Hausmannskost statt Hummer am Reisrand: Ein Erfahrungsbericht über Menschen und wie man schwere Zeiten meistert. Von einem, der es erlebt hat.
Von Thimo Beil
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Über dieses E-Book
Ich möchte mit dem Leser zwei Dinge teilen, denn meine plötzliche Arbeitslosigkeit hat mich einen gedanklichen Summenstrich ziehen lassen. Diese Zwischenbilanz, die Erfahrung, die ich reichlich mit meinen Mitmenschen gemacht habe, verarbeite ich im Kapitel "Typen gibt's". In dieser Zeit ist aber auch guter Rat teuer, denn billigen bekommt man zahlreich. Die Axiome der Arbeitslosigkeit sollen helfen, auf diese Situationen vorbereitet zu sein, indem ich meine eigenen Erfahrungen und die von Menschen, mit denen ich über das Thema gesprochen habe, schildere.
Wer sollte das Buch lesen? Nun, ich denke, es gibt verschiedene Zielgruppen, deshalb habe ich auch kein klar umrissenes Beuteschema. Ich hoffe, ich kann mit meinen Axiomen Menschen, die in der gleichen Situation sind wie ich, ein wenig meine Erfahrung näherbringen und somit den täglichen Umgang mit ihrer Arbeitslosigkeit erleichtern. Vielleicht interessiert sich der ein oder andere, der aktuell nicht in dieser Situation steckt, aber auch für das Gefühlskarussell, für das man eine Jahreskarte gelöst hat. Außerdem hoffe ich, mit meiner bewusst gewählten lockeren Schreibweise den Umgang mit dem Stoff zu erleichtern. Das hat auch den Vorteil, dass das Lesen Spaß macht, denn bierernste Themen gibt es genug auf der Welt. Ob als Bettlektüre, auf dem Klo oder im Flugzeug: Viel Vergnügen!
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Buchvorschau
Hausmannskost statt Hummer am Reisrand - Thimo Beil
Erst mal vorweg
Ich – 36 Jahre alt, männlich, glücklich verheiratet – bin ein recht einfach denkender Mensch. Ich würde nicht sagen: ein einfacher Mensch (weder intellektuell noch im Umgang), aber ich habe meine klaren Prinzipien, meine Vorlieben und zu den meisten Sachen eine klare Meinung. So liebe ich es auch, am Wochenende mal lange zu schlafen. Vor allem wenn am Abend zuvor mal wieder der Wein eher in Strömen geflossen ist. Ein ausgedehntes Frühstück, gerne mal so gegen elf, Kaffee, ruhige Musik, oder auch keine. Danach das iPad geschnappt und je nach Jahreszeit in den Loungesessel auf der Terrasse oder auf das Sofa gefläzt. Nachmittags mit der Zwergrauhhaardackeldame durch den Wald wetzen und dann wieder essen und fläzen. Ein schönes Wochenende eben. Ich treffe gerne Freunde, bin aber auf der anderen Seite auch immer wieder für einen gemütlichen und ruhigen Abend am Kamin oder im Garten zu haben, je nach Jahreszeit. Zu einem gemütlichen Tag gehört für mich ein guter Wein oder auch gerne mal ein leckerer Whiskey.
Die Grundidee zu einem Buch entstand schon vor Jahren. Ich war in meinem Beruf viel unterwegs. Es gibt keinen Kontinent, auf dem ich noch nicht war, mit Ausnahme der Antarktis. Es gibt keine wesentliche Hauptstadt, die ich ausgelassen habe. Ich habe es in sämtlichen Meilenprogrammen bis zum Goldstandard geschafft und eine Zeit lang war das für mich auch wichtig. Mein Beruf hat es mir ermöglicht, am Leben des Jetsets teilzunehmen und einige Jahre im Ausland zu leben. Ich habe mit den großen Tieren dieser Welt am Konferenztisch oder beim Mittagessen gesessen. Ich war eingeladen zu großen Bällen oder zum Dinner in Restaurants, deren Preise mein persönliches Kreditkartenlimit locker zum Bersten gebracht hätten. Das Beste daran war aber, dass ich so viele unterschiedliche Menschen verschiedener Herkunft, Kultur und Couleur getroffen habe. Der Aufhänger und rote Faden meines Buches sollte ehemals ein im wahrsten Sinne des Wortes stilles Örtchen sein. Der vorgesehene Titel „Die Toiletten dieser Welt" macht wohl klar, was ich meine. Das Stehklo in Frankreich und das wasserspeiende Monstrum mit vorgewärmtem Sitz in Japan sind wohl Beispiele, die mancher kennt. Sicher ist die Erinnerung an solche Orte nicht immer angenehm. Sie kennen doch gewiss die schönen, goldbraunen, glatten, kleinen Fliesen, mit denen man früher Badezimmer gefliest hat. Es gab sie alternativ auch in Grün oder Orange. In meiner Erinnerung waren sie aber meist ockerfarben. Ein Traum in Hornhaut-Umbra. Wenn man die Türe zum Bad geöffnet hat, hätte man denken können, das Bernsteinzimmer wiedergefunden zu haben.
