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Dienstleistungscontrolling in Gesundheitseinrichtungen: Aktuelle Beiträge aus Wissenschaft und Praxis
Dienstleistungscontrolling in Gesundheitseinrichtungen: Aktuelle Beiträge aus Wissenschaft und Praxis
Dienstleistungscontrolling in Gesundheitseinrichtungen: Aktuelle Beiträge aus Wissenschaft und Praxis
eBook657 Seiten5 Stunden

Dienstleistungscontrolling in Gesundheitseinrichtungen: Aktuelle Beiträge aus Wissenschaft und Praxis

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Über dieses E-Book


Dieser Sammelband zeichnet durch zahlreiche Beispiele aus dem Unternehmensalltag ein Bild davon, vor welchen Herausforderungen Einrichtungen im Gesundheitswesen im Rahmen des Dienstleistungscontrolling stehen und wie sie diesen mit Ideen und wertvollen Handlungsempfehlungen begegnen. Untermauert wird dies durch die aktuelle, wissenschaftlich abgesicherte Theorie. Das Werk bietet eine anwendungsbezogene Darstellung ausgewählter Controllingthemen: Neben den klassischen Themen werden auch weiterführende und aktuelle Themen vorgestellt, wie die Strategiebildung, die Realisierung von Zielen und die Erfolgsmessung mittels Balanced Scorecard und Kennzahlen, aber auch die Analyse und die Bewertung von Prozessen und Leistungen in Unternehmen, um festgelegte Ziele zu erreichen. Aufgrund dieses Themenspektrums richtet sich der Sammelband einerseits an Wissenschaftler und Studenten mit den Schwerpunktfächern Controlling und Dienstleistungsmanagement, andererseits an Praktiker im Gesundheitswesen, wie z.B. Geschäftsführer und verantwortliche Entscheidungsträger. 
SpracheDeutsch
HerausgeberSpringer Gabler
Erscheinungsdatum28. Aug. 2018
ISBN9783658217105
Dienstleistungscontrolling in Gesundheitseinrichtungen: Aktuelle Beiträge aus Wissenschaft und Praxis

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    Buchvorschau

    Dienstleistungscontrolling in Gesundheitseinrichtungen - Mario A. Pfannstiel

    © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018

    Mario A. Pfannstiel und Silvia Straub (Hrsg.)Dienstleistungscontrolling in Gesundheitseinrichtungenhttps://doi.org/10.1007/978-3-658-21710-5_1

    1. Dienstleistungsökonomie und Personalcontrolling in Krankenhäusern

    Bernd H. Mühlbauer¹   und Daniel Mühlbauer²  

    (1)

    Herten, Deutschland

    (2)

    München, Deutschland

    Bernd H. Mühlbauer (Korrespondenzautor)

    Email: b.muehlbauer@bhm-beratung.de

    Daniel Mühlbauer

    Email: d.muehlbauer@bhm-beratung.de

    1.1 Einleitung

    1.2 Dienstleistungsökonomie als Praxistheorie

    1.3 Dienst zwischen Metaphysik und Naturalismus

    1.4 Leistung zwischen Arbeit und Teilung

    1.5 Der ökonomistische Blick – Theoretische Praxis

    1.5.1 Finanzierungssystem – Preise wie in einer Autowerkstatt

    1.5.2 Stufen der Kostenrationalisierung – Im Auge der halbierten Vernunft

    1.5.3 Rationalisierungsideen aus der Kommunikationsarena

    1.6 Personalmanagement 2.0 – Von Mäusen zu Menschen

    1.6.1 People Analytics: Zukunftsgerichtetes Personalcontrolling mit Dienstleistungsbezug

    1.6.2 Erfolgskritische Leistungskennzahlen werden identifiziert

    1.6.3 Treiber der Personalkennzahlen und deren Zusammenhänge

    1.6.4 Ableitung von Handlungsentscheidungen aus dem neuen Kennzahlensystem

    1.7 Schlussbetrachtung

    Literatur

    Zusammenfassung

    Die Praxistheorie des Dienstleistungsmanagements von Krankenhäusern reflektiert eine ihrer wichtigsten Grundlagen nicht: Die Behandlung von Kranken stellt keine einseitige Handlung von Ärzten, Pflegekräften und Therapeuten auf Patienten als ihr Objekt dar. Patienten sind Interaktionspartner und müssen uno actu zwecks Gesundwerdung mit den sich ausschließlich als Akteure missverstehenden Experten zusammenarbeiten. Die ökonomische Theorie der Dienstleistungsproduktion als praktische Theorie untermauert den Status der vermeintlichen Akteure, degradiert Mitarbeiter zu Einsatzfaktoren und Patienten wegen ihrer nur zeitweiligen Präsenz im Krankenhaus zum externen Faktor. Durch diese Konstruktion gelingt es schließlich, die Produktionstheorie industrieller Prägung auf Krankenhäuser zu übertragen und wichtige industrielle Zielsetzungen, Methoden und Instrumente für Krankenhäuser verfügbar zu machen. Die Schwierigkeiten einer solchen Theorie zeigen sich dann aber konkret in der Krankenhauspraxis: So offenbaren sich unerwünschte Anreize, die u. a. aus dem produktionstheoretisch formulierten Patientenklassifikations- und zum Vergütungssystem weiterentwickelten Finanzierungssystem resultieren. Ferner lassen sich Mitarbeiter nicht mehr als Einsatzfaktoren behandeln, die entlang der Arbeitsorganisation zum gewünschten Arbeitsverhalten geführt werden können. Sie zeigen dies u. a. durch erhöhte Fluktuation, fehlendes Commitment, erhöhte Wechselbereitschaft oder durch ein fehlendes Interesse, überhaupt in einem Krankenhaus zu arbeiten. Entlang der sich ändernden Arbeitsmärkte, die den Faktor Arbeit verknappen und die Konkurrenz zwischen den Institutionen um Arbeitskräfte verschärfen, muss sich deshalb die Personalwirtschaft der Krankenhäuser verändern. Hinzu kommt der Trend verstärkter Digitalisierung, der neue Funktionen eines Personalmanagements ermöglicht. Welche personalwirtschaftlichen Aufgaben innerhalb des bestehenden Finanzierungssystems und ohne das Verlassen der Produktionsperspektive auf Krankenhäuser zukommen, zeigt der Beitrag einerseits auf. Andererseits versuchen die Autoren am Ende des Beitrags erste Öffnungen der zuvor geschilderten Perspektivenverengung der Produktionstheorie mit verschiedenen Ansatzpunkten anzudeuten, um auf diese Weise Möglichkeiten zu deren Überwindung aufzuzeigen.

