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Aichwalder Zeitenspiegel: Einst und jüngst in Text und Bild
Aichwalder Zeitenspiegel: Einst und jüngst in Text und Bild
Aichwalder Zeitenspiegel: Einst und jüngst in Text und Bild
eBook202 Seiten1 Stunde

Aichwalder Zeitenspiegel: Einst und jüngst in Text und Bild

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Über dieses E-Book

Mit Texten von Marianne Brugger und Bildmaterial aus dem Fundus der Betroffenen, dem Aichwalder Gemeindearchiv und von Fritz Weinschenk.

Dieses E-Book beinhaltet sowohl Erzählungen, die bereits veröffentlicht wurden als auch historische Aufnahmen von AltAichwald, die bislang noch nicht für die Öffentlichkeit bereitgestellt wurden. Das Leben einst wird nicht im Stile von "Es war einmal" erzählt, sondern eingewoben in die Lebenserinnerungen von Aichwalder Bürgern. Um das Leben in der früheren Zeit möglichst wirklichkeitsnah zu schildern, verhehlen die Erzählenden Schweres, persönliche Notlagen und Krisen nicht. Aber auch Heiteres und weniger Ernstes ist in dem E-Book enthalten. Unter anderem ist von der Aichschießer Bürgermeistergattin Irene Gläser ebenso die Rede, die der Liebe wegen von Berlin nach Aichschieß zog, als auch von der Schanbacher Hebamme Ernestine Bäder, die im vorigen Jahrhundert rund 1200 Kindern ans Licht der Welt verhalf. Zudem werden Ereignisse in und rund um die Aichwalder Kirchen geschildert. Um den Gesamteindruck abzurunden, sind die einzelnen Beiträge durch Fotos belegt.

Verbesserter Anzeigemodus: Alle Bilder können per Lupenfunktion vergrößert und danach zusätzlich durch Auseinanderziehen gezoomt werden.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum2. Aug. 2017
ISBN9783742778949
Aichwalder Zeitenspiegel: Einst und jüngst in Text und Bild
Autor

Marianne Brugger

Mit ihrer ersten Kurzgeschichte "Reise ins Dunkel der Nacht" gewann Marianne Brugger im Jahr 2008 den überregionalen Schreibwettbewerb "Bahn-Augen-Blick". Zwei weitere Kurzgeschichten wurden in einem Autorenportal jeweils zum "Manuskript der Woche" gekürt. Mehr über die Autorin erfahren Sie auf ihrer Homepage: www.MarianneBrugger.de.

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    Buchvorschau

    Aichwalder Zeitenspiegel - Marianne Brugger

    Prolog

    Wieder einmal fragte mich jemand nach einer Druckausgabe über unsere Aichwalder Gemeinde. (Ich hatte in der Vergangenheit auch bei heimatgeschichtlichen Projekten mitgeschrieben) Und wieder einmal musste ich zur Antwort geben: „Leider vergriffen. Als mir wenige Tage später Fritz Weinschenk eine CD mit Fotoaufnahmen von Alt-Aichelberg schenkte, war die Idee zu diesem E-Book geboren. Es enthält von mir verfasste Beiträge, die in einer im vorliegenden Buch beschriebenen Publikation enthalten sind. Die Berichte sind mit bereits abgedruckten, aber auch bislang unveröffentlichten Fotos unterlegt. Ferner haben wir Fotostrecken mit historischen Aufnahmen von allen Aichwalder Ortsteilen und deren Bewohnern eingefügt. Die Fotos stammen entweder aus Fritz‘ Fundus oder wurden vom Gemeindearchiv bereitgestellt. „Wir - das sind übrigens:

    Fritz Weinschenk, wohnhaft in Aichwald-Aichelberg. Eines seiner Hobbys ist das Fotografieren und der Umgang mit Bildern von einst, gestern und heute. Seit 2008 gibt er mit Partnern Jahreskalender heraus. Die Kalender stehen jeweils unter einem anderen Motto und enthalten Aufnahmen von Alt-Aichelberg oder zeitlich zurückliegenden Begebenheiten. Bei diesem Projekt oblag ihm im Besonderen das Aufbereiten der teilweise schon „angejahrten" Fotos.

    Und ich, Marianne Brugger, wohne ebenfalls in Aichelberg und bin nun schon seit einigen Jahren am Texten. Falls Sie mehr über mich und meine Schreiberei erfahren wollen: www.MarianneBrugger.de .

