Standard für Distributed Ledgers im Transaction Banking zu setzen. Ähnliche Ziele verfolgt das Unternehmen Digital Asset Holdings, ebenfalls mit Sitz in New York.

    4 Ausblick

    Die Bank der Zukunft wird also ein Technologieunternehmen sein, das als digitale Plattform für die Produktion und Vermarktung kundenspezifischer Finanzdienstleistungen dienen wird. Methoden der Künstlichen Intelligenz werden in Kombination mit Big Data- bzw. Predictive Analytics-Verfahren schon in wenigen Jahren unverzichtbar sein, um die jeweiligen Kunden mit den richtigen, personalisierten Finanzprodukten über virtuelle oder physische Vertriebskanäle zeit- und ortsunabhängig bedienen zu können. Dabei muss die Bank der Zukunft über eine flexible Wertschöpfungstiefe verfügen und situativ mit geeigneten Partnern strategische Allianzen eingehen können. Diese hohen Anforderungen an ein adaptives Geschäftsmodell lassen sich nur erfüllen, wenn die Banken ihre technologische Plattform radikal umbauen. Das alleine reicht aber nicht. Denn die Bank der Zukunft wird auch neue Organisations- und Führungsmodelle entwickeln müssen, um die besten Talente gewinnen und binden zu können. Wie diese aussehen könnten, sieht man heute schon bei Google oder Facebook , die hierarchische Organisationsmodelle durch flexible Clusterstrukturen ersetzen.

    © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2018

    Volker Brühl und Joachim Dorschel (Hrsg.)Praxishandbuch Digital Bankinghttps://doi.org/10.1007/978-3-658-18890-0_2

    Digitale Transformation im Banking – ein Überblick

    Markus Strietzel¹  , Sebastian Steger¹   und Till Bremen¹  

    (1)

    Roland Berger GmbH, Düsseldorf, Deutschland

    Markus Strietzel (Korrespondenzautor)

    Email: Markus.Strietzel@rolandberger.com

    Sebastian Steger

    Email: Sebastian.Steger@rolandberger.com

    Till Bremen

    Email: Till.Bremen@rolandberger.com

    1 Einführung

    2 Digitale Transformation

    2.1 Strategische Stoßrichtungen

    2.1.1 Kundenplattform

    2.1.2 Produkt- und Infrastrukturspezialist

    2.2 Umsetzung digitaler Transformation

    2.2.1 Digital Mindset

    2.2.2 Produkte und Prozesse

    2.2.3 Legacy IT

    3 Schlussbemerkung

    Literatur

    Dr. Markus Strietzel ist Senior Partner, Sebastian Steger und Till Bremen sind Berater im Competence Center Financial Services bei Roland Berger.

    1 Einführung

    Die Digitalisierung ist neben der Anpassung der Geschäftsmodelle an die veränderten regulatorischen Rahmenbedingungen ein wesentlicher Bestandteil der strategischen Diskussion im Bankensektor geworden. Zu Recht, denn sie bietet die zentrale Antwort auf die aktuellen Herausforderungen, denen sich Banken stellen müssen. Im vorliegenden Überblick wollen wir diese Herausforderungen benennen und aufzeigen, welche Fragen sich Banken im Rahmen ihres Digitalisierungsprozesses stellen müssen, um die Chancen der Digitalisierung nicht zu verpassen.

    Trotz einer seit Jahren zumindest in Deutschland insgesamt guten gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ist das Marktumfeld für Banken nicht zuletzt aufgrund des anhaltenden Niedrigzinsumfelds deutlich schwieriger geworden. Dies zeigen die durchweg niedrigen Kapitalrenditen vieler Banken in der Eurozone. Es ist davon auszugehen, dass zinstragende Geschäfte weiterhin ertragsschwach bleiben und neue Zusatzdienstleistungen mit Provisionserträgen weiter ausgebaut werden müssen.