Aber dieses und ähnliche Bilder waren gut für die Erinnerungen. Ich erinnere mich dadurch an zahlreiche Orte, die ich besucht habe, und an die Geschichten, die ich dort mit unterschiedlichsten Menschen erlebt habe. Der Traum von diesem Buch zerplatzte allerdings, als meine Frau während unserer Zeit in New York freudestrahlend mit einem Buch mit dem gleichen Titel in unsere Wohnung platzte. Der Titel war zwar auf Englisch, aber es ging hierbei wirklich um Toiletten mit entsprechender Bebilderung. Ich habe meine Idee daraufhin verworfen.
Im letzten Jahr gedieh dann die Idee zu diesem Buch, das Sie gerade in der Hand halten. Leider nicht ganz freiwillig, denn was dieses Jahr für uns bereithielt, passt in keiner Weise auf die berühmte Kuhhaut. Auf die Ereignisse im Einzelnen möchte ich nicht eingehen, denn es waren keine erfreulichen. Die Palette reichte vom Beinaheabstieg meines Fußballvereins bis hin zum Tode sehr lieber Menschen. Ein durchweg gebrauchtes Jahr. Zum Knicken, Lochen und Abheften. Am besten zum Schreddern. Oder wie Kajo Neukirchen, ehemals Chef der Metallgesellschaft, einmal zu der Studie eines Analysten meinte: gelesen, gelacht, gelocht. Nur das uns wenig zum Lachen zumute war. Das große Finale aber hielt das Schicksal noch für das Jahresende zurück. Ich hatte mich nach reiflicher Überlegung entschlossen, den Beruf zu wechseln, und hatte einen fertig ausgehandelten und von beiden Seiten unterschriebenen Vertrag mit einer international agierenden Investmentbank in der Tasche. Wir zogen um und waren dabei sogar sehr glücklich, unser „altes Leben durch den Tapetenwechsel hinter uns zu lassen. Sicherlich ist so ein Jahr im Laufe eines Lebens nur ein Spuckefleck auf dem Bordstein der Weltgeschichte. Für uns allerdings war der Umzug in die nach zahlreicher Meinung schönste Stadt Deutschlands, München, auch ein symbolischer Akt, denn die Dichte an schlechten Nachrichten in diesem Jahr war, wie gesagt, extrem hoch. Und dann kam der große Bumms: der Laden wurde über Nacht zugemacht und zwei Wochen nach unserem großen Umzug stand ich ohne Job da. Gut, ein weiteres Opfer der Finanzkrise, kann man denken. Aber blöd war, dass ich ein gemachtes Nest bei Prosch&Co., meinem alten Arbeitgeber, verlassen hatte. Ich komme später nochmals, bei der Behandlung der Axiome, auf die Gefühle zurück, die einen dann durchzucken, und warum der Blick zurück und das Bereuen Fluch und Segen sein können. Aber plötzlich waren meine Frau und ich mit einer Situation konfrontiert, die doch eigentlich immer nur anderen passierte. Jetzt hieß die große Show auf einmal nicht mehr „Wünsch Dir was
, sondern „So isset."
Irgendwo falsch aufgetreten und durchs Raster gefallen. Eine gute Zeit, jetzt in Panik zu verfallen, dann steht man später nicht mit den anderen in der Schlange. Aber wie gesagt, zu den Lehren daraus komme ich noch. Jedenfalls ist in dieser Zeit die Idee zu diesem Buch entstanden.