    AICHWALDER BLATTWERK – Geschichten und Geschichte vom Vorderen Schurwald

    Herausgeberin: Elke Roos

    Das Aichwalder Blattwerk, das auf der Initiative und Zusammenarbeit von Elke Roos, Barbara Pfander und mir beruht und von Frau Roos für die Herausgabe zum Abschluss gebracht wurde, erschien im Jahr 2012 beim Bärenfelser Verlag. Im Dreierteam erstellten wir die Konzeption, legten die Themen fest und suchten nach Mitschreibenden. Insgesamt trugen zehn Autoren/innen zur Entstehung dieses Buches bei. Dieses Buchprojekt sollte das gegenseitige Verständnis sowohl zwischen Alt- und Neubürgern als auch zwischen Jung und Alt fördern und dafür sorgen, dass das Wissen um das Zeitgeschehen und die Lebenserfahrungen unserer älteren Mitbürger nicht verloren gehen. Das Leben einst wurde nicht im Stile von „Es war einmal" erzählt, sondern eingewoben in die Lebenserinnerungen von Aichwalder Bürgern. Großer Dank ist deshalb auch all jenen Zeitzeugen geschuldet, die uns Rede und Antwort standen und für uns ihr Leben Revue passieren ließen.

    Meine im Aichwalder Blattwerk enthaltenen Beiträge, die allesamt von Frau Inge Knechtel ehrenamtlich lektoriert wurden, sind nachstehend wiedergegeben.

    Eine Berlinerin - mit schwäbischem Herzen

    Der Liebe wegen sind schon zu früheren Zeiten Frauen nach Aichschieß gekommen, aber meist haben sich dadurch weder das Umfeld noch die daraus erwachsenden Aufgaben so umfassend geändert wie bei Frau Irene Gläser.

    Als die junge, aus einem Berliner Vorort stammende Irene Ellgring im Jahr 1939 von ihrem Mann Robert in Aichschieß als Braut eingeführt wurde, ahnte sie noch nicht, dass der damals ca. 400 Seelen zählende Ort einmal ihr Lebens- und Wirkungskreis werden würde. Doch schon damals gefiel ihr das hübsche, trauliche Dorf ausgesprochen gut. Nicht nur die riesigen Kastanienbäume vor der Kirche, auch die Kandeln (Straßenrinnen), die nicht nur Regen, sondern ab und an auch Spätzlewasser führten, sowie die schöne Landschaft zogen sie in ihren Bann. Auch das bäuerliche Leben und die fremdartigen Sitten und Gebräuche begeisterten sie. Selbst das stündliche Glockenläuten ist ihr in guter Erinnerung, obwohl sie dadurch – das Haus ihrer Schwiegereltern befand sich direkt unterhalb der Kirche – des Öfteren aus dem Schlaf gerissen wurde.

    Das Zimmer, das sie damals bei den Schwiegereltern zugewiesen bekam, war der Sitte entsprechend fernab von den Männergemächern. Noch heute vermag sie dem angenehm süßlichen Duft ihres Schlafraums nachzuspüren, den die mit Dörrobst gefüllten Säcke dauerhaft verströmten. Auch hat sie den Fronmeister noch vor Augen, der durchs Dorf ging und rief: „Morga wird g´fraunat!" (gefront). Auf Nachfrage erklärte man ihr, dass jeder arbeitsfähige männliche Einwohner verpflichtet sei, für die Gemeinde kostenlose Hand- und Spanndienste zu leisten. Das hieß für den Einzelnen entweder ein Fuhrwerk zur Verfügung zu stellen, oder Hand an allgemeine Arbeiten, wie z.B. die Ausbesserung von Feldwegen, zu legen. Nach dem Bau des Aichschießer Gewerbegebiets wurde diese Verordnung nicht mehr zur Anwendung gebracht, da solche Arbeiten nun, infolge der zu entrichtenden Gewerbesteuer, gegen Lohn vergeben werden konnten.

    Obwohl als Städterin an das Landleben nicht gewöhnt, half sie bei allen landwirtschaftlichen Arbeiten, besonders gerne aber beim Beerenpflücken. Auch während des Krieges war sie fleißig bei der Beerenernte dabei und opferte dafür sogar ihren kostbaren Urlaub.

    Bild 5

    Irene Ellgring, später Gläser

    An den 12.12.1937, den Tag, als sie ihrem Robert zum ersten Mal begegnete, erinnert sich Irene Gläser gern. Sie lernte den jungen Unteroffizier in Fliegeruniform in einem Tanzlokal beim Flugplatz Berlin-Fürstenwalde kennen. Sie, die fesche 18-jährige technische Angestellte, war gleich von zweien zum Englischen Walzer aufgefordert worden. Dass sie dem Schwaben den Vorzug gab, bereute sie nie. War es Zufall oder Bestimmung? Manchen mag es zu gefühlsbetont anmuten: Just als das junge Paar die Tanzfläche betrat, wurde der Schlager „Ich tanze mit dir in den Himmel hinein" aufgespielt. Das Resultat dieses ersten Treffens ist bekannt: Verlobung im Jahr 1939, 1941 die Hochzeit, Geburt der Tochter Gabriele im Jahr 1944 und 1947 die des Sohnes Martin.