    Gleichzeitig steigen die regulatorischen Anforderungen an die Banken weiter. So steht beispielsweise mit PSD2 eine Regulierung in den Startlöchern, die durch die Öffnung von Konten für Informationszwecke und Transaktionen die Tür für neue Spieler mit einem hohen digitalen Reifegrad weiter öffnet. Diese begreifen Kundendaten zunehmend als den „Zins von Morgen und möchten dem Kunden einen Mehrwert über die reine Finanzdienstleistung hinaus bieten. Gleichzeitig kappen regulatorische Regeln Erlösquellen im Finanzdienstleistungsbereich, wie etwa durch die Deckelung der Interchange-Fees im Kartengeschäft. Ein weiteres Beispiel für erhöhte regulatorische Anforderungen an Banken ist die bereits 2013 verabschiedete Richtlinie BCBS 239 . Durch die darin formulierten Anforderungen an das bankseitige Risikoreporting und dem damit verbundenen Datenhaushalt und -management führt die Richtlinie unmittelbar dazu, dass Banken ihre Prozesse und IT-Systeme auf den Prüfstand stellen müssen. Oftmals sind veraltete Legacy-Systeme den neuen Anforderungen nicht gewachsen. Neben erhöhtem Wettbewerbsdruck durch neue Anbieter, Kürzung von Erlösquellen und Auswirkungen auf die vorhandenen Legacy-Systeme und -Strukturen könnte die Einführung von „Basel IV die Risikokosten durch höhere Eigenkapitalanforderungen in bestimmten Geschäftsfeldern (z. B. Commercial Real Estate) in die Höhe treiben und so zusätzlichen Druck auf die Margen ausüben (Roland Berger 2015).

    Eine weitere Herausforderung stellt die steigende Erwartungshaltung der Kunden an die Bank dar. Eine Mehrheit der Bankkunden ist heute bereits digitalaffin und offen für Innovationen. Diese Kunden informieren sich zunächst im Internet, vergleichen, wenden sich auch neuen Anbietern und Plattform en zu und sind weniger an eine Hausbank gebunden als frühere Generationen. Erfahrungen aus bereits weitgehend digitalisierten Branchen übertragen sie wie selbstverständlich als Anspruchshaltung an die Banken. Kunden verlangen so beispielsweise:

    24/7 Verfügbarkeit standardisierter Bankendienstleistungen

    Transparenz und Modularisierung der angebotenen Produkte

    Umfassende Informationen und einfache Abwicklung der Transaktionen

    Durchgängige Prozesse und Abläufe

    Reibungsloser Wechsel zwischen verschiedenen Kanälen

    Zusätzlich nimmt die Wettbewerbsintensität im Bankensektor weiter zu. Neben bereits im Markt etablierten Spielern drängen zunehmend neue Wettbewerber in den Markt. Dazu gehören Industrieunternehmen bzw. deren Captive-Banken, FinTechs, Finanzvermittler und perspektivisch auch die Tech-Giganten aus den USA und Asien. Durch die Digitalisierung wird ein altes Problem der Bankbranche immer offenkundiger: Ihre Produkte sind in vielen Fällen aus Kundensicht nur von abgeleitetem Nutzen bzw. dienen als Mittel zu einem anderen Zweck. Durch ihre Nähe zu produzierenden Unternehmen schaffen es dann beispielsweise Captive-Banken, den Kunden bei der Erreichung seines ursprünglichen Handlungsziels, zum Beispiel dem Erwerb eines Autos, zu unterstützen, noch bevor einer der klassischen, reinen Finanzdienstleister zum Zug kommt. Sie erreichen damit, die Kundenschnittstelle kontextabhängig zu besetzen und im Folgenden dann auszubauen.

