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Catharsis - Schatten und Wahn: Dark Fantasy
Catharsis - Schatten und Wahn: Dark Fantasy
Catharsis - Schatten und Wahn: Dark Fantasy
eBook339 Seiten4 Stunden

Catharsis - Schatten und Wahn: Dark Fantasy

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Über dieses E-Book

Catharsis reißt den Leser vom ersten Augenblick in eine Welt voller dunkler Abgründe. Zwischen Kneipen des niedrigsten Abschaums und aufgeheizten Clubanlagen entfaltet sich die düstere Odyssee eines gnadenlosen Killers der droht, dem Wahnsinn zu verfallen.

****
Im Jahr 2023 leben unter einer Großstadt im Verborgenen die Ausgeburten der menschlichen Mythologie. Um zu verhindern, dass deren Existenz ans Licht der Öffentlichkeit gelangt, eliminieren sogenannte Jäger diejenigen, die versuchen, diese parahumanoide Bevölkerung zu enttarnen. Einer jener Jäger ist Remus Dracon, der bei einem seiner Aufträge eine geheimnisvolle Schattenanomalie beobachtet. Auf der Suche nach deren Ursprung begibt er sich in die tiefsten Abgründe der mythischen Gesellschaft während sein Verstand im Wahnsinn seiner grausamen Vergangenheit versinkt.

***

Der spannende und actiongeladene Roman entführt den anspruchsvollen Leser in bildgewaltige Welten. Gefühlvoll und detailliert geschrieben lädt er dazu ein, in die verkommene Gesellschaft phantastischer Wesen und den inneren Wahnsinn des Protagonisten einzutauchen. Die Geschichte fesselt mit monumentalen Kämpfen und psychischen Qualen, die unter die Haut gehen und noch lange im Gedächtnis bleiben.
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum15. Nov. 2017
ISBN9783745047400
Catharsis - Schatten und Wahn: Dark Fantasy

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    Buchvorschau

    Catharsis - Schatten und Wahn - Jonas Eideloth

    Catharsis - Schatten und Wahn

    Titelseite

    1. Kapitel

    2. Kapitel

    3. Kapitel

    4. Kapitel

    5. Kapitel

    6. Kapitel

    7. Kapitel

    8. Kapitel

    9. Kapitel

    10. Kapitel

    11. Kapitel

    12. Kapitel

    13. Kapitel

    14. Kapitel

    15. Kapitel

    16. Kapitel

    17. Kapitel

    Nachwort

    Autor

    Impressum

    CATHARSIS

    Schatten und Wahn

    -Dark Fantasy-

    Katharsis ist die Befreiung

    von seelischem Übel,

    mit Hilfe emotionalen Erlebens.

    Doch wie weit würdest du gehen,

    um deine Seele zu befreien?

    1. Kapitel

    Ich verstehe. Danke. Mit zitternden Händen legte Blake auf, verpasste dabei knapp den Tisch und ließ den Hörer einfach zu Boden fallen. Er merkte es nicht einmal, wie das billige Plastikgehäuse zu seinen Füßen zerbrach und nur noch kleine Einzelteile zurückließ. Der Mann stand noch immer unter Schock und starrte in die Finsternis seines nächtlichen Wohnzimmers, bis ihm klar wurde, was diese verhängnisvolle Nachricht für ihn bedeutete. Man hatte den grauen Jäger auf ihn angesetzt und es gab keine einzige Kreatur auf dieser Welt, die seiner Jagd jemals entkommen war. Jedenfalls nicht lange.

    „George?" 

    George Blake erwachte aus seiner Schockstarre und sah seine Frau im Durchgang zur Küche stehen. Sie trug ein geblümtes Nachthemd, es war ein Geschenk von ihm gewesen, aber mittlerweile spannte es sich schon um ihren immer dicker werdenden Bauch. Er hatte sich sehr auf den neuesten Familienzuwachs gefreut, doch im Augenblick zweifelte er daran, sein letztes Kind jemals kennen zu lernen.