    Dr. Daniel Mühlbauer, MBR

    ist als HR Consultant seit 2016 Teil des Teams der bh.m Prof. Bernd H. Mühlbauer Krankenhaus- und Unternehmensberatung. Nach seinem Studium der Wirtschaftswissenschaften (Uni Magdeburg, Uni Wuppertal) arbeitete er als Doktorand und wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Personalwirtschaft (HCM) an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU). Zwischenzeitlich schloss Daniel Mühlbauer dort bereits 2013 ein postgraduales Studium zum Master of Business Research (MBR) ab und reichte im Juli 2016 erfolgreich seine Promotion ein. In seiner Doktorarbeit befasste er sich mit Persönlichkeitsunterschieden des proaktiven Verhaltens während der Einführung strategischer Veränderungen in Unternehmen (Strategic Chance Management). Seine Forschungsschwerpunkte der evidenzbasierten Personalarbeit, des strategischen Personalmanagements und der Strategieimplementierung flossen wiederholt in Transferprojekte zu Themen wie „Einführung einer Balanced Scorecard in mittelständischen Versicherungsunternehmen oder „Vereinbarkeit von Familie und Beruf im Schichtbetrieb des Gesundheitswesens ein. Daniel Mühlbauer leitet die Münchener Repräsentanz der bh.m und verantwortet im Rahmen der Projekte eigenständig alle Fragen der Mitarbeiterorientierung und des strategischen Personalmanagements. Zugleich gründete er mit zwei Kollegen in 2016 das HR Tech- und People Analytics-Unternehmen function(HR).

    Bernd H. Mühlbauer

    ist seit 1996 ist Professor für Betriebswirtschaftslehre, Schwerpunkt „Management im Gesundheitswesen" im Fachbereich Wirtschaft an der Westfälischen Hochschule in Gelsenkirchen. Seit 1983 ist er in der Beratung tätig und gründete 1991 seine eigene Firma, die Bernd H. Mühlbauer Krankenhaus- und Unternehmensberatung, Dortmund. Er ist Mitglied in Aufsichts- und Verwaltungsräten konfessioneller Krankenhäuser und ausgewiesener Experte zu allen Fragen in der Gesundheitswirtschaft. In seinen Arbeitsfeldern steht die Frage nach der Ethik und Ästhetik im Hinblick auf ökonomische Entscheidungen an erster Stelle. Nach seiner Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann absolvierte er sein Ökonomiestudium an der Bergischen Universität Wuppertal. Danach war er u. a. Junior-Consultant bei Ernst&Young, Berater am Institut für Gesundheitssystemforschung IGSF in Kiel (Prof. Beske), Geschäftsführer der EPOS Beratungsgesellschaft und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl von Professor Kappler (Universität Witten/Herdecke). Er ist außerdem Verfasser und Herausgeber von zahlreichen Veröffentlichungen zu folgenden Themenfeldern Qualitätsmanagement, Organisationsentwicklung, Unternehmensethik und -kultur, strategisches Management sowie Personalbedarf und -entwicklung.

    1.1 Einleitung

    Im folgenden Artikel werden wesentliche Grundzüge einer Dienstleistungsökonomie der Krankenhausbetriebswirtschaftslehre rekonstruiert und am Beispiel der stationären Gesundheitsversorgung überprüft. Damit können die wesentlichen Aspekte eines Dienstleistungsverständnisses heutiger Krankenhäuser deutlich gemacht werden, sodass expliziert wird, was Krankenhäuser heute als Betriebe konstituiert und welche Managementstrategien aus dieser praktischen Theorie einer notwendigen Rationalisierung von Krankenhäusern resultiert. Welche veränderten Grundlagen zur Rationalisierung benötigt werden, zeigt der Beitrag am Beispiel des Personalcontrolling s abschließend auf.

    1.2 Dienstleistungsökonomie als Praxistheorie

    Dienstleistungsökonomie als spezielle betriebswirtschaftliche Theorie wurde im Rahmen eines näher zu bestimmenden Wissenschaftsverständnisses entwickelt, das immer Spiegel der jeweils kulturellen Bedingungen einer Gesellschaft ist, in der eine solche Art Wissenschaft betrieben wird. Um wissenschaftliche Theorie sein zu können, muss sie sich entlang verschiedener Kriterien bestimmen, die für ein Wissenschaftsverständnis grundlegend sind. Da im Folgenden von Medizin, Pflege, Ökonomie und Technik als spezielle Perspektiven auf die Entdeckungs-, Begründungs- und Verwendungsbereiche eines grundlegenden Dienstleistungsverständnis ses gesprochen wird, sollen diese Bereiche als Gliederungskriterien für die folgenden Erörterungen dienen (Raffee 1974, S. 42).

