Weihnachtliche Begegnungen: Kurzgeschichten
Von Marianne Brugger
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Über dieses E-Book
Auszug aus dem Taschenbuch "Und wie begegne ich dir" - Kurzgeschichten zur Weihnachtszeit. Eine Weihnachtsanthologie zum Vor- und Selberlesen.
Marianne Brugger
Mit ihrer ersten Kurzgeschichte "Reise ins Dunkel der Nacht" gewann Marianne Brugger im Jahr 2008 den überregionalen Schreibwettbewerb "Bahn-Augen-Blick". Zwei weitere Kurzgeschichten wurden in einem Autorenportal jeweils zum "Manuskript der Woche" gekürt. Mehr über die Autorin erfahren Sie auf ihrer Homepage: www.MarianneBrugger.de.
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Buchvorschau
Weihnachtliche Begegnungen - Marianne Brugger
Prolog
chapter1Image1.jpegWeihnachtliche Begegnungen! Alle in dieser Anthologie versammelten Erzählungen könnten auch unter dem Oberbegriff „Geschichten, die das Leben schrieb" stehen. Dennoch handelt es sich um Hoffnungsgeschichten, zwar lebensnah, aber der dichterischen Freiheit der Autorin zuzuschreiben. Dieses E-Book ist ein kleiner Auszug aus dem Taschenbuch (15 Kurzgeschichten)
Und wie begegne ich dir
Kurzgeschichten zur Weihnachtszeit
Der zündende Funke
An einem der Abende im Advent, derer es schon so viele für sie gegeben hatte, saß Hanne in ihrem alten verschlissenen Lehnstuhl und sah versonnen dem züngelnden Feuer im Kamin zu. Die Flammen fraßen sich in die grob gespaltenen Holzscheite. Ab und zu barst ein Scheit mit einem lauten Knall, oder ein kleiner, vom Feuer abgespalteter Holzspan verfing sich nach einem kurzen, zischenden Flug am schwarzen Kamingitter. Hanne fühlte sich wohl, genoss die Stille und die behagliche Wärme des Feuers. Einen Augenblick lang war sie mit ihren Gedanken ganz im Hier und Jetzt, bis der Gedanke an Weihnachten sie jäh aus diesem tiefen Frieden riss.
Weihnachten! Ihre Tochter Liane hatte sie, wie schon die Jahre zuvor, eingeladen, das Weihnachtsfest mit ihrer Familie zu verbringen. Hanne war die Halbherzigkeit, mit der die Einladung ausgesprochen worden war, nicht entgangen. Es stimmte ja: Entspannt und fröhlich war die Atmosphäre beim letzten Weihnachtsfest nicht gewesen. Eigentlich verständlich. Ihre Enkel waren längst aus dem Alter heraus, in dem man mit Begeisterung alte Weihnachtsweisen anstimmte und mit leuchtenden Augen den Christbaum bestaunte. Wahrscheinlich feierten die Kinder das Weihnachtsfest nur ihr zuliebe so wie in vergangenen Tagen, mutmaßte Hanne. Ja, Weihnachten, schon oft hatte das Fest nicht gehalten, was es zu versprechen schien.
Hanne schloss die Augen und dachte an das erste Weihnachtsfest nach dem Krieg. So genau und klar sah sie alles vor sich, als wäre es gestern gewesen. Sie sah die junge Hanne, sah ihre erste Bleibe nach dem Krieg, wie man ihr, der Mutter mit drei Kindern, ein kleines Zimmer zuwies, das mit zwei Betten, dem kleinen Kohleofen in der Ecke und dem großen Bauernschrank gänzlich ausgefüllt war. Verschämt stand die Bauersfrau vor ihr, in der Hand einen alten Topf und einen Wasserkessel.
„Vielleicht können Sie das gebrauchen?"
Hanne begriff diese Frage als Aufforderung, der Küche fernzubleiben, und bereitete fortan ihr karges Mahl auf dem Kohleofen zu.
Öd und unwirtlich erschien ihr der Landstrich mit seinen vom Ostwind geduckten Bäumen, herb der Menschenschlag. Seit einer Woche wohnten sie nun schon auf dem abgelegenen Bauernhof am Rande der Albhochfläche.
„Sie werden es gut bei der Familie haben, 's sind Christenmenschen",
hatte der Bürgermeister des nächstgelegenen Dorfes gemeint.
„Einquartierung?"
Mehr empört als fragend hatte der Bauer geklungen, nachdem der Bürgermeister sein Anliegen vorgebracht hatte. Die unfreiwilligen Herbergsleute hatten schon vor Ankunft der Flüchtlinge sehr beengt gewohnt. Zusammen mit der alten Mutter und einer unverheirateten Schwester bewohnten sie mit den vier jüngsten ihrer Kinder einen jener Bauernhöfe, die typisch für die Gegend waren. Der an das Wohnhaus angebaute Stall war um etliches geräumiger als das Wohnhaus selbst. Wie anders war da ihr eigenes Haus in Schlesien gewesen, um wie viel reicher der Boden.
Schon seit Wochen graute der jungen Frau vor Weihnachten. War ihr angst und bang vor dem Tag, an dem sie mit leeren Händen vor ihren Kindern würde stehen müssen. Vergebens hatte sie für die Weihnachtstage auf eine Sonderzuteilung von Lebensmitteln gehofft. Und nun war er da, der Heilige Abend, der eigentlich keiner war. Schon morgens erklärte sie ihren Kindern:
„Das Christkind kann heuer leider nicht zu uns kommen, es muss sich erst mal um die vielen Menschen kümmern, die immer noch kein Dach über dem Kopf haben. Es muss nach den Flüchtlingen sehen, deren Ochsengespann auf der Flucht liegengeblieben ist, und ihnen warme Decken und