    „Komm wieder ins Bett, Schatz. Es ist erst halb fünf."

    George sah auf die Standuhr, es war vier Uhr sechsundzwanzig. Mit etwas Glück erleben wir noch die Fünf, dachte er. Er trat auf seine Frau zu und zog ihren, mit warmen Fell bedeckten Körper an sich: 

    „Elisabeth, hör jetzt ganz genau zu, was ich dir sage. Zieh dich an, schmeiß alles, was du für wichtig hältst in einen Koffer und mach dich bereit, abzufahren. Ich wecke die Kinder."

    Elisabeth sah ihn verdutzt an und in ihrem schläfrigen Gesicht machte sich Sorge breit.

    „Was ist los? Wenn das ein Scherz sein soll, ist es dafür verdammt früh."

    -Das ist kein Scherz, bitte mach einfach, was ich dir sage.

    Wenigstens seine Familie wollte er retten. Blake hatte einen Freund, in dessen Besitz sich eine kleine Waldhütte befand. Seine Frau und die Kinder wären dort sicher, so lange, bis die Sache ausgestanden war. 

    „George Horatio Blake!, wetterte Elisabeth. „Du erklärst mir SOFORT, was hier los ist!

    Mit einem raschen Blick auf die Uhr küsste er seine Frau kurz auf die Stirn und rief „Ich erklärs dir im Auto", während er sich auf den Weg treppauf in die Kinderzimmer machte. 

    Er riss eine weiße Holztür auf, auf der mehrere Tieraufkleber sowie ein krakelig geschriebener Name stand. „James". Er ist gerade einmal acht Jahre alt und würde schon bald seinen Vater verlieren, schoss es George durch den Kopf, aber er versuchte, den Gedanken rasch wieder zu verdrängen.

    „James?" Er schaltete das Licht ein und trat leise an das Bett heran. Es war leer.

    „James! George hastete voller Furcht aus dem Zimmer, sein Herz begann schneller zu schlagen. War der graue Jäger etwa bereits hier? „Scheiße, James, wo bist du? brüllte er durch das ganze Haus, als ihn plötzlich etwas am Bein packte. Erschrocken fuhr Blake herum und sah den kleinen, blonden Jungen im Schlafanzug mit seinem Kuschelhund im Arm neben ihm stehen.

     „Daddy, man darf doch nicht fluchen."

    Noch nie in seinem Leben war er so erleichtert gewesen. 

    „Stimmt, mein Großer, tut mir leid. Was machst du denn mitten in der Nacht auf dem Flur?"

    -Ich hatte Durst und wollte im Bad was trinken, weil Mami und du unten wart. James wirkte beschämt. 

    „Schon gut, zieh dir was Richtiges an und pack deinen Hund in den Rucksack, wir fahren in den Urlaub. Ich wecke nur noch kurz deine Schwester, in Ordnung?"

    Ein freudiges Glitzern machte sich in den Kinderaugen breit und der Junge hüpfte in sein Zimmer.

    „Ja! Urlaub, Urlaub, keine Schule!"

    Hinter sich hörte George eine genervte Stimme.

    „Nicht nötig, mich zu wecken, Dad, du hast mit deinem Geschrei die ganze Nachbarschaft in Panik versetzt." Cathrin war fünf Jahre älter als der kleine James und kam ganz nach ihrer Mutter. Sie hatte leuchtend grüne Augen und ein elegant schmales Gesicht, bedeckt mit schneeweißem Fell.

    „Cathrin, du hast es ja gehört, pack schnell deine Sachen."

    Sie verdrehte genervt die Augen. „Hey, ich bin kein kleines Kind mehr. James glaubt dir vielleicht, dass wir in den Urlaub fahren, aber ich bin nicht so blöd wie die kleine Rotznase." 