    Zunächst einmal wird im dominanten Wissenschaftsverständnis von einer Dienstleistung im Entdeckungszusammenhang gesprochen, wenn der betrachtete Gegenstand – lebendiger Gegenstand (Patient) – als Objekt gesehen wird, an dem ein Akteur (Experte) seine Leistungen als Dienst erbringt. Die Leistung selbst ist dabei nicht lagerfähig, hat einen immateriellen Charakter und muss uno actu erbracht werden. Sie setzt sowohl die Präsenz des Objektes als auch – und dies ist besonders hervorzuheben – eine wie auch immer geartete Mitarbeit des Objektes voraus (Corsten 1997, S. 25–30). Eine medizinische oder pflegerische Leistung wird wissenschaftlich gesichert genannt, wenn sie evident ist und nach naturwissenschaftlichen Kriterien evaluiert werden kann. Sie stellt als theoretisches Konstrukt einen kausalen Zusammenhang dar, der es erlaubt, Krankheitsursachen zu identifizieren, die unter Einschluss von weiteren, positiv zu benennenden Faktoren (Therapie ) und einzusetzender Technologie mindestens einen wahrscheinlichen Einfluss auf den Behandlungserfolg haben sollten. Erfolg ist dabei nicht gleichzusetzen mit Heilung oder Gelingen einer medizinischen Handlung. Der Spruch „Therapie erfolgreich, Patient tot!" soll sagen, dass auch bei richtiger Anwendung der Therapie und gesicherter Erkenntnis von Ursachen nur wahrscheinlich ist, dass sich ein Heilungserfolg einstellt (Janich 2000, S. 121). Diese Möglichkeit kann nicht allein durch wirtschaftliches Handeln gesichert werden. Dementsprechend braucht es Konzepte zur Sicherung der Qualität des medizinisch-pflegerischen Handelns, die sich nicht aus der Relation zwischen Kosten und Leistungen bzw. Nutzen und Kosten berechnen lässt und die der Gesetzgeber in der Vergangenheit versucht hat, durch Gesetze und Verordnungen zu sichern.

    1.3 Dienst zwischen Metaphysik und Naturalismus

    Der Begriff des „Dienstes am Nächsten" lässt besonders den Charakter gesundheitlicher Dienstleistung en aus der Perspektive der christlich-karitativen Tradition des Gesundheitswesens aufscheinen (Ehrlich 2013, S. 89–91). Der Sinn der Arbeit von Menschen im Gesundheitswesen wird speziell aus einer christlichen Verpflichtung hergeleitet, durch diese Arbeit mit Menschen Gottesdienst zu leisten. Es ist nicht die praktische Erfüllung einer bestimmten Aufgabe, die den Zweck der Dienstleistung bestimmt, sondern primär das aktive Handeln, das auf die Belohnung im Jenseits abzielt. Der gute, liebende Diener Gottes verdient sich als Akteur die Liebe Gottes, unabhängig davon, ob die Dienstleistung gelingt oder nicht. Damit steht das Wort „Liebe deinen Nächsten in der Tradition besonderer Tugenden, die den christlichen Menschen in seinem Handeln auszeichnen und ebenfalls eine Beurteilung der Güte des Dienstes eben nicht am Gelingen, sondern an den (christlichen) Maximen des Akteurs als seiner Pflicht anbindet. Als Akteur ist der Dienstleister jedoch nicht allein verantwortlich für sein Tun, denn es gilt immer noch, dass „Gottes Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden (Matthäus 6, Vs. 10). Mit Jesus hat der Mensch ein Vorbild, dem er in seinen Taten nacheifern kann.

    Spätestens seit der Aufklärung wird ein schärferer Schnitt zwischen dem Glauben und dem Wissen gezogen. Menschen erklären sich ihr Handeln nicht mehr generell durch den Rückgriff auf die Metaphysik oder Theologie. Menschen werden selbst zum Akteur, die Natur des Menschen im Falle einer Krankheit zu verändern. Die Natur des Menschen und seine Entstehungsgeschichte zu entschlüsseln, erlaubt dem medizinisch Kundigen Eingriffe in den Körper und Einflussnahme auch auf geistige Veränderungen. Krankheiten werden nicht mehr als Schicksal oder Strafe Gottes interpretiert, die sündige Menschen befällt. Krankheiten lassen sich heilen, wenn die Gesetze der Natur verstanden und durch experimentelle Wiederholung richtig beeinflusst werden. Neben das praktische Handeln von Experten aus naturwissenschaftlicher Erfahrung im Dienst am Nächsten tritt auch der Einsatz von Medikamenten und anderen Technologien, mit deren Hilfe Krankheiten bekämpft werden können. Es entsteht die Profession des Arztes, der die Rolle und Arbeitsteilung mit der Pflege im Heilungsprozess zu seinen Gunsten verschoben hat. Da es Frauen lange Zeit verboten war zu studieren, sind es Männer, die die Medizin als empirische Naturwissenschaft an Universitäten und in der Praxis weiterentwickeln. Das gesellschaftliche Bild der Frau betont besondere, vermeintlich weibliche Eigenschaften, die sie zur Pflege von Kranken prädestinieren sollen. Medizin und Pflege fallen jetzt in der praktischen Dienstleistungserbringung auseinander und prägen gleichzeitig durch die unterschiedliche Ausbildung eine hierarchische Stellung zwischen Ärzten und Pflegekräften aus. Pflegende werden zu Erfüllungsgehilfen für Ärzte, Patienten zum Objekt medizinisch-pflegerischer Handlungen, in dem sich die Pflege einbettet in ein naturwissenschaftliches Grundverständnis ärztlichen Handelns.

    Durch den Aufbau von Krankenhäusern als Stätten der Krankheitsbekämpfung durch die Staaten, Wohlfahrtsorganisationen und Orden erhält die Dienstleistungsbeziehung zwischen Mitarbeitern und den Kirchen eine veränderte Bedeutung. Loyalität zur konfessionellen Trägerschaft im Dienst am Nächsten führt zu der Idee einer Dienstgemeinschaft, bei der die Rollen eines Arbeitgebers und Arbeitnehmers gemeinsam auf das Wohl der Patienten gerichtet ist. Interessengegensätze zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollen im Begriff der Dienstgemeinschaft aufgehoben sein (Ehrlich 2013, S. 77). Ein eigenes Kirchenrecht soll die Unabhängigkeit der Kirche vom Staat sichern (Rüfner 2005, S. 7–12). Kirchliche Leitbilder suchen das Verhalten von Mitarbeitern auf christliche Werte hin zu orientieren und so die vormals verlustig gegangene Verpflichtung der Mitarbeiter auf Jesus und Gottes Werk an die Institution Krankenhaus zurückzubinden und beschränken teilweise die Handlungsfreiheit der Ärzte, da Normen der Kirchen in diesen Institutionen eingehalten werden müssen (z. B. Abtreibungsverbot, Verbot der nochmaligen Heirat von Mitarbeitern). Krankenhäuser anderer Trägerschaft verlangen ebenso Loyalität zum Träger, bedienen sich aber z. B. zur Absicherung dieser Loyalität insbesondere spezieller Verträge (Beamtentum) oder Tarife, die den formalen Arbeitsbeziehungen unterlegt sind (Bauer 2001, S. 56–58).

