Winterwunder – Weihnachtliche Kurzgeschichten und lyrische Texte: Band 43 in der gelben Buchreihe bei Jürgen Ruszkowski
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Buchvorschau
Winterwunder – Weihnachtliche Kurzgeschichten und lyrische Texte - Monica Maria Mieck
Vorwort der Autorin
In der lieblichen sonnigen Sommerzeit musste ich leider erneut eine große Operation verkraften. Als ich nun so untätig im Bett lag, ging meine Erinnerung wundervolle Wege mit mir zurück in meine Kindheits- und Jugendjahre. Eine Tür zum Paradies wurde mir geöffnet. Meine Gedanken liefen weit und erstaunlich schnell zu dem mir unvergessenen letzten Weihnachtsfest 1944 bis in meine Heimatstadt Köslin in Hinterpommern. Da dachte ich schon daran, dass meine vielen Weihnachtsgeschichten und zarten lyrischen Texte es verdient haben, in einem gesonderten Buch zusammengefasst zu werden. Und in meiner langen Genesungsphase habe ich mich mit meinem kreativen Schreiben heilsam beschäftigen können. So entstanden in den vergangenen Monaten viele neue Weihnachtsgeschichten. Einige Texte habe ich aber aus meinen früheren Büchern in diesen neuen Band übernommen.
Mit dem großen einmaligen Tannenbaum, der mit kleinen bunten Zetteln behängt ist, auf denen Worte geschrieben stehen, wie Versöhnung, Nächstenliebe, Teilen, Freude, Hoffnung, Hilfsbereitschaft, Treue, Liebe, Frieden, möchte ich Sie anspornen, diesen wunderbaren Weihnachtsbaum auch mit Ihren Gedanken und Wünschen zu schmücken.
Von ganzem Herzen wünsche ich allen Leserinnen und Lesern besinnliche und frohe, auch nachdenkliche Lesestunden in der schönen mit Licht erfüllten Advents- und Weihnachtszeit.
Ein besonders herzlicher Dank geht an meinen fleißigen und treuen „Buchmacher", meinen Ehemann Jürgen Ruszkowski
Auch dem Diakonischen Werk von Westfalen in Münster sei für die Genehmigung zum Abdruck der weihnachtlichen Vignetten in diesem Buch gedankt.
Die Grafik auf der vorderen Umschlagseite stammt von mir, die Fotos im Buch von Jürgen Ruszkowski.
Hamburg, im November 2009 / 2014 Monica Maria Mieck
Meinen treuen Freundinnen und Leserinnen
Advent
Adventlicher Dialog
Mutti, warum putzt du so viel?
Du kriechst ja mit dem Lappen in alle Ecken.
Ja, Karoline, du weißt doch,
dass bald das Christkind kommt.
Mutti, das weiß ich schon aus dem Kindergarten.
Und jetzt putzt du auch noch die Lampen blank.
Mutti, es ist so ungemütlich bei dir.
Du wolltest aber mit mir Sterne basteln,
das hast du mir versprochen.
Aber, liebe Karoline, wenn das Christkind kommt,
dann muss doch alles sauber und schön sein.
Das verstehe ich nicht, Mutti.
Das Christkind ist aber doch
in einem Stall geboren.
Und in einem Stall stinkt es.
Das rieche ich immer,
wenn ich bei meiner Freundin Sophia bin
und wir beide zur Melkzeit
mit ihrer Mutter, der Bäuerin,
mit in den Stall dürfen.
Ein Päckchen im Advent
Flotten Schrittes nähert sich die Frau in der Dunkelheit ihrer vertrauten Haustür. Den passenden Schlüssel hält sie schon in ihrer rechten Hand. Doch da hört sie das Summen des Türöffners. Jemand muss die Heimkommende also beobachtet haben. Ihre aufmerksame Nachbarin in der Parterrewohnung steht schon in der geöffneten Wohnungstür. „Sie haben ein Päckchen, liebe Frau Dresel. Ich habe es für Sie angenommen." Mit einem zarten Streicheln über die Wange der alten kranken Frau bedankt sie sich auf ihre ganz persönliche Art.