    „Bitte, tu mir einmal den Gefallen und diskutiere nicht rum, okay? Pack einfach deine Tasche."

    Mit einem entnervten Stöhnen ging Cathrin zurück in ihr Zimmer und schlug unter lautem Krachen die Tür zu. 

    George wollte sich gerade daran machen, sich umzuziehen, als Elisabeth aus dem Schlafzimmer nach ihm rief. 

    Er betrat den Raum und sah seine Frau inmitten fein säuberlich aufgereihter Blusen, Hemden und Hosen stehen. Sie hielt mit einer Hand prüfend ein rotes Kleid vor den Spiegel, mit der anderen stellte sie verschiedene Paar Schuhe davor.

    „Hmmm die Farbe... Ah, George, da bist du ja. Soll ich dir lieber das grün karierte oder das graue Hemd einpacken? Ich weiß ja, dass grau gut zu deinem Hautton passt, aber das Grüne-"

    „Verdammt! fuhr er sie an. „Hast du es denn nicht kapiert? Wenn wir nicht schleunigst verschwinden, dann werdet ihr den Sonnenaufgang nicht mehr erleben! Hastig warf er einen Blick auf den Wecker, es war zwei Minuten vor fünf. Elisabeth begann zu schluchzen. „Ich wollte doch nur-"

    „Ja, ich weiß, Liebling. Es tut mir leid. Geh schon mal runter zum Auto, okay?"

    Blake schmiss alle Kleidungsstücke in den Koffer, verschloss ihn und verließ damit das Schlafzimmer, jedoch ohne sich umgezogen zu haben. Echte Helden können ihre Familie auch im Schlafanzug retten, dachte er und musste grinsen. 

    Auf dem Weg nach unten sah er Cathrin mit einer gigantischen Reisetasche und Kopfhörern in den Ohren. Der kleine James war auch noch im Schlafanzug und band sich gerade im Schneckentempo die Turnschuhe zu. 

    Vielleicht war ihm das Glück ja doch hold und der graue Jäger verspätete sich. Blake begann wieder etwas Mut zu fassen, während er seiner Frau und den Kindern ins Auto half, bevor er sich selbst hinters Steuer klemmte. Sein rötlicher Blick richtete sich auf die Uhr am Armaturenbrett. Es war zwanzig nach fünf und sie lebten immer noch. Blake hoffte inständig, dass es so blieb und fuhr hinaus in den frühen Morgen.

    ***

    Zehn Minuten.

    Die dunkle Gestalt des Jägers lag verborgen zwischen Antennenmasten, Stromleitungen und Schornsteinen, die ihren dichten Qualm in die morgendliche Luft spuckten, auf dem Dach eines mehrstöckigen Gebäudes.

    Der stechende Blick des Mannes fixierte eine Straßenkreuzung direkt unterhalb seiner Position.

    Die Herausforderung, seiner Arbeit an einem öffentlichen Ort nachzugehen, beflügelte ihn und er erlaubte sich, leichte Euphorie zu empfinden, während er auf sein Opfer wartete.

    Akribische Planung und kompromisslose Ausführung, darauf konnten sich seine Auftraggeber stets verlassen.

    Die Regierung der unterirdischen Stadt hatte ihr Geld gut bei ihm angelegt und in exakt neun Minuten ein wesentliches Problem weniger.

    Ein kühler Wind strich über ihn hinweg und ließ seine halblangen braunen Haare leicht wehen. Der Herbst war unerbittlich auf dem Vormarsch. Er freute sich bereits, nach dem Ausführen des Auftrags, den Tag gemütlich bei einem Glas Whiskey zuhause vor dem Kamin zu verbringen.

    Womöglich schaute er am späteren Abend noch im Schattenviertel vorbei.

    Er griff zur Seite und öffnete einen länglichen Koffer. Mit einer schnellen Bewegung rollte er sich auf den Rücken und baute sein modifiziertes Scharfschützengewehr zusammen. Mattschwarz, extrem hohe Durchschlagskraft und unglaublich präzise.