    1.4 Leistung zwischen Arbeit und Teilung

    In der einschlägigen betriebswirtschaftlichen Literatur wird in der Regel darauf hingewiesen, dass sich Arbeitsleistung en an toten Gegenständen und solche an Menschen grundlegend unterscheiden (Badura und Feuerstein 1996, S. 69–77). Während die Arbeit an toten Gegenständen mit industrieller oder handwerklicher Arbeit gleichgesetzt wird, bei der Menschen als Akteure aktiven Einfluss auf eben tote Gegenstände ausüben, um sie zu formen, zu bewegen oder zu transformieren, agiert oder (re-)agiert bei Dienstleistungen das Objekt bereits auf den Versuch der Einflussnahme durch den Akteur (Corsten 1997, S. 124).

    Im Gegensatz zur sprachlichen Annäherung über den Begriff des Patienten , der etymologisch etwas erduldet, erleidet, erträgt oder aushält, ist der Patient als Mensch im Krankenhaus faktisch nicht nur Objekt, sondern auch Subjekt eines medizinischen Dienstleistungsprozesses (Deutscher Ethikrat 2016, S. 18/19). Leistungen an Patienten bedürfen ihrer Zustimmung, weil z. B. ohne Zustimmung der Tatbestand der Körperverletzung erfüllt ist. Leistungen werden nicht an ihnen, sondern mit ihnen gemeinsam erbracht, weil Aktion immer auf Reaktion stößt und sei es, dass die Reaktion ein reines Erdulden oder einfach ein Stillhalten seitens des Patienten induziert. Viele Patienten sind auch bewusstlos und kommen als Notfall zur Behandlung. Dieser besondere Sachverhalt bringt es mit sich, dass Ärzte, Pflegekräfte und Therapeuten aus einer besonderen Funktion über den Patienten und seine Behandlung entscheiden müssen, ohne dass er selbst uno actu einwilligen kann. Sind Stellvertreter des Patienten nicht zugegen und können Verfügungen anstelle des Patienten die Wünsche, Rechte und Pflichten der Beteiligten nicht belegen, und ist dennoch Lebensgefahr gegeben, dann müssen vor allem Ärzte nach bestem Wissen und Gewissen für den Patienten entscheiden. Selbst bei bewussten Patienten sind ihnen die Umstände ihres Bewusstseins nicht immer gegenwärtig. Psychisch veränderte Patienten leben in einer anderen Wirklichkeit, auf die auch gegen ihren aktuellen Willen gegebenenfalls reagiert werden muss. Alternative Behandlungsmethoden lassen sich nicht mehr diskutieren, wenn Not dringlich gewendet werden muss. Die umfassende Leistung, die somit als Dienst erbracht werden soll, ist durch Informationsasymmetrie gekennzeichnet, weil selbst dem durchschnittlich gebildeten und informierten Patienten in der Regel mehrere Experten für Diagnostik und Therapie gegenüberstehen. Die Idee des aufgeklärten Patienten, der die Umstände seiner Erkrankung kennt, Situation und Prognose der Auswirkungen seiner Erkrankung beurteilen und mit dem Arzt eine Beratungssituation auf Augenhöhe eingehen kann, stellt eher die Ausnahme, möglicherweise eher ein ethisches Ziel dar. Das Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem Experten und dem Patienten lässt sich kaum leugnen, selbst wenn ein Patient die Möglichkeit zur Wahl seines Arztes oder möglicher alternativer Therapien hat. Für den Patienten ist seine Krankheit der Einzelfall und immer der Ernstfall. Für den Arzt ist die Krankheit Gegenstand der Diagnostik und der Therapie, selten der ganze Mensch in seiner spezifischen Lebens- und Arbeitssituation. Während der Patient unter einem allgemeinen Krankheitsbild seinen Fall subsumiert, verallgemeinert ein Arzt die Symptome und die Parameter, um das Krankheitsbild zu finden. Ärztliche Diagnostik stellt ein systematisches Suchen nach Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen naturwissenschaftlicher Art dar, während ein Patient sich als soziales Wesen mit einer Krankheit interpretiert, die möglichst durch Behandlung des Experten beseitigt werden soll. Die Logik des Natürlichen trifft auf die Welt des Kultürlichen, dessen Verbindung das Vertrauen in die richtigen Urteile der Beteiligten darstellt. Technisch orientierte Disziplinen der Medizin, die ihre Behandlung im Rahmen von Ursache-Wirkungs-Ketten sich immer weiter differenzierender Fachabteilungen und Spezialisierungen vollziehen, treffen nun auf neue Anforderungen, die nach einer stärker sprechenden Medizin verlangen, die ihre Handlungen den Patienten zumindest erklärt und sich zunehmend interdisziplinär konstruieren soll. Ferner kommen alternative Behandlungsmethoden aus der Sicht einiger Patienten in Betracht, die das Versprechen einer „sanfteren Medizin" aufkeimen lassen. Hinzu treten Erwartungen an Ärzte, sich insbesondere mit Pflegekräften, Therapeuten, Medizintechnikern, Case Managern und Sozialarbeitern in ihren Behandlungsstrategien abzusprechen, sodass ein intensiver Kommunikationsprozess eingefordert wird, um komplexer werdende Behandlungsverfahren mit den zunehmenden ökonomischen Anforderungen zu verknüpfen. Die zuvor als ärztliche Kunst verstandene paternalistische Behandlung verliert ihre frühere Autonomie und sieht sich zunehmenden Mitspracheforderungen anderer Berufsgruppen, aber auch der Patienten und ihrer Angehörigen gegenüber. Woher kommen diese Anforderungen und wie sind sie selbst begründet?