    Außerdem werden Captives von ihren Konzernmüttern oftmals als Weg zur Absatzfinanzierung gesehen, was es ihnen erlaubt, besonders günstige Bedingungen anzubieten. Eine zweite wichtige Gruppe neuer Wettbewerber stellen die FinTechs dar. Waren zu Anfang primär Zahlungsdienstleistungen im Fokus der meist jungen Unternehmen, decken FinTechs inzwischen ein breites Spektrum an Beratungs- und Bankdienstleistungen ab oder bieten der Branche Infrastrukturdienstleistungen an (z. B. zentrale PSD2-Lösungen). Viele FinTechs profitieren dabei von ihrer schnellen Reaktionsfähigkeit, ihrem technischen Know-how und einer klaren Fokussierung auf die Bedürfnisse des Kunden. Sie sind so im Laufe der Zeit zu ernst zu nehmenden Treibern der Digitalisierung geworden. Während FinTechs dabei oftmals auf eine Partnerschaft mit Banken hoffen, um rasch eine kritische Größe zu erreichen, positionieren sich Tech-Giganten wie Google , Amazon oder Facebook perspektivisch als grundlegende Konkurrenz zu Banken (Roland Berger 2016).

    Neben bisherigen Initiativen vorrangig im Bereich Payments bündeln Tech-Giganten ihre Kräfte, um neue Finanzdienstleistungen ins Leben zu rufen. Ein Beispiel hierzu ist die Financial Innovation Now-Gruppe, eine US-amerikanische Lobbygruppe, der Industriegrößen wie Amazon , Apple, Google oder PayPal angehören. Die Gruppe zielt dabei vor allem auf die Interaktion zwischen Kunden und Händlern im Retail-Bereich ab („Recoding the Future of Commerce), verfolgt aber durchaus weitere Interessen. Zu ihren Zielen zählt beispielsweise neben der Beschleunigung von Zahlungsvorgängen und Innovationen im Bereich „Mobile Payments auch die Erleichterung des Zugangs zu Kapitalgebern für Unternehmer sowie eine verbesserte Verfügbarkeit von Bankendienstleistungen für den Verbraucher. Anders als FinTechs verfügen Tech-Giganten dabei über die erforderlichen finanziellen und technologischen Ressourcen sowie eine umfassende Kundenbasis, um sich in kurzer Zeit als alternative Finanzdienstleister positionieren zu können und die etablierten Spieler unter Druck zu setzen.

    Die nahe Zukunft verspricht hinsichtlich der aktuellen Herausforderungen nur wenig Entlastung für die Banken. Auch wenn die Zinsen langfristig wieder steigen werden, müssen Banken heute die Grundlage für effiziente und kostenoptimierte Prozesse legen. Gleichzeitig werden die regulatorischen Anforderungen in den nächsten Jahren weiter steigen und Banken dazu zwingen, ihre Produkte, Prozesse und IT-Systeme konsequent zu digitalisieren. Im Hinblick auf das Kundengeschäft ist davon auszugehen, dass komplexe Fragestellungen zwar noch gemeinsam mit dem Kundenberater gelöst werden, Standardprodukte jedoch überwiegend auf digitalen Plattformen vertrieben und abgewickelt werden. Dies bedeutet, dass die strategische und operative Gestaltung der digitalen Transformation für Banken ähnlich wie in anderen Branchen zu einer existenziellen Herausforderung wird.

    2 Digitale Transformation

    Vielfach wird die fortschreitende Digitalisierung als Bedrohung etablierter Strukturen und Geschäftsmodelle empfunden. Dabei bietet die digitale Transformation gute Chancen, mit den beschriebenen Herausforderungen im Bankensektor proaktiv umzugehen und sie erfolgreich zu bewältigen. Allerdings ist die digitale Ausgangslage der deutschen Banken alles andere als optimal.

    Veraltete IT Systeme, fehlende Omni Channel-Konzepte oder Silodenken in der Organisation stehen einer ganzheitlichen Kundenbetreuung oftmals entgegen und sorgen für hohe Vertriebskosten. Viele Banken sehen in der Kooperation mit anderen Unternehmen noch immer eher ein Risiko als die Chance, ihre Produkte näher an den Kunden zu bringen. Nichtsdestotrotz verfügen etablierte Banken durch die Vielzahl der erhobenen Daten über eine gute Basis, um durch intelligentes Sammeln, Sortieren und Verknüpfen von Kundendaten dem Kunden neue Produkte und Dienstleistungen anzubieten. Andererseits müssen die Banken standardisierbare Prozesse so weit wie möglich digitalisieren, um Prozesskosten zu senken und wettbewerbsfähig zu bleiben.