    Bild 2

    In späterer Zeit beim Tanz

    Über verschlungene Wege – sie wohnte in der russisch besetzten Zone von Berlin – erhielt sie im August 1945 die Nachricht, dass ihr Mann aus der englischen Internierung entlassen worden war und sich bei ihren Schwiegereltern in Aichschieß befand. Sofort machte sie sich, zusammen mit ihrem Vater, auf den Weg, zu Fuß, die einjährige Tochter im Kinderwagen. Nach sieben gefahrvollen Tagen, erschöpft, aber zum Glück unbeschadet, erreichte sie völlig entkräftet den künftigen Wohnort.

    Übermäßig erfreut über die weiteren Esser am Tisch waren die Schwiegereltern nicht, krank und ausgehungert wie die beiden waren. Auch schrie die Kleine viel, schrie die erlebte Not und Entbehrung aus ihren Lungen.

    Trotz leichter gesundheitlicher Probleme half die junge Frau im nachfolgenden Frühjahr bei allen in der Landwirtschaft anfallenden Arbeiten aus.

    Bild 3

    Bei Engpässen halfen Gläsers selbst später noch aus

    Die Aichschießer nahmen Irene Gläser überaus freundlich auf, wohl auch, weil sie die Frau ihres geschätzten Robert war, dessen spontane Einfälle schon in seinen jungen Jahren für manches Aufsehen gesorgt hatten. So war er mehrere Male mit seiner „Ju so tief über den Heimatort geflogen, dass „die Milch sauer wurde und seine Eltern beinahe buchstäblich vom Kirschbaum gefallen wären.

    Des Schwäbischen nicht mächtig, war sie des Öfteren auf die Übersetzerdienste ihrer Schwiegermutter angewiesen. Da diese vor ihrer Heirat als Köchin beim Prälaten in Stuttgart in Stellung gewesen war, sprach sie einen gepflegten, verständlichen Dialekt. Unverständlich war für die Berlinerin am Anfang nicht nur die Aussprache, sondern auch der Sprachgebrauch, doch mit der Zeit lernte sie verstehen, dass halten – „heben, anheben – „lupfen, gehen – „laufen"... bedeutete.

    Manches blieb unausgesprochen, konnte nicht nachvollzogen werden. Als ihre Schwiegermutter sie einmal aufforderte: „Erzähl doch mal, wie es euch in Berlin ergangen ist! und sie antwortete: „Ach, das kann ich gar nicht erzählen, das war so furchtbar, meinte diese: „Denkst du, wir haben nichts durchgemacht? Mir haben die Franzosen auch vier Hühner erschossen."

    Bild 4

    Irene Gläser, aufgenommen im Jahr 1946

    1946 wurde Robert Gläser Bürgermeister, 1947 seine Frau Irene seine Sekretärin. Nun zogen sie an einem Strang, beruflich wie privat. Die Gespräche griffen über, auch bei Tisch wurde „erörtert". So wusste die Sekretärin Bescheid und konnte auch Entscheidungen während der Abwesenheit ihres Mannes treffen – zwar rechtlich nicht bindend, aber doch manches auf unbürokratische Weise voranbringend.

    Bereits als Neuling in Amt und Würden wusste ihr Mann mit dem hiesigen Menschenschlag umzugehen und entwickelte schon nach kurzer Zeit eine gewisse Beharrlichkeit. So hatte der Architekt Kallhardt, der bereits das Schanbacher Rathaus geplant hatte, seine Bitte, doch auch den Auftrag für das Aichschießer Rathaus zu übernehmen, abschlägig beschieden. Nach der Währungsreform suchte Robert Gläser den Architekten mit einer Flasche besten Kirschgeistes im Arm nochmals auf, und konnte nach der gemeinschaftlichen Dezimierung des Inhalts derselben doch noch einen Erfolg verbuchen.

    Viele große Aufgaben standen in der Nachkriegszeit an, die dank des gesunden Eichenbestands im Gemeindewald finanziert werden konnten. Die Hauptstraße, die bei den Einheimischen aufgrund ihres Zustandes „Schweizerkässtraße genannt wurde, musste saniert werden. Der Bau eines „Leichenhäusles wurde zwingend notwendig, da die Überbelegung in den Häusern – die ehemals ca. 430 Aichschießer Bürger hatten über 200 Zuwanderer aus den Ostgebieten aufnehmen müssen – es nicht zuließ, die Toten wie gewohnt in den Häusern aufzubahren. Der Bau des Rathauses, der Schule und der Flüchtlingssiedlung mussten auf den Weg gebracht werden.

    Doch trotz des abverlangten hohen Arbeitseinsatzes im Amt fiel die Entlohnung mager aus. Als „ungelernter" Bürgermeister erhielt Robert Gläser in den ersten Jahren lediglich 137,50 RM, später dann stolze 200 DM. Auch seine Frau Irene musste sich mit wenig begnügen. Zu ihrem Monatslohn von 60 DM kam nach dem Rathausneubau eine Vergütung fürs Putzen desselben in Höhe von 27 DM hinzu.

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