    1.5 Der ökonomistische Blick – Theoretische Praxis

    In der Welt des Ökonomischen wird das Handeln der Ärzte als Dienstleistung interpretiert, bei der die Leistung gegen Geld und aufgrund eines Vertrages erbracht wird. Leistungserbringer ist der Arzt, Leistungsempfänger der Patient, Kostenträger die Versicherung. Gelingen und Misslingen wird in dieser Beziehung nicht honoriert. Unterstellt wird die positive Absicht des Arztes als Leistungserbringer, der sich über einen Dienstvertrag in seiner Absicht abgesichert sieht. Das Risiko, dass immer bei einer Behandlung besteht, wird durch seinen Arbeitgeber oder durch ihn selbst über eine Zusatzversicherung abgesichert. Nachweispflichtig für fehlerhafte oder vorsätzliche Handlungen, die zu einem Kunstfehler geführt haben, ist ex post der Patient, nicht der Arzt oder das Krankenhaus. Die Beurteilung der Fehlerhaftigkeit liegt wiederum bei einem anderen Arzt, der als Gutachter über den Sachverhalt zu urteilen hat. Häufig wird in internen Verfahren der Ärztekammern entschieden, öffentliche Gerichte werden selten beansprucht.

    1.5.1 Finanzierungssystem – Preise wie in einer Autowerkstatt

    Das Handeln der Ärzte und anderer Berufsgruppen im Krankenhaus ist eingebettet in ein differenziertes System aus einer staatlichen Planung der Versorgungsdichte von Krankenhäusern (Deutscher Ethikrat 2016, S. 11–24). Dazu stellen Gesundheitsministerien der Länder Pläne auf, die einerseits die vorhandenen Krankenhäuser als bedarfsgerecht und leistungsfähig, andererseits aber auch als wirtschaftlich beurteilen müssen, weil ihre Existenz die sozialstaatliche Versorgung der Bevölkerung sicherstellen soll. Ist ein Krankenhaus Teil dieser Versorgungsplanung, dann sollen die notwendigen Investitionsmittel für den Aufbau, den Umbau und die Erstausstattung der Krankenhäuser sowie für die Ersatzbeschaffung von Gebrauchsgütern aus den öffentlichen Haushalten finanziert werden. Für die Betriebskostenfinanzierung sind die Krankenkassen zuständig, die sich vor ca. 20 Jahren für die Einführung eines tendenziell pauschalierenden Systems, der sogenannten Diagnosis Related Groups (DRG), entschieden haben. In ihrer grundsätzlichen Konstruktion besagt dieses Kürzel, dass die Behandlungsnotwendigkeit eines Akutpatienten durch ein Krankenhaus bei Eintritt des Patienten nachgewiesen werden muss, damit eine stationäre Aufnahme später auch abgerechnet werden kann. Die Abrechnung der Patienten erfolgt als Ergebnis der einzelnen Leistungen, die ein Patient im Krankenhaus während des notwendigen Krankenhausaufenthaltes erhalten hat. Somit werden alle administrativen, medizinischen, pflegerischen, technischen und therapeutischen Leistungen als Leistungsfaktoren erfasst, um zu einer statistischen Größe zu gelangen, die den Schweregrad der Behandlung als Gewichtungsfaktor zu anderen Behandlungsverfahren in Beziehung setzt (Relativgewicht). Auftretende Komplikationen oder individuell festgestellte Vorerkrankungen, aber auch andere Faktoren, die eine Behandlung beeinflussen, werden ebenfalls in diesem System berücksichtigt. Damit stellt das DRG-System in seiner Grundform ein Patientenklassifikationssystem dar, was zu einem Vergütungssystem weiterentwickelt wurde.

    Die Vergütung einer Patientenbehandlung folgt der Leistungserbringung. Durch eine einfache Multiplikation des oben genannten Relativgewichtes mit einer Baserate – eines administrativ zwischen Verbänden der Krankenhäuser und der Krankenkassen ausgehandelten Betrages für die Vergütung eines Falles mit dem Relativgewicht von 1 – lässt sich für jede Behandlung ein administrierter Preis berechnen. Nicht die organisationsspezifischen Kosten einer Krankenhausbehandlung werden auf dieser Weise erstattet oder prospektiv finanziert. Die Kosten der Krankenhausbehandlung spiegeln die Rückseite des Relativgewichtes, weil sie umgerechnete Durchschnittskosten darstellen, die ein eigens dafür geschaffenes Institut für die Entgeltkalkulation eine solche Durchschnittskostenberechnung auf der Basis einer empirischen Stichprobe aller Krankenhäuser jährlich vornimmt. Im Grunde funktioniert dieses Krankenhausfinanzierungssystem wie ein Preissystem in einer Autowerkstatt (Kappler 1989, S. 13): Je nach Leistungsaufwand werden die Ersatzteile dem Auto wieder als Reparaturleistung eingesetzt, die vorher in einer gewichteten Punktetabelle als aufwändig oder weniger aufwändig kalkuliert wurden und den Rechnungspreis bestimmen. Ein entscheidender Unterschied besteht nun darin, dass die Krankenhäuser für ihre zu planenden Patientenzahl und deren vermutlichen Schweregrad ein Jahresbudget erhalten, das über die genannten Einzelrechnungen abgerechnet wird. Krankenhäuser kennen also ihren „Mindestumsatz", den sie erbringen müssen, bereits zum Zeitpunkt der Vereinbarung mit den Krankenkassen. Während Autowerkstätten ihre Kunden davon überzeugen müssen, dass sie eine gute Leistung gerade dann bekommen, wenn die Preise für die Autoreparatur hoch sind – sie sich also am Markt bewähren müssen – unterliegen Krankenhäuser nur bei Unzufriedenheit der Krankenkassen mit den abrechenbaren Leistungen einem Korrekturmechanismus, der ihre Einnahmen ex post beschränken kann. Die Krankenkassen streiten sich mit den Krankenhäusern insbesondere darüber, ob eine Behandlung in der vorgenommenen Art notwendig war und vielleicht ambulant hätte vorgenommen werden können. Sie prüfen zudem, ob die Patienten mit ihrer Behandlungsnotwendigkeit richtig klassifiziert worden sind, weil eine höhere Patientenklassifikation ein entsprechend hohes Relativgewicht zur Folge hat, wodurch einem Krankenhaus ungerechtfertigter Weise zu hohe Erlöse zufließen. Für diese Vermutung liefern Krankenhäuser auch selbst das entsprechende Beweismaterial: In Deutschland werden so viele Knie- und Hüftoperationen vorgenommen wie nirgendwo auf der Welt. Die dahinterliegende Vermutung zielt weniger auf eine besondere Bedürftigkeit der deutschen Bevölkerung, sondern darauf, dass Ärzte an Patienten Leistungen erbringen, die eigentlich nicht oder noch nicht notwendig gewesen wären. Solche Tendenzen, die mit Begriffen wie Upcoding, Fehl- oder Überbehandlung zwischen Ursachen- und Wirkungszuschreibungen changieren, provozieren geradezu die Frage, warum Ärzte dies tun sollten, zumal sie durch den historisch überholten hippokratischen Eid oder die WMA Declaration of Geneva sich erst dazu verpflichten, alles nur zum Nutzen der Patienten notwendige durchzuführen? Es ist der Mechanismus des DRG-Systems, der Ärzte dazu verleitet, insbesondere in ökonomischen Drucksituationen, denen sie sich durch die konkrete wirtschaftliche Situation gegenübersehen, so zu handeln (Deutscher Ethikrat 2016, S. 22).