Die Neugierde lässt sie die Treppenstufen noch schneller als sonst hinaufspringen. Noch in ihre schon etwas abgetragene grüne Wanderjacke eingehüllt steht sie schon am Küchentisch mit der Schere in der Hand. Eine plötzliche Freude des Nichtvergessenseins lässt ihr keine Zeit, den Bindfaden aufzuknoten. Flink entfernt sie die Papierumhüllung und befreit den Karton von dem zusammen haltenden Klebeband. Da purzelt der Frau so viel Freude entgegen. Nur von Briefkontakten kennt sie Absenderin. Sie wickelt ein selbst genähtes Kirschkernkissen aus der Umhüllung. In den Backofen oder die Mikrowelle soll sie es legen, dann spendet es länger Wärme, als früher die mit heißem Wasser gefüllten Gummiwärmflaschen es konnten. Eine verzierte Blechdose, gefüllt mit weihnachtlichem Tee und ein kleines Früchtebrot gut verpackt, hält sie in ihren Händen vorsichtig und zart, wie man wertvolle Kostbarkeiten behandelt. Auf dem Boden des Kartons findet die von Nächstenliebe Berührte noch zwei tiefsinnige Spruchkarten und einen langen Brief. Die Schreiberin drückt ihre Gedanken so aus: „Liebe Frau Dresel, ich möchte ihnen mit dem Inhalt dieses Päckchens symbolisch Wärme schicken." Immer noch am Küchentisch stehend, wischt sie sich mit dem Handrücken kleine Freudentränen von ihrem Gesicht. Sie weiß, dass diese Frau eine Christin ist und selber schon schwere Lebensphasen durchgestanden hat. Es ist der Frau, die sie noch niemals zu Gesicht bekommen hat, auch aus weiter Entfernung gelungen, ein helles und hoffnungsvolles Licht in den Adventswochen für die plötzlich Alleinlebende anzuzünden. Sie konnte die Seele der Traurigen mit ihrer Wärme streicheln.
Nächstenliebe im Advent
Anfang Dezember ist der Winter schon mit eisigem Frost und viel Schnee ins Land gekommen. Über Nacht hat er der kleinen Stadt ein zauberhaft weißes, glitzerndes Kleid angezogen. Die spitzen Giebeldächer sehen abends im Laternenschein wie verlockende Knusperhäuschen aus. Leider bleibt die weiße Pracht - zumindest auf den verkehrsbelebten Straßen - nicht lange erhalten. Die Autofahrer schimpfen über die Glätte, weil diese für sie gefährlich ist, zumal sie nun morgens früher aufstehen müssen. Nur die Kinder freuen sich noch vorbehaltlos über den ersten Schnee, der ihnen ja vor allem Winterfreuden beim Rodeln bringt.
Reinhard wohnt mit seinen Eltern in einem Mehrfamilienhaus. Tagsüber ist es im Hause sehr still, weil fast alle Bewohner berufstätig sind. Nur oben in der kleinen Mansardenwohnung lebt eine ältere Frau, die nur sehr selten das Haus verlässt. Seit einiger Zeit geht sie nun am Stock. In der anderen Hand trägt sie die Tasche mit den kleinen Einkäufen.
Kontakt haben alle Mieter nur, indem sie sich einen guten Tag wünschen. Sonst kümmert sich niemand um den anderen. Gleich nach Schulschluss läuft Reinhard schnell nach Hause. In der letzten Schulstunde hat er im Kunstunterricht unter Anleitung der Lehrerin einen wunderschönen Transparentstern mit 16 Strahlen aus durchsichtigem, leuchtend rotem Papier gebastelt. Zu Hause angekommen, legt er den Stern erst mal in sein Regal, damit er nicht verknickt. Heute will er gleich nach dem Mittagessen seinen Schlitten vom Boden holen. Das herrliche Schneewetter muss er doch ausnutzen. Er steigt die Treppen zum Boden hinauf und kommt an der Wohnungstür von Frau Martensen, der alten gehbehinderten Dame, vorbei. Auf ihrer Fußmatte liegen mehrere Zeitungen. Reinhard schließt die Bodenkammer auf und nimmt seinen Schlitten unter den Arm. Der Junge verbringt einen besonders fröhlichen Nachmittag zusammen mit Klassenkameraden auf dem Rodelberg. Doch er muss leider auf seine Uhr schauen, denn heute hat er am Spätnachmittag noch Konfirmandenunterricht. Dorthin geht er sonst gerne, weil der junge Pastor den Kindern das Evangelium sehr lebendig und lebensnah vermittelt. An diesem Nachmittag sprechen sie über die Nächstenliebe, und der Pastor motiviert die Kinder gleich, sich alsbald darin zu üben; denn egoistisches Verhalten gebe es genug unter den Menschen.
Nach dem gemeinsamen Abendbrot mit den Eltern trägt Reinhard noch schnell seinen Schlitten die Treppen hinauf in die Bodenkammer zurück. Da sieht er, dass die Zeitungen noch immer bei Frau Martensen auf der Fußmatte liegen. Eigentlich wollte er sich gleich im Fernsehen noch den Tierfilm anschauen. Aber - nein, er will sich nicht drücken. Sein Gewissen sagt ihm, dass er auch an das Thema der heutigen Konfirmandenstunde denken solle.
Mutig drückt er auf den Klingelknopf. Er lauscht und hört aus dem Innern der Wohnung gar nichts. Noch einmal klingelt er, wartet, ist besorgt und da hört er endlich langsame Schritte. Er ist erleichtert, als Frau Martensen ganz zaghaft einen Türspalt öffnet. Auf ihren Stock gestützt, sieht sie elend und blass aus. Sie hat nur schnell ihren Morgenrock über das Nachthemd gezogen. Reinhard bückt sich, hebt