    Die digitale Transformation für Banken ist dabei kein Selbstläufer. Banken müssen vor allem schnell und konsequent ihr Leistungsangebot sowie die Abwicklungsprozesse an das sich verändernde Kundenverhalten und Marktumfeld anpassen. Ansonsten droht der Verlust von Marktanteilen zugunsten agilerer Wettbewerber. Eine digitale Transformation des Geschäftsmodells kann jedoch nur dann nachhaltigen Erfolg bringen, wenn vor der Erarbeitung und Implementierung digitaler Modernisierungsprogramme die strategische Ausrichtung der Bank im digitalen Zeitalter ggf. neu festgelegt wird. Darauf aufbauend lässt sich dann das jeweils passende Umsetzungsmodell gestalten.

    Derzeit lässt sich im Markt eine Vielzahl verschiedener Handlungsfelder ausmachen. Finanzdienstleister müssen die digitalen Erwartungen ihrer Kunden nicht nur erfüllen, sondern diesen darüber hinaus ein möglichst individuelles Kundenerlebnis ermöglichen. Außerdem gilt es, den Kontaktpunkt zum Kunden zu besetzen, zu steuern und dem Kunden ein möglichst breites Angebot relevanter und wertschaffender Aktivitäten anzubieten. Dabei kommt es ebenfalls darauf an, die jeweiligen Bankprodukte effizient und kostengünstig zur Verfügung zu stellen. Nicht zuletzt erwartet der Kunde eine nahtlose Prozessintegration und -automatisierung, die sein Kundenerlebnis möglichst reibungsfrei und komfortabel gestaltet.

    Da das Adressieren aller Handlungsfelder gleichzeitig für Banken angesichts knapper Managementressourcen kaum möglich ist, konzentrieren Banken ihre Aktivitäten im Rahmen der digitalen Transformation auf bestimmte strategische Handlungsfelder. Daher kann man im Markt derzeit zwei strategische Grundpositionierungen ausmachen, die in den jeweiligen Finanzinstituten unterschiedlich gewichtet werden. Auf der einen Seite steht dabei die Kundenplattform im Mittelpunkt, bei der die Bank ihren Fokus bei der Digitalisierung auf die dem Kunden nahen Handlungsfelder legt. Am anderen Ende des Spektrums steht die Positionierung als Produkt- und Infrastrukturspezialist, bei der die Bank bei der Digitalisierung den Schwerpunkt ihrer Aktivitäten auf die möglichst effiziente Bereitstellung und Abwicklung ihrer Produkte legt. Die Effizienzsteigerung der zugrunde liegenden Prozesse steht hier im Fokus. Im konkreten Einzelfall spielen natürlich beide Stoßrichtungen eine Rolle, wenn auch mit sehr unterschiedlichen Schwerpunkten (Abb. 1).

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    Abb. 1

    Industrieübergreifende Handlungsfelder E2E-Digitalisierung als Wegbereiter für ein optimiertes Kundenerlebnis.

    (Quelle: Roland Berger)

    Eine erfolgreiche Umsetzung dieser strategischen Stoßrichtungen geht dabei mit einer umfassenden Betrachtung verschiedener Umsetzungsdimensionen einher.