    Die von dieser Waffe verschossenen Kugeln waren fein ziselierte Einzelanfertigungen. Barocke Elemente wanden sich um die mattbronzen schimmernde Ummantelung.

    Sinnierend drehte er eine der Patronen zwischen seinen Fingern.

    Das Gewehr lud er nur zur Sicherheit, brauchen würde er es wohl nicht, sein Plan sah Anderes vor.

    Er blickte wieder hinab zur Kreuzung. Sicherlich wären nach Beendigung des Auftrages auch zwei Gläser Whiskey zusammen mit guter Musik angebracht. Hoffentlich war die neue Scheibe der Crosscoix heute angekommen. Er brauchte neue Inspiration.

    Ein knapper Blick auf seine absolut präzise arbeitende Uhr sagte ihm, dass Mr. Blake die letzten Minuten seines Lebens bevorstanden.

    Er mochte die Uhr, sie war ebenfalls eine Spezialanfertigung und unheimlich teuer gewesen. Das offene Uhrwerk erlaubte ihm einen Blick auf die sich beständig drehenden Zahnräder, versehen mit edlen Steinintarsien.

    Nach seiner letzten Information hatte Mr. Blake seine Familie mit im Wagen sitzen, um seinem unerfreulichen Schicksal zu entfliehen. Es würde folglich ein sauberer Schnitt im Familienstammbaum werden.

    Der Jäger atmete zweimal tief durch und blickte durch den Sucher seines Gewehres die lange Straßenschlucht hinab. Autos krochen unter ihm entlang wie müde Käfer und ein paar Passanten hasteten dick eingepackt durch die Kühle des frühen Morgens.

    Zwei Minuten noch.

    Mr. Blake hatte noch in der Nacht gepackt, als die Warnung vor dem grauen Jäger bei ihm eingegangen war. Durch die kleine Kamera, die er bereits vor Blakes Haus angebracht hatte, konnte der Jäger beobachten wie der Mann seine Kinder noch im Schlafanzug in den Wagen verfrachtet hatte, doch der Auftrag zur Eliminierung war da bereits zwei Stunden alt.

    Mr. Blake hatte die zweithöchste Gefahrenstufe erhalten und niemand hatte ein Interesse daran, dass die Parahumanoide Gesellschaft ins Licht der menschlichen Öffentlichkeit gezerrt würde.

    Eine Minute.

    Mit einem kurzen Blick überprüfte der Jäger auf seinem Smartphone den sich rasch bewegenden Punkt von Blakes Wagen auf der eingeblendeten Stadtkarte.

    Ein metallisches Quietschen erklang und über dem Jäger schwenkte ein Baukran langsam herum. An einer dicken Kette hingen mehrere langsam hin und her pendelnde Stahlträger. Direkt über der Kreuzung beendete der Kran seine Schwenkbewegung.

    Dreißig Sekunden.

    Die behandschuhte Hand des Jägers rief auf seinem Smartphone eine App auf. Ein einzelner roter Knopf vor schwarzem Hintergrund wurde eingeblendet.

    Mit einem Seitenblick registrierte er Blakes Wagen, der soeben vor der roten Ampel an der Kreuzung zum Stehen gekommen war. Die rote Lampe spiegelte sich in der Frontscheibe, die Insassen waren nur schemenhaft zu erkennen.

    Zehn Sekunden.

    Die rote Spiegelung auf dem Wagen wechselte zu Grün und sein Finger senkte sich auf den roten Knopf.

    Der Jäger vernahm einen leisen Knall, der vom Wind davongeweht wurde, gleichzeitig übertönt von einem metallischen Kreischen, als die Stahlträger plötzlich in Schräglage gerieten.

    Blakes Wagen fuhr an.

    Mit einem Knall barst die haltende Kette und erste aufgeregte Schreie von aufmerksamen Passanten hallten durch die Straße.