Ich möchte mit dem Leser zwei Dinge teilen, denn meine im letzten Jahr plötzlich aufgekommene Arbeitslosigkeit hat mich eine Art gedanklichen Summenstrich ziehen lassen. Es begann zum einen ein neuer Lebensabschnitt, zum anderen kappte dieses Ereignis auch Bindungen und bisherige Gewohnheiten. Diese gedankliche Zwischenbilanz, die Erfahrung, die ich reichlich mit meinen Mitmenschen gemacht habe, verarbeite ich im Kapitel „Typen gibt’s". Ich versuche auch in einigen Fällen Lösungsansätze zu liefern, wie man mit den unterschiedlichsten Charakteren umgehen kann. Das ist natürlich eine Meinung, nämlich meine, und nicht notwendigerweise die richtige. Aber vielleicht kann sie zumindest als Anhaltspunkt dienen. Man sagt ja, dass der erste Schritt zu wahrer Größe der sei, dem anderen das Anderssein zu verzeihen. Gut, gebongt. Aber wo wäre der Spaß im Leben, wenn man sich nicht zumindest mal ein bisschen über andere lustig machen darf und über sie lästern kann. Deshalb habe ich meine Beschreibungen mit ein wenig Humor und Sarkasmus gewürzt.
In dieser Zeit, wie ich sie erlebt habe, ist aber auch guter Rat teuer, denn billigen bekommt man zahlreich. Es ist keine einfache Zeit, selbst wenn man in der glücklichen Lage ist, nicht augenblicklich auch auf den finanziellen Ruin zuzusteuern. Man ist für viele seiner Kontakte von heute auf morgen nicht mehr interessant und das bekommt man auch deutlich zu spüren. Sicherlich, es gibt Tage, da verliert man, und dann gibt es Tage, da gewinnen die anderen. Sagte auch schon Otto Rehagel. Es gibt gute Tage und es gibt schlechte Tage, aber die Bandbreite der Stimmungsschwankungen ist mitunter schon extrem hoch. Auch Intraday, wie man an der Börse so schön sagt. Mit den Axiomen der Arbeitslosigkeit will ich helfen, auf diese Situationen vorbereitet zu sein, indem ich meine eigenen Erfahrungen und die von Menschen, mit denen ich über das Thema gesprochen habe, schildere. Jeder erlebt sie anders, ganz klar. Jeder hat andere Interessen und Möglichkeiten, auch klar. Aber im Grundsatz glaube ich, dass diese Gefühle auf jeden auf die eine oder andere Weise einstürzen. Ich will beschreiben, was mir geholfen hat, und Ideen geben, was Betroffenen helfen kann. Natürlich muss jeder für sich Entscheidungen treffen und wissen, was das Beste ist. Aber die Axiome der Arbeitslosigkeit helfen zumindest, sich mit der Situation auseinanderzusetzen und bald festzustellen: man ist nicht allein. Einige der Axiome sind sogar auf andere Krisengebiete oder sogar ganz einfach für das tägliche Leben anwendbar.
Sowohl meine Einschätzung über die verschiedenen Typen, die mir im Laufe des Lebens über den Weg gejoggt sind, als auch die Axiome werden, da bin ich mir ganz sicher, keiner ernsthaften wissenschaftlichen Prüfung standhalten. Sollen sie aber auch nicht. Denn eine Erfahrung, die ich im Leben gemacht habe, ist, dass Theorie eine nette Grundlage sein kann, aber die Praxis das A und O ist. Sehen Sie, ich habe in meinem Leben niemals eine Universität oder Hochschule von innen gesehen. O.K., das stimmt nicht ganz, wenn man die Tage der offenen Tür einrechnet. Und wenn mich jemand, was in meiner Position häufig vorkam, weil Menschen anscheinend glauben, jemand auf dem Posten muss studiert haben, fragte, welche akademische Laufbahn ich genommen habe, dann war meine Antwort immer: „Ich habe das Liebesleben der südsibirischen Schabrackentapire in den Spätwerken Kafkas erforscht." Die Blicke, die ich dann geerntet habe, sind mit Worten nur schwer zu beschreiben. Es wurde dann meistens so still, dass ich dachte, ich könnte meine eigene Zellteilung hören.
Wer sollte das Buch lesen? Nun, ich denke, es gibt verschiedene Zielgruppen, deshalb habe ich auch kein klar umrissenes Beuteschema. Ich hoffe, ich kann mit meinen Axiomen Menschen, die in der gleichen Situation sind wie ich, ein wenig meine Erfahrung näherbringen und somit den täglichen Umgang mit ihrer Arbeitslosigkeit erleichtern. Vielleicht interessiert sich der ein oder andere, der aktuell nicht in dieser Situation steckt, aber auch für das Gefühlskarussell, für das man eine Jahreskarte gelöst hat. Die Typen, die ich beschreibe, kennt sicherlich jeder. Außerdem hoffe ich, mit meiner bewusst gewählten lockeren Schreibweise den Umgang mit dem Stoff zu erleichtern. Das hat auch den Vorteil, dass das Lesen Spaß macht, denn bierernste Themen gibt es genug auf der Welt. Ob als Bettlektüre, auf dem Klo oder im Flugzeug: Spaß muss sein!