    Stellen wir uns ein Krankenhaus vor, dessen Kosten durch die DRG-Erlöse gerade noch gedeckt sind und bei dem sich bereits Kostenerhöhungen durch Preissteigerungen in den Personal- und Sachkosten als Teil der Betriebskosten zu Jahresbeginn konkret ankündigen. Dieses Krankenhaus hat prinzipiell zwei grundlegende Möglichkeiten: Entweder müsste die Fallzahl oder der Schweregrad der Patienten erhöht werden, um höhere Erlöse zu erwirtschaften, die selbst die steigenden Betriebskosten ausgleichen und ein mindestens ausgeglichenes Jahresergebnis sichern. Die Preise für die Patientenbehandlung selbst können nicht beeinflusst werden, sodass nur die Fallzahlsteigerung bleibt, die sich durch eine intensivierte Zusammenarbeit mit den Zuweisern und über eine wirksame Öffentlichkeitsarbeit zur Werbung von potenziellen Patienten beeinflussen ließe. Da direkte Absprachen mit Honorierung von Zuweisern verboten sind, sollen grundsätzliche Marketingmaßnahmen helfen, die Belegung kurz- und mittelfristig zu steigern. Dadurch, dass der Erfolg von Marketingmaßnahmen jedoch von der Wirkung und der Akzeptanz der potenziellen Patienten sowie der Zuweiser abhängt, tatsächlich die Patienten im Bedarfsfall an das Krankenhaus zu überweisen, suchen Krankenhäuser auch nach Möglichkeiten, die Handlungen so umzusetzen, dass die oben genannte direkte Einflussnahme auf die Vergütungshöhe und damit auf die Liquidität gelingt.

    Durch diesen Mechanismus können die steigenden Marketing-Aktivitäten der Krankenhäuser einerseits nachgewiesen, andererseits auch Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt werden, die manche Krankenhäuser bei zunehmendem ökonomischen Druck nach innen an ihre behandelnden Ärzte mit der nachdrücklichen Bitte weitergeben, alle „Spielräume" auszunutzen, um dort, wo es möglich ist, Einnahmen zu steigern. Die andere Seite der Medaille als Pendant des Marketings bildet das Kostenmanagement ab, das Krankenhäuser verstärkt zur Rationalisierung implementieren.

    1.5.2 Stufen der Kostenrationalisierung – Im Auge der halbierten Vernunft

    Die Rationalisierung von Krankenhauskosten stellt sich sicher organisationsspezifisch und situativ unterschiedlich dar, je nachdem, welchen Druck die spezifische Kosten-Erlössituation tatsächlich auslöst. Die Produktionstheorie als implizite Praxistheorie, die dem Krankenhausmanagement bestimmte Handlungsweisen nahelegt, empfiehlt hier eine abgestufte Vorgehensweise (Mühlbauer 2003, S. 196–207).