    Die Stahlträger fielen als gnadenloser Regen in Richtung Erdboden und mit donnerndem Klirren wurde das Auto begraben.

    Metallstreben des Wagens knickten unter der Wucht ein. Blut besprühte die von Rissen blind gewordene Frontscheibe und lief in breiten Schlieren im Inneren herab. Reifen platzten, Rauch stieg aus dem vollkommen zerstörten Motorraum auf.

    Ein bestialisches Brüllen marterte das Gehör des Jägers und die blutbesudelte Frontscheibe wurde mit Wucht aus ihrer Verankerung geschlagen.

    „Mr. Blake, leben Sie denn noch?", flüsterte der Jäger leise und richtete konzentriert das Fadenkreuz seines Gewehres auf das Dunkel im Wagen.

    Er sah ein gelbliches Augenpaar hasserfüllt aufleuchten.

    Der Finger des Jägers krümmte sich langsam um den Abzug, doch gerade als er abdrücken wollte, wurde der Wagen von einem grell leuchtenden Feuerball zerrissen.

    Selbst die Stahlträger wurden von der Explosion ein Stück weit davongeschleudert. Die heiße Woge der Flammen brandete bis zur Dachkante hinauf und versetzte die Haare des Jägers in Bewegung.

    Kurz darauf zog sich das Feuer in den Wagen zurück und vollbrachte prasselnd sein endgültiges Vernichtungswerk. Dichte, schwarze Rauchschwaden brachten den Geruch von verschmortem Gummi und Horn in die Straßen.

    Auftrag erledigt.

    Der Jäger legte das Gewehr zur Seite und schob sich von der Gebäudekante zurück. Vorsichtig richtete er sich auf, doch bei einem letzten Blick zurück auf den brennenden Wagen stutzte er.

    Die zuckenden Schatten, die von den Flammen geworfen wurden, konzentrierten sich immer wieder zu tiefer Schwärze und schienen sich zitternd zu strecken.

    Selbst der Schatten einer älteren Dame verschärfte plötzlich seine dunklen Konturen und kroch, sich selbstständig machend, mit zitternden Gliedern über den grauen Asphalt der Straße auf den brennenden Wagen zu, ohne sich über Licht- und Schattenverhältnisse Gedanken zu machen.

    Er wischte sich über die Augen und sah noch einmal hinab.

    Ein letzter Schattenfetzen zog sich gerade in die Flammen hinein, dann war nichts mehr zu sehen.

    Einen kurzen Moment blieb der Jäger noch überlegend stehen, dann verstaute er ordentlich sein Gewehr und schritt in Richtung Treppenhaus. Der Kies auf dem großen Flachdach knirschte unter seinen Stiefeln.

    Über seine Beobachtung sollten sich seine Auftraggeber Gedanken machen, es war nicht seine Sache.

    2. Kapitel

    Ein quadratisches, flaches Paket lehnte vor der zerschrammten Türe zu Appartement 23 am Ende des langen Flures. Die Bodendielen des barocken Altbaus knarrten unter den schweren Schritten des Jägers.

    Ah, meine neue Platte, dachte er und hob voller Vorfreude den Karton auf. Mit der anderen Hand entriegelte er die Wohnungstüre und der Geruch von erloschenem Holzfeuer empfing ihn.

    Den länglichen Waffenkoffer platzierte er im Inneren, direkt neben dem Eingang, um mit routinierten Handgriffen den Zugang wieder zu verriegeln.

    Er war stolz auf die unscheinbare Holztür, die in ihrem Inneren einen Kern aus massivem Stahl verbarg. Der umlaufende Rahmen war durch lange Armierungen fest mit der Wand, Boden und Decke verbunden, denn die Sicherheit seiner Unterkunft war ihm äußerst wichtig.

    Leise summend schritt er ins Innere seiner edel eingerichteten, hohen Altbauwohnung.