    2.1 Strategische Stoßrichtungen

    Im Hinblick auf die grundsätzliche strategische Positionierung im digitalisierten Bankensektor müssen die Banken ihre aktuelle Positionierung im Wettbewerb kritisch analysieren und sich ihrer Stärken bewusst werden. Liegen die Stärken dabei vorranging in der Betreuung des Kunden entlang der gesamten Customer Journey und einem entsprechenden Marktangang, sollte über die vorrangige Besetzung der Kundenschnittstelle nachgedacht werden. Liegen die Stärken der Organisation hingegen vorrangig in der Optimierung von Produkten und Prozessen, sollte die Positionierung als Produkt- und Infrastrukturspezialist in Betracht gezogen werden. Dabei kommt es darauf an, sich von aktuellen oder in der Vergangenheit relevanten Erfolgsfaktoren zu lösen und den Blick für die neue digitale Welt zu öffnen. Häufig sind die Stärken der Vergangenheit die Altlasten der Zukunft.

    2.1.1 Kundenplattform

    Dieses strategische Modell positioniert die Bank als Löser von Kundenproblemen, für die es neben der Nutzung von Finanzprodukten weiterer, komplementärer Dienstleistungen bedarf. Daher muss die Bank in diesem Positionierungsmodell ihr Produktangebot für Angebote weiterer Anbieter öffnen und sie möglichst reibungsfrei in ihr Produktportfolio einbinden, um dem Kunden so eine ganzheitliche Beratung aus einer Hand bieten zu können.

    Um die Schnittstelle zum Kunden als Single Point of Contact zum Kunden zu besetzen, ist es erforderlich, Themenfelder zu identifizieren, in denen die Bank eine möglichst ganzheitliche Problemlösung für den Kunden anbieten kann. Banken müssen hierbei zunehmend auf die Produkte und Dienstleistungen aus anderen Branchen zurückgreifen. So entstehen vernetzte Plattform systeme, auf denen der Kunde neben dem primären Produkt der Bank, z. B. einer Finanzierung für den Hauskauf, weitere Dienstleistungen wie einen Makler oder ein Umzugsunternehmen direkt beziehen kann. Der Kunde kann mit seinem Anliegen in einem spezifischen Themenfeld besser an die Bank gebunden werden, wenn sich aus Kundensicht die Notwendigkeit reduziert, andere Dienstleister einzubinden.

    Banken, die sich für die Positionierung als Kundenplattform entscheiden, sollten beispielsweise mit Hilfe von Big Data Analytics-Methoden über möglichst detaillierte Kundenprofile verfügen, die insbesondere auch nicht-finanzielle Bedürfnisstrukturen umfassen. Eine breite Kundenbasis in Verbindung mit etablierten CRM-Systemen ist hierfür eine gute Grundlage. Gleichzeitig muss die Bank entscheiden, welche Finanzprodukte sie selbst anbietet und welche sie über Netzwerkpartner bezieht. Die Bank könnte so beispielsweise einfache Kreditversicherungen als Standardprodukt selbst anbieten, für komplexere, strukturierte Kredite jedoch einen Kreditversicherungsspezialisten in ihrem Netzwerk haben. Die Besetzung der Kundenschnittstelle und die damit einhergehende Öffnung des Produkt- und Dienstleistungsportfolios gehen oftmals einher mit einer engen Zusammenarbeit mit Partnerunternehmen. Ein breites Netzwerk von Partnerunternehmen, deren Auswahl sich nach den von der Bank anzubietenden Plattformlösungen richtet, ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für dieses Modell.

    Andererseits lauern in der Einbeziehung externer Anbieter auch Risiken, die durch ein entsprechendes Netzwerkmanagement laufend identifiziert, beobachtet und ggf. mitigiert werden können. Denn die Interaktion mit einem Drittanbieter, der über die Plattform der Bank angeboten wird, wird aus Kundensicht nicht selten gleichgestellt mit einem Kontakt zur Bank selbst. Eine negative Kundenerfahrung mit einem Partner wird schnell zu einer negativen Kundenerfahrung mit der Bank.