Bevor ich loslege, denke ich, macht es Sinn, ein wenig mehr über mich zu erfahren. Das hilft dem Leser, meine Gedankengänge nachzuvollziehen und zu verstehen, warum ich das eine oder andere so sehe und sage.
Übrigens: Die Namen aller Personen sind frei erfunden. Die Handlungen mögen einigen bekannt vorkommen, zumindest in Teilen. Denn ich bin nach dem Motto vorgegangen: „Never let a few facts stand in the way of a good story. Ein wenig dichterische Freiheit habe ich mir übrigens also auch gegönnt. Man möge es mir verzeihen oder es lassen. Denn mittlerweile handele ich vermehrt nach dem Motto: „Lieber einen guten Freund verlieren als eine gute Pointe.
Ich würde niemals ernsthaft auf Kosten eines guten Freundes einen groben Scherz machen. Es sei denn, ich weiß, er ist dabei, kann das abhaben und wird es mir bei Gelegenheit mit gleicher Münze heimzahlen. Aber ich habe im Laufe der Zeit aufgrund der gemachten Erfahrungen die Definition von „Freund" auch erheblich verändert, um nicht zu sagen, enger gefasst.
Was bisher geschah
Eigentlich. Was für ein Wort. Ein selten doofes Wort. Ein Wort, das für mich in eine Reihe gehört mit dem Satz „Das haben wir schon immer so gemacht. Oder mit Neonröhren als Zimmerbeleuchtung. Da bekomme ich heute noch Ausschlag, wenn ich daran denke. Wir hatten solche im Wohnzimmer. Früher war das ja so. Es gab sie als gerade Röhre oder als Ring und das Licht war furchtbar. Instantpusteln. Kombiniert mit Gelsenkirchener Barock an Geschmacklosigkeit nicht mehr zu toppen. Höchstens noch durch die Badezimmereinrichtung, über die ich mich bereits ausgelassen habe. Oder von Frauen, die sich eine einzelne grüne oder lilafarbene Strähne ins ansonsten braun getönte Haar färben lassen, wohlgemerkt nicht zu Karneval. Es hat mich stets geschüttelt und es überkommt mich heute noch ein Schauer des Grauens, wenn ich einen Raum mit eingeschalteten Neonröhren betrete. Eigentlich kann das Wort ‚eigentlich‘ ja gar nichts dafür, es liegt eher daran, wie es die Menschen benutzen. Ich kann mich noch an die Einführung des Euro-Bargeldes erinnern. Jeder fing plötzlich an die neuen Euro-Münzen aus sämtlichen teilnehmenden Ländern zu sammeln. Und einige Wochen, bevor der Euro offizielles Barzahlungsmittel wurde, konnte man sich bei seiner Bank und in den Postämtern einen Beutel mit einer Grundausstattung an Münzen abholen. Ich sollte für meinen Vater zu unserem Postamt fahren, um dort ein Paket für ihn abzuholen. Ich sehe die Szene heute noch vor mir. Eine ältere Dame holte sich ihre Ration Euro von der damals noch hinter einem Schalter und durch dickes Glas geschützten Mitarbeiterin des Postamts ab. Sie wollte aber auch ein zweites Beutelchen haben, um es ihrer Enkelin schenken zu können. „Eigentlich nur eines pro Person
, sagte die Dame hinter dem Schalter. Und schob ihr das zweite zeitgleich über die Theke. Warum hält sie nicht einfach die Klappe und gibt es ihr oder bleibt dabei und sagt: „Nein, nur eines pro Person. Was hat das Wort „eigentlich
da zu suchen? Was heißt das eigentlich? Ich habe gelernt, dass Menschen dieses Wort gerne verwenden, aber selten in seiner eigentlichen Bedeutung. Ein anderes Beispiel ist mir noch kürzlich widerfahren. Ich wollte ein Hotel im Spessart reservieren und frage, seitdem wir unseren kleinen Hund haben, da gerne im Vorhinein nach, ob der überhaupt erlaubt ist. In vielen Hotels ist das nicht der Fall, verständlich, wenn man sieht, wie achtlos manche Hundebesitzer mit der Hoteleinrichtung umgehen. Da möchte ich gar nicht wissen, wie es bei denen zu Hause