    Zunächst sind die Lieferanten des Krankenhauses unter Druck zu setzen, ihre Preissteigerungsfantasien und damit Bezugskosten für Sachmaterial und Dienstleistungen möglichst zu reduzieren. Anschließend werden die Leistungsbereiche outgesourct, die nicht unmittelbar von den Patienten als solche identifiziert werden, nämlich Reinigungsdienste, Wäschereidienste, Küchendienstleistungen usw. Inzwischen greifen die Ideen auch in den Bereich der Verwaltung und den paramedizinischen Leistungsbereichen von Krankenhäusern, sodass Wach- und Servicedienste, EDV-Dienstleistungen, technische Dienstleistungen, aber eben auch z. B. Radiologien, Laboratorien, das Hygiene- und Qualitätsmanagement externalisiert werden. Der Grund für diese Reaktionsweise des Krankenhausmanagements liegt einfach darin, dass die externen Anbieter zu anderen Vergütungstarifen ihre Leistungen offerieren können, da sie ihr Personal so schlecht bezahlen, dass nicht nur niedrige Personalkosten, sondern trotz ihrer Gewinnaufschläge und der notwendig zu zahlenden Mehrwertsteuer immer noch kostengünstigere Produktionskosten erreicht werden, als wenn die Leistungen durch eigenes Personal der Krankenhäuser erbracht wird, das allerdings nach höherwertigen Vergütungstarifen entlohnt werden muss. Zusätzlich erzielen Dienstleister ihre Rendite durch die Ausschöpfung von Kostenvorteilen, die in den Lernkurveneffekten oder den Stückkostendegressionseffekten verortet werden können. Sollte diese zweite Stufe der Rationalisierung weitgehend ausgeschöpft sein, wird durch die Übernahme von medizinischen und pflegerischen Leistungen durch Externe und den Bau und Betrieb von Medizinischen Versorgungszentren und Praxiskliniken an Krankenhäusern eine Kombinationsstrategie wirksam. Hier werden auf Seiten des Krankenhauses Investitionskosten eingespart und Betriebskosten externalisiert, was insgesamt die Selbstkosten des Krankenhauses senkt. Diese dritte Stufe schöpft jedoch noch nicht alle Möglichkeiten aus, die sich in der Denkweise der Produktionstheorie bieten. Das Personal selbst wird zum Gegenstand von Rationalisierungsstrategien. Da wäre zunächst die vertikale Arbeitsteilung als Ansatzpunkt zu nennen, um die Anzahl der Hierarchieebenen zu verringern. Stationsleitungen des Pflegedienst es werden direkt den Pflegedienstleitungen unterstellt, so dass eine mittlere Ebene der Bereichsleitungen wegrationalisiert werden kann. Innerhalb des Pflegedienstes werden die Tätigkeiten der Mitarbeiter einer genauen Analyse unterzogen, sodass in der Folge einzelne Tätigkeiten anderen Berufsgruppen übertragen werden können, die anstelle kostenintensiver Pflegekräfte nun Hilfskräfte, angelernte Mitarbeiter und Servicedienste übernehmen. Insgesamt reduzieren sich darüber die Personalkosten eines Krankenhauses, obwohl die Zahl der Mitarbeiter (Kopfzahl) durchaus steigen kann. Durch eine zusätzliche Verlagerung von Tätigkeiten höherwertiger Dienste, z. B. von Ärzten, in eine geringer vergütete Berufsgruppe (z. B. Pflegekräfte) können ebenfalls geringere Personalkosten erzielt werden, da die so verlagerten Tätigkeiten jetzt von der tariflich niedriger vergüteten Berufsgruppe übernommen werden. Wird die Pauschalierung von Bereitschaftsdiensten noch hinzugenommen, zeigt sich bereits auf diese Art und Weise eine breite Palette von Handlungsmöglichkeiten, die das Krankenhausmanagement wählen kann, um eine Kostenreduzierung zu erreichen.

    Zeigen sich in der Umsetzung der Rationalisierungsstrategien entsprechende Widerstände von Mitarbeitern, die sich u. a. in der Abwanderung von leistungsfähigen Mitarbeitern, in der unzureichenden Neubesetzung von freiwerdenden Arbeitsplätzen oder auch in zunehmenden Ausfallzeiten, Motivationsproblemen, Arbeitsunzufriedenheit und größerer Wechselbereitschaft oder in gesundheitsbedingten Fehlzeiten darstellen ließen, dann gehen bei nachhaltig wachsenden Betriebsverlusten die Krankenhausträger dazu über, entweder zunächst Kooperations- und später Fusionsgespräche einzuleiten. Hier werden die Kostenvorteile durch eine systematische Absenkung der Fixkosten ausgeschöpft. Fixkosten sind die Kosten, die in jeder Stufe der Betriebsbereitschaft oder Vorhaltung u. a. durch das vorhandene Personal entstehen. Jetzt sind es gerade die Leitungskräfte, die durch eine Fusion mehrerer Krankenhäuser unter Druck geraten. Der Zusammenschluss trifft auch die Anzahl und Größe der jeweiligen Fachabteilungen, die zusammengelegt und auch räumlich an bestimmten Standorten zusammengeführt werden. Verwaltungsleiter, sonst in jedem Krankenhaus vorhandene Geschäftsführer, aber auch Leitungskräfte auf der mittleren Ebene der Krankenhäuser geraten nun in den Strudel der Rationalisierungsstrategien. Diese Stellen werden in einzelnen Leitungsstellen gebündelt, sodass die Leitungskräfte nach der Reorganisation nun für mehrere Standorte gleichzeitig zuständig sind. Einkäufer, technische Leiter, EDV-Leiter, Controller usw. können im Verwaltungsbereich als potenzielle Rationalisierungskandidaten in Betracht kommen. Nach solchen Konzepten werden Verbünde oder Gesundheitskonzerne entwickelt, die sich bereits heute im gesamten Gesundheitswesen als private oder auch christlich motivierte Krankenhausketten etabliert haben.

    Die Gesundheitsministerien der Länder befürworten diese Strategien bis zu einem gewissen Grad, da sie auf diese Weise die Zahl der Krankenhäuser, mindestens aber die Größe von Fachabteilungen, reduzieren können. Dadurch sollen die Investitionsaufwendungen niedrig gehalten oder wie in der Vergangenheit absolut sinken. Den Krankenkassen ist ebenfalls wichtig, dass dieser Effekt eintritt, da sie die Anzahl der Krankenhäuser für die Höhe der Kostenbelastungen verantwortlich machen. Die einfache Rechnung lautet hier: Weniger Krankenhäuser verhindern eine angebotsorientierte Nachfrage, bei der davon ausgegangen wird, dass jedes aufgestellte Krankenhausbett auch gefüllt wird.

    Die Krankenhausträger selbst suchen in der frühestmöglichen Umsetzung dieser Rationalisierungsstrategien ihr Heil als „first mover". Diejenigen, die den Wandel zuerst einleiten und sichern können, setzten für die anderen Krankenhäuser ein entsprechendes Datum im Markt, nach denen die anderen Krankenhausträger ihre Managementstrategien ausrichten müssen.

    Zu guter Letzt entscheidet damit die Wirtschaftlichkeit eines Krankenhauses über das Krankenhausangebot in einer Stadt oder Region. Wurde früher über eine sozioökonomische Bedarfsanalyse versucht, die Versorgung der Bevölkerung aus medizinischen bzw. epidemiologischen Gründen herzuleiten, bestimmt heute allein die Wirtschaftlichkeit, wo ein Krankenhaus bestehen bleibt oder den Verbund mit anderen Krankenhäusern umsetzen muss.