    Für den Kunden liegt der Reiz dieser Positionierungsoption im Rahmen der Digitalisierung auf der Hand. Die Bank wird zum One-Stop-Shop für Anliegen aus verschiedenen Themenfeldern. Dabei sollte der Fokus auf der möglichst ganzheitlichen Abdeckung der Themenfelder liegen. So kann im Bereich Sicherheit beispielsweise neben der Finanzierung verschiedener Sicherheitsmaßnahmen (z. B. neue Alarmanlage, Sanierung der Türen und Fenster) die Beratung zum Ausbau der sicherheitsrelevanten Baumaßnahmen oder ein Sicherheitsdienst angeboten werden. Im Bereich Vorsorge können neben klassischen Produkten wie Rentenfonds, Sparlösungen (z. B. Ratensparen, Baufinanzierung) und der Beratung auch Versicherungsprodukte von Partnern angeboten werden. Ein weiteres Themenfeld, welches sich für die ganzheitliche Besetzung durch die Bank eignet, ist die Unternehmensgründung. Hier kann die Bank neben Unternehmerkrediten ein Netzwerk aus verschiedenen Parteien anbieten. Optional können junge Unternehmer durch Fortbildungs- und Schulungsmaßnahmen unterstützt werden. Das Angebot kann hier über den gesamten Lebenszyklus des Unternehmens, bis hin zur Veräußerung an einen neuen Eigentümer, gespannt werden. Denkbar ist auch, dass eine Bank in Zukunft direkt mehrere Themenfelder abdeckt, das Themenfeld Sicherheit beispielsweise gleichzeitig mit dem Themenfeld Vorsorge. So reduziert die Bank den Aufwand für den Kunden und intensiviert die Kundenbeziehung. Gleichzeitig ist für ein digitales Angebot die Komplexitätsreduktion der zu digitalisierenden Prozesse notwendig, die für den Kunden eine höhere Transparenz schafft und Produktmodularisierung ermöglicht. Nicht zuletzt wird die Transparenz für den Kunden auch durch die Verfügbarkeit mehrerer Anbieter erhöht, zwischen denen er auf einer Plattform auswählen kann.

    Für die Bank hat die Ausrichtung als Kundenplattform mehrere Implikationen. Die Bank muss durch die Nutzung verschiedener Kanäle die Kundenbedürfnisse deutlich besser verstehen als bei der reinen Vermarktung von Finanzprodukten. Dieser Ansatz erfordert außerdem zunehmend digitale Beratungsansätze, die eine gute Erreichbarkeit des Kundenberaters sowie einen optimalen Kundenservice sicherstellen. Um dem Kunden eine Plattformlösung anzubieten, die einen weiten Teil von Kundenbedürfnissen abdeckt, muss eine offene Architektur entwickelt werden, die es erlaubt, Partner möglichst effizient und einheitlich in das eigene Leistungsportfolio zu integrieren. Die Erfahrung zeigt, dass analoge Prozesse nicht einfach digitalisiert werden können, sondern teilweise komplett neu gedacht werden müssen. Weiterhin ist die Sicherstellung der Qualität der angebotenen Produkte und Dienstleistungen von hoher Priorität. Nicht zuletzt steht jedoch die konsequente Ausrichtung aller Aktivitäten auf die Bedürfnisse des Kunden klar im Vordergrund – Kundenwerbung und -bindung sind dabei entscheidende Faktoren.

    Beispiel: Portal für Heilberufe

    Wie die Positionierung als Kundenplattform durch die Besetzung eines bestimmten Themenfeldes und die Betreuung entlang großer Teile der Customer Journey erfolgen kann, zeigt das Portal für Heilberufe einer großen deutschen Bank. Dabei werden entlang des Lebenszyklus einer Praxis (Gründung, Betrieb, Weitergabe) nützliche Informationen und Leistungen bereitgestellt. So können Ärzte beispielsweise die Performance ihrer Praxis schnell und einfach mit der Performance ähnlicher Praxen vergleichen und Handlungsfelder zur Optimierung feststellen. Zur Fortbildung bietet die Bank Vorträge externer Referenten zu relevanten Themen des Berufsalltags an. Gleichzeitig bietet das Portal eine Börse für Ärzte, die eine Praxis gründen wollen, Teilhaber werden wollen oder Nachfolger für ihre Praxis suchen. Zusätzlich zu dem digitalen Informations- und Leistungsangebot stellt die Bank spezialisierte Berater für den Bereich der Heilberufe zur Verfügung, die das Leistungsangebot um die direkte Kundenbetreuung ergänzen.