    Antike Möbel säumten die Wände und moderne Elemente waren geschmackvoll dezent eingefügt worden. Eine Soundanlage, vereinzelte Werke zeitgenössischer Künstler und Laptop waren Zeugen der neueren Zeit.

    Die holzvertäfelten Wände und die dunkle Tapete wurden von ein paar reich verzierten Wandleuchtern mit grünem Schirm erhellt. 

    Der Jäger trat an eine breite Kommode mit schwarzer Marmorplatte heran, auf der ein alter Plattenspieler stand.

    „Dann wollen wir mal sehen", murmelte er und öffnete das Paket, um die Schallplatte hervorzuholen.

    Die neue Scheibe seiner Lieblingsband war schon lange angekündigt gewesen, sehr lange.

    Doch er hatte geduldig gewartet, Crosscoix hatten ihn mit ihrer Musik noch nie enttäuscht.

    Vorsichtig setzte er die Nadel auf das satt leuchtende Schwarz der sich drehenden Platte und erste zarte Streicherklänge fluteten aus der Anlage, gefolgt von dezenten Bassschlägen, welche sein Inneres vibrieren ließen.

    Genussvoll schloss er die Augen.

    Feierabend.

    Er schlenderte zu seinem großen Sessel aus dunklem und durch die Jahre abgewetzten Leder. Von einem kleinen Beistelltisch nahm er die bereitstehende, teure Flasche Whiskey und schenkte sich etwas in eines seiner Kristallgläser ein.

    Leise knarzte der Sessel, als er sich müde niederließ. Es war ein gutes Gefühl, wieder zu Hause zu sein.

    Der Auftrag zur Eliminierung Blakes hatte ihn gegen Mitternacht erreicht und ihm eine durchwachte Nacht beschert. Der Mann hatte sich an ein Pharmaunternehmen verkaufen wollen, um der Menschheit Einblick in die Andersartigkeit und die Möglichkeiten der Parahumanoiden Gesellschaft zu geben, von der diese nichts ahnten. Doch seit dem letzten Krieg vor über achtzig Jahren, achteten die Wächter und Verschleierer des Ministeriums penibel darauf, die Gesellschaft der Parawesen in Mythen und Legenden verschwinden zu lassen.

    Wer sich an Uneingeweihte der Humanoiden wandte, wurde gnadenlos gejagt und vernichtet.

    Dass Blake gewarnt worden war und er sich samt Familie hatte absetzen wollen, rettete ihn nicht mehr.

    Nicht vor dem grauen Jäger.

    Seine Aufträge waren ihm heilig, genau wie seine Bezahlung und dem Ruf der absoluten Zuverlässigkeit, den er sich über die Jahre hinweg aufgebaut hatte.

    Das morgendliche Licht brach sich in den Gravuren des mit Whiskey gefüllten Kristallglases und warf sternförmige Muster in den Raum.

    Rauchig, unterlegt mit einer torfigen Note, füllte der erste Schluck seine Kehle.

    Perfekt.

    Er zog sein Smartphone aus der Manteltasche und tippte auf eine Kurzwahltaste.

    „Amt für Außeneinsätze, Valen Gahl, was kann ich für Sie tun?"

    „Ich habe eine Eliminierung zu melden."

    „Ihr Name und den Auftrag bitte."

    „Remus Dracon, Auftrag 8493, Eliminierung Blake, sagte Remus. „Blake samt näheren Angehörigen, fügte er noch hinzu.

    „Bitte?"

    „Ehefrau Elisabeth Blake mit dem Nachwuchs Cathrin und James Blake. Überweisen sie bitte meinen Lohn auf das übliche Konto. Vielen Dank, erklärte er dem Beamten und wollte schon auflegen, als ihm noch ein Detail einfiel. „Ach ja. Notieren Sie noch eine Beobachtung für das Ministerium.

    „Ähm, einen Moment Herr Dracon, kam es geschäftig vom anderen Ende der Leitung. „Für all das muss ich erst noch das passende Formular heraussuchen.