    1.5.3 Rationalisierungsideen aus der Kommunikationsarena

    Damit könnte der Nachweis gelingen, warum es so schwierig ist, Krankenhäuser nachhaltig zu innovieren, ohne die einfachen Konzepte konservativer Rationalisierungsstrategien umzusetzen. Werden die Gedanken von Kieser/Hegele aus dem Jahr 1998 auf Krankenhäuser übertragen, dann könnte das Ergebnis wie folgt lauten (Kieser und Hegele 1998, S. 54–57): Viele Krankenhäuser befinden sich in Bezug auf ihre Managementstrategien in einer sogenannten Kommunikationsarena, die sich aus verschiedenen Wissenschaftlern, Beratern, führenden Krankenhausmanagern und Trägervertretern, aber auch Ministerialbeamten und Verbandsvertretern zusammensetzt. In dieser Kommunikationsarena werden die „angesagten Managementstrategien von namhaften Vertretern der oben genannten Gruppen vorgetragen und als „state of the art präsentiert. Erfolgsberichte von Vorreitern der Szene garnieren den Weg in die Hoffnung, dass mithilfe der produktionstheoretischen Rationalisierungsstrategien umfassende Wirtschaftlichkeitserfolge möglich sind. Da in den Zeiten von „fake news" kaum mehr Zeit darauf verwendet wird, wirkliche Fakten von Trugschlüssen zu unterscheiden, zumal sich viele Erfolgskennzahlen einer externen Prüfung verschließen, bleibt nur der Glaube daran, dass die geäußerte Konstruktion wirklich funktioniert. Wahrheit wird von der Korrespondenz zwischen Aussage und Ereignis entlang finanzwirtschaftlich begrenzt gedachter Handlungsspielräume auf die Ebene des Konsenses der machtvoll agierenden Angehörigen der Kommunikationsgemeinschaft geschoben. Wirklich ist, was den Wirksamkeitsanschein dominant erweckt.

    1.6 Personalmanagement 2.0 – Von Mäusen zu Menschen

    Was den Blick auf die oben angesprochenen Rationalisierungsstrategien aus der Kommunikationsarena deutlich irritiert, ist die nicht wahrgenommene Entwicklung am Arbeitsmarkt. Trotz vieler Vorzeichen, die sich geradezu als zyklische Entwicklung letztlich als Abwärtsbewegung des Arbeitskräfteangebotes für Führungskräfte und Mitarbeiter speziell bei Ärzten, Pflegekräften sowie Therapeuten der vergangenen Jahre zeigt, wurden keine durchgreifenden Maßnahmen gegen den herrschenden und sich noch weiter eskalierenden Personalnotstand in den Krankenhäusern entwickelt. Gesundheitsministerien, Krankenhausträger, Krankenkassen und Verbände schoben sich bislang gegenseitig die Schuld daran zu, dass es zu wenige potenzielle Mitarbeiter für Krankenhäuser am Arbeitsmarkt gibt.

    Schon werden Auslandsanwerbestrategien gestartet, Umschulungen für Mitarbeiter aus anderen Sektoren der Wirtschaft empfohlen oder sogar das Ergebnis des Fusionsprozesses von Krankenhäusern als kommunizierende Röhren interpretiert, wo die Zahl der freigesetzten Mitarbeiter durch die Krankenhäuser mit Personalmangel aufgenommen werden könnten. Doch alle diese Strategien durchbrechen jetzt die oben aufgezeigten Rationalisierungsversuche, weil die Mitarbeiter und Führungskräfte sich nicht mehr produktionstechnisch auf das Niveau von Einsatzfaktoren reduzieren lassen. Während sich die Krankenhäuser in den vergangenen Jahren auf die sogenannten Hard Facts konzentriert haben, entstehen durch den demografischen Wandel neuartige Anforderungen an die Personalwirtschaft, die als Soft Facts bezeichnet werden. Selbst eingefleischte Rationalisierer müssen wissen, welche Mitarbeiter sie behalten und zusätzlich beschäftigen wollen und von welchen sie sich im Zuge der Rationalisierung trennen möchten. Kostendämpfung bedarf der Kostendämpfer, und diese müssen insbesondere die Funktionen der Personalwirtschaft in Krankenhäusern verbessern, damit u. a.

    Arbeitsmarktbeobachtung für die strategische Ausrichtung von Krankenhäusern gelingen kann und zufällige durch strategische Personalbeschaffung ersetzt wird,

    Personaleinstellung und -einführung nicht mehr nach zweistufigen und dialogischen Bewerbungsverfahren erfolgt,

    Personalbedarfe berechnet werden, die sowohl quantitative als auch qualitative Aspekte der Mitarbeiter einbeziehen,

    Personalservice von einem verwaltungs- zum kundenorientierten Personalmanagement weiterentwickelt wird,

    Personalentwicklung auf der Grundlage aktueller und umfassender Personalbeurteilungssysteme inhaltlich bestimmt und mit Mitarbeitern vereinbart werden kann,

    Personalentlassungen, so sie denn notwendig sind, maximal sozialverträglich durchgeführt werden.

    Der demografische Wandel bestimmt damit nicht nur die quantitativen und qualitativen Möglichkeiten zur personalwirtschaftlichen Anpassung. Der Wandel in der Theorie des krankenhausbezogenen Dienstleistungsmanagements wird über die neue Perspektive des Personalcontrollings in Verbindung mit den erweiterten Möglichkeiten der Digitalisierung 4.0 eingeleitet. Sie entsteht aus den Grenzen bisheriger Betrachtung der Mitarbeiter als Einsatzfaktoren und erweitert sie in Richtung Human Resource Management, weil die bisherige perspektivische personal- und betriebswirtschaftliche Verengung eine weitergehende Rationalisierung nicht mehr ermöglicht.

    Die Grundlage dazu bieten Daten, die Krankenhäuser routinemäßig bereits erheben, aber bisher entweder an verschiedenen Stellen verfügen oder aufbereiten. So nutzt das medizinische

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