    Beispiel: Inkubator einer großen deutschen Bank

    Der Inkubator einer großen deutschen Bank bietet ein weiteres Beispiel dafür, wie ein Themenfeld ganzheitlich so besetzt werden kann, dass der Kunde an die Bank gebunden bleibt. Die Bank bietet den jungen Unternehmen dabei Kapital, Know-how und Räumlichkeiten an, in denen über einen längeren Zeitraum neue Ideen entwickelt und getestet werden können. Strategisch liegt der Fokus nicht nur auf einem gewinnbringenden Exit innerhalb weniger Jahre, sondern auf der Entwicklung einer langjährigen Partnerschaft, von der beide Unternehmen dauerhaft profitieren sollen.

    Durch die Beteiligung und Förderung junger Unternehmen besetzt die Bank die Kundenschnittstelle zu einem frühen Zeitpunkt. Über den Lebenszyklus des Unternehmens bietet sie verschiedene weitere Angebote an. Dabei kann die Bank ihr großes Netzwerk nutzen, um den jungen Unternehmen wichtige Kontakte zu verschaffen und bei Bedarf weitere Experten hinzuzuziehen. Gleichzeitig schafft die Bank es durch den Inkubator, nah an den Entwicklungen des Marktes zu bleiben und neue Entwicklungen für sich zu nutzen.

    2.1.2 Produkt- und Infrastrukturspezialist

    Im Unterschied zur Positionierung an der Kundenschnittstelle liegt der Fokus der Positionierung als Produkt- und Infrastrukturanbieter auf möglichst hoher Effizienz der Geschäftsprozesse und überlegenem Expertenwissen zu den angebotenen Produkten. Der Produkt- und Infrastrukturspezialist zielt dabei auf eine gute Positionierung seiner Produkte bei Anbietern ab, die die Schnittstelle zum Kunden bereits besetzt halten. Kundenplattformen wie Check24, die besonders im Retail-Markt bereits über eine hohe Marktpräsenz verfügen, machen Banken zunehmend Konkurrenz.

    Banken versuchen aktuell oftmals, dem Kunden das gesamte Produkt- und Dienstleistungsangebot aus einer Hand anzubieten. Dieser Ansatz verursacht in der Regel zu hohe Kosten und verhindert, dass sich die Banken auf ihre eigentlichen Stärken konzentrieren. Eine Bank, die beispielsweise ihre besondere Stärke in der Absatzfinanzierung hat, muss ihren Kunden nicht aus eigener Kraft auch Immobilienfinanzierung anbieten können.

    Hier setzt der Produkt- und Infrastrukturspezialist an, der sich auf bestimmte Produkte und Dienstleistungen aus einer bestimmten Kategorie (z. B. Baufinanzierung) spezialisiert und in diesem Bereich alle relevanten Dienstleistungen anbietet, d. h. sowohl Standard- als auch Spezialprodukte. Um eine entsprechende Positionierung zu erreichen, muss der Produkt- und Infrastrukturspezialist das Ziel verfolgen, seine Produkte mit möglichst hoher Präsenz im Markt zu positionieren. Dazu gehört neben einem guten Management seiner Vertriebspartner auch die Positionierung der Produkte in digitalen Kanälen. Der Vertriebskanal über Aggregatoren gewinnt dabei seit Jahren an Bedeutung. Entscheidend für eine gute Positionierung auf gängigen Vergleichsportalen ist nicht allein der Preis, sondern auch die Strukturierung der Produkte entlang der Bewertungskriterien der Anbieter.