    Remus nahm noch einen Schluck von seinem Whiskey und wartete.

    Im Hintergrund spielte die Band Crosscoix gerade zu einem fulminanten Finale auf, welches durch plötzlich einsetzende Fahrstuhlmusik aus dem Hörer zerstört wurde.

    Angewidert erstickte er das Handy mit einem Kissen.

    Als ob einfache Ruhe zum Warten zuviel verlangt wäre. Remus schloss tief ausatmend seine Augen, um sich ganz der Musik und dem Geschmack des Alkohols hinzugeben.

    Er konnte Beamte nicht ausstehen. Einfach alles an ihnen war so schwach, inkompetent und hilflos und es nervte ihn, dass er trotzdem regelmäßig mit ihnen zu tun haben musste. Zum Glück meist nur am Telefon.

    Wenn die oberen Stellen nicht so gut und zuverlässig zahlen würden, hätte er diesen Aufträgen schon längst den Rücken gekehrt.

    „…llooo?", tönte es kaum hörbar unter dem Kissen hervor.

    Remus stürzte den letzten Schluck herunter und nahm sein Smartphone wieder auf.

    „Ja?", fragte er mit vom Whiskey angerauter Stimme.

    „Ich hätte jetzt das passende Formular da und habe Ihre Angaben eingetragen. Sie wollten noch eine Beobachtung schildern?"

    „Nach der Eliminierung gab es ungewöhnliche Schattenbildungen um den Exekutionsort", fasste Remus die Ereignisse kurz zusammen.

    Im Nachhinein schien es ihm nicht mehr sonderlich wichtig zu sein.

    „Ungewöhnlich?", fragte der Beamte nach.

    Remus strich sich einige Haarsträhnen aus dem Gesicht und schielte zu der Whiskeyflasche, in welcher die goldbraune Flüssigkeit verheißungsvoll glänzte.

    „Schatten verdunkelten sich und strömten zu den Opfern. Möglicherweise auch eine optische Täuschung", fügte er gedankenverloren hinzu.

    Kurz blieb es am anderen Ende der Leitung still.

    „Hm, na gut. Ich reiche das dann mal so weiter, Herr Dracon. Wir erwarten Ihren ausführlichen Bericht im Laufe der nächsten Woche. Einen schönen Tag noch."

    Das Freizeichen ertönte und fügte sich passend in die Hintergrundmusik ein.

    „Geschafft", murmelte Remus und lehnte sich entspannt zurück.

    Moment. Er richtete sich noch einmal auf, griff zur Flasche und füllte sein Glas zur Hälfte auf. Danach nahm er zwei Eiswürfel aus dem kleinen Gefrierschrank unter dem Beistelltisch.

    Mit der anderen Hand regelte er die Musik lauter.

    Remus schloss seine Augen und ließ sich in das knarrende Leder sinken, als plötzlich die Türklingel losschrillte.

    ***

    „Idiot!", dachte der Beamte des Amtes für Außeneinsätze und legte, ohne auf eine Verabschiedung des Gegenübers zu warten, auf.

    Er konnte Jäger nicht leiden. Sie waren allesamt arrogante, egozerfressene Idioten mit zu viel Spaß am Töten und absolut überbezahlt auch noch. Im Gegensatz zu ihm, der als guter Beamter dafür sorgte, dass das Zusammenleben mit den Menschen reibungslos verlief. Aber wer fragte schon danach?

    „Herr Gahl?, tönte es aus dem Hintergrund. „Wir bräuchten Sie einen Moment.

    Natürlich, dachte er sarkastisch, als ob es nicht noch genug zu tun gäbe.

    Sein alter Schreibtisch aus dunkler Eiche war zwar ordentlich aufgeräumt, doch am rechten Ende lag ein ganzer Stapel zu bearbeitender Formulare. Diesen wollte er noch bis Feierabend abgearbeitet haben.