    Um die Preisführerschaft beim Angebot standardisierter Produkte zu erreichen, muss der Produkt- und Infrastrukturanbieter auf ganzheitliche Digitalisierung setzen. Diese ermöglicht es ihm, effiziente Prozesse zu implementieren, die dem Kunden ein hohes Maß an Komfort bieten und zum Beispiel schnelle Finanzierungsentscheidungen ermöglichen. Digitalisierte Prozesse unterstützen zudem eine gute Anbindung an andere Banken und Dienstleister, die die Kundenschnittstelle besetzen. Auch die Kosten, die ein Produkt-/und Infrastrukturanbieter für sein ausgeprägtes Expertenwissen für spezialisierte Produkte aufbringen muss, können zum Teil durch digitalisierte Prozesse abgefangen werden.

    Das Positionierungsmodell Produkt- und Infrastrukturanbieter eignet sich besonders für Banken, die nicht über ein breites Vertriebsnetz oder den direkten Zugang zum Kunden verfügen. Gleichzeitig bietet sich das Positionierungsmodell für Banken an, die heute bereits von einer breiten Beratungskompetenz absehen und sich gezielt auf einzelne Produkte und Dienstleistungen spezialisiert haben. Der Aufbau von Expertenwissen ist ein langwieriger Prozess, dessen Beschleunigung in den meisten Fällen mit hohen Kosten verbunden ist. Verfügt eine Bank bereits über dieses Wissen, sollte sie hier ansetzen und nicht versuchen, Schwächen abzufangen, sondern Stärken weiter zu entwickeln.

    Die Implikationen, die die Positionierung als Produkt- und Infrastrukturanbieter mit sich bringt, liegen vor allem in der ständigen Optimierung der Geschäftsprozesse, einer kritischen Überprüfung der Systemlandschaft sowie der kontinuierlichen Weiterentwicklung des eigenen Know-hows. Weiterhin muss der Produkt- und Infrastrukturanbieter ständig darauf bedacht sein, seine Produkte bei möglichst vielen Anbietern mit direktem Zugang der Kundenschnittstelle in das Leistungsportfolio einzubinden. In der Einzelbetrachtung unprofitable Produkte und Dienstleistungen müssen konsequent abgeschaltet werden, sodass mit dem vorhandenen Produkt- und Dienstleistungsportfolio möglichst hohe Skaleneffekte erreicht werden können.

    Der Kunde profitiert von der Positionierungsoption gleich doppelt. Zum einen sorgt eine entsprechende Positionierung unter den Anbietern für einen hohen Wettbewerb auf Produktebene, was mittelfristig zu fallenden Preisen und einer hohen Produktqualität führen kann. Zum anderen löst sich der Beratungsansatz „seiner Hausbank auf, die ihm um jeden Preis „ihr Produkt anbieten will, dabei jedoch nicht notwendigerweise über das notwendige Know-how und die notwendigen Strukturen verfügt, um das „beste" Produkt anzubieten. Die Handlungsfelder für Produkt- und Infrastrukturanbieter sind dabei klar gesteckt. Die Steigerung der Effizienz steht an erster Stelle, um gerade bei standardisierten Produkten möglichst gute Konditionen anbieten zu können. Die Steigerung des eigenen Know-hows und eine tiefe Beratungskompetenz gerade für komplexe Produkte bieten ein weiteres Handlungsfeld, das konsequent verfolgt werden muss. Nicht zuletzt führt nur der konsequente Marktangang durch Ansprache der Anbieter mit direktem Zugang zum Kunden zum Erfolg dieses Positionierungsmodells.

    Für die beiden vorgestellten Positionierungsmodelle mit Fokus auf die Kundenschnittstelle sowie Fokus auf optimierte, digitale Prozesse gilt, dass beide nicht unabhängig voneinander sind. Die vorrangige Positionierung an der Kundenschnittstelle verlangt von den entsprechend positionierten Banken zugleich auch einen hohen Digitalisierungsgrad: Für die Anbindung von Fremdprodukten sind digitalisierte Prozesse unabdingbar.

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