    Ein großer Röhrenbildschirm zeigte die Meldung, dass die Eliminierungsbenachrichtigung, welche er gerade getippt hatte, erfolgreich abgeschickt worden war.

    „Bin gleich da", rief er zurück.

    Valen Gahl erhob sich aus seinem durchgesessenen Bürostuhl und trank seine Tasse Pfefferminztee aus. Sein Blick ruhte dabei auf einem alten Sepiafoto.

    Darauf war eine Gruppe verkleideter Personen zu sehen, die auf einer breiten Treppe stand und winkte.

    Er lächelte leicht und freute sich bereits auf das nächste Treffen mit der Theatergruppe, der er seit ein paar Jahren angehörte. Sie hatte ihm damals sehr geholfen, über seine Trennung hinwegzukommen.

    Valen stellte die Tasse zurück und schritt durch einen Mittelgang auf den Bürobereich seiner Vorgesetzten zu.

    Staubiges Licht fiel durch die hohen Fenster des Ministeriums in den langen Raum, in dem Schreibtische ordentlich hintereinander aufgereiht standen. Alle waren bestückt mit alten Röhrenbildschirmen, Telefonen und Papierbergen. Vereinzelt sah man private Gegenstände wie Familienphotos oder Plüschtiere verloren zwischen all den Formularen und Stempelkissen hervorlugen.

    Viele Beamte tippten fleißig Texte in ihre Rechner oder lasen Dokumente, der ein oder andere nippte dabei an einer Tasse.

    Valen liebte den warmen Geruch von Staub, Papier, Kaffee und Tee, der stets in der Arbeitsstube schwebte.

    Vor einer mit Milchglas versehenen Tür, auf welcher in nahezu antiken Lettern ´Büro´ stand, empfing ihn eine überdurchschnittlich hoch gewachsene Person. Ein zu kurz geschnittener Anzug hing schlaff an dem hageren Leib.

    „Was gibt es denn?", fragte Valen.

    „Es geht um Ihr zuletzt geschicktes Formular, sagte der Hagere mit krächzender Stimme. „Wir müssten uns da kurz mit Ihnen unterhalten. Folgen Sie mir bitte.

    Der hoch Gewachsene, der eine wirklich ungesund blass wirkende Hautfarbe aufwies, öffnete die Türe und führte Valen in einen kurzen Gang. Mehrere Türen, an deren Seiten goldene Namensschilder prangten, reihten sich aneinander.

    Valen war nicht oft hier, im Allerheiligsten seiner Vorgesetzten und blickte leicht neidisch auf die kleinen privaten Büroräume. So eines hätte er auch gerne.

    Fast am Ende des Ganges angelangt, blieben sie vor einer Türe stehen, neben der ´Graf Contier´ stand. ´Leiter für Außeneinsätze´ stand in kleineren Lettern unter dem Namen.

    „Bitte", sagte der hoch Gewachsene und öffnete einladend die Türe.

    „Dankeschön", murmelte der Beamte und trat ein.

    Ein kleines Büro empfing ihn. Aktenschränke rechts und links, vor dem Fenster ein großer Schreibtisch mit zwei Besucherstühlen davor.

    Valens Blick wurde derweil unweigerlich von einem in einer Ecke unpassend platziertem Ölgemälde mit schwerem Goldrahmen angezogen, das einen siegreichen Heerführer in heroischer Pose zeigte.

    Auf dem gewaltigen Sessel hinter dem Schreibtisch thronte Graf Contier.

    „Setzen Sie sich, Herr Gahl", sagte dieser mit tiefer, ruhiger Stimme. Sein Gesicht war schmal und kantig. Tief liegende blaue Augen unter dichten Augenbrauen fixierten Valen.

    Der Beamte ließ sich nieder und betrachtete die filigranen Schnitzereien am Schreibtisch.

    „Es geht um die letzte Beobachtung des Jägers

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